veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 2015 Teil II Nr. 20, Seite 967 ff,
ausgegeben zu Bonn am 23. Juli 2015
Übereinkommen
über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen
(in der Fassung des Protokolls zur Änderung des
Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen vom 27. Mai
2010)
Präambel
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die Mitgliedstaaten der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die dieses Übereinkommen unterzeichnen –
in der Erwägung, dass durch die – ansonsten höchst nützliche – Entwicklung des internationalen Personen-, Kapital-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs auch die Möglichkeiten der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung zugenommen haben und daher eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden erforderlich ist;
erfreut über die vielfältigen Anstrengungen, die in den letzten Jahren zur Bekämpfung der Steuervermeidung und Steuerhinterziehung auf internationaler Ebene zweiseitig oder mehrseitig unternommen worden sind;
in der Erwägung, dass zwischen den Staaten abgestimmte Anstrengungen erforderlich sind, um alle Formen der Amtshilfe im Zusammenhang mit Steuern jeder Art zu fördern und zugleich einen angemessenen Schutz der Rechte der Steuerpflichtigen zu gewährleisten;
in der Erkenntnis, dass internationale Zusammenarbeit eine wichtige Rolle dabei spielen kann, die ordnungsgemäße Ermittlung der Steuerpflicht zu erleichtern und die Steuerpflichtigen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen;
in der Erwägung, dass die Grundprinzipien, nach denen jede Person bei der Feststellung ihrer Rechte und Pflichten Anspruch auf ein ordnungsgemäßes rechtliches Verfahren hat, in allen Staaten als für Steuersachen geltend anerkannt werden sollen und dass sich die Staaten bemühen sollen, die berechtigten Interessen der Steuerpflichtigen zu schützen und auch einen angemessenen Schutz gegen Ungleichbehandlung und Doppelbesteuerung zu gewähren;
in der Überzeugung demzufolge, dass die Staaten Maßnahmen ergreifen oder Informationen erteilen sollen, wobei der Notwendigkeit, die Vertraulichkeit der Informationen zu wahren, Rechnung zu tragen ist und die völkerrechtlichen Übereinkünfte zum Schutz der Privatsphäre und des Verkehrs personenbezogener Daten zu berücksichtigen sind;
in der Erwägung, dass ein neues Umfeld für die Zusammenarbeit entstanden ist und dass es wünschenswert ist, eine mehrseitige Übereinkunft verfügbar zu machen, um einer möglichst großen Anzahl von Staaten die Nutzung der Vorteile des neuen Umfelds für die Zusammenarbeit und gleichzeitig die Umsetzung der höchsten internationalen Standards für die Zusammenarbeit im Steuerbereich zu gestatten;
von dem Wunsch geleitet, ein Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zu schließen –
haben Folgendes vereinbart:
Kapitel I
Geltungsbereich
des Übereinkommens
Artikel 1
Ziel des Übereinkommens und unter
das Übereinkommen fallende Personen
(1) Vorbehaltlich des Kapitels IV leisten die Vertragsparteien einander Amtshilfe in Steuersachen. Diese Amtshilfe kann gegebenenfalls auch Maßnahmen von Justizbehörden umfassen.
(2) Die Amtshilfe umfasst
a) den Informationsaustausch, einschließlich gleichzeitiger Steuerprüfungen und der Teilnahme an Steuerprüfungen im Ausland,
b) die Amtshilfe bei der Beitreibung, einschließlich Sicherungsmaßnahmen, und
c) die Zustellung von Schriftstücken.
(3) Eine Vertragspartei leistet Amtshilfe unabhängig davon, ob die betroffene Person in einer Vertragspartei oder in einem anderen Staat ansässig ist oder die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei oder eines anderen Staates besitzt.
Artikel 2
Unter das
Übereinkommen fallende Steuern
(1) Dieses Übereinkommen gilt
a) für die folgenden Steuern:
i) Steuern vom Einkommen oder vom Gewinn,
ii) Steuern von Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen, die getrennt von der Steuer vom Einkommen oder vom Gewinn erhoben werden,
iii) Steuern vom Vermögen, die für Rechnung einer Vertragspartei erhoben werden, und
b) für die folgenden Steuern:
i) Steuern, die für Rechnung der Gebietskörperschaften einer Vertragspartei vom Einkommen, vom Gewinn, von Gewinnen aus der Veräußerung von Vermögen oder vom Vermögen erhoben werden;
ii) Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die an den Staat oder an öffentlich-rechtliche Sozialversicherungseinrichtungen zu zahlen sind;
iii) Steuern anderer Art, ausgenommen Zölle, die für Rechnung einer Vertragspartei erhoben werden, nämlich
A) Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungssteuern,
B) Steuern vom unbeweglichen Vermögen,
C) allgemeine Verbrauchsteuern wie Mehrwert- und Umsatzsteuern,
D) besondere Steuern auf Waren und Dienstleistungen wie Verbrauchsteuern,
E) Steuern für die Benutzung von oder das Eigentum an Kraftfahrzeugen,
F) Steuern für die Benutzung von oder das Eigentum an beweglichem Vermögen mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen,
G) alle anderen Steuern;
iv) die unter die in Ziffer iii genannten Kategorien fallenden Steuern, die für Rechnung der Gebietskörperschaften einer Vertragspartei erhoben werden.
(2) Die bestehenden Steuern, für die das Übereinkommen gilt, sind in Anlage A unter den in Absatz 1 genannten Kategorien aufgelistet.
(3) Die Vertragsparteien notifizieren dem Generalsekretär des Europarats oder dem Generalsekretär der OECD (im Folgenden als „Verwahrer“ bezeichnet) jede Änderung der Anlage A, die wegen einer Änderung der in Absatz 2 erwähnten Liste vorzunehmen ist. Die Änderung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation bei dem Verwahrer folgt.
(4) Das Übereinkommen gilt auch für alle Steuern gleicher oder im Wesentlichen ähnlicher Art – und zwar mit Wirkung vom Zeitpunkt ihrer Einführung –, die in einer Vertragspartei nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für diese Vertragspartei neben den in Anlage A aufgelisteten bestehenden Steuern oder an deren Stelle erhoben werden; in diesem Fall notifiziert die betreffende Vertragspartei einem der Verwahrer die Einführung der betreffenden Steuer.
Kapitel II
Allgemeine Begriffsbestimmungen
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
(1) Im Sinne dieses Übereinkommens, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert,
a) bedeuten die Ausdrücke „ersuchender Staat“ und „ersuchter Staat“ eine Vertragspartei, die um Amtshilfe in Steuersachen ersucht, beziehungsweise eine Vertragspartei, die um solche Amtshilfe ersucht wird;
b) bedeutet der Ausdruck „Steuer“ jede Steuer oder jeden Sozialversicherungsbeitrag, für die beziehungsweise den das Übereinkommen nach Artikel 2 gilt;
c) bedeutet der Ausdruck „Steuerforderung“ jeden Steuerbetrag, die darauf entfallenden Zinsen sowie die damit zusammenhängenden Geldbußen und Beitreibungskosten, die geschuldet werden und noch nicht gezahlt worden sind;
d) bedeutet der Ausdruck „zuständige Behörde“ die in Anlage B aufgelisteten Personen und Behörden;
e) bedeutet der Ausdruck „Staatsangehöriger“ in Bezug auf eine Vertragspartei
i) alle natürlichen Personen, welche die Staatsangehörigkeit der betreffenden Vertragspartei besitzen, und
ii) alle juristischen Personen, Personengesellschaften oder anderen Personenvereinigungen sowie alle Rechtsträger, die nach dem in der betreffenden Vertragspartei geltenden Recht errichtet worden sind.
Für jede Vertragspartei, die eine diesbezügliche Erklärung abgegeben hat, haben die vorstehenden Ausdrücke die Bedeutung, die sich aus der jeweiligen Begriffsbestimmung in Anlage C ergibt.
(2) Bei der Anwendung des Übereinkommens durch eine Vertragspartei hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Übereinkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht der betreffenden Vertragspartei über die Steuern zukommt, die unter das Übereinkommen fallen.
(3) Die Vertragsparteien notifizieren einem der Verwahrer jede Änderung, die an den Anlagen B und C vorzunehmen ist. Die Änderung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation bei dem betreffenden Verwahrer folgt.
Kapitel III
Formen der Amtshilfe
Abschnitt I
Informationsaustausch
Artikel 4
Allgemeine Bestimmungen
(1) Die Vertragsparteien tauschen alle Informationen aus, insbesondere wie in diesem Abschnitt vorgesehen, die für die Anwendung beziehungsweise Durchsetzung ihres innerstaatlichen Rechts betreffend die unter dieses Übereinkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind.
(2) [Gestrichen]
(3) Jede Vertragspartei kann durch eine an einen der Verwahrer gerichtete Erklärung anzeigen, dass ihre Behörden in Übereinstimmung mit ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften die betroffene ansässige Person oder den betroffenen Staatsangehörigen unterrichten können, bevor sie nach den Artikeln 5 und 7 Informationen über sie beziehungsweise ihn übermitteln.
Artikel 5
Informationsaustausch auf Ersuchen
(1) Auf Ersuchen des ersuchenden Staates erteilt der ersuchte Staat dem ersuchenden Staat alle in Artikel 4 genannten Informationen über bestimmte Personen oder Transaktionen.
(2) Reichen die in den Steuerakten des ersuchten Staates vorhandenen Informationen nicht aus, um dem Informationsersuchen zu entsprechen, so trifft dieser Staat alle erforderlichen Maßnahmen, um dem ersuchenden Staat die erbetenen Informationen zu erteilen.
Artikel 6
Automatischer Informationsaustausch
Für Fallkategorien und nach Verfahren, die sie einvernehmlich festlegen, tauschen zwei oder mehr Vertragsparteien die in Artikel 4 genannten Informationen automatisch aus.
Artikel 7
Spontaner Informationsaustausch
(1) In den folgenden Fällen übermittelt eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei ohne vorheriges Ersuchen Informationen, die ihr bekannt geworden sind:
a) wenn die eine Vertragspartei Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in der anderen Vertragspartei hat;
b) wenn ein Steuerpflichtiger in der einen Vertragspartei eine Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung erhält, die eine Steuererhöhung oder eine Besteuerung in der anderen Vertragspartei zur Folge haben würde;
c) bei Geschäftsbeziehungen zwischen einem Steuerpflichtigen einer Vertragspartei und einem Steuerpflichtigen einer anderen Vertragspartei, die über ein oder mehrere weitere Länder in einer Weise geleitet werden, die in einer der beiden oder in beiden Vertragsparteien zur Steuerersparnis führen kann;
d) wenn eine Vertragspartei Gründe für die Vermutung einer Steuerersparnis durch künstliche Gewinnverlagerungen innerhalb eines Konzerns hat;
e) wenn im Zusammenhang mit Informationen, die der einen Vertragspartei von der anderen Vertragspartei übermittelt worden sind, ein Sachverhalt ermittelt worden ist, der für die Steuerfestsetzung in der anderen Vertragspartei erheblich sein kann.
(2) Jede Vertragspartei trifft die Maßnahmen und führt die Verfahren durch, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die in Absatz 1 genannten Informationen für die Weiterleitung an eine andere Vertragspartei zur Verfügung gestellt werden.
Artikel 8
Gleichzeitige Steuerprüfungen
(1) Zwei oder mehr Vertragsparteien konsultieren einander auf Ersuchen einer von ihnen, um die Fälle, in denen gleichzeitige Steuerprüfungen stattfinden sollen, und die entsprechenden Verfahren festzulegen. Jede betroffene Vertragspartei entscheidet, ob sie an einer bestimmten gleichzeitigen Steuerprüfung teilnehmen will.
(2) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet „gleichzeitige Steuerprüfung“ eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien, gleichzeitig im jeweils eigenen Hoheitsgebiet die steuerlichen Verhältnisse einer Person oder mehrerer Personen, an denen sie ein gemeinsames oder ergänzendes Interesse haben, zu prüfen, um die auf diesem Wege gewonnenen sachdienlichen Informationen auszutauschen.
Artikel 9
Steuerprüfungen im Ausland
(1) Auf Ersuchen der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates kann die zuständige Behörde des ersuchten Staates gestatten, dass Vertreter der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates während des relevanten Teils einer Steuerprüfung im ersuchten Staat anwesend sind.
(2) Ist dem Ersuchen stattgegeben worden, so unterrichtet die zuständige Behörde des ersuchten Staates so bald wie möglich die zuständige Behörde des ersuchenden Staates über Zeitpunkt und Ort der Prüfung, über die mit der Durchführung der Prüfung beauftragte Behörde oder den damit beauftragten Bediensteten sowie über die vom ersuchten Staat für die Durchführung der Prüfung vorgeschriebenen Verfahren und Bedingungen. Alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Steuerprüfung trifft der ersuchte Staat.
(3) Eine Vertragspartei kann einen der Verwahrer von ihrer Absicht unterrichten, Ersuchen nach Absatz 1 in der Regel nicht anzunehmen. Eine solche Erklärung kann jederzeit abgegeben oder widerrufen werden.
Artikel 10
Widersprüchliche Informationen
Erhält eine Vertragspartei von einer anderen Vertragspartei Informationen über die steuerlichen Verhältnisse einer Person, die nach ihrer Auffassung zu den ihr zur Verfügung stehenden Informationen in Widerspruch stehen, so unterrichtet sie davon die Vertragspartei, welche die Informationen erteilt hat.
Abschnitt II
Amtshilfe
bei der Beitreibung
Artikel 11
Beitreibung von Steuerforderungen
(1) Auf Ersuchen des ersuchenden Staates trifft der ersuchte Staat vorbehaltlich der Artikel 14 und 15 die erforderlichen Maßnahmen, um die Steuerforderungen des erstgenannten Staates beizutreiben, als handele es sich um seine eigenen Steuerforderungen.
(2) Absatz 1 gilt nur für Steuerforderungen, für die ein Titel besteht, der ihre Vollstreckung im ersuchenden Staat ermöglicht, und die, sofern zwischen den betreffenden Vertragsparteien nichts anderes vereinbart ist, nicht angefochten werden.
Richtet sich die Forderung jedoch gegen eine Person, die nicht im ersuchenden Staat ansässig ist, so gilt Absatz 1 nur, sofern zwischen den betreffenden Vertragsparteien nichts anderes vereinbart ist, wenn die Forderung nicht mehr angefochten werden kann.
(3) Die Verpflichtung zur Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen betreffend einen Erblasser oder seinen Nachlass beschränkt sich auf den Wert des Nachlasses oder desjenigen Teils des Vermögens, der auf jeden Nachlassbegünstigten entfällt, je nachdem, ob die Forderung aus dem Nachlass oder von den Nachlassbegünstigten beizutreiben ist.
Artikel 12
Sicherungsmaßnahmen
Auf Ersuchen des ersuchenden Staates trifft der ersuchte Staat zum Zweck der Beitreibung eines Steuerbetrags Sicherungsmaßnahmen, selbst wenn die Forderung angefochten wird oder für sie noch kein Vollstreckungstitel besteht.
Artikel 13
Dem Ersuchen
beizufügende Schriftstücke
(1) Dem Amtshilfeersuchen nach diesem Abschnitt ist Folgendes beizufügen:
a) eine Erklärung, dass die Steuerforderung eine unter das Übereinkommen fallende Steuer betrifft und, im Fall der Beitreibung, dass die Steuerforderung vorbehaltlich des Artikels 11 Absatz 2 nicht angefochten wird oder nicht angefochten werden kann;
b) eine amtliche Ausfertigung des Titels, der die Vollstreckung im ersuchenden Staat ermöglicht, und
c) sonstige für die Beitreibung beziehungsweise die Sicherungsmaßnahmen erforderliche Schriftstücke.
(2) Der Titel, der die Vollstreckung im ersuchenden Staat ermöglicht, wird gegebenenfalls und in Übereinstimmung mit den im ersuchten Staat geltenden Bestimmungen nach Eingang des Amtshilfeersuchens so bald wie möglich angenommen, anerkannt, ergänzt oder ersetzt durch einen Titel, der die Vollstreckung im ersuchten Staat ermöglicht.
Artikel 14
Fristen
(1) Fragen im Zusammenhang mit den Fristen, nach deren Ablauf Steuerforderungen nicht mehr vollstreckt werden können, werden nach dem Recht des ersuchenden Staates geregelt. Das Amtshilfeersuchen muss genaue Angaben über diese Fristen enthalten.
(2) Die vom ersuchten Staat aufgrund eines Amtshilfeersuchens durchgeführten Beitreibungsmaßnahmen, die nach dem Recht dieses Staates eine Hemmung oder Unterbrechung der in Absatz 1 genannten Fristen bewirken würden, entfalten diese Wirkung auch nach dem Recht des ersuchenden Staates. Der ersuchte Staat unterrichtet den ersuchenden Staat über derartige Maßnahmen.
(3) Der ersuchte Staat ist in keinem Fall verpflichtet, einem Amtshilfeersuchen nachzukommen, das später als 15 Jahre ab dem Datum des ursprünglichen Vollstreckungstitels übermittelt wird.
Artikel 15
Bevorzugung
Steuerforderungen, bei deren Beitreibung Amtshilfe geleistet wird, genießen im ersuchten Staat nicht die Bevorzugung, die den Steuerforderungen dieses Staates besonders gewährt wird, selbst wenn das angewandte Beitreibungsverfahren demjenigen für seine eigenen Steuerforderungen entspricht.
Artikel 16
Zahlungsaufschub
Der ersuchte Staat kann einen Zahlungsaufschub oder Ratenzahlungen gestatten, wenn sein Recht oder seine Verwaltungspraxis dies in ähnlichen Fällen zulässt; er unterrichtet hierüber jedoch den ersuchenden Staat im Voraus.
Abschnitt III
Zustellung von Schriftstücken
Artikel 17
Zustellung von Schriftstücken
(1) Auf Ersuchen des ersuchenden Staates stellt der ersuchte Staat dem Empfänger die Schriftstücke, einschließlich derjenigen zu Gerichtsentscheidungen, zu, die aus dem ersuchenden Staat stammen und eine unter das Übereinkommen fallende Steuer betreffen.
(2) Der ersuchte Staat nimmt die Zustellung von Schriftstücken wie folgt vor:
a) in einer Form, die sein innerstaatliches Recht für die Zustellung im Wesentlichen ähnlicher Schriftstücke vorschreibt;
b) soweit möglich in einer besonderen vom ersuchenden Staat gewünschten Form oder in einer dieser am nächsten kommenden Form, die das innerstaatliche Recht des ersuchten Staates vorsieht.
(3) Eine Vertragspartei kann die Zustellung von Schriftstücken an eine Person im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei unmittelbar durch die Post vornehmen.
(4) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als bewirke es die Nichtigkeit einer durch eine Vertragspartei in Übereinstimmung mit ihrem Recht vorgenommenen Zustellung von Schriftstücken.
(5) Wird ein Schriftstück nach diesem Artikel zugestellt, so braucht keine Übersetzung beigefügt zu werden. Ist jedoch der ersuchte Staat überzeugt, dass der Empfänger die Sprache, in der das Schriftstück abgefasst ist, nicht versteht, so veranlasst der ersuchte Staat die Übersetzung in seine Amtssprache oder eine seiner Amtssprachen oder die Anfertigung einer Kurzfassung in seiner Amtssprache oder einer seiner Amtssprachen. Andernfalls kann er den ersuchenden Staat bitten, das Schriftstück entweder in eine der Amtssprachen des ersuchten Staates, des Europarats oder der OECD übersetzen oder eine Kurzfassung in einer dieser Sprachen beifügen zu lassen.
Kapitel IV
Für alle Formen der
Amtshilfe geltende Bestimmungen
Artikel 18
Vom ersuchenden Staat
zu erteilende Informationen
(1) Ein Amtshilfeersuchen enthält, soweit erforderlich,
a) Angaben über die Behörde oder Stelle, von der das durch die zuständige Behörde gestellte Ersuchen ausgeht;
b) den Namen, die Anschrift oder alle sonstigen Angaben, welche die Identifizierung der Person, derentwegen das Ersuchen gestellt wird, ermöglichen;
c) bei einem Informationsersuchen Angaben über die Form, in welcher der ersuchende Staat die Informationen erteilt bekommen möchte, damit sie seinen Erfordernissen entsprechen;
d) bei einem Ersuchen um Amtshilfe bei der Beitreibung oder bei Sicherungsmaßnahmen Angaben über die Art der Steuerforderung, die Bestandteile der Steuerforderung und die Vermögenswerte, aus denen die Steuerforderung beigetrieben werden kann;
e) bei einem Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken Angaben über die Art und den Gegenstand des zuzustellenden Schriftstücks;
f) Angaben darüber, ob das Ersuchen dem Recht und der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates entspricht und ob es unter Berücksichtigung der Erfordernisse des Artikels 21 Absatz 2 Buchstabe g gerechtfertigt ist.
(2) Sobald dem ersuchenden Staat weitere im Zusammenhang mit dem Amtshilfeersuchen sachdienliche Informationen zur Kenntnis gelangen, übermittelt er sie dem ersuchten Staat.
Artikel 19
Möglichkeit der
Ablehnung eines Ersuchens
[Gestrichen]
Artikel 20
Beantwortung des Amtshilfeersuchens
(1) Wird dem Amtshilfeersuchen entsprochen, so unterrichtet der ersuchte Staat den ersuchenden Staat so bald wie möglich über die getroffenen Maßnahmen und das Ergebnis der Amtshilfe.
(2) Wird das Ersuchen abgelehnt, so unterrichtet der ersuchte Staat den ersuchenden Staat so bald wie möglich über seine Entscheidung und deren Gründe.
(3) Hat der ersuchende Staat bei einem Informationsersuchen angegeben, in welcher Form er die Informationen erteilt haben möchte, und ist der ersuchte Staat in der Lage, dem zu entsprechen, so erteilt der ersuchte Staat die Informationen in der gewünschten Form.
Artikel 21
Schutz der Person
und Grenzen der Verpflichtung
zur Leistung von Amtshilfe
(1) Dieses Übereinkommen berührt nicht die Rechte und Sicherheiten, die Personen durch das Recht oder die Verwaltungspraxis des ersuchten Staates gewährt werden.
(2) Mit Ausnahme des Artikels 14 ist dieses Übereinkommen nicht so auszulegen, als verpflichte es den ersuchten Staat,
a) Maßnahmen durchzuführen, die von seinem eigenen Recht oder seiner eigenen Verwaltungspraxis oder dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen;
b) Maßnahmen durchzuführen, die der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprächen;
c) Informationen zu erteilen, die nach seinem eigenen Recht oder seiner eigenen Verwaltungspraxis oder nach dem Recht des ersuchenden Staates oder dessen Verwaltungspraxis nicht beschafft werden können;
d) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Preisgabe der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspräche;
e) Amtshilfe zu leisten, wenn und soweit nach seiner Auffassung die Besteuerung im ersuchenden Staat im Widerspruch zu allgemein anerkannten Besteuerungsgrundsätzen, zu einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder zu einem anderen Abkommen, das der ersuchte Staat mit dem ersuchenden Staat geschlossen hat, steht;
f) für die Zwecke der Anwendung beziehungsweise Durchsetzung einer Bestimmung des Steuerrechts des ersuchenden Staates oder der Erfüllung einer damit zusammenhängenden Verpflichtung Amtshilfe zu leisten, die einen Staatsangehörigen des ersuchten Staates gegenüber einem Staatsangehörigen des ersuchenden Staates, der sich in der gleichen Situation befindet, benachteiligt;
g) Amtshilfe zu leisten, wenn der ersuchende Staat nicht alle angemessenen und nach seinem Recht oder seiner Verwaltungspraxis zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft hat, es sei denn, das Zurückgreifen auf diese Maßnahmen würde unverhältnismäßig große Schwierigkeiten mit sich bringen;
h) Amtshilfe bei der Beitreibung in den Fällen zu leisten, in denen der Verwaltungsaufwand für diesen Staat in einem eindeutigen Missverhältnis zu dem Nutzen steht, den der ersuchende Staat dadurch erlangt.
(3) Ersucht der ersuchende Staat nach diesem Übereinkommen um
Informationen, so nutzt der ersuchte Staat die ihm zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten zur Beschaffung der erbetenen Informationen, selbst wenn der
ersuchte Staat diese Informationen für seine eigenen steuerlichen Zwecke nicht
benötigt. Die im vorstehenden Satz enthaltene Verpflichtung unterliegt den in
dem Übereinkommen enthaltenen Beschränkungen, jedoch sind diese Beschränkungen,
insbesondere diejenigen der Absätze 1 und 2, in keinem Fall so auszulegen dass
ein ersuchter Staat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil
er kein innerstaatliches Interesse an diesen Informationen hat.
(4) Die Bestimmungen dieses Übereinkommens, insbesondere diejenigen der Absätze 1 und 2, sind in keinem Fall so auszulegen, dass ein ersuchter Staat die Erteilung von Informationen nur deshalb ablehnen kann, weil sich die Informationen bei einer Bank, einem sonstigen Finanzinstitut, einem Bevollmächtigten, Vertreter oder Treuhänder befinden oder sich auf Eigentumsanteile an einer Person beziehen.
Artikel 22
Geheimhaltung
(1) Alle Informationen, die eine Vertragspartei nach diesem Übereinkommen erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten und zu schützen wie die Informationen, die sie nach ihrem innerstaatlichen Recht erhalten hat; soweit dies für die Sicherstellung des erforderlichen Schutzniveaus der personenbezogenen Daten notwendig ist, sind die Informationen nach den Schutzbestimmungen geheim zu halten und zu schützen, die von der erteilenden Vertragspartei als nach ihrem innerstaatlichen Recht erforderlich bezeichnet werden können.
(2) Diese Informationen dürfen in jedem Fall nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und Verwaltungs- oder Aufsichtsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Festsetzung, Erhebung oder Beitreibung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der Steuern dieser Vertragspartei oder mit der Aufsicht darüber befasst sind. Nur die genannten Personen oder Behörden dürfen die Informationen verwenden, und zwar nur für diese Zwecke. Sie dürfen sie jedoch ungeachtet des Absatzes 1 in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung im Zusammenhang mit diesen Steuern offenlegen.
(3) Hat eine Vertragspartei einen in Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe a vorgesehenen Vorbehalt angebracht, so verwenden alle anderen Vertragsparteien, die Informationen von dieser Vertragspartei erhalten, diese nicht für eine Steuer einer Kategorie, die unter diesen Vorbehalt fällt. Ebenso verwendet die Vertragspartei, die den Vorbehalt angebracht hat, aufgrund des Übereinkommens erhaltene Informationen nicht für eine Steuer einer Kategorie, die unter diesen Vorbehalt fällt.
(4) Ungeachtet der Absätze 1, 2 und 3 können Informationen, die eine Vertragspartei erhalten hat, auch für andere Zwecke verwendet werden, sofern diese Informationen nach dem Recht der erteilenden Vertragspartei für diese anderen Zwecke verwendet werden dürfen und die zuständige Behörde dieser Vertragspartei diese Verwendung gestattet. Informationen, die eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei erteilt, können von letzterer nach vorheriger Zustimmung durch die zuständige Behörde der erstgenannten Vertragspartei an eine dritte Vertragspartei weitergeleitet werden.
Artikel 23
Rechtsbehelfe
(1) Rechtsbehelfe gegen die vom ersuchten Staat nach diesem Übereinkommen ergriffenen Maßnahmen sind nur bei der zuständigen Stelle dieses Staates einzulegen.
(2) Rechtsbehelfe gegen die vom ersuchenden Staat nach diesem Übereinkommen ergriffenen Maßnahmen, insbesondere diejenigen, die hinsichtlich der Beitreibung das Bestehen oder die Höhe der Steuerforderung oder den Vollstreckungstitel betreffen, sind nur bei der zuständigen Stelle dieses Staates einzulegen. Wird ein solcher Rechtsbehelf eingelegt, so unterrichtet der ersuchende Staat den ersuchten Staat; dieser setzt das Beitreibungsverfahren aus, bis die Entscheidung der betreffenden Stelle vorliegt. Auf Wunsch des ersuchenden Staates trifft jedoch der ersuchte Staat Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Beitreibung. Der ersuchte Staat kann auch von jedem Beteiligten von dem Rechtsbehelf unterrichtet werden. Nach Eingang der entsprechenden Mitteilung konsultiert der ersuchte Staat in dieser Angelegenheit gegebenenfalls den ersuchenden Staat.
(3) Sobald eine endgültige Entscheidung über den Rechtsbehelf getroffen ist, unterrichtet der ersuchte beziehungsweise der ersuchende Staat den jeweils anderen Staat von der Entscheidung und ihren Auswirkungen auf das Amtshilfeersuchen.
Kapitel V
Besondere Bestimmungen
Artikel 24
Durchführung des Übereinkommens
(1) Zur Durchführung dieses Übereinkommens verkehren die Vertragsparteien durch ihre jeweiligen zuständigen Behörden miteinander. Die zuständigen Behörden können zu diesem Zweck unmittelbar miteinander verkehren und nachgeordneten Behörden gestatten, für sie zu handeln. Die zuständigen Behörden von zwei oder mehr Vertragsparteien können sich über die Modalitäten der Anwendung des Übereinkommens untereinander einigen.
(2) Ist der ersuchte Staat der Auffassung, dass die Anwendung dieses Übereinkommens in einem bestimmten Fall schwerwiegende und unerwünschte Folgen haben würde, so konsultieren die zuständigen Behörden des ersuchten und des ersuchenden Staates einander und bemühen sich, die Situation in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
(3) Ein Koordinierungsgremium, das sich aus Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsparteien zusammensetzt, überwacht unter der Leitung der OECD die Durchführung und Entwicklung dieses Übereinkommens. Zu diesem Zweck spricht das Koordinierungsgremium Empfehlungen über Maßnahmen aus, die den allgemeinen Zielen des Übereinkommens förderlich sein können. Insbesondere dient es als Forum für die Untersuchung neuer Methoden und Verfahren zur Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit in Steuersachen und kann gegebenenfalls Revisionen oder Änderungen des Übereinkommens empfehlen. Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, sind berechtigt, bei den Sitzungen des Koordinierungsgremiums als Beobachter vertreten zu sein.
(4) Eine Vertragspartei kann bei dem Koordinierungsgremium Stellungnahmen zur Auslegung des Übereinkommens anfordern.
(5) Ergeben sich zwischen zwei oder mehr Vertragsparteien Schwierigkeiten oder Zweifel bezüglich der Durchführung oder Auslegung des Übereinkommens, so bemühen sich die zuständigen Behörden dieser Vertragsparteien, die Angelegenheit in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln. Die Vereinbarung wird dem Koordinierungsgremium mitgeteilt.
(6) Der Generalsekretär der OECD unterrichtet die Vertragsparteien und die Unterzeichnerstaaten, die das Übereinkommen noch nicht ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, von den nach Absatz 4 von dem Koordinierungsgremium abgegebenen Stellungnahmen und den nach Absatz 5 in gegenseitigem Einvernehmen getroffenen Vereinbarungen.
Artikel 25
Sprache
Amtshilfeersuchen und die entsprechenden Antworten werden in einer der Amtssprachen der OECD und des Europarats oder in einer anderen von den betreffenden Vertragsparteien zweiseitig vereinbarten Sprache abgefasst.
Artikel 26
Kosten
Wenn die betreffenden Vertragsparteien zweiseitig nichts anderes vereinbart haben,
a) gehen übliche bei der Leistung von Amtshilfe entstehende Kosten zu Lasten des ersuchten Staates;
b) gehen außergewöhnliche bei der Leistung von Amtshilfe entstehende Kosten zu Lasten des ersuchenden Staates.
Kapitel VI
Schlussbestimmungen
Artikel 27
Andere
völkerrechtliche Übereinkünfte
(1) Die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Möglichkeiten der Amtshilfe beschränken nicht die Möglichkeiten, die in bestehenden oder künftigen völkerrechtlichen Übereinkünften zwischen den betroffenen Vertragsparteien oder in sonstigen die Zusammenarbeit in Steuersachen betreffenden Rechtsinstrumenten vorgesehen sind, noch werden sie von diesen beschränkt.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können die Vertragsparteien, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, in ihren gegenseitigen Beziehungen die durch das Übereinkommen vorgesehenen Möglichkeiten der Amtshilfe insoweit anwenden, als diese eine umfassendere Zusammenarbeit gestatten als die Möglichkeiten, die durch die anzuwendenden Regeln der Europäischen Union geboten werden.
Artikel 28
Unterzeichnung und
Inkrafttreten des Übereinkommens
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats und die Mitgliedstaaten der OECD zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden bei einem der Verwahrer hinterlegt.
(2) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Staaten nach Absatz 1 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
(3) Für jeden Mitgliedstaat des Europarats beziehungsweise jeden Mitgliedstaat der OECD, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde folgt.
(4) Jeder Mitgliedstaat des Europarats beziehungsweise jeder
Mitgliedstaat der OECD, der nach dem Inkrafttreten des am 27. Mai 2010 zur
Unterzeichnung aufgelegten Protokolls zur Änderung des Übereinkommens (im
Folgenden als „Protokoll von 2010“ bezeichnet) Vertragspartei des
Übereinkommens wird, ist Vertragspartei des Übereinkommens in der durch das
genannte Protokoll geänderten Fassung, sofern er nicht in einer an einen der
Verwahrer gerichteten schriftlichen Mitteilung eine andere Absicht bekundet.
(5) Nach Inkrafttreten des Protokolls von 2010 kann jeder Staat, der
nicht Mitglied des Europarats oder der OECD ist, darum ersuchen, zur
Unterzeichnung und Ratifikation dieses Übereinkommens in der durch das
Protokoll von 2010 geänderten Fassung eingeladen zu werden. Jedes diesbezügliche
Ersuchen ist an einen der Verwahrer zu richten, der es an die Vertragsparteien weiterleitet.
Der Verwahrer unterrichtet zudem das Ministerkomitee
des Europarats und den Rat der OECD. Die Entscheidung, ersuchende Staaten
einzuladen, Vertragsparteien des Übereinkommens zu werden, wird einvernehmlich
von den Vertragsparteien des Übereinkommens durch das Koordinierungsgremium
getroffen. Für jeden Staat, der das Übereinkommen in der durch das Protokoll
von 2010 geänderten Fassung in Übereinstimmung mit diesem Absatz ratifiziert,
tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von
drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde bei einem der Verwahrer
folgt.
(6) Dieses Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010
geänderten Fassung gilt für die Amtshilfe im Zusammenhang mit
Besteuerungszeiträumen, die am oder nach dem 1. Januar des Jahres beginnen, das
auf das Jahr folgt, in dem das Übereinkommen in der durch das Protokoll von
2010 geänderten Fassung für eine Vertragspartei in Kraft getreten ist, oder,
wenn es keinen Besteuerungszeitraum gibt, für die Amtshilfe im Zusammenhang mit
Steuerverbindlichkeiten, die am oder nach dem 1. Januar des Jahres entstehen,
das auf das Jahr folgt, in dem das Übereinkommen in der durch das Protokoll von
2010 geänderten Fassung für eine Vertragspartei in Kraft getreten ist. Zwei
oder mehr Vertragsparteien können in gegenseitigem Einvernehmen vereinbaren,
dass das Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010 geänderten Fassung
für die Amtshilfe im Zusammenhang mit früheren Besteuerungszeiträumen oder
Steuerverbindlichkeiten gilt.
(7) Ungeachtet des Absatzes 6 gilt dieses Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010 geänderten Fassung für Steuersachen im Zusammenhang mit vorsätzlichem Verhalten, das nach dem Strafrecht der ersuchenden Vertragspartei der strafrechtlichen Verfolgung unterliegt, und zwar ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens für eine Vertragspartei im Zusammenhang mit früheren Besteuerungszeiträumen oder Steuerverbindlichkeiten.
Artikel 29
Räumlicher Geltungsbereich
des Übereinkommens
(1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
(2) Jeder Staat kann jederzeit danach durch eine an einen der Verwahrer gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung bei dem Verwahrer folgt.
(3) Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an einen der Verwahrer gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation bei dem Verwahrer folgt.
Artikel 30
Vorbehalte
(1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde oder jederzeit danach erklären, dass er sich das Recht vorbehält,
a) in keiner Form Amtshilfe zu leisten hinsichtlich Steuern anderer Vertragsparteien, die unter eine der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b aufgelisteten Kategorien fallen, es sei denn, er hat innerstaatliche Steuern, die unter die betreffende Kategorie fallen, in Anlage A des Übereinkommens aufgenommen;
b) in Bezug auf alle in Artikel 2 Absatz 1 aufgelisteten Steuern oder nur in Bezug auf Steuern, die unter eine oder mehrere der in Artikel 2 Absatz 1 aufgelisteten Kategorien fallen, keine Amtshilfe zu leisten bei der Beitreibung jeglicher Steuerforderungen oder bei der Beitreibung von Geldbußen;
c) keine Amtshilfe zu leisten in Bezug auf jegliche Steuerforderungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens für diesen Staat oder die, wenn früher ein Vorbehalt nach Buchstabe a oder b angebracht worden ist, im Zeitpunkt der Rücknahme dieses Vorbehalts hinsichtlich Steuern der betreffenden Kategorie bestehen;
d) in Bezug auf alle in Artikel 2 Absatz 1 aufgelisteten Steuern oder nur in Bezug auf Steuern, die unter eine oder mehrere der in Artikel 2 Absatz 1 aufgelisteten Kategorien fallen, keine Amtshilfe zu leisten bei der Zustellung von Schriftstücken;
e) die in Artikel 17 Absatz 3 vorgesehene Zustellung von Schriftstücken durch die Post nicht zu gestatten.
f) Artikel 28 Absatz 7 ausschließlich auf Amtshilfe im Zusammenhang mit Besteuerungszeiträumen anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar des dritten Jahres vor dem Jahr beginnen, in dem das Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010 geänderten Fassung für eine Vertragspartei in Kraft getreten ist, oder, wenn es keinen Besteuerungszeitraum gibt, auf Amtshilfe im Zusammenhang mit Steuerverbindlichkeiten, die am oder nach dem 1. Januar des dritten Jahres entstehen, das dem Jahr vorangeht, in dem das Übereinkommen in der durch das Protokoll von 2010 geänderten Fassung für eine Vertragspartei in Kraft getreten ist.
(2) Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
(3) Nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für eine Vertragspartei kann diese einen oder mehrere der in Absatz 1 aufgeführten Vorbehalte anbringen, den beziehungsweise die sie bei der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung nicht angebracht hat. Diese Vorbehalte treten am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang des Vorbehalts bei einem der Verwahrer folgt.
(4) Jede Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach den Absätzen 1 und 3 angebracht hat, kann ihn durch eine an einen der Verwahrer gerichtete Notifikation ganz oder teilweise zurücknehmen. Die Rücknahme wird mit dem Eingang der Notifikation bei dem betreffenden Verwahrer wirksam.
(5) Eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt zu einer Bestimmung dieses Übereinkommens angebracht hat, kann nicht verlangen, dass eine andere Vertragspartei diese Bestimmung anwendet; sie kann jedoch, wenn es sich um einen Teilvorbehalt handelt, die Anwendung der betreffenden Bestimmung insoweit verlangen, als sie selbst sie angenommen hat.
Artikel 31
Kündigung
(1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an einen der Verwahrer gerichtete Notifikation kündigen.
(2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation bei dem Verwahrer folgt.
(3) Jede Vertragspartei, die das Übereinkommen kündigt, bleibt durch Artikel 22 gebunden, solange sie Schriftstücke oder Informationen in ihrem Besitz behält, die sie aufgrund des Übereinkommens erhalten hat.
Artikel 32
Die Verwahrer und ihre Aufgaben
(1) Der Verwahrer, dem eine Handlung, Notifikation oder Mitteilung zur Kenntnis gebracht worden ist, notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats und den Mitgliedstaaten der OECD und jeder Vertragspartei dieses Übereinkommens
a) jede Unterzeichnung;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach den Artikeln 28 und 29;
d) jede nach Artikel 4 Absatz 3 oder Artikel 9 Absatz 3 abgegebene Erklärung und die Rücknahme jeder dieser Erklärungen;
e) jeden nach Artikel 30 angebrachten Vorbehalt und jede nach Artikel 30 Absatz 4 erfolgte Rücknahme eines Vorbehalts;
f) jede nach Artikel 2 Absatz 3 oder 4, Artikel 3 Absatz 3, Artikel 29 oder Artikel 31 Absatz 1 eingegangene Notifikation;
g) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.
(2) Der Verwahrer, bei dem nach Absatz 1 eine Mitteilung eingeht oder der nach Absatz 1 eine Notifikation vornimmt, unterrichtet den anderen Verwahrer unverzüglich hiervon.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Straßburg am 25. Januar 1988 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in zwei Urschriften, von denen eine im Archiv des Europarats und die andere im Archiv der OECD hinterlegt werden. Die Generalsekretäre des Europarats und der OECD übermitteln allen Mitgliedstaaten des Europarats und allen Mitgliedstaaten der OECD beglaubigte Abschriften.