veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 1959 Teil II Nr. 54, Seite 1525 ff.,

ausgegeben zu Bonn am 29. Dezember 1959

 

 

Vereinbarung

zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland

und der Belgischen Regierung zur weiteren Vereinfachung

des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen

vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß

 

vom 25. April 1959

 

 

Die Regierung der

Bundesrepublik Deutschland

 

und

 

die Belgische Regierung,

 

von dem Wunsche geleitet, im Rechtsverkehr zwischen den beiden Staaten die Anwendung gewisser Bestimmungen des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß vom 1. März 1954, dem die Bundesrepublik Deutschland und Belgien als Vertragstaaten angehören, zu erleichtern,

 

haben gemäß den Möglichkeiten, die in dem Übereinkommen vorgesehen sind, folgendes vereinbart:

 

Zu den einzelnen Artikeln:

 

Artikel 1 - Artikel 2 - Artikel 3 - Artikel 4 - Artikel 5 - Artikel 6 - Artikel 7 - Artikel 8 - Artikel 9 - Artikel 10 - Artikel 11 - Artikel 12 - Artikel 13 - Artikel 14 - Artikel 15 - Artikel 16 - Artikel 17

 

Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke

 

Art. 1  back.gif (909 Byte)

 

(1) In Zivil- und Handelssachen werden gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die von einem der beiden Staaten ausgehen, im unmittelbaren Verkehr übersandt, und zwar,

 

1. wenn sie für Personen in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind, von den Procureurs généraux oder von den Procureurs du Roi an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält,

 

2. wenn die Zustellung an Personen in Belgien bewirkt werden soll, von den zuständigen deutschen Justizbehörden an den Procureur du Roi, in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Empfänger aufhält.

 

(2) Die genannten Behörden bedienen sich für die Zustellungsanträge nach Artikel 1 Absatz 1 des Haager Übereinkommens und bei dem weiteren Schriftwechsel ihrer Landessprache.

 

 

Art. 2back.gif (909 Byte)

 

Ist die Behörde, der das Schriftstück übersandt worden ist, nicht zuständig, so gibt sie es von Amts wegen an die zuständige Behörde ab und benachrichtigt hiervon unverzüglich die ersuchende Behörde.

 

 

Art. 3back.gif (909 Byte)

 

(1) Die Zustellung durch einfache Übergabe und die förmliche Zustellung von Schriftstücken wird gemäß den Artikeln 2, 3, 4 und 5 des Haager Übereinkommens ausgeführt.

 

(2) Hat die ersuchende Behörde nicht, wie in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehen, den Wunsch ausgesprochen, das Schriftstück in der Form zuzustellen, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschrieben ist, und kann eine Zustellung nicht durch einfache Übergabe nach Artikel 2 des Haager Übereinkommens bewirkt werden, so sendet die ersuchte Behörde das Schriftstück unverzüglich der ersuchenden Behörde zurück und teilt ihr die Gründe mit, aus denen die einfache Übergabe nicht möglich war.

 

(3) Hat die ersuchende Behörde ihrem Antrag ein Schriftstück in der Form, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschrieben ist, oder in einer besonderen Form zuzustellen, eine Übersetzung des Schriftstücks nicht beigefügt, so wird diese von der ersuchten Behörde auf Kosten der ersuchenden beschafft.

 

(4) Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf die Erstattung von Auslagen, die in den Fällen des Artikels 3 des Haager Übereinkommens dadurch entstanden sind, daß bei der Zustellung ein Gerichtsbeamter mitgewirkt hat oder daß bei ihr eine besondere Form beachtet worden ist.

 

 

Rechtshilfeersuchen

 

 

Art. 4back.gif (909 Byte)

 

(1) Rechtshilfeersuchen werden im unmittelbaren Verkehr zwischen den Landesjustizverwaltungen in der Bundesrepublik Deutschland und dem belgischem Justizministerium übersandt.

 

(2) In Eilfällen können die Gerichtsbehörden des ersuchenden Staates die Rechtshilfeersuchen den Gerichtsbehörden des ersuchten Staates unmittelbar übersenden. Diese Rechtshilfeersuchen und die Erledigungsstücke sind auf dem in Absatz (1) genannten Weg zurückzusenden.

 

(3) Die Justizministerien und die Gerichtsbehörden bedienen sich im Geschäftsverkehr ihrer Landessprache.

 

Art. 5 back.gif (909 Byte)

Die Rechtshilfeersuchen werden in der Sprache der ersuchenden Behörde abgefaßt; etwa entstehende Übersetzungskosten werden nicht erstattet.

 

 

Art. 6 back.gif (909 Byte)

 

(1) Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf die Erstattung der Auslagen, die bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens entstehen; der Betrag dieser Auslagen ist jedoch der ersuchenden Behörde mitzuteilen.

 

(2) Absatz (1) gilt jedoch nicht für die Entschädigungen, die an Sachverständige gezahlt worden sind; diese Auslagen sind zu erstatten.

 

 

Art. 7 back.gif (909 Byte)

 

(1) Jeder Staat kann Rechtshilfeersuchen, auf Grund deren eigene Staatsangehörige vernommen oder zur Vorlegung von Urkunden angehalten werden sollen, von seinen diplomatischen oder konsularischen Vertretern unmittelbar und ohne Anwendung von Zwang ausführen lassen. Die Staatsangehörigkeit der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, wird nach dem Recht des Staates beurteilt, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll.

 

(2) In der Ladung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß bei der Ausführung des Rechtshilfeersuchens kein Zwang angewendet wird.

 

 

Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten

 

 

Art. 8 back.gif (909 Byte)

 

(1) Der Antrag, eine Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens für vollstreckbar zu erklären, kann von dem Berechtigten selbst bei dem zuständigen Gericht unmittelbar gestellt werden.

 

(2) Das gleiche gilt für gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird.

 

 

Art. 9 back.gif (909 Byte)

 

(1) Den Erfordernissen des Artikels 19 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Haager Übereinkommens wird auf folgende Weise genügt:

 

1. den belgischen Entscheidungen werden beigefügt

 

a) eine Urkunde, aus der hervorgeht, daß die Entscheidung der Partei zugestellt worden ist, gegen welche die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll,

 

b) eine Bescheinigung darüber, daß die Entscheidung nicht durch Einspruch (opposition) oder Berufung (appel) angefochten ist;

 

die Urkunde und die Bescheinigung bilden die Erklärung, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat;

 

2. den deutschen Entscheidungen wird ein von dem zuständigen Gericht ausgestelltes Zeugnis der Rechtskraft beigefügt.

 

(2) Zum Nachweis der Zuständigkeit der Behörden, welche die in Absatz (1) Nummer 1 Buchstaben a) und b) und Nummer 2 vorgesehenen Urkunden ausstellen, bedarf es keiner Bescheinigung der vorgesetzten Behörde.

 

 

Art. 10 back.gif (909 Byte)

 

Die in Artikel 19 Absatz 2 Nummer 3 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten Übersetzer des Staates beglaubigt werden, in dem die Entscheidung ergangen ist.

 

 

Armenrecht

 

 

Art. 11 back.gif (909 Byte)

 

Anträge auf Bewilligung des Armenrechts, die gemäß Artikel 23 des Haager Übereinkommens gestellt werden, können übersandt werden,

 

1. wenn sie von Belgien ausgehen, von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter Belgiens an das zuständige deutsche Gericht,

 

2. wenn sie von der Bundesrepublik Deutschland ausgehen, von dem deutschen diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder von dem Landgerichts- oder Amtsgerichtspräsidenten an den zuständigen Procureur du Roi.

 

 

Art. 12 back.gif (909 Byte)

 

Die Urkunden, die einem Antrag auf Bewilligung des Armenrechts beigefügt werden, können in der Sprache der ersuchenden Behörde abgefaßt werden; etwa entstehende Übersetzungskosten werden nicht erstattet.

 

 

Art. 13 back.gif (909 Byte)

 

Die zuständigen Behörden des Staates, in dem das Armenrecht beantragt wird, können sich wegen einer Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers unmittelbar an die zuständigen Behörden des anderen Staates wenden.

 

 

Schlußbestimmungen

 

 

Art. 14 back.gif (909 Byte)

 

Im Verhältnis der beiden Staaten zueinander gilt das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 nach Maßgabe dieser Vereinbarung.

 

 

Art. 15 back.gif (909 Byte)

 

Diese Vereinbarung gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Belgischen Regierung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung eine gegenteilige Erklärung abgibt.

 

 

Art. 16 back.gif (909 Byte)

 

Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Vereinbarung werden auf diplomatischem Wege geregelt.

 

 

Art. 17 back.gif (909 Byte)

 

Der Tag, an dem diese Vereinbarung in Kraft tritt, wird durch Notenaustausch vereinbart werden, sobald die erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten vorliegen.

 

 

Geschehen zu Brüssel am 25. April 1959 in zwei Urschriften, jede in deutscher und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

 

Für die Regierung der

Bundesrepublik Deutschland:

 

C. F. Ophüls

Bülow

 

Für die Belgische Regierung:

Wigny