veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 2001 Teil II Nr. 34, Seite 1211 ff.,

ausgegeben zu Bonn am 22. November 2001

 

 

Vertrag

zwischen der Bundesrepublik Deutschland

und der Tschechischen Republik

zur weiteren Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs

nach den Haager Übereinkommen vom 1. März. 1954 über den Zivilprozess,

vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke

im Ausland in Zivil- oder Handelssachen und vom 18. März 1970

über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen

 

vom 2. Februar 2000

 

 

Die Bundesrepublik Deutschland

 

und

 

die Tschechische Republik

 

in dem Wunsch, die Anwendung gewisser Bestimmungen der Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozess (Übereinkommen über den Zivilprozess), vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (Zustellungsübereinkommen) und vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (Beweisaufnahmeübereinkommen) im Rechtsverkehr zwischen den beiden Staaten nach Maßgabe dieses Vertrages zu erleichtern -

 

sind wie folgt übereingekommen:

 

 

Abschnitt I

 

Zustellung gerichtlicher

und außergerichtlicher Schriftstücke

 

Artikel 1

(zu Artikel 11 Zustellungsübereinkommen)

 

Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die von den zuständigen Behörden von einem der beiden Staaten ausgehen, werden im unmittelbaren Verkehr übersandt, und zwar,

 

1. wenn die Zustellung an Personen in der Bundesrepublik Deutschland bewirkt werden soll, von den zuständigen tschechischen Behörden an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Empfänger seinen Aufenthalt oder Sitz hat;

 

2. wenn die Zustellung an Personen in der Tschechischen Republik bewirkt werden soll, von den zuständigen deutschen Behörden an das zuständige tschechische Gericht, in dessen Bezirk der Empfänger seinen Aufenthalt oder Sitz hat, und zwar an das Bezirksgericht (okresní soud), in Prag an das Stadtbezirksgericht (obvodní soud) und in Brünn an das Stadtgericht (městský soud).

 

 

Artikel 2

 

Ist die Behörde, der das Schriftstück übersandt worden ist, nicht zuständig, so gibt sie es von Amts wegen an die zuständige Behörde ab und benachrichtigt hiervon unverzüglich die ersuchende Behörde.

 

 

Abschnitt II

 

Rechtshilfeersuchen

 

Artikel 3

(zu Artikel 2 Beweisaufnahmeübereinkommen)

 

Die Rechtshilfeersuchen werden in beiden Staaten von den Gerichten erledigt. Sie werden im unmittelbaren Verkehr den Behörden übersandt, in deren Bezirk das Rechtshilfeersuchen erledigt werden soll, und zwar in der Bundesrepublik Deutschland an den Präsidenten des Landgerichts oder Amtsgerichts, in der Tschechischen Republik an das Bezirksgericht (okresní soud), in Prag an das Stadtbezirksgericht (obvodní soud) oder in Brünn an das Stadtgericht (městsky soud).

 

 

Abschnitt III

 

Sicherheitsleistung für die Prozesskosten

und Prozesskostenhilfe

 

Artikel 4

 

Für die juristischen Personen, die in einem der beiden Staaten nach dem Recht dieses Staates errichtet worden sind, gelten in dem anderen Staat die Artikel 17, 18 und 19 des Übereinkommens über den Zivilprozess.

 

 

Artikel 5

 

(1) Der Antrag, eine Entscheidung über die Prozesskosten nach den Artikeln 18 und 19 des Übereinkommens über den Zivilprozess für vollstreckbar zu erklären, kann von dem Berechtigten selbst bei den zuständigen Gerichten unmittelbar gestellt werden.

 

(2) Das gleiche gilt für gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird.

 

 

Artikel 6

 

Die Bescheinigung der zuständigen Behörde, dass die Kostenentscheidung die Rechtskraft erlangt hat, bedarf keiner Bestätigung durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten nach Artikel 19 Absatz 3 Satz 2 des Übereinkommens über den Zivilprozess.

 

 

Artikel 7

 

Die in Artikel 19 Absatz 2 Nummer 3 des Übereinkommens über den Zivilprozess vorgesehene Übersetzung kann auch von einem vereidigten oder amtlich zugelassenen Übersetzer des Staates beglaubigt werden, in dem die für vollstreckbar zu erklärende Entscheidung ergangen ist.

 

 

Artikel 8

 

Anträge auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe, die gemäß Artikel 23 des Übereinkommens über den Zivilprozess gestellt werden, können bei dem Gericht des Staates eingereicht werden, in dem der Antragsteller sich aufhält, und im unmittelbaren Verkehr der beiderseitigen Behörden übersandt werden. In diesem Fall gelten Artikel 1 und Artikel 2 dieses Vertrages entsprechend.

 

 

Artikel 9

 

Die zuständigen Behörden des Staates, in dem über den Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu entscheiden ist, können sich wegen ergänzender Auskünfte gemäß Artikel 22 Absatz 2 des Übereinkommens über den Zivilprozess unmittelbar an die zuständigen Behörden des anderen Staates wenden.

 

 

Abschnitt IV

 

Artikel 10

 

(1) Unter Beachtung des nationalen Rechts einer jeden Vertragspartei dürfen personenbezogene Daten ausschließlich an die zuständigen Stellen übermittelt werden.

 

(2) Die empfangende Stelle unterrichtet die übermittelnde Stelle auf Ersuchen in Einzelfällen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse. Die übermittelnde Stelle hat auf Verlangen des Betroffenen ein solches Ersuchen an die empfangende Stelle zu richten und dem Betroffenen Auskunft über die Antwort zu erteilen.

 

(3) Die Verwendung der aufgrund dieses Vertrages, nach dem Übereinkommen über den Zivilprozess, dem Zustellungsübereinkommen und dem Beweisaufnahmeübereinkommen übermittelten Daten ist nur für die dort bezeichneten Zwecke, für die die Daten übermittelt worden sind, und zu den durch die übermittelnde Stelle im Einzelfall vorgegebenen Bedingungen zulässig. Die Verwendung der übermittelten Daten ist darüber hinaus zulässig.

 

a) Zur Verhinderung und Verfolgung von Straftaten von erheblicher Bedeutung;

 

b) zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit;

 

c) für gerichtliche Verfahren und Verwaltungsverfahren, die mit den Zwecken im Sinne von Satz 1 und Satz 2 Buchstabe a) zusammenhängen.

 

(4) Die übermittelnde Stelle weist bei der Übermittlung auf die nach ihrem nationalen Recht geltenden Löschungsfristen hin. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten personenbezogenen Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt worden sind, nicht mehr erforderlich sind.

 

(5) Die übermittelnde und empfangende Stelle sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen.

 

(6) Die übermittelnde und empfangende Stelle sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen und die jeweils nach dem Recht des anderen Staates bestehenden Geheimhaltungspflichten zu beachten.

 

(7) Wird jemand infolge von Übermittlungen im Rahmen des Datenaustausches nach diesem Vertrag rechtswidrig geschädigt, so haftet ihm hierfür die empfangende Stelle nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts. Sie kann sich im Verhältnis zum Geschädigten zu ihrer Entlastung nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verursacht worden ist. Leistet die empfangende Stelle Schadenersatz wegen eines Schadens, der durch die Verwendung von unrichtig übermittelten Daten verursacht wurde, so erstattet die übermittelnde Stelle der empfangenden Stelle den Gesamtbetrag des geleisteten Ersatzes.

 

 

Abschnitt V

 

Schlussbestimmungen

 

Artikel 11

 

Das Bundesministerium der Justiz der Bundesrepublik Deutschland und das Justizministerium der Tschechischen Republik werden nach Bedarf in unmittelbarem Benehmen Zusammenkünfte ihrer Vertreter vereinbaren, um die einheitliche Durchführung dieses Vertrages sicherzustellen und bei seiner Durchführung etwa auftretende Schwierigkeiten zu beseitigen.

 

 

Artikel 12

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Berlin ausgetauscht.

 

(2) Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des auf den Austausch der Ratifikationsurkunden folgenden Monats in Kraft.

 

(3) Dieser Vertrag kann jederzeit schriftlich auf diplomatischem Weg gekündigt werden. Die Kündigung wird zwölf Monate nach dem Zeitpunkt wirksam, zu dem sie der anderen Vertragspartei zugegangen ist.

 

 

Geschehen zu Prag am zweiten Februar 2000 in zwei Urschriften, jede in deutscher und tschechischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

 

Für die Bundesrepublik Deutschland

Graf Lambsdorff

Däubler-Gmelin

 

 

Für die Tschechische Republik

Motejl