Deutsch-norwegische Vereinbarung

zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs

nach dem Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß

 

vom 17. Juni 1977

 

Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland

 

und

 

die Regierung des Königreichs Norwegen,

 

 

in dem Wunsch, die Anwendung gewisser Bestimmungen des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 im Rechtshilfeverkehr zwischen den beiden Staaten zu erleichtern,

 

haben gemäß den Möglichkeiten, die in dem Übereinkommen vorgesehen sind, folgendes vereinbart:

 

Zu den einzelnen Artikeln:

 

Artikel 1 - Artikel 2 - Artikel 3 - Artikel 4 - Artikel 5 - Artikel 6 - Artikel 7 - Artikel 8 - Artikel 9 - Artikel 10 - Artikel 11 - Artikel 12 - Artikel 13 - Artikel 14 - Artikel 15 - Artikel 16 - Artikel 17

 

Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke

 

 

Art. 1 back.gif (909 Byte)

 

In Zivil- und Handelssachen können gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die von einem der beiden Staaten ausgehen, auch im unmittelbaren Verkehr übersandt werden, und zwar

 

1. wenn die Zustellung an Personen in der Bundesrepublik Deutschland bewirkt werden soll, von den zuständigen norwegischen Justizbehörden an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält,

 

2. wenn die Zustellung an Personen in Norwegen bewirkt werden soll, von den zuständigen deutschen Justizbehörden an das herredsrett oder das byrett, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält.

 

 

Art. 2 back.gif (909 Byte)

 

Ist die Behörde, der das Schriftstück übersandt worden ist, nicht zuständig, so gibt sie es von Amts wegen an die zuständige Behörde ab. Sie benachrichtigt hiervon unverzüglich die ersuchende Behörde auf demselben Wege, auf dem ihr das Ersuchen zugegangen ist.

 

 

Art. 3 back.gif (909 Byte)

 

(1) In dem Antrag soll angegeben werden, ob die Zustellung durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger (Artikel 2 des Haager Übereinkommens) oder in der Form, die durch die Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde vorgeschrieben ist, oder in einer besonderen Form (Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens) bewirkt werden soll. Der Wunsch, die Zustellung in einer der in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehenen Formen zu bewirken, kann auch nur hilfsweise für den Fall ausgesprochen werden, daß die einfache Übergabe nicht möglich ist, weil der Empfänger zur Annahme des Schriftstücks nicht bereit ist.

 

(2) Hat die ersuchende Behörde nicht, wie in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehen, den Wunsch ausgesprochen, das Schriftstück in einer der in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens angeführten Formen zuzustellen, und kann die Zustellung nicht durch einfache Übergabe nach Artikel 2 des Haager Übereinkommens bewirkt werden, so sendet die ersuchte Behörde das Schriftstück unverzüglich der ersuchenden Behörde zurück und teilt ihr die Gründe mit, aus denen die einfache Übergabe nicht möglich war. Ist jedoch das zuzustellende Schriftstück von einer Übersetzung begleitet, so wird die Zustellung nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der ersuchten Behörde für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen durchgeführt.

 

(3) Hat die ersuchende Behörde ihrem Antrag nach Absatz 1, ein Schriftstück in den in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehenen Formen zuzustellen, eine Übersetzung ausnahmsweise nicht beigefügt, so wird diese von der ersuchten Behörde beschafft. Die Kosten der Übersetzung werden von der ersuchenden Behörde erstattet.

 

(4) Die in Artikel 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten Übersetzer des ersuchenden Staates beglaubigt werden.

 

(5) Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf die Erstattung von Auslagen, die in den Fällen des Artikels 3 Absatz 2 des Haager Übereinkommens dadurch entstanden sind, daß bei der Zustellung ein Gerichtsbeamter mitgewirkt hat oder eine besondere Form beachtet worden ist. Jedoch teilt die ersuchte norwegische Behörde der ersuchenden deutschen Behörde den Betrag dieser Auslagen mit.

 

 

Art. 4 back.gif (909 Byte)

 

(1) Die diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines jeden der beiden Staaten können Zustellungen ohne Anwendung von Zwang (Artikel 6 Absatz 1 Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 des Haager Übereinkommens) auch dann bewirken, wenn die Empfänger neben der Staatsangehörigkeit des Entsendestaates auch die eines dritten Staates besitzen. Kommen für die Beurteilung der Staatsangehörigkeit der Person, an die zugestellt werden soll, verschiedene Rechte in Betracht, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem der Zustellungsantrag ausgeführt werden soll.

 

(2) Im Verhältnis zwischen beiden Staaten sind die in Artikel 6 Absatz 1 Nummern 1 und 2 des Haager Übereinkommens vorgesehenen unmittelbaren Zustellungsarten ebenso wie die unmittelbare Zustellung durch die diplomatischen oder konsularischen Vertreter an Personen, welche die Staatsangehörigkeit des Empfangsstaates oder eines dritten Staates besitzen, nicht zulässig.

 

 

Rechtshilfeersuchen

 

 

Art. 5 back.gif (909 Byte)

 

In Zivil- und Handelssachen können die Rechtshilfeersuchen auch im unmittelbaren Verkehr der beiderseitigen Behörden übersandt werden. Artikel 1 und 2 gelten entsprechend.

 

 

Art. 6 back.gif (909 Byte)

 

(1) Ist einem Rechtshilfeersuchen eine Übersetzung in die Sprache der ersuchten Behörde ausnahmsweise nicht beigefügt, so wird diese von der ersuchten Behörde beschafft. Die Kosten der Übersetzung werden von der ersuchenden Behörde erstattet.

 

(2) Die in Artikel 10 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten Übersetzer des ersuchenden Staates beglaubigt werden.

 

 

Art. 7 back.gif (909 Byte)

 

(1) Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf die Erstattung von Auslagen, die bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens entstanden sind. Zu erstatten sind jedoch die Beträge, die an Sachverständige und Dolmetscher gezahlt worden sind, es sei denn, daß es sich um Auslagen für die Entnahme einer Blutprobe oder für die Erstattung von Blutgruppengutachten handelt.

 

(2) Die ersuchte norwegische Behörde teilt der ersuchenden deutschen Behörde die ihr erwachsenen Auslagen mit, auch wenn sie nach Absatz 1 nicht zu erstatten sind.

 

 

Art. 8 back.gif (909 Byte)

 

Jeder der beiden Staaten kann Rechtshilfeersuchen von seinen diplomatischen oder konsularischen Vertretern unmittelbar und ohne Anwendung von Zwang ausführen lassen, wenn die Personen, die vernommen oder zur Vorlegung von Urkunden angehalten werden sollen, nur die Staatsangehörigkeit des Entsendestaates oder diese Staatsangehörigkeit neben der eines dritten Staates besitzen. Kommen für die Beurteilung der Staatsangehörigkeit der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, verschiedene Rechte in Betracht, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll.

 

 

Vollstreckung von Kostenentscheidungen

 

 

Art. 9 back.gif (909 Byte)

 

(1) Der Antrag, eine Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens für vollstreckbar zu erklären (auf Grund einer Entscheidung über die Prozeßkosten die Zwangsvollstreckung zuzulassen), kann auch von dem Berechtigten selbst bei dem zuständigen Gericht unmittelbar gestellt werden.

 

(2) Das gleiche gilt für den Antrag, eine gerichtliche Entscheidung, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt worden ist, für vollstreckbar zu erklären (auf Grund einer Entscheidung über die Prozeßkosten die Zwangsvollstreckung zuzulassen).

 

 

Art. 10 back.gif (909 Byte)

 

(1) Den Erfordernissen des Artikels 19 Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 des Haager Übereinkommens wird dadurch genügt, daß der Entscheidung ein von dem zuständigen Gericht ausgestelltes Zeugnis der Rechtskraft beigefügt wird.

 

(2) Zum Nachweis der Zuständigkeit des Gerichts, das die in Absatz 1 vorgesehene Urkunde ausstellt, bedarf es keiner Bescheinigung einer weiteren Behörde.

 

 

Art. 11 back.gif (909 Byte)

 

Die in Artikel 19 Absatz 2 Nummer 3 des Haager Übereinkommens vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten Übersetzer des Staates beglaubigt werden, in dem die Entscheidung ergangen ist.

 

 

Armenrecht

 

 

Art. 12 back.gif (909 Byte)

 

(1) Anträge auf Bewilligung des Armenrechts, die gemäß Artikel 23 des Haager Übereinkommens gestellt werden, können auch im unmittelbaren Verkehr der beiderseitigen Behörden übersandt werden, und zwar

 

1. wenn das Armenrecht in der Bundesrepublik Deutschland nachgesucht werden soll, von den zuständigen norwegischen Justizbehörden an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk über den Antrag zu entscheiden ist,

 

2. wenn das Armenrecht in Norwegen nachgesucht werden soll, von den zuständigen deutschen Justizbehörden an das Kgl. Justis- og Politidepartement in Oslo.

 

(2) Die Übersetzung, die nach Artikel 23 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 10 des Haager Übereinkommens beizufügen ist, kann auch von einem vereidigten Übersetzer des den Antrag übermittelnden Staates beglaubigt werden.

 

 

Art. 13 back.gif (909 Byte)

 

Die Behörde, die über einen gemäß Artikel 12 übermittelten Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, kann sich, wenn sie ergänzende Aufschlüsse durch die zuständige Behörde über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers wünscht (Artikel 22 Absatz 2 des Haager Übereinkommens), unmittelbar an die Behörde des anderen Staates wenden, die den Antrag nach Artikel 12 übermittelt hat.

 

 

Schlußbestimmungen

 

 

Art. 14 back.gif (909 Byte)

 

Die vorstehenden Vereinbarungen schließen nicht aus, daß Zustellungsanträge, Rechtshilfeersuchen oder Anträge auf Bewilligung des Armenrechts auf dem im Haager Übereinkommen vorgesehenen Wege (Artikel 1 Absatz 1, Artikel 9 Absatz 1, Artikel 23 Absatz 1) übermittelt werden.

 

 

Art. 15 back.gif (909 Byte)

 

Diese Vereinbarung gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung des Königreichs Norwegen innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieser Vereinbarung eine gegenteilige Erklärung abgibt.

 

 

Art. 16 back.gif (909 Byte)

 

Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Anwendung dieser Vereinbarung werden auf diplomatischem Wege geregelt.

Art. 17 back.gif (909 Byte)

 

(1) Der Tag, an dem diese Vereinbarung in Kraft tritt, wird durch Notenaustausch vereinbart werden, sobald die erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten vorliegen.

 

(2) Diese Vereinbarung kann jederzeit schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung wird sechs Monate nach ihrer Notifizierung wirksam.

 

(3) Mit dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung tritt die Erklärung zwischen dem Deutschen Reich und Norwegen zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 2. August 1909 außer Kraft.

 

 

Geschehen zu Oslo am 17. Juni 1977 in zwei Urschriften, jede in deutscher und norwegischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

 

 

Für die Regierung der

Bundesrepublik Deutschland,

Dr. Vogel

Dr. Wand

 

Für die Regierung des

Königreichs Norwegen

Inger Louise Valle