Vertrag
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und dem Königreich Norwegen
über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel
in Zivil- und Handelssachen

vom 17. Juni 1977
(BGBl. 1981 II S. 341)

 

DER PRÄSIDENT
DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

und

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON NORWEGEN

in dem Wunsch, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen zu regeln -

sind übereingekommen, einen Vertrag zu schließen, und haben hierfür zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Präsident der Bundesrepublik Deutschland
Dr. Hans-Jochen Vogel,
Bundesminister der Justiz,

und

Dr. Karl Wand,
Geschäftsträger a. i.

Seine Majestät der König von Norwegen
Inger Louise Valle,
Justizminister des Königreichs Norwegen.

Die Bevollmächtigten haben nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart:

 

Erster Abschnitt Anwendungsbereich des Vertrages

 

Artikel 1

(1)
Dieser Vertrag ist auf Entscheidungen der Zivilgerichte der beiden Vertragsstaaten anzuwenden, durch die über Ansprüche der Parteien aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- oder Handelsrechts erkannt ist.

(2)
Den Entscheidungen der Zivilgerichte stehen Entscheidungen der Strafgerichte gleich, soweit durch sie über Ansprüche des Verletzten aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- oder Handelsrechts erkannt ist.

(3)
Unter Entscheidungen sind alle gerichtlichen Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteile (dommer), Beschlüsse (kjennelser und beslutninger) oder Vollstreckungsbefehle und ohne Rücksicht auf die Bezeichnung des Verfahrens, in dem sie ergangen sind, zu verstehen. Als Entscheidungen sind auch die Beschlüsse eines Urkundsbeamten oder eines Rechtspflegers anzusehen, durch die der Betrag der Prozeßkosten später festgesetzt wird.

 

Artikel 2
Auf Entscheidungen in Arbeitssachen ist dieser Vertrag nur anzuwenden, wenn sie in zivilrechtlichen Streitigkeiten

1.
zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis, über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses, aus Verhandlungen über die Eingebung eines Arbeitsverhältnisses und aus dessen Nachwirkungen sowie aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen, oder

2.
zwischen Arbeitnehmern aus gemeinsamer Arbeit oder aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen,

ergangen sind.

 

Artikel 3
Dieser Vertrag ist nicht anzuwenden

1.
auf Entscheidungen in Ehe- oder anderen Familienstandssachen und auf Entscheidungen, welche die Rechts- oder Handlungsfähigkeit oder die gesetzliche Vertretung einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Gesellschaft unmittelbar zum Gegenstand haben;

2.
auf Entscheidungen, welche die Haftung für Atomschäden unmittelbar zum Gegenstand haben;

3.
auf Entscheidungen, die in einem Konkurs- oder Vergleichsverfahren ergangen sind, sowie auf Entscheidungen, durch die für ein solches Verfahren über die Wirksamkeit von Rechtshandlungen des Schuldners erkannt ist; als derartige Entscheidungen sind nicht anzusehen  

a)
Entscheidungen über Ansprüche auf Aussonderung eines dem Schuldner nicht gehörenden Gegenstandes aus der Vermögensmasse, die zur Befriedigung der Gläubiger bestimmt ist;  

b)
Entscheidungen über Ansprüche aus Pfandrechten oder aus ähnlichen Rechten, die dem Gläubiger das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus dem Schuldner gehörenden Gegenständen gewähren;  

c)
Entscheidungen über Verbindlichkeiten, die sich aus der Verwaltung oder Verwertung der zur Befriedigung der Gläubiger bestimmten Vermögensmasse ergeben;

4.
auf einstweilige Verfügungen oder Anordnungen und auf Arreste.

 

Artikel 4

(1)
Auf Entscheidungen in Unterhaltssachen ist dieser Vertrag nicht anzuwenden.

(2)
Für Unterhaltssachen gilt das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern. Das Übereinkommen ist auch auf Entscheidungen über Unterhaltsansprüche von Kindern, die das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben, sowie auf Entscheidungen über Unterhaltsansprüche von Ehegatten oder früheren Ehegatten anzuwenden. Als Unterhaltsansprüche sind auch die Ersatzansprüche anzusehen, die der Mutter eines nichtehelichen Kindes wegen der Entbindung gegen den Vater zustehen. Gerichtliche Vergleiche, gerichtliche oder notarielle Urkunden und die von einer Verwaltungsbehörde (Jugendamt) aufgenommenen Verpflichtungserklärungen und Vergleiche stehen den Entscheidungen gleich, sofern sie in dem Staat, in dem sie errichtet worden sind, vollstreckbar sind.

 

Zweiter Abschnitt Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen

 

Artikel 5
Die Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, auf die dieser Vertrag anzuwenden ist, sind in dem anderen Staat anzuerkennen, wenn

1.
sie die Rechtskraft erlangt haben,

2.
die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist (Entscheidungsstaat), nach Artikel 8 anzuerkennen ist.

 

Artikel 6

(1)
Die Anerkennung der Entscheidung darf nur versagt werden, wenn  

1.
sie der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird (Anerkennungsstaat), widerspricht;  

2.
ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes vor einem Gericht des Anerkennungsstaates anhängig ist und dieses Gericht zuerst angerufen wurde;  

3.
die Entscheidung in Widerspruch zur Rechtskraft einer im Anerkennungsstaat ergangenen Entscheidung steht.

(2)
Hat sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen, so darf die Anerkennung der Entscheidung auch versagt werden, wenn  

1.
das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück dem Beklagten

a)
nach den Gesetzen des Entscheidungsstaates nicht wirksam oder

b)
unter Verletzung einer Übereinkunft oder

c)
nicht so rechtzeitig, daß er sich hätte verteidigen können,

zugestellt worden ist;

2.
der Beklagte nachweist, daß er sich nicht hat verteidigen können, weil ihm ohne sein Verschulden das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück entweder überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig genug zugegangen ist.

 

Artikel 7

(1)
Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach den Regeln seines internationalen Privatrechts andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates anzuwenden gewesen wären.

(2)
Die Anerkennung darf jedoch aus dem in Absatz 1 genannten Grunde versagt werden, wenn die Entscheidung auf der Beurteilung eines familien- oder erbrechtlichen Verhältnisses, der Rechts- oder Handlungsfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder der Todeserklärung einer natürlichen Person beruht; das gleiche gilt für eine Entscheidung, die auf der Beurteilung der Rechts- oder Handlungsfähigkeit einer juristischen Person oder einer Gesellschaft beruht, sofern diese ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung im Anerkennungsstaat hat. Die Entscheidung ist dennoch anzuerkennen, wenn sie auch bei Anwendung des internationalen Privatrechts des Anerkennungsstaates gerechtfertigt wäre.

 

Artikel 8

(1)
Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird im Sinne dieses Vertrages anerkannt, wenn

1.
der Beklagte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in dem Entscheidungsstaat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person oder eine Gesellschaft handelt, seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung hatte;  

2.
der Beklagte sich der Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates entweder durch eine schriftlich abgeschlossene Vereinbarung oder durch eine mündlich getroffene Vereinbarung, die innerhalb angemessener Frist schriftlich bestätigt worden ist, für bestimmte Rechtsstreitigkeiten unterworfen hatte, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung wegen des Gegenstandes, den sie betrifft, nach dem Recht des Anerkennungsstaates unzulässig ist;  

3.
der Beklagte sich vor dem Gericht des Entscheidungsstaates auf das Verfahren zur Hauptsache eingelassen hatte, ohne die Unzuständigkeit des Gerichts geltend zu machen, es sei denn, daß die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wegen des Gegenstandes der Klage nicht durch eine Vereinbarung hätte begründet werden können; als eine solche Einlassung ist es insbesondere nicht anzusehen, wenn der Beklagte vor der Verhandlung zur Hauptsache erklärt hatte, daß er sich auf das Verfahren nur im Hinblick auf Vermögen im Staat des angerufenen Gerichts einlasse;  

4.
die Klage von der Partei, gegen welche die Entscheidung geltend gemacht wird, vor dem Gericht des Entscheidungsstaates erhoben worden war, es sei denn, daß die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wegen des Gegenstandes der Klage nicht durch eine Vereinbarung hätte begründet werden können;  

5.
es sich um eine Widerklage gehandelt hat, bei welcher der Gegenanspruch mit der im Hauptprozeß erhobenen Klage oder mit einem vorgebrachten Verteidigungsmittel im Zusammenhang stand, und wenn für die Gerichte des Entscheidungsstaates eine Zuständigkeit im Sinne dieses Vertrages zur Entscheidung über die im Hauptprozeß erhobene Klage selbst anzuerkennen wäre;  

6.
der Beklagte im Entscheidungsstaat eine geschäftliche Niederlassung oder Zweigniederlassung hatte und er für Ansprüche aus dem Betriebe dieser Niederlassung oder Zweigniederlassung belangt worden ist;  

7.
die Klage einen Vertrag oder einen Anspruch aus einem Vertrag zum Gegenstand hatte und die streitige Verpflichtung im Entscheidungsstaat erfüllt worden ist oder zu erfüllen gewesen wäre;  

8.
mit der Klage Ansprüche wegen Tötung, Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder wegen des Verlustes oder der Beschädigung einer Sache geltend gemacht worden sind und der Täter sich bei Begehung der schädigenden Handlung im Gebiet des Entscheidungsstaates aufgehalten hatte;  

9.
die Klage auf eine unerlaubte Handlung im Geschäftsverkehr oder auf die Verletzung eines Patents, Gebrauchsmusters, Warenzeichens, Sortenschutzrechts, gewerblichen Musters oder Modells oder Urheberrechts gegründet worden ist und die Handlung im Entscheidungsstaat begangen wurde;  

10.
mit der Klage ein Recht an einer unbeweglichen Sache oder ein Anspruch aus einem Recht an einer solchen Sache geltend gemacht worden ist und die unbewegliche Sache im Entscheidungsstaat belegen ist;  

11.
die Klage in einer Erbschaftsstreitigkeit erhoben worden ist und der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Entscheidungsstaat hatte, ohne Rücksicht darauf, ob zu dem Nachlaß bewegliche oder unbewegliche Sachen gehörten; dies gilt jedoch nicht, soweit die Entscheidung die Erbfolge in Grundstücke betrifft, die im Anerkennungsstaat belegen sind und bei denen sich die Erbfolge nach Anerbenrecht (odels- oder aasetesrett) bestimmt;  

12.
mit der Klage ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des Erlangten deshalb geltend gemacht worden ist, weil eine Vollstreckung aus einer Entscheidung eines Gerichts des anderen Staates betrieben worden war, die in diesem Staat aufgehoben oder abgeändert worden ist.

(2)
Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird, vorbehaltlich der Nummer 4 des diesem Vertrag beigefügten Protokolls, im Sinne dieses Vertrages auch anerkannt, wenn sie sich aus einer zwischen beiden Staaten geltenden Übereinkunft ergibt.

(3)
Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird jedoch nicht anerkannt, wenn nach dem Recht des Anerkennungsstaates dessen Gerichte für die Klage, die zu der Entscheidung geführt hat, ausschließlich zuständig sind. Das gleiche gilt, wenn der Anerkennungsstaat auf Grund seines innerstaatlichen Rechts oder auf Grund einer Übereinkunft die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines dritten Staates anerkennen muß.

Artikel 9

(1)
Wird die in einem Staat ergangene Entscheidung in dem anderen Staat geltend gemacht, so darf nur geprüft werden, ob  

1.
die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat;  

2.
die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nach Artikel 8 anzuerkennen ist;  

3.
einer der in Artikel 6 und in Artikel 7 Abs. 2 genannten Versagungsgründe vorliegt.

(2)
Darüber hinaus darf die Entscheidung nicht nachgeprüft werden.

(3)
Die Gerichte und Behörden des Anerkennungsstaates sind bei der Prüfung, ob die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates anzuerkennen ist, an die tatsächlichen Feststellungen, auf Grund deren das Gericht seine Zuständigkeit angenommen hat, gebunden. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren im Entscheidungsstaat nicht eingelassen hatte.

 

Dritter Abschnitt Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen

 

Artikel 10

(1)
Entscheidungen der Gerichte des einen Staates, auf die dieser Vertrag anzuwenden ist, sind in dem anderen Staat zur Zwangsvollstreckung zuzulassen, wenn  

1.
sie in dem Entscheidungsstaat vollstreckbar sind;  

2.
sie in dem Staat, in dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll (Vollstreckungsstaat), anzuerkennen sind.

(2)
Auf Grund noch nicht rechtskräftiger Entscheidungen kann eine nach Maßgabe des Artikels 17 beschränkte Zwangsvollstreckung beantragt werden, sofern die Entscheidungen auf eine bestimmte Geldsumme lauten.

 

Artikel 11
Das Verfahren, in dem die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und die Zwangsvollstreckung selbst richten sich, vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Vertrages, nach dem Recht des Vollstreckungsstaates.

 

I. Vollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen

 

Artikel 12
Den Antrag, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, kann jeder stellen, der in dem Entscheidungsstaat Rechte aus der Entscheidung herleiten kann.

 

Artikel 13

(1)
Der Antrag, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, ist  

1.
in der Bundesrepublik Deutschland an das Landgericht,  

2.
im Königreich Norwegen an das namsrett  

zu richten.

(2)
Örtlich zuständig ist  

1.
in der Bundesrepublik Deutschland das Landgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz und bei Fehlen eines solchen Vermögen hat oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll,  

2.
im Königreich Norwegen, vorbehaltlich der sich aus Nummer 6 des diesem Vertrage beigefügten Protokolls ergebenden Ausnahmen, das namsrett, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat, und, wenn die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe einer Sache durchgeführt werden soll, das namsrett, in dessen Bezirk sich diese Sache befindet.

 

Artikel 14

(1)
Die Partei, welche die Zulassung der Zwangsvollstreckung beantragt, hat beizubringen  

1.
eine Ausfertigung der Entscheidung, die auch die Gründe enthalten muß;  

2.
den Nachweis, daß die Entscheidung rechtskräftig ist;  

3.
den Nachweis, daß die Entscheidung vollstreckbar ist;  

4.
die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde oder einer anderen Urkunde, aus der sich ergibt, daß die Entscheidung der Partei, gegen welche die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll, zugestellt worden ist;  

5.
die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück dem Beklagten ordnungsmäßig zugestellt worden ist, sofern sich der Beklagte auf das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht eingelassen hatte;  

6.
eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden in die Sprache des angerufenen Gerichts, die von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein muß.

(2)
Die Nachweise nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 werden durch eine Bescheinigung geführt, die der nach dem Recht des Entscheidungsstaates zuständige Beamte des Gerichts ausstellt, das die zu vollstreckende Entscheidung erlassen hat oder das diesem Gericht im Rechtszuge übergeordnet ist.

(3)
Die in den Absätzen 1 und 2 erwähnten Urkunden bedürfen keiner Legalisation oder sonstigen Beglaubigung.

 

Artikel 15

(1)
In dem Verfahren, in dem die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, darf nur geprüft werden, ob

1.
die nach Artikel 14 erforderlichen Urkunden beigebracht sind;

2.
die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nach Artikel 8 anzuerkennen ist;

3.
einer der in Artikel 6 und in Artikel 7 Abs. 2 genannten Versagungsgründe vorliegt.

(2)
Gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner auch vorbringen, es stünden ihm Einwendungen gegen den Anspruch selbst zu aus Gründen, die erst nach Erlaß der Entscheidung entstanden seien.

(3)
Darüber hinaus darf die Entscheidung nicht nachgeprüft werden.

(4)
Nach dem Recht des Vollstreckungsstaates bestimmt sich, inwieweit Umstände, die der Zulassung der Zwangsvollstreckung entgegenstehen können, von Amts wegen oder nur auf Vorbringen des Schuldners zu berücksichtigen sind.

 

Artikel 16
Die Zwangsvollstreckung kann auch nur für einen Teil der Entscheidung zugelassen werden, wenn

1.
die Entscheidung einen oder mehrere Ansprüche betrifft und der Gläubiger beantragt, die Zwangsvollstreckung nur hinsichtlich eines Teils des Anspruchs oder hinsichtlich eines oder einiger Ansprüche zuzulassen;

2.
die Entscheidung mehrere Ansprüche betrifft und der Antrag des Gläubigers, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, nur wegen eines oder einiger Ansprüche begründet ist.

 

II. Vollstreckung nicht rechtskräftiger Entscheidungen

 

Artikel 17

(1)
Für die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen, die noch nicht rechtskräftig sind (Artikel 10 Abs. 2), gelten die Artikel 12 bis 16 entsprechend. Wird einem Antrag des Gläubigers (Artikel 10 Abs. 2, Artikel 12) stattgegeben, so sind nur solche Maßnahmen zulässig, die der Sicherung des Gläubigers dienen.

(2)
Ist die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig, so hat die Partei, welche die Zulassung der Zwangsvollstreckung beantragt, den Nachweis zu erbringen, daß die Sicherheit geleistet worden ist.

 

Vierter Abschnitt Vollstreckung aus anderen Schuldtiteln

 

Artikel 18

(1)
Vergleiche, die in Verfahren vor den Gerichten des einen Staates abgeschlossen und zu gerichtlichem Protokoll genommen worden sind, werden in dem anderen Staat zur Zwangsvollstreckung zugelassen, wenn  

1.
in dem Falle, daß eine gerichtliche Entscheidung über den Gegenstand des Vergleichs ergangen wäre, sie unter den Anwendungsbereich dieses Vertrages fallen würde;  

2.
der Vergleich in dem Staat, in dem er abgeschlossen wurde, vollstreckbar ist.

(2)
Für den Antrag, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, und für das weitere Verfahren gelten die Artikel 11 bis 16 entsprechend. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung hat sich das angerufene Gericht auf die Prüfung zu beschränken, ob  

1.
die nach Artikel 14 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und 6 erforderlichen Urkunden beigebracht sind;  

2.
die Parteien nach dem Recht des Vollstreckungsstaates berechtigt sind, über den Gegenstand des Verfahrens einen Vergleich zu schließen;  

3.
die Zwangsvollstreckung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates nicht widerspricht.

 

Artikel 19
Die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen bestimmen sich nach den Übereinkünften, die zwischen beiden Staaten jeweils in Kraft sind.

 

Fünfter Abschnitt
Besondere Bestimmungen

 

Artikel 20

(1)
Eine Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person oder eine Gesellschaft handelt, ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung in dem einen Staat hat, kann vor den Gerichten des anderen Staates nicht allein deshalb verklagt werden, weil sie Vermögen im Hoheitsgebiet des anderen Staates hat (§ 23 der deutschen Zivilprozeßordnung, § 32 der norwegischen Zivilprozeßordnung).

(2)
Dies gilt jedoch nicht, wenn  

1.
mit der Klage ein Recht an einem Vermögensstück oder ein Anspruch aus einem solchen Recht, der Besitz eines Vermögensstücks oder ein Anspruch, der sich gegen den Eigentümer oder Besitzer eines Vermögensstücks als solchen richtet, geltend gemacht wird und wenn in jedem dieser Fälle das Vermögensstück im Gerichtsstaat belegen ist;  

2.
mit der Klage eine Forderung geltend gemacht wird, zu deren Sicherung ein im Gerichtsstaat belegenes Vermögensstück auf Grund eines Rechtsgeschäfts oder kraft Gesetzes dient oder zu deren Sicherung ein Schiff oder die von diesem Schiff verdiente Fracht während des Aufenthalts des Schiffs im Gerichtsstaat durch eine gerichtliche Verfügung beschlagnahmt worden ist;  

3.
der Wert des geltend gemachten Anspruchs den Wert des im Gerichtsstaat belegenen Vermögens nicht übersteigt;  

4.
mit der Klage eine Entscheidung beantragt wird, die nicht in den Anwendungsbereich dieses Vertrages fällt.

 

Artikel 21

(1)
Die Gerichte eines Staates haben die Entscheidung abzulehnen oder, wenn sie es für zweckmäßig erachten, das Verfahren auszusetzen, falls ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes in dem anderen Staat bereits anhängig ist und in diesem Verfahren eine Entscheidung ergehen kann, die in dem Staat, in dem das zuletzt angerufene Gericht seinen Sitz hat, anzuerkennen sein wird.

(2)
Jedoch können bei den Gerichten eines jeden Staates die in seinem Recht vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, beantragt werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, welches Gericht mit der Hauptsache befaßt ist.

 

Artikel 22
Dieser Vertrag berührt, unbeschadet des Artikels 4 Abs. 2, nicht die Bestimmungen anderer Übereinkünfte, die zwischen beiden Staaten gelten oder gelten werden und die für besondere Rechtsgebiete die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel regeln.

 

Artikel 23

(1)
Jeder Staat verpflichtet sich, Entscheidungen der Gerichte eines dritten Staates, die gegen eine Person mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person oder eine Gesellschaft handelt, mit Sitz oder Hauptniederlassung in dem anderen Staat ergangen sind, nicht anzuerkennen und zu vollstrecken, wenn die Zuständigkeit der Gerichte des dritten Staates allein deshalb gegeben war, weil  

1.
im Hoheitsgebiet dieses Staates Vermögen des Beklagten belegen oder beschlagnahmt worden war, es sei denn, daß

a)
mit der Klage ein Recht an dem Vermögensstück oder ein Anspruch aus einem solchen Recht, der Besitz des Vermögensstücks oder ein Anspruch, der sich auf das Vermögensstück bezieht, geltend gemacht worden ist;

b)
mit der Klage eine Forderung geltend gemacht worden ist, die durch das im Entscheidungsstaat belegene Vermögensstück gesichert war;

2.
der Kläger die Staatsangehörigkeit des Entscheidungsstaates besaß;

3.
der Kläger seinen Wohnsitz oder Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person oder eine Gesellschaft handelte, seinen Sitz, seine Niederlassung oder seinen Errichtungsort im Entscheidungsstaat hatte, es sei denn, daß diese Zuständigkeit für bestimmte vertragliche Rechtsverhältnisse zugelassen worden ist, um deren Besonderheiten Rechnung zu tragen;

4.
der Kläger Geschäfte im Entscheidungsstaat vorgenommen hat, es sei denn, daß sich die Klage auf diese Geschäfte bezogen hat;  

5.
das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück dem Beklagten gelegentlich eines vorübergehenden Aufenthalts im Entscheidungsstaat zugestellt worden ist;  

6.
das Gericht einseitig vom Kläger, insbesondere in einer Rechnung, bestimmt worden ist.

(2)
Die Bestimmungen des Absatzes 1 gelten nur für Entscheidungen, die unter den Anwendungsbereich dieses Vertrages fallen würden, falls sie in einem der beiden Staaten ergangen wären.

(3)
Die Absätze 1 und 2 berühren nicht Verpflichtungen aus Übereinkünften, die für einen der beiden Staaten bis zum 31. Dezember 1972 in Kraft getreten sind.

 

Artikel 24
Dieser Vertrag ist nur auf gerichtliche Entscheidungen und andere Schuldtitel anzuwenden, die nach seinem Inkrafttreten erlassen oder errichtet werden.

 

Sechster Abschnitt Schlußbestimmungen

 

Artikel 25
Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung des Königreichs Norwegen innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt.

 

Artikel 26

(1)
Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen in Bonn ausgetauscht werden.

(2)
Der Vertrag tritt dreißig Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

 

Artikel 27
Jeder der beiden Staaten kann den Vertrag kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie dem anderen Staat notifiziert wurde.

 

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten diesen Vertrag unterschrieben und mit ihren Siegeln versehen.

Geschehen zu Oslo am 17. Juni 1977 in zwei Urschriften, jede in deutscher und norwegischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

Für die Bundesrepublik Deutschland
Dr. Vogel
Dr. Wand

Für das Königreich Norwegen
Inger Louise Valle