Deutsche Denkschrift zum Vertrag - BT-Drucks. 11/20206 -
I. Allgemeine Bemerkungen
Für die internationalen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Königreich Marokko auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts gelten das Haager
Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 (BGBl. 1958 II S. 576; 1959 II S.
1388; 1972 II S. 1472 - im folgenden als Haager Zivilprozeßübereinkommen bezeichnet),
das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer
Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121; 1962 II S. 102) und das
UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.
Juni 1956 (BGBl. 1959 II S. 149, 1377; 1971 II S. 105).
Seit dem Inkrafttreten dieser Übereinkommen hat der Wirtschafts- und Reiseverkehr
zwischen den beiden Staaten ständig zugenommen. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach
Frankreich, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika Marokkos viertgrößter
Handelspartner; dasselbe gilt für den Tourismus. Zudem leben in der Bundesrepublik
Deutschland derzeit ca. 50 000 marokkanische Arbeitnehmer und Studenten.
Von den beteiligten Kreisen wird die Grundlage der rechtlichen Beziehungen zwischen den
beiden Staaten seit längerem als unbefriedigend empfunden. Die im Haager
Zivilprozeßübereinkommen vorgesehene Art der Übermittlung von Zustellungs- und anderen
Rechtshilfeersuchen hat im Verhältnis der beiden Staaten nicht zu der erhofften
beschleunigten Behandlung geführt. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, die Rechtshilfe
über das Haager Zivilprozeßübereinkommen hinaus durch eine zusätzliche Vereinbarung
mit dem Königreich Marokko zu vereinfachen, wie dies bereits im Verhältnis zu Belgien,
Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden und
der Schweiz geschehen ist.
Bei deutsch-marokkanischen Rechtsangelegenheiten haben die beiderseitigen Gerichte nicht
selten das Recht des anderen Vertragsstaates anzuwenden. Um die Rechtsfindung in diesen
Fällen zu erleichtern, wird durch den vorliegenden Vertrag den Gerichten die Möglichkeit
eröffnet, im anderen Staat Auskünfte über das dort geltende Recht einzuholen.
Der Vertrag soll nur für das Gebiet des Zivil- und Handelsrechts gelten. Seine
Vorschriften sind also nicht, auch nicht analog, auf die Angelegenheiten des
Verwaltungsrechts sowie des Straf-, Steuer- und Sozialrechts anzuwenden.
Der Vertrag ist wie folgt gegliedert:
Titel I enthält die Vorschriften über die Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen. In
Kapitel I wird in Anlehnung an die Artikel 1 und 2 des deutsch-tunesischen Vertrages vom
19. Juli 1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die
Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. 1969 II S. 890) - im folgenden als
deutsch-tunesischer Vertrag bezeichnet - der freie Zutritt zu den Gerichten
gewährleistet. Kapitel II regelt die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher
Schriftstücke. Die im Haager Zivilprozeßübereinkommen vorgesehenen Zustellungsformen
werden vereinfacht, insbesondere durch die Einführung des unmittelbaren
Geschäftsverkehrs. Kapitel III betrifft Rechtshilfeersuchen; diese können bei
weitgehendem Auslagenverzicht im unmittelbaren Verkehr oder, soweit es sich um die eigenen
Staatsangehörigen handelt, von den diplomatischen oder konsularischen Vertretern
ausgeführt werden. In Kapitel IV wird in Erweiterung des Artikels 17 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die
Prozeßkosten für die Staatsangehörigen unabhängig von deren jeweiligen Wohnsitz oder
Aufenthalt festgelegt.
Kapitel V vereinfacht die Vollstreckbarerklärung nach den Artikel 18 und 19 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens. Kapitel VI führt auch für das Prozeßkostenhilfeverfahren
den unmittelbaren Verkehr ein und erleichtert zwischen den Staaten die Beschaffung von
Auskünften über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers.
Titel II regelt die Erteilung von Rechtsauskünften. Er orientiert sich nach Gehalt und
Aufbau am Europäischen Übereinkommen getreffend Auskünfte über ausländisches Recht
(BGBl. 1974 II S. 937; 1974 I S. 1433 - im folgenden als Rechtsauskunftsübereinkommen
bezeichnet). Er sieht neben dem Austausch von Auskünften auf Antrag der Gerichte im
Rahmen gerichtlicher Verfahren (Kapitel II) auch den Austausch von Auskünften zwischen
den Justizministerien in Bonn und Rabat vor (Kapitel I).
Titel III enthält die für den gesamten deutsch-marokkanischen Rechtshilfeverkehr
geltenden gemeinsamen Vorschriften. Hierzu gehören die Vorschriften über Befreiung von
Legalisation (Kapitel I), über Sprache und Übersetzung (Kapitel II), über die
Weiterleitung und Adressatenermittlung bei unvollständigen oder unrichtigen Ersuchen
(Kapitel III) sowie über die Anwendung des ordre public (Kapitel IV).
Titel IV enthält die üblichen Schlußbestimmungen.
II. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln
Titel I. Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen
Kapitel I. Allgemeine Vorschriften
Zu Artikel 1
Wie aus der Überschrift zu Titel I hervorgeht, bezieht sich die allgemeine
Rechtsschutzklausel ebenso wie die nachfolgenden Vorschriften nur auf die Rechtshilfe in
Zivil- und Handelssachen. Die Frage, ob eine Zivil- oder Handelssache vorliegt, beurteilt
sich entsprechend allgemeiner Übung grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem die
Rechtssache anhängig ist oder werden soll.
Maßgebend ist die materielle Rechtslage (Materialien der IV. Haager Konferenz für
Internationales Privatrecht 1904 - Actes de la Quatrième Session 1904 S. 84 f.; amtl.
Denkschrift, Reichtags-Drucks. Nr. 891 vom 28. April 1908, XII. Legislaturperiode, I.
Session Band 247 S. 58 f.); auf die Art des Verfahrens, in dem der Anspruch geltend
gemacht wird, kommt es nicht an. Es können für die Zivil- und Handelssachen auch andere
Gerichte als die Zivilgerichte zuständig sein. So kann im Adhäsionsverfahren vor dem
Strafgericht ein zivilrechtlicher Anspruch geltend gemacht werden (§§ 403 ff. der
Strafprozeßordnung). Ebenso können darunter Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen
fallen, die vor Verwaltungsgerichten (zu denen auch die Sozial- und Finanzgerichte als
besondere Verwaltungsgerichte gehören) anhängig sind. Nach deutscher Rechtsauffassung
gehört auch das Patentrecht zum bürgerlichen Recht (vgl. die Bekanntmachung über die
Auslegung des deutsch-österreichischen Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe vom
31. Dezember 1936, RGBl. 1937 II S. 7). Außerdem erfaßt der Begriff
"Zivilrecht" wichtige, nicht öffentlich-rechtliche Sondermaterien wie vor allem
Teile des Arbeitsrechts (vgl. Materialien der VI. Haager Konferenz für Internationales
Privatrecht - 1928 - Actes de la Sixième Session 1928 S. 190).
Artikel 1 gewährleistet, daß die Staatsangehörigen beider Staaten im Hinblick auf den
Rechtsschutz im allgemeinen (Absatz 1) sowie insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu
den Gerichten (Absatz 2) im anderen Staat wie dessen eigene Staatsangehörige behandelt
werden. Das schließt die Möglichkeit ein, sich im Rahmen der nationalen Gesetzgebung
eines Bevollmächtigten freier Wahl zu bedienen.
Zu Artikel 2
Diese Bestimmung ergänzt Artikel 1. Juristische Personen, Gesellschaften
(einschließlich der OHG des deutschen Rechts) und andere Vereinigungen (einschließlich
nichtrechtsfähiger Vereine) werden den natürlichen Personen hinsichtlich sämtlicher
Materien dieses Vertrages gleichgestellt.
Artikel 2 löst unter anderem die für den Bereich der Artikel 17 bis 19 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens umstrittene Frage, ob von diesen Vorschriften auch juristische
Personen, Gesellschaften und Vereinigungen erfaßt werden. Nach dem allein maßgebenden
französischen Originaltext beziehen sich die Artikel 17, 18 und 19 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens auf die "nationaux d'un des états contractants".
Diese Fassung hat zu der Frage Anlaß gegeben, ob das Privileg der Befreiung von der
Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten sich nur auf natürliche Personen beziehe oder
ob es auch für juristische Personen gelte. Nach den Materialien zu dem (ersten) Haager
"Abkommen zur Regelung von Fragen des Internationalen Privatrechts" vom 14.
November 1896 (RGBl. 1899 S. 285; Actes de la Deuxième Conférence de la Haye 1894 S.
108) war die Frage schon damals in dem weiteren Sinne zu beantworten; für das
Zivilprozeßübereinkommen von 1954 gilt das gleiche (Bülow-Böckstiegel, Der
internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Ordnr. 101.16 Fußn. 72). Die
französische Rechtsprechung und Rechtslehre, die in Marokko Beachtung findet, ist dagegen
nicht einheitlich. Eine Klarstellung ist deshalb wünschenswert.
Kapitel II. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Zu Artikel 3
Artikel 3 Abs. 1 führt als wesentliche Erleichterung gegenüber dem konsularischen
Weg den unmittelbaren Verkehr ein. Gleichzeitig wird damit ausgeschlossen, daß einer der
beiden Staaten im Verhältnis zum anderen den nach Artikel 1 Abs. 3 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens möglichen Vorbehalt des diplomatischen Verkehrs einwendet,
was bisher die Vertragsstaaten Finnland, Japan, Portugal, Rumänien, die UdSSR,
Jugoslawien und die Vatikanstadt getan haben. Der unmittelbare Verkehr ist durch die
Zusatzvereinbarungen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen bisher bereits mit Belgien,
Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und der Schweiz
- wenn auch auf unterschiedlicher behördlicher Ebene - eingeführt worden.
Die Eröffnung des unmittelbaren Verkehrs bedeutet nicht nur eine Erleichterung
technischer Art, sondern führt in der Praxis auch zu einer Abkürzung der
Verfahrensdauer. Im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtstradition in Deutschland und
Marokko, die Schwierigkeit, das zuständige Gericht im anderen Staat zu ermitteln, sowie
im Hinblick auf die sprachlichen Probleme, insbesondere die Umsetzung lateinischer
Schriftzeichen in arabische und umgekehrt, wäre der Geschäftsverkehr mit dem Königreich
Marokko auf unterer Gerichtsebene allerdings nicht zweckmäßig. Aus diesem Grunde ist der
Verkehr auf ministerieller Ebene vereinbart worden, wobei in der Bundesrepublik
Deutschland die Landesjustizministerien zuständig sein sollen, in deren Gebiet der
Empfänger oder Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Der unmittelbare Verkehr gilt für die Zustellung aller gerichtlichen und
außergerichtlichen Schriftstücke. Unter gerichtlichen Schriftstücken sind solche zu
verstehen, die aus einem gerichtlichen Verfahren herrühren oder für die Einleitung eines
gerichtlichen Verfahrens bestimmt sind. Außergerichtliche Schriftstücke sind solche, die
mit einem gerichtlichen Verfahren nicht oder noch nicht im Zusammenhang stehen; ein
Beispiel hierfür ist die vollstreckbare Ausfertigung einer gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5
ZPO errichteten notariellen Urkunde. Es kommen aber auch Kündigungsschreiben und andere
Willenserklärungen in Betracht.
Der Begriff "Zustellung" im Sinne des Vertrages und des Haager
Zivilprozeßübereinkommens bezieht sich nur auf Zustellungen, die auf Ersuchen einer
gerichtlichen Behörde bewirkt werden sollen. Beauftragen die Parteien unmittelbar einen
Gerichtsvollzieher, ein außergerichtliches Schriftstück zuzustellen, so greift weder das
Haager Zivilprozeßübereinkommen noch dieser Vertrag ein. Für Aufträge dieser Art
gelten in der Bundesrepublik Deutschland die §§ 52 ff. der Geschäftsanweisung für
Gerichtsvollzieher.
Artikel 3 Abs. 2 enthält die Erfordernisse, die an einen Zustellungsantrag gestellt
werden. Er entspricht insoweit Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens; zusätzlich können im Antrag jedoch weitere Angaben gemacht
werden, die einer beschleunigten Erledigung dienlich sind.
Zu Artikel 4
Absatz 1 sieht vor, daß dem Antrag das zuzustellende Schriftstück in doppelter
Ausfertigung beizufügen ist. Dies gilt sowohl für Anträge auf förmliche wie auf
formlose Zustellung. Das zweite Ausfertigungsstück hat jedoch lediglich Bedeutung für
den Zustellungsnachweis. Eine Sanktion ist an die Nichtbeachtung der Vorschrift nicht
geknüpft, so daß ein Zustellungsantrag nicht abgelehnt werden kann, wenn die
zuzustellenden Schriftstücke nur in einem Exemplar übermittelt worden sind.
Nach Absatz 2 wird die formlose wie auch die förmliche Zustellung durch die Behörde
ausgeführt, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zuständig ist (vgl.
auch Artikel 2 Satz 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens).
Die zuständige Behörde kann sich, abgesehen von den in Artikel 5 des Vertrages
vorgesehenen Fällen, bei Annahmebereitschaft des Empfängers darauf beschränken, die
formlose Zustellung durch einfache Übergabe zu bewirken (Absatz 3). Die formlose
Zustellung wird in Absatz 3 ebenso definiert wie in § 5 Nr. 1 Buchstabe a der
Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO). Sie wird in der Bundesrepublik Deutschland
nach den §§ 68 ff. ZRHO durchgeführt.
Zu Artikel 5
Die Vorschrift regelt die besonderen Voraussetzungen, unter denen eine förmliche
Zustellung zu bewirken ist. Nach § 32 Abs. 3 ZRHO haben die deutschen Gerichte in dem
Zustellungsantrag anzugeben, ob die formlose und hilfsweise die förmliche oder ob
sogleich die förmliche Zustellung beantragt wird. Ist bei einem eingehenden
Zustellungsantrag der Wunsch nach förmlicher Zustellung nicht ausgesprochen, so soll das
ersuchte deutsche Gericht zunächst eine formlose Zustellung versuchen (Artikel 4 Abs. 3;
§ 67 Abs. 2 Satz 2 ZRHO).
Artikel 5 sieht zwei verschiedene Arten der förmlichen Zustellung vor. Zum einen handelt
es sich um die förmliche Zustellung nach dem Verfahrensrecht des ersuchten Staates (vgl.
§ 5 Nr. 1 Buchstabe b ZRHO). Für sie gelten in der Bundesrepublik Deutschland die
Vorschriften des § 72 Abs. 1 ZRHO und der §§ 208 ff. ZPO. Die zweite Alternative, die
in Artikel 5 angesprochen wird, ist die Zustellung in einer besonderen, vom ersuchenden
Staat gewünschten Form (vgl. § 5 Nr. 1 Buchstabe b, § 72 Abs. 2 ZRHO).
Zu Artikel 6
Artikel 6 regelt die Erfordernisse für den Nachweis der Zustellung. Nach Absatz 2 ist
es zulässig, den Zustellungsnachweis auf das Doppel des zuzustellenden Schriftstücks zu
setzen oder damit zu verbinden. Im einzelnen sind für den Zustellungsnachweis die
Vorschriften der §§ 75 bis 78 ZRHO mit den Mustern ZRHO 2, 3 und 4 maßgebend.
Zu Artikel 7
Nach dieser Vorschrift ist in Übereinstimmung mit Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz
2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens die Zustellung durch diplomatische oder
konsularische Vertreter an eigene Staatsangehörige zulässig. Die Möglichkeit, auch an
Doppelstaater durch diplomatische oder konsularische Vertreter zustellen zu lassen, sieht
Artikel 7 zur Vermeidung tatsächlicher und rechtlicher Probleme nicht vor.
In Artikel 7 sind nicht die in Artikel 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens vorgesehenen Möglichkeiten der unmittelbaren Zustellung durch
die Post oder den Gerichtsvollzieher aufgenommen worden. Diese beiden Zustellungsarten
sollen weiterhin ausgeschlossen sein.
Zu Artikel 8
Absatz 1 dient der Klarstellung. Durch den Hilfsantrag kann verhindert werden, daß
eine nicht durchführbare formlose Zustellung zwingend zur unerledigten Rückleitung des
Zustellungsersuchens führt. Ein Eventualantrag auf förmliche Zustellung im Sinne des
Artikels 5 empfiehlt sich regelmäßig dann, wenn Zweifel bestehen, ob der Antrag auf
formlose Zustellung Erfolg haben wird. Er wird im Verhältnis zum Königreich Marokko oft
schon aus zeitlichen Erwägungen zweckmäßig sein. Das Verfahren wird hierdurch weder
verteuert noch erschwert. Für die Durchführung der förmlichen Zustellung gilt die
Kostenvergünstigung des Artikels 10, und nach Artikel 29 Abs. 3 in Verbindung mit Artikel
28 Abs. 2 und 3 sind dem Zustellungsantrag ohnehin in jedem Fall Übersetzungen
beizufügen.
Absatz 2 regelt in erster Linie den Fall, daß nur ein Antrag auf Zustellung durch
einfache Übergabe gestellt ist. Ist die Übergabe nicht möglich (z. B. weil der
Empfänger die Annahme ablehnt), so soll der nicht erledigte Antrag unverzüglich an den
ersuchenden Staat zurückgesandt werden, um ihm Gelegenheit zu einem neuen Antrag auf
förmliche Zustellung zu geben.
Absatz 2 kann aber auch dann eingreifen, wenn das Schriftstück die Voraussetzungen der
beantragten förmlichen Zustellung nicht erfüllt (z. B. weil das zuzustellende
Schriftstück nicht in deutscher Sprache abgefaßt ist; vgl. § 71 ZRHO i. V. m. Artikel
28 Abs. 2 und 3, Artikel 29 Abs. 3 dieses Vertrages) und eine daraufhin versuchte formlose
Zustellung fehlgeschlagen ist.
Bei Rückleitung des unerledigten Antrags weist die ersuchte Behörde auf die
Hinderungsgründe hin.
Zu Artikel 9
Absatz 1 soll den Beklagten davor schützen, daß im anderen Staat gegen ihn ein
Urteil ergeht, ohne daß er von dem Verfahren rechtzeitig Kenntnis erhalten hat.
Nach deutschem Verfahrensrecht ist es ausgeschlossen, daß in einem solchen Fall gegen die
Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen wird. Denn nach den §§ 199, 202, 335 Abs. 1 Nr.
2 ZPO kann das Gericht ein Versäumnisurteil nur erlassen, wenn ihm der Nachweis vorliegt,
daß die Zustellung an den Beklagten im Ausland ordnungsgemäß bewirkt und daß die
Einlassungsfrist gewahrt wurde. Das marokkanische Verfahrensrecht sieht vergleichbare
Schutzvorschriften dagegen nicht vor.
Andererseits ist zu bedenken, daß der Kläger ein Interesse an einer baldigen
Entscheidung des Rechtsstreits hat. Dem trägt Absatz 3 Rechnung. Es kann vorkommen, daß
ein Nachweis über die Zustellung im anderen Vertragsstaat nicht eintrifft oder daß nicht
festgestellt werden kann, ob dem Beklagten die Klage oder die Ladung tatsächlich
ausgehändigt worden ist. Stellt das Prozeßgericht fest, daß der Zustellungsantrag
ordnungsgemäß abgefaßt und vom ersuchenden Staat ordnungsgemäß übermittelt worden
ist, so kann es nach Ablauf von 6 Monaten seit dem Tag der Übermittlung gleichwohl eine
Entscheidung erlassen. Eine derartige Frist ist auch in Artikel 15 Abs. 2 Buchstabe b des
Haager Zustellungsübereinkommens vom 15. November 1965 (BGBl. 1977 Il S. 1452 - im
folgenden als Haager Zustellungsübereinkommen bezeichnet) vorgesehen; sie ist zwei Monate
kürzer als die entsprechende Frist im deutsch-tunesischen Vertrag (Artikel 17).
Nach Absatz 3 hindern die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 das Prozeßgericht nicht,
einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher zu treffen, die auf eine Sicherstellung
gerichtet sind. Die Absätze 1 und 2 gelten also nur für den Rechtsstreit zur Hauptsache.
Auch diese Regelung hat ihr Vorbild im Haager Zustellungsübereinkommen.
Zu Artikel 10
Artikel 10 beinhaltet den gegenseitigen Verzicht auf die Erstattung der Auslagen, die
bei einer förmlichen Zustellung entstehen können. Der Kostenverzicht dient der
Erleichterung des Rechtsverkehrs und geht dem anders lautenden Artikel 7 Abs. 2 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens vor. Gleichgestaltete Regelungen finden sich in verschiedenen
von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen zum Haager
Zivilprozeßübereinkommen.
Kapitel III. Rechtshilfeersuchen
Zu Artikel 11
Artikel 11 sieht für die Rechtshilfeersuchen ebenso wie für Zustellungsanträge
(Artikel 3) den unmittelbaren Verkehr zwischen den beiderseitigen Justizbehörden vor.
Derselbe Übermittlungsweg ist für Rechtshilfeersuchen durch Zusatzvereinbarungen zum
Haager Zivilprozeßübereinkommen bereits mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg,
den Niederlanden, Norwegen, Österreich und der Schweiz eingeführt.
Unter Rechtshilfeersuchen ist die Aufforderung eines Gerichts an ein anderes Gericht zu
verstehen, eine gerichtliche Handlung vorzunehmen, die nicht in der Zustellung eines
Schriftstückes besteht oder auf Vollstreckung gerichtet ist. Im Vordergrund stehen
Ersuchen um Vernehmung von Parteien, Zeugen oder Sachverständigen.
Im Unterschied zu Zustellungsanträgen, die von Gerichten oder Behörden ausgehen können,
werden Rechtshilfeersuchen immer von Gerichten gestellt (für das deutsche Recht vgl. §
363 ZPO; §§ 36 f, 82 f. ZRHO). Die Empfangsstellen für Rechtshilfeersuchen entsprechen
denen, die in Artikel 3 Abs. 1 für Zustellungsanträge bestimmt sind. Auf die Begründung
zu Artikel 3 Abs. 1 wird insoweit Bezug genommen.
Zu Artikel 12
Durch Absatz 1 wird den diplomatischen und konsularischen Vertretern die Befugnis zur
Erledigung von Rechtshilfeersuchen eingeräumt, die sich auf eigene Staatsangehörige
beziehen. Diese vertragliche Festigung der nach Artikel 15 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens bestehenden unsicheren Rechtslage ist auch in den zu Artikel
11 erwähnten Zusatzübereinkommen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen vorgenommen
worden.
Die Befugnis ist in doppelter Hinsicht eingeschränkt: Zum einen muß das Ersuchen auf die
Vernehmung von Personen oder die Vorlage von Urkunden gerichtet sein; Blutentnahmen sind
also unzulässig. Zum anderen darf bei der Erledigung des Ersuchens keinerlei Zwang
angewendet werden.
Absatz 2 entspricht einem Grundsatz, der sich in der Praxis herausgebildet hat und
allgemein befolgt wird. Er soll Schwierigkeiten ausschließen, die sich aus einer
unterschiedlichen Beurteilung der Staatsangehörigkeitsfrage nach den Rechtsordnungen
beider Vertragsstaaten ergeben könnten.
Durch die Informationspflicht nach Absatz 3 soll sichergestellt werden, daß sich die zur
Beweisaufnahme geladene Person der Freiwilligkeit ihres Handelns bewußt ist und der
Ladung nicht in dem Irrtum nachkommt, sie sei hierzu verpflichtet.
Zu Artikel 13
Auf die Erstattung von Auslagen, die bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen
entstehen, wird gemäß Satz 1 gegenseitig verzichtet, mit Ausnahme der
Sachverständigenhonorare. Die Möglichkeit einer solchen Vereinbarung ist in Artikel 16
Abs. 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens eingeräumt.
Die in Satz 2 vorgesehene Mitteilungspflicht ermöglicht es der ersuchenden deutschen
Behörde, Auslagen jeder Art von den Kostenschuldnern des Rechtsstreits gemäß § 11 Abs.
1 des Gerichtskostengesetzes einzuziehen.
Kapitel IV. Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten
Zu Artikel 14
Artikel 14 gewährt den Angehörigen beider Vertragsstaaten Befreiung von der
Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten auch dann, wenn sie ihren Wohnsitz oder
gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem der beiden Staaten haben. Die Möglichkeit einer
solchen, über Artikel 17 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens hinausgehenden
Vereinbarung ist in Artikel 17 Abs. 3 dieses Übereinkommens ausdrücklich vorgesehen.
Wegen der Anwendung des Artikels 14 auf juristische Personen wird auf Artikel 2 und die
Begründung hierzu verwiesen.
Kapitel V. Vollstreckungserklärung
Zu Artikel 15
Der Antrag, eine Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Kläger oder Intervenienten
für vollstreckbar zu erklären, muß nach Artikel 18 Abs. 1 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens grundsätzlich auf diplomatischem Weg gestellt werden. Mit
Artikel 15 Abs. 1 wird von der in Artikel 18 Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens
vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen einfacheren Weg zuzulassen. Hiernach
kann von der beteiligten Partei selbst der Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt
werden, und zwar unmittelbar bei dem zuständigen Gericht des Vollstreckungsstaates. Diese
Neuerung bedeutet eine erhebliche Vereinfachung. Die Möglichkeit, den diplomatischen Weg
zu wählen, wird durch sie nicht ausgeschlossen. Das in Artikel 19 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens vorgesehene vereinfachte Verfahren (keine Anhörung des
Schuldners vor der Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung) gilt in beiden Fällen.
Bei der Antragsbefugnis ist zu beachten, daß nicht nur die Prozeßparteien, sondern auch
die Gerichtskasse als Kostengläubiger in Frage kommt. Kosten des Prozesses im Sinne des
Artikels 18 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens sind nämlich nicht nur die
unmittelbaren außergerichtlichen Aufwendungen der Parteien, sondern nach herrschender
Meinung auch die Gerichtskosten.
Zu Artikel 16
Nach Artikel 19 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens muß
die Kostenentscheidung, deren Vollstreckbarerklärung beantragt wird, von einem
Rechtskraftzeugnis begleitet sein, das von der zuständigen Behörde erteilt wird. Die
Zuständigkeit dieser Behörde muß durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des
ersuchenden Staates bescheinigt sein, sofern nicht zwei Vertragsstaaten etwas anderes
vereinbaren (Artikel 19 Abs. 3 Satz 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Eine solche
abweichende Vereinbarung ist in Artikel 16 enthalten.
Für die marokkanischen Entscheidungen ist der Nachweis der Rechtskraft in zwei Stufen zu
führen. Zum einen ist eine Urkunde über die erfolgte Zustellung des Titels vorzulegen,
aus der sich ergibt, wann die Zustellung bewirkt worden ist; zum anderen bedarf es einer
Bescheinigung darüber, daß gegen die Entscheidung weder ein Rechtsmittel eingelegt wurde
noch künftig eingelegt werden kann. Wenn sich aus diesen beiden Urkunden ergibt, daß die
Entscheidung rechtskräftig geworden ist, sind sie als "Erklärung der zuständigen
Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat"
im Sinne des Artikels 19 Abs. 3 Satz 1/1. Altern. des Haager Zivilprozeßübereinkommens
anzusehen. Eine Legalisation dieser Dokumente kann nicht gefordert werden (vgl. Artikel
27).
Der in Absatz 2 ausgesprochene Verzicht auf eine Zuständigkeitsbescheinigung durch die
nächsthöhere Behörde trägt zu einer erheblichen Beschleunigung und Erleichterung des
Rechtsverkehrs bei. Der Verzicht hat sowohl Bedeutung für Anträge, die auf
diplomatischem Wege gestellt werden, als auch für Anträge, die der Berechtigte bei dem
Gericht des anderen Vertragsstaates unmittelbar anbringt.
Kapitel VI. Prozeßkostenhilfe
Zu Artikel 17
Absatz 1 enthält den allgemeinen Grundsatz gegenseitiger Zulassung zur
Prozeßkostenhilfe, wie bereits in Artikel 20 Abs. 1 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens festgelegt und zusätzlich im innerstaatlichen deutschen Recht
(§ 114 ZPO) verankert ist.
Hält sich der Antragsteller im Gerichtsstaat auf, kann er den Antrag auf
Prozeßkostenhilfe ohne weiteres direkt beim zuständigen Gericht dieses Staates stellen.
Hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im anderen Vertragsstaat, so kann sein Gesuch
unmittelbar von Justizministerium zu Justizministerium übersandt werden (Absatz 2).
Befindet sich also der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland, kann er seinen
Antrag mit den erforderlichen Unterlagen beim Amtsgericht seines gewöhnlichen Aufenthalts
einreichen (§ 10 Abs. 1 AusfG zum Haager Zivilprozeßübereinkommen). Das Amtsgericht
leitet den Antrag über die Prüfungsstelle (§ 9 ZRHO) an das Landesjustizministerium
weiter, das ihn seinerseits an das Justizministerium in Rabat weiterreicht. Einem
marokkanischen Staatsangehörigen, der von der Bundesrepublik aus in Marokko um
Prozeßkostenhilfe nachsuchen will, bleibt es unbenommen, den Antrag bei dem für seinen
Wohnsitz zuständigen marokkanischen Konsulat einzureichen (Artikel 23 des Haager
Zivilprozeßübereinkommens).
Durch Absatz 2 wird der in den Artikeln 2 bis 4 des zwischen beiden Staaten geltenden
UN-Übereinkommens über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20.
Juni 1956 (BGBl. 1959 II S. 149) vorgesehene besondere Übermittlungsweg nicht
ausgeschlossen. Stellt ein Unterhaltsberechtigter gemäß Artikel 3 des deutschen
Zustimmungsgesetzes vom 26. Februar 1959 (BGBl. 1971 II S. 105) in seinem Unterhaltsgesuch
zugleich den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts, so wird dieser Antrag als Bestandteil
des Gesuchs in der Hauptsache von der deutschen Übermittlungsstelle (Artikel 2 des
UN-Übereinkommens) der marokkanischen Empfangsstelle (Artikel 4 des UN-Übereinkommens)
übersandt.
Die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe beurteilen sich
nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, der Prozeßkostenhilfe gewähren soll. Wird
ein Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland angestrebt, gelten also die §§ 114 ff.
ZPO.
Für ergänzende Auskünfte, die ein Gericht oder eine Behörde vor der Entscheidung über
einen Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe in dem anderen Staat einholen will,
ist nach Absatz 3 aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung ebenfalls der
unmittelbare Geschäftsverkehr zugelassen. Zu beachten ist, daß der Berechtigung,
Auskünfte zu erbitten, keine Verpflichtung gegenübersteht, diese Auskünfte auch zu
erteilen. Dadurch wird dem Schutzinteresse des Antragstellers vor zu weitgehenden
Auskunftsersuchen Rechnung getragen.
Titel II. Rechtsauskunft
Allgemeines
Die Gerichte haben im Zuge der immer enger werdenden internationalen Verflechtungen in
steigendem Maße ausländisches Recht anzuwenden. Bei dessen Ermittlung sind die deutschen
Gerichte nicht an die Beweisangebote der Parteien gebunden. Sie können vielmehr alle
Erkenntnisquellen nutzen (§ 293 ZPO). Üblicherweise wird in erster Linie das Schrifttum
herangezogen. Daneben werden häufig Auskünfte von Behörden oder Gutachten von
wissenschaftlichen Instituten angefordert. Auch die Einholung von Rechtsauskünften aus
anderen Ländern kommt als Erkenntnisquelle in Betracht.
Um solche Ersuchen über die Grenzen eines Landes hinweg zu erleichtern, wurde vereinzelt
in bilateralen Verträgen eine Verpflichtung der Staaten zur Rechtsauskunft festgelegt. So
sahen Artikel 9 des deutsch-österreichischen Vertrages vom 21. Juni 1923 (RGBl. 1924 II
S. 55), Artikel 8 des deutsch-polnischen Vertrages vom 5. März 1924 (RGBI. 1925 II S.
139) und Artikel 7 des deutsch-bulgarischen Vertrages vom 22. Dezember 1926 (RGBI. 1927 II
S. 416) für die Vertragspartner die Verpflichtung vor, einander Auskünfte über das in
ihren Staaten geltende Recht zu erteilen. Diese Verträge sind nach dem zweiten Weltkrieg
nicht wieder wirksam geworden. Das Bedürfnis nach solchen Auskünften blieb aber
unverändert bestehen. Die Mitgliedstaaten des Europarats haben deshalb am 7. Juni 1968
das Europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (BGBl.
1974 II S. 937) mit Zusatzprotokoll vom 15. März 1978 (BGBl. 1987 11 S. 58) geschlossen.
Auf der Grundlage dieses Übereinkommens sind die Artikel 19 bis 26 aufgebaut.
Kapitel I. Austausch von Auskünften über die beiderseitigen Rechtsvorschriften
Zu Artikel 18
Artikel 18 legt eine gegenseitige Auskunftsverpflichtung der Justizministerien fest,
und zwar unabhängig davon, ob ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder nicht. Der
Austausch von Rechtsauskünften entspricht zwar der schon bisher geübten
zwischenstaatlichen Praxis. Während die Auskunft auf vertragloser Grundlage jedoch aus
jedem politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkt verweigert werden kann,
ist dies nach der vorliegenden vertraglichen Regelung nur noch aus Gründen der
öffentlichen Ordnung (Artikel 32) möglich.
Um eine Ausuferung von Auskunftsersuchen zu verhindern, müssen die Ersuchen zwei
Voraussetzungen erfüllen. Es muß sich um ein ausdrücklich als solches bezeichnetes
Auskunftsersuchen handeln und das Ersuchen muß eine bestimmte Frage zum Gegenstand haben.
Hervorzuheben ist, daß Auskünfte über Gesetze und Gerichtsentscheidungen auf allen
Rechtsgebieten verlangt werden können, während die "sonstigen
Rechtsauskünfte" auf Zivil- und Handelssachen beschränkt sind. Sonstige
Rechtsauskünfte können ein detailliertes Eingehen auf die rechtswissenschaftliche
Literatur zu einer bestimmten Einzelfrage erforderlich machen, die Beschränkung auf
Zivil- und Handelssachen erschien deshalb zweckmäßig.
Adressat des Auskunftsbegehrens ist in der Bundesrepublik Deutschland anders als bei
Zustellungsersuchen (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe a) - das Bundesjustizministerium. Da
Auskunftsbegehren sich in den seltensten Fällen auf Landesrecht beziehen werden, ist das
Bundesjustizministerium aufgrund der bei ihm vorhandenen Materialien die geeignete Stelle.
Aus diesem Grunde nimmt es auch bereits die Aufgaben der Empfangsstelle nach dem oben
genannten Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen von 1968 wahr (§ 9 des
Ausführungsgesetzes, BGBl. 1974 I S. 1433). Soweit Auskunftsersuchen ausnahmsweise
landesrechtliche Bestimmungen betreffen, kann das Bundesjustizministerium die zuständige
Landesjustizverwaltung im Wege der Amtshilfe bitten, ihm die erforderlichen Informationen
zukommen zu lassen.
Kapitel II. Austausch von Auskünften im Rahmen gerichtlicher Verfahren
In den Artikeln 19 bis 26 werden die Förmlichkeiten festgelegt, die bei Auskunftsersuchen
im Rahmen eines anhängigen Gerichtsverfahrens zu beachten sind. Sie entsprechen
weitgehend dem Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen.
Zu den Artikeln 19 und 20
Nach Artikel 19 muß das Auskunftsersuchen von einem Gericht ausgehen. Ferner legt die
Vorschrift fest, daß die Auskunft das materielle Zivil- und Handelsrecht einschließlich
des Verfahrensrechts auf diesen Gebieten oder Fragen der Gerichtsverfassung betreffen
muß; letztere brauchen keinen Zusammenhang mit dem Zivil- und Handelsrecht aufzuweisen.
Ergänzt wird diese Bestimmung durch Artikel 22 Abs. 3, wonach das Auskunftsersuchen auch
andere als die in Artikel 19 genannten Rechtsgebiete zum Gegenstand haben kann, sofern sie
mit diesen in Zusammenhang stehen.
Die "zuständige Behörde", von der die Auskunft zu erteilen ist, wird im
Vertrag selbst nicht festgelegt. Auf deutscher Seite werden die Ersuchen wie folgt
erledigt: Das Bundesjustizministerium als Empfangsstelle (Artikel 20) wird das
Auskunftsersuchen selbst beantworten, soweit es Bundesrecht betrifft, das in seinen
Kompetenzbereich fällt. Ansonsten wird es die Ersuchen an die Behörde weiterleiten, die
für die betreffende Rechtsmaterie von der Gesetzgebung her zuständig oder aus anderen
Gründen zur Auskunftserteilung befähigt ist; die Auskunft wird auch in diesen Fällen
vom Bundesjustizministerium dem Justizministerium in Rabat übermittelt (Artikel 20).
Zu Artikel 21
Artikel 21 legt in Übereinstimmung mit Artikel 3 des Europäischen
Rechtsauskunftsübereinkommens fest, daß Ersuchen im Rahmen eines anhängigen
Gerichtsverfahrens vom Gericht ausgehen müssen. Allerdings braucht das Ersuchen nicht
notwendig vom Gericht selbst, sondern kann beispielsweise auch von einer Partei abgefaßt
sein; in solchen Fällen muß es jedoch durch das Gericht genehmigt und die Genehmigung
dem Auskunftsersuchen beigefügt werden (Satz 2). Das Erfordernis, daß die
Auskunftsersuchen von einem Gericht abgefaßt oder zumindest genehmigt sein müssen,
bietet die Gewähr dafür, daß keine überflüssigen Ersuchen gestellt werden.
Zu Artikel 22
Die Vorschrift entspricht dem Artikel 4 des Europäischen
Rechtsauskunftsübereinkommens.
Die Absätze 1 und 2 sollen sicherstellen, daß die Ersuchen so genau und konkret wie
möglich abgefaßt werden. In dem Ersuchen sind das ersuchende Gericht und die Art der
Rechtssache zu bezeichnen (Absatz 1 Satz 1). Die Punkte, zu denen Auskunft über das Recht
des ersuchten Staates gewünscht wird, sind anzugeben (Absatz 1 Satz 2). Durch das
Erfordernis einer Darstellung des Sachverhalts (Absatz 2 Satz 1) soll insbesondere
vermieden werden, daß komplette Akten mit der Bitte um Rechtsauskunft übersandt werden;
nicht ausgeschlossen ist dagegen, daß im Einzelfall der Sachverhaltsschilderung weitere
Schriftstücke in Abschrift beigefügt werden, wenn dies zum besseren Verständnis des
Ersuchens geboten ist (Absatz 2 Satz 2).
Absatz 3 sieht in Ergänzung des Artikels 19 vor, daß sich die Auskunftsersuchen auch auf
Punkte beziehen können, die andere Rechtsgebiete als diejenigen des Zivil- und
Handelsrechts betreffen, soweit sie mit diesen Materien in Zusammenhang stehen.
Nach Absatz 4 ist der ersuchte Staat berechtigt, ergänzende Angaben zum Ersuchen zu
verlangen, sofern er solche zur Beantwortung für erforderlich hält. Dies gilt in erster
Linie für den Fall, daß solche zusätzlichen Angaben zur sachgemäßen Erledigung des
Ersuchens für notwendig erachtet werden. Es kann sich aber auch darum handeln, daß der
ersuchte Staat Zweifel hat, ob sich das Ersuchen noch im Bereich des durch Artikel 19,
Artikel 22 Abs. 3 gesteckten Rahmens hält.
Zu Artikel 23
Artikel 23 entspricht dem Artikel 7 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens
und betrifft den Inhalt der Antwort.
Die Antwort muß die Auskünfte enthalten, die das ersuchende Gericht für seine
Entscheidung benötigt. Das Erfordernis der Objektivität besagt, daß die Auskunft
unparteiisch sein muß und beispielsweise keinen Vorschlag für die Erledigung des Falles
enthalten darf, der Gegenstand des Ersuchens ist.
Der Antwort sind gegebenenfalls erläuternde Bemerkungen beizufügen. Dies kann zum
Beispiel in Form eines Berichts über die Anwendung der einschlägigen
Gesetzesbestimmungen im ersuchten Staat geschehen. Eine Verpflichtung, erläuternde
Bemerkungen in solcher oder einer anderen bestimmten Form abzugeben, besteht aber nicht.
Die Antwort ist so umfassend wie nötig zu gestalten. Dabei kann es auch erforderlich
sein, auf Faktoren außerhalb des Zivil- und Handelsrechts hinzuweisen, die das anwendbare
Recht beeinflussen können.
Zu Artikel 24
Mit der Übernahme des Artikels 8 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens
normiert Artikel 24 einen wichtigen, international anerkannten Grundsatz der gegenseitigen
Rechtsauskunft: Die in der Antwort enthaltenen Auskünfte binden nicht das Gericht, von
dem das Ersuchen ausgeht. Sinn einer Rechtsauskunft ist allein die Unterrichtung über das
im anderen Staat geltende Recht; die Unabhängigkeit der Gerichte des ersuchenden Staates
wird nicht angetastet. Es bleibt in jedem Fall dem ersuchenden Staat überlassen, welche
Konsequenzen er aus einer erteilten Rechtsauskunft zieht.
Zu Artikel 25
Artikel 25 entspricht inhaltlich dem Artikel 12 des Europäischen
Rechtsauskunftsübereinkommens und soll das Verfahren des Austausches von
Rechtsauskünften nach Möglichkeit beschleunigen. Eine Frist für die Bearbeitung der
Auskunftsersuchen ist nicht vorgesehen. Es ist aber ein Gebot der gegenseitigen
Höflichkeit, Schwierigkeiten bei der Beantwortung der gestellten Fragen dem ersuchenden
Staat alsbald mitzuteilen und dabei den Zeitpunkt anzugeben, zu dem die Antwort auf das
Ersuchen voraussichtlich übermittelt werden kann.
Zu Artikel 26
Im Interesse der Vereinfachung des Rechtsverkehrs werden nach Artikel 26 für die
Erteilung von Auskünften Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben. Diese
Kostenfreiheit geht weiter als die Kostenbefreiung nach dem Europäischen
Rechtsauskunftsübereinkommen (vgl. Artikel 15 Abs. 1 i. V. m. Artikel 6 Abs. 3).
Titel III. Gemeinsame Vorschriften
Kapitel I. Befreiung von der Legalisation
Zu Artikel 27
Artikel 27 soll den Urkundenverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Königreich Marokko erleichtern.
Zu diesem Zweck sieht Absatz 1 die ersatzlose Abschaffung der Legalisation oder einer
ähnlichen Förmlichkeit vor, soweit der Urkundenverkehr im Rahmen des Vertrages
abgewickelt wird. Es ist also weder eine Legalisation noch eine Apostille (vgl. Artikel 3
und 4 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer
öffentlicher Urkunden von der Legalisation - BGBl. 1965 II S. 875) erforderlich.
Marokkanische öffentliche Urkunden, die im Rahmen dieses Vertrages übermittelt werden,
stehen bei der Beurteilung ihrer Echtheit damit den inländischen öffentlichen Urkunden
gleich.
Aufgrund des in beiden Staaten entwickelten Urkundenwesens ist im allgemeinen eine Gewähr
für die Ordnungsmäßigkeit und Echtheit einer öffentlichen Urkunde gegeben. Bestehen im
Einzelfall dennoch ernsthafte Zweifel an der Echtheit einer Urkunde, kann nach Absatz 2
durch Vermittlung der Justizministerien eine Überprüfung vorgenommen werden. Durch den
Begriff "ernsthafter Zweifel" ist klargestellt, daß das Bestreiten der Echtheit
einer Urkunde für sich allein noch nicht ausreicht, um Rückfrage im Ausstellungsstaat zu
halten; es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte für die Unechtheit der Urkunde
ersichtlich oder vorgetragen sein.
Kapitel II. Sprache und Übersetzung
Zu Artikel 28
Artikel 28 befaßt sich mit der Frage, in welcher Sprache die Korrespondenz der
Justizministerien im Rahmen des vertraglichen Regelungsbereiches abzuwickeln ist. Der
allgemeine Schriftverkehr der Justizministerien untereinander wird von den Bestimmungen
des Artikels 28 nicht berührt; insofern bleibt die Wahl der Korrespondenzsprache dem
jeweiligen Ministerium überlassen, wobei allerdings das Gebot der gegenseitigem
internationalen Höflichkeit zu beachten ist.
Absatz 1 enthält den Grundsatz, daß jede Vertragspartei in ihrer eigenen Landessprache
korrespondieren kann. Aus diesem Grunde wird das Bundesjustizministerium - auch im
Interesse der Verbreitung und des Erhalts der deutschen Sprache - die Korrespondenz in der
Regel in Deutsch führen. Nicht ausgeschlossen ist aber, daß von deutscher Seite die
arabische und französische Sprache und umgekehrt von marokkanischer Seite die deutsche
Sprache gewählt wird.
Soweit das absendende Ministerium in seiner Landessprache korrespondiert, hat es für den
Adressaten eine Übersetzung beizufügen. Für das marokkanische Justizministerium ist
eine Übersetzung in die französische oder arabische Sprache (Absatz 2), für das
Bundesjustizministerium eine Übersetzung in die französische oder deutsche Sprache
beizufügen (Absatz 3). Dadurch wird eine Beschleunigung der Bearbeitung erreicht.
Artikel 28 enthält keine Regelungen für den Fall, daß ein Vertragspartner sich nicht an
die Sprachenbestimmung hält. Etwaige Schwierigkeiten können auf dem Wege des
Kapitel III. Weiterleitung und Adressatenermittlung
Zu Artikel 31
Absatz 1 sieht vor, daß Ersuchen jedweder Art im Sinne des Vertrages im Falle der
Unzuständigkeit der ersuchten Behörde von dieser an die zuständige Behörde abzugeben
und die ersuchende Behörde von der Abgabe zu unterrichten ist. Letzteres ist angesichts
der mit der Abgabe verbundenen Verzögerung der Erledigung des Ersuchens geboten. Die
Abgabe im Falle der Unzuständigkeit ist zwar an sich selbstverständlich, wird jedoch im
Haager Zivilprozeßübereinkommen (Artikel 12) nur für Rechtshilfeersuchen ausdrücklich
erwähnt, während für Zustellungsanträge ein derartiger Hinweis fehlt. In der
Bundesrepublik Deutschland werden auch Zustellungsanträge, welche die ersuchte Behörde
wegen Fehlens ihrer Zuständigkeit nicht erledigen kann, regelmäßig weitergegeben; die
Pflicht zur Abgabe ergibt sich aus § 58 ZRHO.
Bei unvollständigen oder ungenauen Angaben bezüglich der Anschrift des Empfängers eines
Schriftstücks oder eines zu vernehmenden Zeugen gibt Absatz 2 dem ersuchten Staat auf,
das Ersuchen dennoch nach Möglichkeit zu erledigen. Ihm obliegt es also, die fehlenden
Fakten, soweit er kann, zu ermitteln. Eine Bitte an den ersuchenden Staat, bei dieser
Ermittlung durch ergänzende Angaben zu helfen, hat auf dem für die begehrte Maßnahme
oder Handlung vorgesehenen Übermittlungsweg zu erfolgen.
Kapitel IV. Öffentliche Ordnung
Zu Artikel 32
Dieser Artikel erweitert den inhaltlich identischen, aber auf Zustellungsanträge
beschränkten ordre public-Vorbehalt des Artikels 4 des Haager Zivilprozeßübereinkommens
auf sämtliche Materien des vorliegenden Vertrages.
Bereits in Artikel 4 des Haager Zivilprozeßübereinkommens ist die Anwendung der ordre
public-Klausel im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs sehr stark eingeschränkt
worden (Materialien der I. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht - 1893 -
Actes 1893 I S. 57, 65; Materialien der II. Haager Konferenz für Internationales
Privatrecht - 1894 - Actes 1894 S. 51 f; vgl. auch § 28 Abs. 2, § 59 Abs. 3 ZRHO). Diese
Einschränkung gilt auch für den vorliegenden Vertrag. Einziger Ablehnungsgrund
hinsichtlich der Ausführung der begehrten Maßnahme ist ein von dem ersuchten Staat
subjektiv befürchteter Verstoß gegen seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit.
Mit der Berufung auf die ordre public-Klausel ist z. B. bei Zustellungen immer dann zu
rechnen, wenn der Zustellungsempfänger sich zwar im Gebiet des ersuchten Staates
aufhält, jedoch wegen völkerrechtlicher Immunität nicht dessen Gerichtsbarkeit
unterliegt; ferner, wenn ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der sich auf
Vermögen im ersuchten Staat bezieht, an einen Drittschuldner im ersuchten Staat
zugestellt werden soll. Ein Zustellungsantrag kann dagegen nicht deshalb abgelehnt werden,
weil der ersuchte Staat in der Rechtssache die ausschließliche Zuständigkeit seiner
Gerichte in Anspruch nehmen könnte.
Nach marokkanischer Auffassung ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der ordre
public-Klausel spezielle Probleme bei Rechtshilfeersuchen in Verfahren, in denen
Unterhaltsansprüche nichtehelicher Kinder gegen Väter islamischen Glaubens geltend
gemacht werden, sowie in Verfahren, die Mehrverkehrszeugen islamischen Glaubens betreffen.
Nach marokkanischem Recht hat eine Vaterschaft außerhalb der Ehe keine rechtlichen
Folgen.
Titel IV. Schlußbestimmungen
Zu Artikel 33
Nach diesem Artikel sollen Schwierigkeiten bei der Anwendung und
Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung einzelner Bestimmungen dieses Vertrages
zunächst in Gesprächen zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Justizministerium
des Königreichs Marokko erörtert werden. Erst wenn auf diesem Wege keine Einigung
erzielt werden kann, soll der diplomatische Weg eingeschlagen werden.
Zu Artikel 34
Nach Absatz 1 gilt der Vertrag auf unbegrenzte Zeit. Er ist jedoch nach Absatz 2
jederzeit kündbar. Wirksam wird eine Kündigung allerdings erst ein Jahr nach dem
Zeitpunkt, in dem sie dem anderen Staat notifiziert und damit der Regierung des anderen
Staates gegenüber wirksam erklärt wurde.
Zu Artikel 35
Artikel 35 enthält die übliche Berlin-Klausel.
Zu Artikel 36
Nach Absatz 1 bedarf der Vertrag zur Wirksamkeit der Ratifikation.
Absatz 2 legt als Ort für den Austausch der Ratifikationsurkunden, der sobald wie
möglich erfolgen soll, Bonn fest.
Nach Absatz 3 soll der Vertrag 30 Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in
Kraft treten. Diese kurze Frist ist gewählt worden, weil für die Umsetzung der
Vertragsbestimmungen in die Praxis keine besonderen organisatorischen Vorkehrungen
getroffen werden müssen.
Stellungnahme des Bundesrates
Zu Artikel 28 und 29 des Vertrages
Die in Artikel 28 und 29 des Vertrages und in der Verbalnote zu Artikel 29 Abs. 3 des
Vertrages enthaltene Sprachenregelung ist nach Auffassung des Bundesrates unbefriedigend,
weil danach einseitig der deutschen Seite Übersetzungspflichten obliegen und weil
hierdurch Bund und Ländern Kosten und Haftungsrisiken entstehen. Aus außenpolitischen
Gründen sieht der Bundesrat gleichwohl davon ab, Einwendungen gegen den Gesetzentwurf zu
erheben. Er bittet die Bundesregierung jedoch, bei künftigen Verträgen von einer
vergleichbaren Sprachenregelung abzusehen. Den Schwierigkeiten einzelner Vertragspartner
bei der Beschaffung von deutschen Übersetzungen sollte nicht durch vertragliche
Festlegungen, sondern durch widerrufliche Erleichterungen Rechnung getragen werden.
Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des
Bundesrates
Die Bundesregierung hat von der Stellungnahme des Bundesrates Kenntnis genommen. Sie wird
bei künftigen Verhandlungen mit anderen Staaten anstreben, hinsichtlich der Verwendung
einer vermittelnden Sprache - wie im Verhältnis zu Marokko des Französischen - nach
Möglichkeit keine vertraglichen, sondern flexiblere Absprachen zu treffen.