Vereinbarung

zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland

und der Regierung der Französischen Republik

zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs

nach dem Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß

 

vom 6. Mai 1961

 

Die Regierung der

Bundesrepublik Deutschland

und

die Regierung der Französischen

Republik,

 

 

In dem Wunsch, die Anwendung gewisser Bestimmungen des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 in dem Rechtsverkehr zwischen den beiden Staaten zu erleichtern,

 

haben gemäß den Möglichkeiten, die in dem Übereinkommen vorgesehen sind, Folgendes vereinbart:

 

Zu den einzelnen Artikeln:
Artikel 1 - Artikel 2 - Artikel 3 - Artikel 4 - Artikel 5 - Artikel 6 - Artikel 7 - Artikel 8 - Artikel 9 -Artikel 10 - Artikel 11 - Artikel 12 - Artikel 13 - Artikel 14 - Artikel 15 - Artikel 16 - Artikel 17 - Artikel 18

 

Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke

Art. 1 back.gif (909 Byte)

 

(1) Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die von einem der beiden Staaten ausgehen, werden im unmittelbaren Verkehr übersandt, und zwar,

 

1. wenn sie für Personen in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind, von den Procureurs de la République (Staatsanwaltschaften) an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält;

 

2. wenn die Zustellung an Personen in Frankreich bewirkt werden soll, von den zuständigen deutschen Justizbehörden an den Procureur de la République près le Tribunal de grande instance (Staatsanwaltschaft bei dem Gericht erster Instanz), in dessen Zuständigkeitsbereich sich der Empfänger aufhält.

 

(2) Die genannten Behörden bedienen sich für die Zustellungsanträge nach Artikel 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens und bei dem weiteren Schriftwechsel ihrer Landessprache.

 

 

Art. 2 back.gif (909 Byte)

 

Ist die Behörde, der das Schriftstück übersandt worden ist, nicht zuständig, so gibt sie es von Amts wegen an die zuständige Behörde ab und benachrichtigt hiervon unverzüglich die ersuchende Behörde.

 

 

Art. 3 back.gif (909 Byte)

 

(1) Hat die ersuchende Behörde nicht, wie in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehen, den Wunsch ausgesprochen, das Schriftstück in der Form zuzustellen, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschrieben ist, und kann eine Zustellung nicht durch einfache Übergabe nach Artikel 2 des Haager Übereinkommens bewirkt werden, so sendet die ersuchte Behörde das Schriftstück unverzüglich der ersuchenden Behörde zurück und teilt ihr die Gründe mit, aus denen die einfache Übergabe nicht möglich war.

 

(2) Hat die ersuchende Behörde ihrem Antrag, ein Schriftstück in der Form, die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschrieben ist, oder in einer besonderen Form zuzustellen, eine Übersetzung des Schriftstücks nicht beigefügt, so wird diese von der ersuchten Behörde beschafft. Die Kosten der Übersetzung werden der ersuchten Behörde erstattet.

 

(3) Die in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung ist von einem vereidigten Übersetzer des ersuchenden oder des ersuchten Staates zu beglaubigen.

 

 

Rechtshilfeersuchen

 

Art. 4 back.gif (909 Byte)

 

Die Rechtshilfeersuchen werden in beiden Staaten von den Gerichten erledigt. Sie werden im unmittelbaren Verkehr übersandt, und zwar

  • in der Bundesrepublik Deutschland an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts,

  • in der Französischen Republik an den Procureur de la République près le Tribunal de grande instance (Staatsanwaltschaft bei dem Gericht erster Instanz),

in dessen Zuständigkeitsbereich das Rechtshilfeersuchen erledigt werden soll.

 

 

Art. 5 back.gif (909 Byte)

 

Den Rechtshilfeersuchen ist eine Übersetzung in die Sprache der ersuchten Behörde beizufügen, die von einem vereidigten Übersetzer des ersuchenden oder des ersuchten Staates beglaubigt worden ist.

 

 

Art. 6 back.gif (909 Byte)

 

Auslagen, die bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen entstanden sind, werden nicht erstattet mit Ausnahme der an Sachverständige gezahlten Entschädigungen, die von dem ersuchenden Staat zu erstatten sind.

 

 

Art. 7 back.gif (909 Byte)

 

(1) Die vorstehenden Bestimmungen schließen es nicht aus, daß die beiden Staaten Rechtshilfeersuchen, auf Grund deren eigene Staatsangehörige vernommen oder zur Vorlegung von Urkunden angehalten werden sollen, von ihren diplomatischen oder konsularischen Vertretern unmittelbar und ohne Anwendung von Zwang ausführen lassen. Die Staatsangehörigkeit der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, wird nach dem Recht des Staates beurteilt, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll.

 

(2) In der Ladung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß bei der Ausführung des Rechtshilfeersuchens kein Zwang angewendet wird.

 

 

Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten

 

 

Art. 8 back.gif (909 Byte)

 

Für die juristischen Personen, die in einem der beiden Staaten nach dem Recht dieses Staates errichtet worden sind, gelten in dem anderen Staat die Artikel 17, 18 und 19 des Haager Übereinkommens.

 

 

Art. 9 back.gif (909 Byte)

 

(1) Der Antrag, eine Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens für vollstreckbar zu erklären, kann von dem Berechtigten selbst bei dem zuständigen Gericht unmittelbar gestellt werden.

 

(2) Das gleiche gilt für gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird.

 

 

Art. 10 back.gif (909 Byte)

 

(1) Den Erfordernissen des Artikels 19 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Haager Übereinkommens wird auf folgende Weise genügt:

 

1. den französischen Entscheidungen werden beigefügt

 

a) eine Urkunde, aus der hervorgeht, daß die Entscheidung der Partei zugestellt worden ist, gegen welche die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll,

 

b) eine Bescheinigung darüber, daß die Entscheidung nicht durch Einspruch (opposition) oder Berufung (appel) angefochten worden ist und daß die Fristen für den Einspruch und die Berufung abgelaufen sind;

 

die Urkunde und die Bescheinigung bilden die Erklärung, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat;

 

2. den deutschen Entscheidungen wird ein von dem zuständigen Gericht ausgestelltes Zeugnis der Rechtskraft beigefügt.

 

(2) Zum Nachweis der Zuständigkeit der Behörden, welche die in Absatz 1 Nummer 1 Buchstaben a und b und Nummer 2 vorgesehenen Urkunden aufstellen, bedarf es keiner Bescheinigung der vorgesetzten Behörde.

 

 

Art. 11 back.gif (909 Byte)

 

Die in Artikel 19 Absatz 2 Nummer 3 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten Übersetzer des Staates beglaubigt werden, in dem die für vollstreckbar zu erklärende Entscheidung ergangen ist.

 

 

Armenrecht

Art. 12 back.gif (909 Byte)

 

Anträge auf Bewilligung des Armenrechts, die gemäß Artikel 23 des Haager Übereinkommens gestellt werden, können auch im unmittelbaren Verkehr der beiderseitigen Behörden übersandt werden. Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 2 gelten entsprechend.

 

 

Art. 13 back.gif (909 Byte)

 

Die Urkunden, die einem Antrag auf Bewilligung des Armenrechts beigefügt werden, können in der Sprache der ersuchenden Behörde abgefaßt werden; etwa entstehende Übersetzungskosten werden nicht erstattet.

 

 

Art. 14 back.gif (909 Byte)

 

Die zuständigen Behörden des Staates, in dem das Armenrecht beantragt wird, können sich wegen einer Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers unmittelbar an die zuständigen Behörden des anderen Staates wenden.

 

 

Schlußbestimmungen

Art. 15 back.gif (909 Byte)

 

(1) Diese Vereinbarung gilt hinsichtlich der Französischen Republik für das französische Mutterland.

 

(2) Die Vereinbarung kann durch Notenaustausch zwischen den beiden Regierungen auf die Départements Algeriens und der Sahara, auf Martinique, Guadeloupe, Guayana, Réunion und die überseeischen Gebiete ausgedehnt werden.

 

 

Art. 16 back.gif (909 Byte)

 

Diese Vereinbarung gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Französischen Republik innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung eine gegenteilige Erklärung abgibt.

 

 

Art. 17 back.gif (909 Byte)

 

Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Anwendung dieser Vereinbarung werden auf diplomatischem Wege geregelt.

 

 

Art. 18 back.gif (909 Byte)

 

Der Tag, an dem diese Vereinbarung in Kraft tritt, wird durch Notenaustausch zwischen den beiden Regierungen vereinbart werden.

 

 

Geschehen zu Bonn am 6. Mai 1961 in zwei Urschriften, jede in deutscher und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

 

 

Für die Regierung

der Bundesrepublik Deutschland:

 

Carstens

A. Bülow

 

 

Für die Regierung

der Französischen Republik.

F. Seydoux