veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 1963 Teil I Nr. 12, Seite 129,

ausgegeben zu Bonn am 1. März 1963

 

 

Gesetz zur Ausführung

des Vertrages vom 4. November 1961

zwischen der Bundesrepublik Deutschland und

dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung

und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen

und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen

 

Vom 5. Februar 1963

 

- zuletzt geändert durch Artikel 26 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1913) -

 

 

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

 

 

Erster Abschnitt

 

Vollstreckbarerklärung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden

 

 

§ 1

 

(1) Für die Vollstreckbarerklärung gerichtlicher Entscheidungen (Artikel 1, 6 ff., 17 Abs. 2 des Vertrages), gerichtlicher Vergleiche (Artikel 13 des Vertrages) und öffentlicher Urkunden (Artikel 15 des Vertrages) ist sachlich das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig, das für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs zuständig sein würde.

 

(2) Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und beim Fehlen eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll.

 

 

§ 2

 

(1) Für die Vollstreckbarerklärung der in § 1 Abs. 1 genannten Schuldtitel gelten § 1063 Abs. 1 und § 1064 Abs. 2 der Zivilprozessordnung entsprechend.

 

(2) Dem Antrag soll die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften beigefügt werden.

 

(3) Wird die mündliche Verhandlung angeordnet, so ist der Termin den Parteien von Amts wegen bekanntzumachen. Im Verfahren vor den Landgerichten soll die Bekanntmachung die Aufforderung gemäß § 215 der Zivilprozessordnung enthalten.

 

(4) Der Beschluss unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung. Die §§ 707, 717, 1065 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

 

 

§ 3

 

Hängt die Vollstreckung nach dem Inhalt des Schuldtitels (§ 1 Abs. 1) von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung, dem Ablauf einer Frist oder dem Eintritt einer anderen Tatsache ab oder wird die Vollstreckbarerklärung zugunsten eines anderen als des in dem Schuldtitel bezeichneten Gläubigers oder gegen einen anderen als den darin bezeichneten Schuldner nachgesucht, so ist die Frage, inwieweit die Vollstreckbarerklärung von dem Nachweis besonderer Voraussetzungen abhängig oder ob der Schuldtitel für oder gegen den anderen vollstreckbar ist, nach griechischem Recht zu entscheiden. Der Nachweis ist durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen, sofern nicht die Tatsachen bei dem Gericht offenkundig sind. Kann er in dieser Form nicht erbracht werden, so ist mündliche Verhandlung anzuordnen.

 

 

§ 4

 

(1) In dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung einer gerichtlichen Entscheidung kann der Schuldner auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlass der gerichtlichen Entscheidung entstanden sind.

 

(2) In dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines gerichtlichen Vergleichs oder einer öffentlichen Urkunde kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst ungeachtet der in Absatz 1 enthaltenen Beschränkung geltend machen.

 

(3) Ist ein Schuldtitel (§ 1 Abs. 1) für vollstreckbar erklärt, so kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst

 

1. nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er Widerspruch hätte einlegen können,

 

oder

 

2. falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens entstanden sind.

 

 

§ 5

 

Aus den für vollstreckbar erklärten Schuldtiteln (§ 1 Abs. 1) findet die Zwangsvollstreckung statt, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.

 

 

Zweiter Abschnitt

 

Aufhebung oder Änderung der Vollstreckbarerklärung

 

 

§ 6

 

(1) Wird ein Schuldtitel (§ 1 Abs. 1) nach der Vollstreckbarerklärung in Griechenland aufgehoben oder geändert und kann der Schuldner diese Tatsache in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht mehr geltend machen, so kann er die Aufhebung oder Änderung der Vollstreckbarerklärung in einem besonderen Verfahren beantragen.

 

(2) Für die Entscheidung über den Antrag ist das Gericht ausschließlich zuständig, das in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung im ersten Rechtszug entschieden hat. Über den Antrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden; vor der Entscheidung ist der Gläubiger zu hören. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss, der dem Gläubiger und dem Schuldner von Amts wegen zuzustellen ist. Der Beschluss unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.

 

(3) Für die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln gelten §§ 769, 770 der Zivilprozessordnung entsprechend. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.

 

 

Dritter Abschnitt


Besondere Vorschriften für deutsche gerichtliche Entscheidungen

 

 

§ 7

 

Ist zu erwarten, dass ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil in Griechenland geltend gemacht werden soll, so darf das Urteil nicht in abgekürzter Form (§ 313 b der Zivilprozessordnung) hergestellt werden.

 

 

§ 8

 

(1) Will eine Partei ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil, das nach § 313 b der Zivilprozessordnung in abgekürzter Form hergestellt ist, in Griechenland geltend machen, so ist das Urteil auf ihren Antrag zu vervollständigen. Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Über den Antrag wird ohne mündliche Verhandlung entschieden.

 

(2) Zur Vervollständigung des Urteils sind der Tatbestand und die Entscheidungsgründe nachträglich anzufertigen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übergeben; der Tatbestand und die Entscheidungsgründe können auch von Richtern unterschrieben werden, die bei dem Urteil nicht mitgewirkt haben.

 

(3) Für die Berichtigung des nachträglich angefertigten Tatbestandes gilt § 320 der Zivilprozessordnung entsprechend. Jedoch können bei der Entscheidung über einen Antrag auf Berichtigung auch solche Richter mitwirken, die bei dem Urteil oder der nachträglichen Anfertigung des Tatbestandes nicht mitgewirkt haben.

 

(4) Für die Vervollständigung des Urteils werden Gerichtsgebühren nicht erhoben.

 

 

§ 9

 

Einer einstweiligen Anordnung oder einer einstweiligen Verfügung, die in Griechenland geltend gemacht werden soll, ist eine Begründung beizufügen. § 8 ist entsprechend anzuwenden.

 

 

§ 10

 

Vollstreckungsbescheide (Artikel 1 des Vertrages) und einstweilige Verfügungen (Artikel 17 Abs. 2 des Vertrages), auf Grund deren ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung in Griechenland betreiben will, sind auch dann mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, wenn dies für eine Zwangsvollstreckung im Inland nach § 796 Abs. 1, §§ 936, 929 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht erforderlich wäre.

 

 

Vierter Abschnitt

 

Schlussbestimmungen

 

 

§ 11

 

(gegenstandslos; betraf Berlin)

 

 

§ 12

 

(1) Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Vertrag vom 4. November 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen in Kraft.

 

(2) Der Tag, an dem dieses Gesetz in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.(1)

 

 

Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.

 

Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.

 

Bonn, den 5. Februar 1963

 

 

Der Bundespräsident

Lübke

 

 

Der Stellvertreter des Bundeskanzlers

Ludwig Erhard

 

 

Der Bundesminister der Justiz

Dr. Bucher

(1) In Kraft seit dem 18. September 1963 (BGBl. I S. 766).