Deutsche Denkschrift zu dem Europäischen Übereinkommen über Staatenimmunität BT-Drucks. 11/4307
I. Allgemeine Bemerkungen
A.
Die Frage, ob ausländische Staaten der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen sind, hat Lehre und Rechtsprechung aller Kulturnationen seit Jahrhunderten beschäftigt.
Die Gewährung von Staatenimmunität ist ein heute zwar allgemein anerkanntes Gebot des Völkergewohnheitsrechts; inhaltlich hinreichend bestimmte Rechtssätze, die international eine sichere und übereinstimmende Rechtsanwendung gewähren, haben sich bisher jedoch nicht herausgebildet.
Nach der Theorie von der absoluten Staatenimmunität kann ein ausländischer Staat nicht der Gerichtsbarkeit innerstaatlicher Gerichte unterworfen werden, es sei denn, er hat auf seine Immunität verzichtet. Demgegenüber geht die Theorie von der relativen oder beschränkten Staatenimmunität davon aus, daß ein Staat Immunität nur dann genießt, wenn er in Ausübung hoheitlicher Gewalt gehandelt hat (acta iure imperii), nicht aber dann, wenn er wie eine andere natürliche oder juristische Person an privatrechtlichen Beziehungen beteiligt ist (acta iure gestionis). Die Theorie der relativen Staatenimmunität hat angesichts der wachsenden wirtschaftlichen Betätigung der Staaten international in Rechtslehre und Rechtsprechung mehr und mehr an Boden gewonnen. Sie wird aber nicht einheitlich verstanden. Aus diesen Gründen kann es zu Schwierigkeiten in den internationalen Beziehungen kommen.
Deutschland gehörte vor dem zweiten Weltkrieg zu den Ländern, die ausländischen Staaten und ihren Organen absolute Gerichtsfreiheit gewährten (RGZ 63, 165; 103, 275). Die Zeit ab 1974 ist durch eine zunehmende wirtschaftliche Betätigung der Staaten auf dem gesamten Gebiet der Vorsorge und eine sich rasch entwickelnde Verflechtung der einzelnen nationalen Märkte gekennzeichnet; dies hat eine Hinwendung zum Grundsatz der beschränkten Immunität mit sich gebracht. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Entwicklung in mehreren grundlegenden Entscheidungen (BVerfGE 15, 25 ff.; 16, 27 ff.; 64, 1 ff.), die in der Rechtslehre Zustimmung gefunden haben, bestätigt. Danach genießt ein Staat Immunität nur im Rahmen seiner hoheitlichen Tätigkeit. Bei der - nach dem Recht des Gerichtsstaates zu beurteilenden - Frage, ob eine Tätigkeit als hoheitlich oder privatrechtlich zu qualifizieren ist, ist grundsätzlich auf die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses abzustellen, nicht aber auf das Motiv oder den Zweck der Staatstätigkeit, da letztlich nahezu jede staatliche Tätigkeit mit hoheitlichen Zwecken und Aufgaben in Zusammenhang steht (BVerfGE 16, 27, 61; Seidl-Hohenveldern, Neue Entwicklungen im Recht der Staatenimmunität, Festschrift für Beitzke 1979, 1081, 1087).
Was die - nach Völkergewohnheitsrecht nicht schlechthin ausgeschlossene - Zwangsvollstreckung gegen einen ausländischen Staat nach deutschem Recht anbelangt, so besteht keine volle Parallelität zwischen der Begrenzung der Immunität im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren (BVerfGE 46, 342, 367; Seidl-Hohenveldern, a.a.O., S. 1097), da die Auswirkungen einer Zwangsvollstreckung den ausländischen Staat faktisch erheblich stärker treffen als ein Urteil im Erkenntnisverfahren, die Gefahr von politischen Verwicklungen also größer ist. Besteht für das Erkenntnisverfahren keine Immunität, weil eine privatrechtliche Tätigkeit des ausländischen Staates Gegenstand des Verfahrens ist oder dieser sich der Gerichtsbarkeit unterworfen hat, so bedeutet dies nicht, daß damit auch ohne weiteres die Zwangsvollstreckung zulässig wäre. Für die Frage der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung ist nicht darauf abzustellen, ob der ausländische Staat das Vollstreckungsobjekt als Hoheitsträger oder als Privatrechtsträger besitzt. Entscheidend ist vielmehr, ob das Vollstreckungsobjekt im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dient (BVerfGE 46, 354).
B.
Die Initiative, im Rahmen des Europarats ein Übereinkommen über die Staatenimmunität auszuarbeiten, geht auf einen Vorschlag der österreichischen Regierung zurück. Mit seiner Entschließung (63) 29 vom 13. Dezember 1963 hat das Ministerkomitee des Europarats das Thema Staatenimmunität in das Arbeitsprogramm des Europarats aufgenommen. Entsprechend einer Empfehlung der Europäischen Justizministerkonferenz vom 26. bis 28. Mai 1964 in Dublin hat das Ministerkomitee des Europarats einen Expertenausschuß damit beauftragt, die sich aus der Staatenimmunität ergebenden Probleme zu prüfen und Wege zu deren Lösung aufzuzeigen. In den Jahren von 1965 bis 1970 hat der Expertenausschuß das vorliegende Übereinkommen sowie ein Zusatzprotokoll ausgearbeitet. In dem Expertenausschuß waren neben der Bundesrepublik Deutschland die Staaten Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, die Schweiz und die Türkei vertreten. Übereinkommen und Zusatzprotokoll wurden anläßlich der 7. Konferenz der Europäischen Justizminister in Basel am 16. Mai 1972 zur Unterzeichnung aufgelegt und am gleichen Tage u. a. von der Bundesrepublik Deutschland gezeichnet. Das Übereinkommen wurde bisher von Österreich, Belgien, Zypern, Großbritannien, der Schweiz, den Niederlanden und Luxemburg ratifiziert; es trat am 11. Juni 1976 in Kraft.
Die nachstehenden Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Übereinkommens beruhen weitgehend auf einem von den Sachverständigen der Mitgliedstaaten ausgearbeiteten erläuternden Bericht (Rapports explicatifs concernant la Convention européenne sur l'immunité des Etats et le Protocole additionell, Conseil de l'Europe, Strasbourg 1972).
C.
Das Übereinkommen ist die erste internationale Konvention mit allgemeinen Regeln über die Immunität von Staaten. Nach seiner Präambel verfolgt es ein doppeltes Ziel. Zum einen stellt es gemeinsame Regeln darüber auf, in welchem Ausmaß ein Staat Immunität vor den Gerichten eines anderen Staates genießt. Zum anderen trifft es Vorkehrungen, um die Durchsetzung der gegen einen fremden Staat ergangenen Urteile zu sichern.
Das Übereinkommen ist in 6 Kapitel gegliedert.
In Kapitel I (Artikel 1 bis 13) sind die Fälle festgelegt, in denen ein Vertragsstaat vor den Gerichten eines anderen Staates keine Immunität beanspruchen kann. In diesem Kapitel ist der Bereich der nichthoheitlichen Betätigung eines Staates im einzelnen umschrieben. In allen anderen Fällen genießt ein Staat vorbehaltlich der durch Artikel 24 eröffneten Möglichkeit - vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats Immunität.
Kapitel II (Artikel 16 bis 19) enthält Verfahrensvorschriften. Sie beziehen sie insbesondere auf die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke, die Sicherheitsleistung sowie auf die Rechtshängigkeit.
Kapitel III (Artikel 20 bis 23) regelt das Problem der Durchsetzung von Urteilen. Nach Artikel 20 muß ein Vertragsstaat ein gegen ihn ergangenes Urteil eines Gerichts eines anderen Vertragsstaats grundsätzlich erfüllen, wenn er gemäß den Bestimmungen des Kapitels I die gerichtliche Immunität nicht beanspruchen konnte. Um die Einhaltung dieser Verpflichtung zu sichern, sieht Artikel 21 vor, daß die obsiegende Prozeßpartei befugt ist, ein Gericht des verurteilten Staates um Feststellung anzurufen, daß sich der Staat dem Urteil zu unterwerfen habe. Diese Regelung tritt an die Stelle der nach Artikel 23 des Übereinkommens ausgeschlossenen Zwangsvollstreckung in das Vermögen des verurteilten Vertragsstaates.
Kapitel IV (Artikel 24 bis 26) räumt den Vertragsstaaten die Möglichkeit ein, gegenüber dem Generalsekretär des Europarats zu erklären, daß ihre Gerichte über die Fälle der Artikel 1 bis 13 hinaus in Verfahren gegen einen anderen Vertragsstaat in demselben Ausmaß wie in Verfahren gegen Nichtvertragsstaaten entscheiden können. Die Rechtsfolgen einer solchen Erklärung sind in den Artikeln 25 und 26 näher umschrieben.
Kapitel V (Artikel 27 bis 35) umfaßt verschiedene allgemeine Bestimmungen, die u. a. den Begriff des Vertragsstaates näher festlegen (Artikel 27) und Regelungen für Bundesstaaten enthalten (Artikel 28). Sie betreffen ferner die Privilegien und Immunitäten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Aufgaben der diplomatischen Missionen und konsularischen Vertretungen (Artikel 32) und schaffen ein obligatorisches Streitschlichtungsverfahren betreffend die Auslegung und die Anwendung des Übereinkommens (Artikel 34).
Kapitel VI (Artikel 36 bis 41) enthält die Schlußbestimmungen. Diese sehen insbesondere vor, daß keine Vorbehalte zum Übereinkommen zugelassen sind (Artikel 39). Das Übereinkommen steht Nichtmitgliedstaaten des Europarats zum Beitritt offen (Artikel 37).
D.
Das Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über Staatenimmunität sieht man den im Übereinkommen geregelten Rechtswegen wahlweise einen weiteren Rechtsweg zu dem Europäischen Gericht für Staatenimmunität vor.
Das Zusatzprotokoll ist bisher von sechs Staaten ratifiziert worden, und zwar von Österreich, Belgien, Zypern, der Schweiz, den Niederlanden und Luxemburg; es ist am 22. Mai 1985 in Kraft getreten. Am 28. Mai 1985 wurde das Gericht für Staateniminunität beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegründet.
Die Bundesregierung empfiehlt, derzeit von der Ratifizierung des Zusatzprotokolls abzusehen, weil die im Übereinkommen vorgesehenen Rechtswege zum Landgericht am Sitz der Bundesregierung (Artikel 21) und - im Falle von Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten über Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens - zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag (Artikel 34) zur Verwirklichung des Vertragszieles ausreichen. Bestätigt wird diese Annahme durch die Tatsache, daß das Europäische Gericht für Staatenimmunität seit seiner Gründung noch mit keinem Verfahren befaßt worden ist. Großbritannien hat sich an dem Zusatzprotokoll bisher ebenfalls nicht beteiligt.
II. Zu den einzelnen Bestimmungen des Übereinkommens wird bemerkt:
Zu Artikel 1
Die Vorschrift bestimmt, wann ein Vertragsstaat im Hinblick auf seine Stellung als Verfahrensbeteiligter keine Immunität beanspruchen kann.
Die Absätze 1 und 2 beziehen sich auf die Fälle, in denen ein Vertragsstaat in einem anderen Vertragsstaat ein Gerichtsverfahren aus eigenem Antrieb anhängig macht. Nach dem Grundsatz des Absatzes 1 unterwirft ein solcher Staat sich hiermit der Gerichtsbarkeit des anderen Vertragsstaates. Dies gilt auch insoweit, als er einem von anderer Seite anhängig gemachten Verfahren als Intervenient beitritt. Allerdings muß der Beitritt freiwillig sein; das Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft beinhaltet für sich allein keinen Immunitätsverzicht, da für letzteren eine aktive Teilnahme am Verfahren vorausgesetzt wird. Hat sich ein Vertragsstaat der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates einmal unterworfen, so gilt der Verzicht auf Immunität auch für Verfahren vor Rechtsmittelgerichten und dann, wenn ein Gericht das Verfahren mangels eigener Zuständigkeit an ein anderes Gericht desselben Staates verweist.
Nach Absatz 2 gilt die mit der Anhängigmachung eines Verfahrens oder der aktiven Teilnahme hieran verbundene Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit des Gerichtsstaates auch insoweit, als gegen den betreffenden Vertragsstaat Widerklage erhoben wird. Vorausgesetzt wird allerdings, daß die Widerklage mit der Hauptklage im Zusammenhang steht oder mit ihr ein Anspruch geltend gemacht wird, gegenüber dem ein Anspruch auf Immunität von der Gerichtsbarkeit des fremden Staates nach den Bestimmungen des Übereinkommens nicht besteht.
Nach Absatz 3 unterwirft sich auch derjenige Vertragsstaat der Gerichtsbarkeit eines anderen Vertragsstaates, der dort in einem gegen ihn anhängig gemachten Verfahren eine Widerklage erhebt. Dies gilt dann nicht nur für die Widerklage, sondern auch für die Klage selbst.
Zu Artikel 2
Nach dieser Vorschrift kann ein Vertragsstaat keine Immunität beanspruchen, wenn er sich ausdrücklich verpflichtet hat, sich der Gerichtsbarkeit eines bestimmten ausländischen Gerichts oder allgemein der Gerichtsbarkeit eines anderen Vertragsstaates zu unterwerfen, oder wenn er seine ausdrückliche Zustimmung hierfür nach Entstehen der Streitigkeit erteilt. Dabei schließt im allgemeinen neu die Berechtigung einer natürlichen oder juristischen Person, im Namen eines Staates einen schriftlichen Vertrag zu schließen, die Befugnis ein, die sich aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten durch Vereinbarung mit dem fremden Staat einer ausländischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen.
Durch das Erfordernis der Schriftform in Buchstabe b wird eine stillschweigende Unterwerfung ausgeschlossen, die etwa darin gesehen werden könnte, daß ein Staat eine entsprechende Klausel in einer Rechnung zur Kenntnis nimmt. Auch die Bezeichnung des anwendbaren Rechts als solche begründet noch keine Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit des Staates, dessen Recht angewendet werden soll.
Zu Artikel 3
Diese Vorschrift regelt im einzelnen, inwieweit das prozessuale Verhalten eines Staates in einem anhängigen Rechtsstreit als Verzicht auf seine Immunität angesehen werden kann.
Zu Artikel 4
Nach dem Grundsatz des Absatzes 1 kann ein Vertragsstaat vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates Immunität dann nicht beanspruchen, wenn das Verfahren eine von dem Staat in einem privat- oder öffentlichrechtlichen Vertrag eingegangene Verpflichtung betrifft und diese im Gerichtsstaat zu erfüllen ist oder zu erfüllen war. Dies gilt - etwa bei einem Kaufvertrag - auch dann, wenn der ausländische Vertragsstaat die gekauften Gegenstände in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben - etwa im Zusammenhang mit dem Betrieb seiner diplomatischen Vertretung - verwenden will. Enthält ein Vertrag mehrere Verpflichtungen, so kann die Immunität vor den Gerichten des Vertragsstaates nicht geltend gemacht werden, in dem diejenige Verpflichtung zu erfüllen ist, auf die sich die Streitigkeit bezieht.
Da das Übereinkommen die Rechtsstellung von Privatpersonen in ihren Beziehungen mit Staaten verbessern soll, ist Artikel 4 nicht anzuwenden, wenn der Vertrag zwischen Staaten abgeschlossen worden ist (Absatz 2 Buchstabe a).
Absatz 2 Buchstabe b sieht die Möglichkeit einer von der Regelung des Absatzes 1 abweichenden Vereinbarung der Vertragsparteien vor, die der Schriftform bedarf. Ein bestimmter Inhalt für diese Vereinbarung ist nicht vorgesehen. Sie kann etwa dahin lauten, daß der Staat Anspruch auf Immunität haben oder Artikel 4 Abs. 1 keine Anwendung finden soll. Die Vertragsparteien können aber auch festlegen, daß ein anderes Gericht als das des Erfüllungsorts zuständig sein soll oder daß die Streitigkeiten einem Schiedsverfahren unterworfen werden sollen.
Da Artikel 4 nur Verträge erfassen will, an denen Staaten wie andere natürliche oder juristische Personen beteiligt sind, werden durch Buchstabe c auch solche Verträge ausgenommen, die als öffentlich-rechtliche Verträge besonderen Regeln des Verwaltungsrechts unterliegen.
Zu Artikel 5
Artikel 5 sieht eine Sonderregelung für Arbeitsverträge zwischen einem Staat und einer natürlichen Person vor, wenn die Arbeit im Gerichtsstaat zu leisten ist. Nach dem Grundsatz des Absatzes 1 kann der Arbeitgeberstaat oder eine gleichgestellte Partei in diesen Fällen keine Immunität von der Gerichtsbarkeit des fremden Staates beanspruchen. Dem Arbeitnehmer soll damit ein leichterer Zugang zum Gericht ermöglicht werden.
Absatz 2 enthält drei Ausnahmen von dem Grundsatz des Absatzes 1. Wenn der Arbeitnehmer die Staatsangehörigkeit des Arbeitgeberstaates besitzt (Buchstabe a) oder wenn er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses weder Angehöriger des Gerichtsstaates war noch im Gerichtsstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Buchstabe b), können seine Beziehungen zum Arbeitgeberstaat in der Regel als enger gegenüber den Beziehungen zum Gerichtsstaat angesehen werden. Die Immunität wird daher in diesen Fällen "wiederhergestellt". Absatz 2 Buchstabe c gibt einem Vertragsstaat die Möglichkeit, sich auf seine Immunität zu berufen, wenn der Arbeitsvertrag eine schriftliche Klausel enthält, in der die Regelung von Streitigkeiten durch ein anderes Gericht als das des Staates des angerufenen Gerichts vorgesehen ist (Prorogation), beispielsweise durch ein Gericht des Arbeitgeberstaates oder durch ein Schiedsgericht.
Artikel 5 betrifft auch Verträge, die Arbeiten für ein Büro, eine Agentur oder eine sonstige Niederlassung im Sinne des Artikels 7 zum Gegenstand haben. In diesen Fällen kann Immunität nur dann beansprucht werden, wenn die natürliche Person im Zeitpunkt des Vertragsschlusses tatsächlich ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des als Arbeitgeber auftretenden Staates hatte (Absatz 3).
Die Anwendung des Artikels 5 in der Bundesrepublik Deutschland würde bedeuten, daß eine Immunität des ausländischen Arbeitgeberstaates in weitergehendem Umfang als nach der bisherigen Rechtslage gegeben wäre. Der Eintritt dieser Rechtsfolge wird jedoch dadurch verhindert, daß die Bundesrepublik beabsichtigt, gemäß Artikel 24 gegenüber dem Generalsekretär des Europarats die Erklärung abzugeben, daß die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland über die Fälle der Artikel 1 bis 13 hinaus die Entscheidungsbefugnis in Verfahren gegen einen anderen Vertragsstaat künftig auch weiterhin in demselben Ausmaß für sich in Anspruch nehmen werden wie in Verfahren gegen Nichtvertragsstaaten. Damit soll vor allem vermieden werden, daß die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 5 Abs. 2 an der Entscheidung von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten gehindert sein könnten, für die sie bisher die Gerichtsbarkeit innehatten.
Zu Artikel 6
In Absatz 1 wird die Immunität für die Fälle aufgehoben, in denen ein Vertragsstaat gemeinsam mit einer oder mehreren Privatpersonen an einer Gesellschaft, Vereinigung oder juristischen Person beteiligt ist, die ihren tatsächlichen oder satzungsmäßigen Sitz oder ihre Hauptniederlassung im Gerichtsstaat hat, und wenn das Verfahren Beziehungen betrifft, die sich aus diesem Beteiligungsverhältnis ergeben. Die Vorschrift kommt also nur dann zur Anwendung, wenn es um die Rechte und Pflichten der Mitglieder der Vereinigung untereinander, nicht dagegen, wenn es um die Position des Staates als Mitgläubiger oder Mitschuldner der Vereinigung gegenüber Dritten geht (den letzteren Fall regelt Artikel 4). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vereinigung eigene Rechtspersönlichkeit besitzt oder nicht. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Tätigkeit der Vereinigung auf Gewinnerzielung gerichtet ist.
Die notwendige Verknüpfung zwischen Gerichtsstaat und Gesellschaft, Vereinigung oder juristischer Personen, an der sich der Staat beteiligt, wird durch den tatsächlichen oder satzungsmäßigen Sitz oder die Hauptniederlassung der Körperschaft hergestellt; dies setzt im allgemeinen voraus, daß die Körperschaft im Gerichtsstaat geleitet wird, förmlich errichtet bzw. eingetragen ist oder den größten Teil ihrer Geschäfte dort abwickelt.
Absatz 1 ist kein zwingendes Recht, sondern nach Absatz 2 abdingbar.
Zu Artikel 7
Die in Artikel 7 genannten Betätigungen - gewerbliche, kaufmännische oder finanzielle Tätigkeiten - sind an sich rein privatrechtlicher Natur. Man könnte daraus schließen, daß insoweit keine Immunität beansprucht werden kann. Aus Absatz 1 folgt jedoch, daß die Immunität eines Staates nicht von vornherein für jede gewerbliche, kaufmännische oder finanzielle Tätigkeit im Gerichtsstaat aufgehoben ist. Diese Bestimmung schließt die Immunität vielmehr nur aus, soweit ein Staat entsprechende Tätigkeiten durch ein Büro, eine Agentur oder eine Niederlassung, die im Gerichtsstaat belegen ist, ausübt. Dieser Anknüpfungspunkt soll sicherstellen, daß eine für die Begründung der Gerichtsbarkeit ausreichende Verbindung zwischen dem Gerichtsstaat und der wirtschaftlichen Tätigkeit des beklagten Staates besteht. Die so erfolgte Einengung des Geltungsbereichs des Artikels 7 wird jedoch durch Artikel 4 aufgewogen, da davon ausgegangen werden kann, daß die meisten gewerblichen, kaufmännischen oder finanziellen Tätigkeiten, die ein Staat auf andere Weise als durch ein Büro, eine Agentur oder sonstige Niederlassung ausübt, zu vertraglichen Verpflichtungen führen, die unter den Geltungsbereich von Artikel 4 fallen.
Die Frage, ob der Staat die dem Rechtsstreit zugrundeliegende Tätigkeit "wie eine Privatperson" ausgeübt hat, ist abstrakt zu beantworten, also unabhängig davon, ob etwa das Recht des Gerichtsstaats oder dasjenige des beklagten Staats einer Privatperson die Ausübung dieser Tätigkeit untersagt, die Tätigkeit nur bestimmten Personengruppen erlaubt oder besondere Vorschriften hinsichtlich der Ausübung der Tätigkeit durch den Staat enthält. Nimmt ein staatliches Unternehmen oder ein staatlicher Regiebetrieb am Wirtschaftsleben wie ein privates Unternehmen teil und arbeitet mit Gewinnabsicht, so wird ein solches Unternehmen regelmäßig keine Immunität genießen; hingegen kann sich eine Noten- oder Rentenbank dann auf die staatliche Immunität berufen, wenn deren Geschäftstätigkeit der Verfolgung staatlicher Ziele, beispielsweise auf dem Gebiet der Währungspolitik, dient.
Zu Artikel 8
Artikel 8 geht von der Überlegung aus, daß ein Vertragsstaat durch Anmeldung oder Erwerb von Schutzrechten des gewerblichen Rechtsschutzes im Gerichtsstaat am allgemeinen Wirtschaftsverkehr dieses Staates teilnimmt und keine weitergehende Rechtsstellung erlangen kann als jeder andere Schutzrechtsinhaber (-anmelder) auch. Die Bestimmung stellt demgemäß sicher, daß für alle gerichtlichen Verfahren, die sich auf solche Schutzrechte oder Schutzrechtsanmeldungen beziehen (z. B. für Löschungsklagen nach dem Warenzeichengesetz, Nichtigkeits- und Zwangslizenzverfahren nach dem Patentgesetz oder dem Sortenschutzgesetz), die Inanspruchnahme der Staatenimmunität durch den Schutzrechtsinhaber ausgeschlossen ist.
Der Ausschluß der Staatenimmunität gilt ferner auch für alle Verfahren, in denen ein Vertragsstaat wegen angeblicher Verletzung eines Schutzrechts im Gerichtsstaat z. B. auf Unterlassung, Rechnungslegung, Schadenersatz u. dgl. in Anspruch genommen wird.
Die gesonderte Regelung in Buchstabe d hinsichtlich des Rechts zum Gebrauch einer Firma ist darauf zurückzuführen, daß bei den Verhandlungen bezweifelt wurde, ob die Firma schon von dem Ausdruck "anderes gleichartiges Recht" in Buchstabe a erfaßt wird. Mit der Regelung in Buchstabe d werden solche Zweifel ausgeräumt. Der Begriff "Firma" ist weit auszulegen und erfaßt alle Formen des Handelsnamens, wie z. B. neben der Firma auch die Unternehmensbezeichnungen im Sinn des § 16 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Dies ergibt sich insbesondere aus der weiteren Fassung des französischen und englischen Originals des Übereinkommens ("nom commercial", "trade name"). Auch der Ausdruck "Recht zum Gebrauch" einer Firma ist weit auszulegen und soll alle möglichen Formen des Schutzes erfassen, einschließlich Streitigkeiten über die Eintragung einer Firma.
Zu Artikel 9
Artikel 9 schließt die Staatenimmunität für bestimmte dingliche Klagen aus, die gegen den Staat als Eigentümer, Nutznießer oder Besitzer eines Grundstücks gerichtet sind, sofern dieses im Gerichtsstaat belegen ist.
Artikel 9 ist weit auszulegen und erfaßt insbesondere
Öffentlich-rechtliche Abgaben oder Gebühren, die vom Grundstückseigentümer oder -besitzer zu zahlen sind, werden von Artikel 9 nicht erfaßt.
Zu Artikel 10
Diese Vorschrift bezieht sich auf Streitigkeiten über Rechte an Vermögen, das aus einer Erbschaft oder Schenkung herrührt oder herrenlos ist. Artikel 10 weist insoweit eine Besonderheit auf, als er keine weiteren Anknüpfungspunkte vorsieht, sei es um die zuständige Gerichtsbarkeit festzulegen, sei es um das anwendbare Recht zu bestimmen. Dies ist eine Folge der auf diesem Gebiet des Internationalen Privatrechts bestehenden erheblichen Unterschiede in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten des Europarats. In Artikel 20 Abs. 3 des Übereinkommens mußte deshalb eine Sonderregelung hinsichtlich der Verpflichtung eines Staates eingeführt werden, sich einem insoweit gegen ihn gefällten Urteil zu unterwerfen.
Für Verfahren auf Ersatz von Personen- oder Sachschäden bestimmt Artikel 11, daß die Immunität von der Gerichtsbarkeit nicht beansprucht werden kann, wenn das schädigende Ereignis im Gerichtsstaat eingetreten ist und der Schädiger sich dabei in diesem Staat aufgehalten hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kläger den Ersatzanspruch aus Vertragsbeziehungen ableitet oder aus außervertraglicher Haftung. Praktische Bedeutung hat diese Bestimmung vor allem für Personen- und Sachschäden, die durch Dienstfahrzeuge ausländischer Vertretungen verursacht werden, wobei es für die Inanspruchnahme des ausländischen Vertragsstaats als Kraftfahrzeughalter nach Artikel 11 nicht darauf ankommt, ob eine Dienstfahrt unternommen wurde oder ob sich der Unfall bei einer privaten Benutzung des Dienstwagens ereignet hat.
Artikel 11 wird ferner praktisch für Klagen auf Ersatz von Personen- oder Sachschäden aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, die dem ausländischen Vertragsstaat bei der Unterhaltung von Dienstgebäuden im Gerichtsstaat obliegen. Dies gilt nicht etwa nur dann, wenn der Hausmeister bei einer ausländischen Vertretung die Verkehrssicherungspflichten nicht ordentlich erfüllt, sondern nach dem Zweck der Bestimmung auch und erst recht dann, wenn eine für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten verantwortliche Person pflichtwidrig gar nicht bestellt worden ist, so daß sie sich bei Eintritt des Schadensereignisses auch nicht im Gerichtsstaat aufhalten konnte: In solchen Fällen muß auf den fiktiven Aufenthalt abgestellt werden.
"Ersatz eines Personen- oder Sachschadens" im Sinne des Artikels 11 umfaßt sämtliche Ansprüche aus Tötung, Körperverletzung und Sachbeschädigung, insbesondere auch das Schmerzensgeld und Rentenansprüche nach § 844 Abs. 2 BGB.
Zu Artikel 12
Artikel 12 will sicherstellen, daß ein Staat, der eine privatrechtliche Schiedsvereinbarung getroffen hat, sich den Verfahren vor staatlichen Gerichten, welche der Durchsetzung der Schiedsvereinbarung, der Bestellung von Ersatzschiedsrichtern, der ordnungsgemäßen Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens und der Kontrolle des Schiedsgerichts dienen, nicht durch die Berufung auf seine Immunität entziehen kann. Die Kriterien für die Verknüpfung mit dem Gerichtsstaat sind alternativ so gewählt, daß sowohl der Theorie, nach welcher der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens maßgebend ist, als auch der sogenannten prozessualen Theorie des internationalen Schiedsspruchs (maßgebend ist das auf das schiedsrichterliche Verfahren angewandte Recht) Rechnung getragen wird.
Buchstabe b betrifft vor allem die Maßnahmen zur Einleitung des Schiedsverfahrens, etwa die Bestellung der Schiedsrichter, aber auch andere in der Rechtsordnung des Gerichtsstaats vorgesehene gerichtliche Maßnahmen im Verlauf des Schiedsverfahrens. Verfahren zur Vollstreckung von Schiedssprüchen fallen nicht unter das Übereinkommen, Artikel 20 findet daher keine Anwendung.
Zu Artikel 13
Diese Vorschrift verdeutlicht den in Artikel 1 Abs. 1 des Übereinkommens festgeschriebenen Grundsatz, wonach ein Vertragsstaat seine Immunität so lange behält, wie er nicht vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats ein Verfahren anhängig macht oder einem solchen als Intervenient beitritt. Artikel 13 betrifft die Sonderfälle, in denen es nach den Rechtsordnungen verschiedener Vertragsstaaten möglich ist, Rechte an Sachen oder Rechten, die den Verfahrensgegenstand bilden, geltend zu machen oder in einem Verfahren Erklärungen in bezug auf diese abzugeben, ohne als Partei oder Intervenient aufzutreten; Artikel 13 stellt klar, daß ein Vertragsstaat in diesen Fällen seine Immunität behält.
Nach deutschem Recht ist das prozessual wirksame Geltendmachen derartiger Ansprüche nicht möglich, ohne Partei oder Intervenient zu werden. Artikel 13 ist deshalb für das deutsche Zivilverfahren nicht relevant.
Zu Artikel 14
Diese Vorschrift soll verhindern, daß die Staatenimmunität die gerichtliche Verwaltung von Vermögen beeinträchtigt. Konkursmasse und Treuhandvermögen sind nur als Beispielsfälle für den Anwendungsbereich des Artikels 14 genannt, der auch das gerichtliche Vergleichsverfahren und andere Fälle gerichtlicher Verwaltung von Vermögenswerten, etwa die Nachlaßverwaltung, erfaßt. Artikel 14 gilt unabhängig davon, ob das Gericht das Vermögen selbst verwaltet oder nur für die Verwaltung sorgt oder sie beaufsichtigt.
Zu Artikel 15
Aus Artikel 15 ergibt sich, daß ein Staat grundsätzlich Immunität genießt, es sei denn, es läge einer der in den Artikeln 1 bis 13 genannten Fälle vor; dies gilt auch dann, wenn der Verfahrensgegenstand nicht dem hoheitsrechtlichen, sondern dem privatrechtlichen Handlungsbereich zuzuordnen ist. Dieser Grundsatz wird allerdings durch Artikel 24 relativiert: Artikel 24 gibt jedem Vertragsstaat die Möglichkeit, durch eine einseitige Erklärung seine Gerichte in die Lage zu versetzen, über die Fälle der Artikel 1 bis 13 hinaus Verfahren gegen Vertragsstaaten durchzuführen (vgl. im einzelnen die Erläuterungen zu Artikel 24).
Die Immunität des ausländischen Staates ist von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn dieser sich nicht auf das Verfahren einläßt. Läßt sich der Staat auf das Verfahren zur Sache ein, ohne Immunität zu beanspruchen, so liegt darin ein stillschweigender Verzicht auf das Vorrecht der Immunität (Artikel 3). In diesem Fall kann das Klageverfahren - vorausgesetzt die internationale Zuständigkeit des Gerichts ist gegeben - durchgeführt werden. Dies gilt selbst dann, wenn Gegenstand des Verfahrens eine hoheitliche Tätigkeit des ausländischen Staates ist.
Zu Artikel 16
Auf Grund der Unterschiede in den Rechtsordnungen der Vertragsstaaten können sich Zweifelsfragen bei Zustellungen in Gerichtsverfahren gegen ausländische Staaten ergeben. Artikel 16 Abs. 2 und 3 bestimmen daher, daß abweichend von den einschlägigen Bestimmungen sonst anzuwendender Rechtshilfeverträge bestimmte Schriftstücke auf diplomatischem Weg übermittelt werden und daß die Zustellung dann als bewirkt gilt, wenn diese Schriftstücke beim Außenministerium des beklagten Staates eingegangen sind. Das Außenministerium ist dabei zur Entgegennahme der Schriftstücke auch dann verpflichtet, wenn es der Ansicht ist, das befaßte Gericht sei nicht zuständig oder der beklagte Staat könne Immunität geltend machen. Andererseits bedeutet die Entgegennahme der zuzustellenden Schriftstücke durch das Außenministerium nicht, daß sich der beklagte Staat der Gerichtsbarkeit des befaßten Gerichts unterwirft und auf die Immunität verzichtet. Dem Außenministerium steht durch eine Verlängerung der Einlassungs-, Rechtsmittel- und sonstigen Fristen um zwei Monate (Absätze 4 und 5) ein angemessener Zeitraum zur Verfügung, um die zur Vertretung des Staates in dem Verfahren berufene Behörde zu ermitteln und dieser die Schriftstücke zuzuleiten. Kann das Außenministerium innerhalb der Frist von zwei Monaten die zuständige Behörde nicht ermitteln, so muß es selbst vor dem ausländischen Gericht erscheinen, um den Erlaß eines Versäumnisurteils abzuwenden. Dabei wird das Außenministerium nähere Erläuterungen verlangen können, um die Feststellung der zuständigen Behörde zu ermöglichen.
Die verfahrensrechtlichen Begriffe, auf die Artikel 16 Bezug nimmt, sind nach dem für den Gerichtsstaat maßgeblichen Verfahrensrecht auszulegen; die Anwendbarkeit des Artikels 16 Abs. 2 auf Schriftstücke, die ein Berufungs- oder Revisionsverfahren einleiten, hängt daher von der lex fori ab.
Absatz 5 berücksichtigt die Besonderheiten bestimmter Rechtssysteme einiger Mitgliedstaaten des Europarats.
Absatz 6 betrifft nur die Art der Zustellung und hindert einen Staat nicht daran, im Verfahren aufzutreten und geltend zu machen, die in den Absätzen 4 und 5 vorgesehenen Fristen seien nicht gewahrt worden. Ein Verzicht auf alle Einwendungen gegen die Art der Zustellung ist auch dann gegeben, wenn der ausländische Staat sich auf das Verfahren nur einläßt, um seine Immunität geltend zu machen. Geheilt wird auch der Mangel, daß die Klage ohne Einschaltung des Außenministeriums an eine juristisch selbständige staatliche Institution auf dem allgemeinen Weg zugestellt wird, diese Institution die Schriftstücke an die zuständige Behörde weitergeleitet hat und diese dann den Staat im Termin vertritt.
Die Absätze 6 und 7 sind besonders wichtig, wenn sie in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 2 Buchstabe d ausgelegt werden.
Zu Artikel 17
Diese Vorschrift entspricht Artikel 17 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 (BGBl. 1958 II S. 576), der nur die als Kläger auftretenden Angehörigen der Vertragsstaaten von der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten befreit, nicht aber ausdrücklich den als Prozeßpartei auftretenden Staat selbst. Satz 2 bestimmt, daß der als Kläger oder Streithelfer auftretende Staat die ihm im Gerichtsstaat aufgrund seines Unterliegens im Rechtsstreit auferlegten Kosten zu zahlen hat. Die Zahlung dieser Kosten kann nicht aus den in Artikel 20 Abs. 2 und 3 genannten Gründen verweigert werden; die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten unterliegt auch nicht dem Kontrollverfahren nach Artikel 21. Artikel 23 und Artikel 26 sind jedoch anwendbar.
Zu Artikel 18
Nach dieser Vorschrift können gegen einen Vertragsstaat als Partei eines Gerichtsverfahrens keine Zwangs- oder Strafmaßnahmen verhängt werden, wenn dieser es ablehnt oder unterläßt, Beweismittel beizubringen (contempt of court). Die Verfahrensvorschriften, die es dem Gericht gestatten, daraus Schlüsse zu ziehen, bleiben dadurch unberührt.
Zu Artikel 19
Artikel 19 regelt den Fall, daß die Streitsache bereits anderweitig - das heißt vor einem anderen Gericht innerhalb des Gerichtsstaats oder vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats - anhängig ist. Um ein Nebeneinander von Verfahren über dieselbe Sache und Konflikte zwischen Urteilen zu vermeiden, muß das zeitlich später angerufene Gericht zurückstehen und die Klage wegen der anderweitigen Rechtshängigkeit abweisen oder das Verfahren aussetzen. Dabei soll durch die in Absatz 1 Buchstabe b vorgesehene Regelung insbesondere vermieden werden, daß ein beklagter Staat vor seinen eigenen Gerichten ein Verfahren mit dem Ziel einleitet, sich auf Artikel 20 Abs. 2 Buchstaben b oder c zu berufen und sich der Verpflichtung zu entziehen, der ausländischen Entscheidung zu entsprechen. Inhaltlich entspricht Artikel 19 den in anderen mehrseitigen Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen getroffenen Regelungen (vgl. u. a. Artikel 21 bis 23 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, BGBl. 1972 II S. 773).
Da die Wirkungen der Rechtshängigkeit nach deutschem Verfahrensrecht (§ 261 ZPO) im Inland jedenfalls dann eintreten, wenn die Klage vor einem Gericht eines der anderen Vertragsstaaten erhoben worden und ein anzuerkennendes Urteil zu erwarten ist (§ 328 ZPO), ist nicht beabsichtigt, eine Erklärung gemäß Artikel 19 Abs. 2 dahin abzugeben, daß die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland an Artikel 19 Abs. 1 nicht gebunden sind.
Zu Artikel 20
Ein Vertragsstaat ist unter den in Artikel 20 festgesetzten Bindungen verpflichtet, ein gegen ihn in einem anderen Vertragsstaat ergangenes Gerichtsurteil zu erfüllen. Das Übereinkommen sieht vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 26 weder die Anerkennung noch die Vollstreckung gerichtlicher Urteile im technischen Sinne vor (vgl. Artikel 23), sondern gibt dem Staat auf, der gegen ihn ergangenen Entscheidung loyal und gutwillig zu entsprechen. Die sich aus dem Übereinkommen ergebende Rechtspflicht zur Erfüllung bezieht sich sowohl auf Leistungsurteile, bei denen der Staat dem Leistungsbefehl des Urteils nachzukommen hat, als auch auf Gestaltungs- und Feststellungsurteile. Sie kann aber auch bedeuten, daß ein Staat die Abweisung einer im Ausland anhängig gemachten Klage hinnimmt und folglich davon absieht, auf Grund desselben Sachverhalts ein weiteres Verfahren vor einem eigenen Gericht oder dem Gericht eines dritten Staates anzustrengen.
Die Gründe, die es einem Staat erlauben, die Erfüllung eines gegen ihn ergangenen Urteils abzulehnen, sind in den Absätzen 2 und 3 aufgeführt; diese sind: offensichtlicher Verstoß gegen den ordre public, Einwand der Rechtshängigkeit (entsprechend Artikel 19) oder der res judicata, Verletzung der Verteidigungsrechte und fehlerhafte Ladung.
Absatz 3 gibt dem verurteilten Staat für die in Artikel 10 bezeichneten Fälle zwei zusätzliche Gründe, ein gegen ihn ergangenes Urteil nicht zu erfüllen. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, daß Artikel 10 keine weiteren Anknüpfungspunkte hinsichtlich der zuständigen Gerichtsbarkeit oder des anwendbaren Rechts vorsieht (s. oben die Anmerkungen zu Artikel 10). Nach Artikel 20 Abs. 3 Buchstabe a braucht sich der Staat einem Urteil also nicht zu unterwerfen, wenn das Gericht seine Zuständigkeit auf Vorschriften stützt, die dem Recht des verurteilten Staates fremd sind. Bei der Beurteilung dieser Frage sind allerdings die in der Anlage zu dem Übereinkommen aufgeführten "exorbitanten" Gerichtsstände nicht zu berücksichtigen. Dasselbe gilt, wenn die Gerichte des Staates, der sich dem Urteil unterwerfen soll, nach internationalem Privatrecht zu einem anderen Ergebnis in der Sache gekommen wären (Absatz 3 Buchstabe b).
Für die zugunsten eines Staates gegen Privatpersonen gefällten Entscheidungen gelten die allgemeinen Vorschriften über deren Anerkennung und Vollstreckung.
Zu Artikel 21
Kommt ein Vertragsstaat der Verpflichtung aus Artikel 20 nicht nach, eine gegen ihn ergangene Entscheidung zu erfüllen, so kann die Partei, die sich auf das Urteil beruft, vor dem zuständigen Gericht dieses Staates auf Feststellung darüber klagen, ob das Urteil erfüllt werden muß. Dieses Feststellungsverfahren kann von jeder Person, die aus dem Urteil unmittelbar Rechte für sich ableitet, von dem Zeitpunkt an eingeleitet werden, zu dem ein rechtskräftiges Urteil vorliegt. Eine Frist für die Anrufung des Gerichts ist ebensowenig wie für die Erfüllung des Urteils selbst vorgesehen.
Absatz 2 enthält die für Verträge über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile übliche Regelung.
Absatz 3 soll der auf Feststellung klagenden Partei möglichst weitgehende Verfahrenserleichterungen gewähren. Die Feststellungsklage ist im streitigen Verfahren nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung mit den sich aus Absatz 3 ergebenden Besonderheiten durchzufahren.
Zur Feststellung, ob die Bundesrepublik Deutschland eine ausländische Entscheidung gemäß Artikel 20 zu erfüllen hat, soll das Landgericht am Sitz der Bundesregierung ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig sein. Eine entsprechende Erklärung wird gegenüber dem Generalsekretär des Europarats gemäß Artikel 21 Abs. 4 abgegeben.
Zu Artikel 22
Artikel 22 trifft eine Sonderregelung für Vergleiche. Diese sind im Hinblick auf ihre Abschlußfreiheit den Einwänden des Artikels 20 entzogen (Absatz 1), während das Feststellungsverfahren nach Artikel 21 bei Vergleichen ebenfalls anwendbar ist (Absatz 2).
Zu Artikel 23
Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Vermögenswerte ausländischer Staaten gegen Vollstreckungsmaßnahmen geschützt sind, ist in den Mitgliedstaaten des Europarats nicht einheitlich geregelt. Einige Staaten betrachten das Verbot der Zwangsvollstreckung in Vermögenswerte eines fremden Staates als Norm des Völkerrechts, in anderen Staaten ist die Zwangsvollstreckung in Vermögenswerte ausländischer Staaten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, andererseits auch die Rechte einzelner in ihren Beziehungen zu Staaten weitgehend zu schützen, ist die Verpflichtung der Staaten, sich einem Urteil zu unterwerfen (Artikel 20), mit der Bestimmung verknüpft worden (Artikel 23), daß in einem Vertragsstaat weder die Zwangsvollstreckung noch Zwangsmaßnahmen zur Sicherung einer künftigen Zwangsvollstreckung gegen das Vermögen eines anderen Vertragsstaats zulässig sind, es sei denn, der Staat hat dem ausdrücklich zugestimmt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Vermögen hoheitlichen Zwecken gewidmet oder für privatwirtschaftliche Geschäfte des Staates bestimmt ist.
Die Regelung des Artikels 23 schränkt den Rechtsschutz gegenüber ausländischen Staaten in gewissem Umfang ein. Im gesamten Bereich der acta iure gestionis kann heute vor einem deutschen Gericht gegen einen ausländischen Staat geklagt werden, vorausgesetzt, daß nach deutschem Verfahrensrecht die internationale Zuständigkeit gegeben ist; ein in einem solchen Verfahren ergangenes Urteil kann nach der heutigen Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland auch vollstreckt werden, es sei denn, daß das Vermögen des ausländischen Staates im Inland hoheitlichen Zwecken gewidmet ist. Während für das Erkenntnisverfahren nach dem Übereinkommen der bisherige Rechtszustand aufrechterhalten wird, indem die Bundesrepublik von der durch Artikel 24 gegebenen Möglichkeit Gebrauch macht (vgl. die Anmerkungen zu Artikel 24), ist dies auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung nur in begrenztem Umfang der Fall. Denn die Vollstreckbarkeit gegen einen Staat gerichteter Entscheidungen eines ausländischen Gerichts ist - vorbehaltlich des in Artikel 26 Bestimmten (vgl. Bemerkungen dort) - grundsätzlich ausgeschlossen. Die Einschränkung der Vollstreckbarkeit kann hingenommen werden, da auf Grund der engen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats davon ausgegangen werden kann, daß sich die Vertragsstaaten einem gegen sie ergangenen Gerichtsurteil unterwerfen werden.
Zu Artikel 24
Vertragsstaaten, die wie die Bundesrepublik Deutschland der Theorie von der relativen Staatenimmunität folgen, können von der starren Regelung des Artikels 15 abweichen und gegenüber dem Generalsekretär des Europarats eine Erklärung dahin abgeben, daß ihre Gerichte befugt sind, über die Fälle der Artikel 1 bis 13 hinaus in Verfahren gegen einen anderen Vertragsstaat in demselben Ausmaß wie in Verfahren gegen Nichtvertragsstaaten zu entscheiden. Allerdings läßt diese Erklärung die Immunität von der Gerichtsbarkeit unberührt, die fremde Staaten hinsichtlich der in Ausübung der Hoheitsgewalt vorgenommenen Handlungen (acta iure imperii) genießen. Außerdem können die Gerichte eines Staates, der diese Erklärung abgegeben hat, in Verfahren außerhalb des Anwendungsbereichs der Artikel 1 bis 13 dieses Übereinkommens dann nicht entscheiden, wenn ihre Gerichtsbarkeit allein auf einer der sogenannten exorbitanten Zuständigkeiten beruht, die in der Anlage zu dem Übereinkommen aufgeführt sind. Das Vollstreckungsverbot des Artikels 23 gilt - mit der Einschränkung nach Artikel 26 - auch in dem gemäß Artikel 24 ausgeweiteten Bereich.
Es ist beabsichtigt, für die Bundesrepublik Deutschland eine entsprechende Erklärung abzugeben. Die wesentliche Bedeutung des Übereinkommens besteht darin, die Rechtsstellung von Privatpersonen in ihren Beziehungen zu ausländischen Staaten zu verbessern, indem eindeutig festgelegt wird, für welche Handlungen Staaten keine Immunität beanspruchen können. Das bedeutet aber nicht, daß Staaten bei allen von den Artikeln 1 bis 13 des Übereinkommens nicht erfaßten Handlungen ohne weiteres Immunität von der Gerichtsbarkeit beanspruchen können. Die Erklärung nach Artikel 24 erlaubt vielmehr den Vertragsstaaten, ihre Rechtsprechung auf der Grundlage der Theorie von der relativen Staatenimmunität fortzuentwickeln. Die von der Bundesrepublik Deutschland abzugebende Erklärung soll vor allem in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten (vgl. Artikel 5) die bisherige Entscheidungsbefugnis der Gerichte der Bundesrepublik gegenüber ausländischen Staaten in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeber in demselben Ausmaß wie bisher erhalten.
Zu Artikel 25
Diese Vorschrift setzt die Bedingungen fest, unter denen Staaten, die eine Erklärung nach Artikel 24 abgegeben haben, sich in anderen als den in den Artikeln 1 bis 13 des Übereinkommens genannten Fällen einem gegen sie ergangenen Urteil zu unterwerfen haben. Danach muß das ausländische Urteil formell rechtskräftig sein (Artikel 20 Abs. 1 Buchstabe b) und das Gericht zuständig gewesen sein. Als zuständig in diesem Sinne ist ein Gericht dann anzusehen (Artikel 25 Abs. 2), wenn zwischen Gerichtsstaat und beklagtem Staat eine Vereinbarung besteht, welche die gegenseitige Anerkennung bestimmter Gründe für die Rechtsprechungsbefugnis vorsieht (Absatz 3 Buchstabe a), oder wenn bei Fehlen einer solchen Vereinbarung das Gericht auch dann zuständig gewesen wäre, wenn es die im beklagten Staat geltenden Zuständigkeitsregeln - mit Ausnahme der in der Anlage zu dem Übereinkommen genannten - entsprechend angewandt hätte (Absatz 3 Buchstabe b). Letzteres gilt allerdings nicht für den Bereich des Vertragsrechts (Absatz 3 Buchstabe b letzter Satz); hier findet Artikel 4 des Übereinkommens Anwendung.
Gemäß Artikel 25 Abs. 2 ist ein Vertragsstaat jedoch dann nicht verpflichtet, die Entscheidung eines Gerichts eines anderen Vertragsstaats, die aufgrund einer Erklärung nach Artikel 24 ergangen ist, zu erfüllen, wenn einer der Ablehnungsgründe des Artikels 20 Abs. 2 vorliegt oder die Zuständigkeit des Gerichts nur auf einem oder mehreren der in der Anlage zu diesem Übereinkommen bezeichneten Gründe beruht, es sei denn, der beklagte Vertragsstaat hat sich zur Hauptsache eingelassen, ohne die Einrede der mangelnden Zuständigkeit des Gerichts erhoben zu haben.
Absatz 4 gibt den Vertragsstaaten die Möglichkeit, in einer Zusatzvereinbarung zu dem Übereinkommen über das Zuständigkeitserfordernis im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe b nähere Festlegungen zu treffen.
Absatz 5 stellt klar, daß von dem in Artikel 21 vorgesehenen Feststellungsverfahren auch in den Fällen Gebrauch gemacht werden kann, in denen Entscheidungen aufgrund des Artikels 24 ergangen sind.
Zu Artikel 26
Artikel 26 stellt eine Ausnahmeregelung zu Artikel 23 dar. Unter bestimmten Voraussetzungen können im Gerichtsstaat Vollstreckungsmaßnahmen gegen ausschließlich für eine gewerbliche oder kaufmännische Tätigkeit verwendete Vermögenswerte fremder Staaten ergriffen werden, wenn sich das Verfahren auf eine solche Tätigkeit des fremden Staates bezieht und beide Staaten die Erklärung nach Artikel 24 abgegeben haben. Insoweit können auch Maßnahmen zur Sicherung einer späteren Zwangsvollstreckung ergriffen werden.
Zu Artikel 27
Artikel 27, der den persönlichen Geltungsbereich des Übereinkommens behandelt, gibt keine positive Begriffsbestimmung des "Vertragsstaats", sondern bestimmt negativ, daß Einrichtungen eines Vertragsstaats, die selbständig neben dessen Verwaltungsorganen bestehen und selbständig klagen oder verklagt werden können, selbst dann nicht als Vertragsstaaten angesehen werden, wenn sie mit hoheitlichen Aufgaben betraut sind. Solche Rechtsträger können insbesondere Gebietskörperschaften - vorbehaltlich der Klausel in Artikel 28 -, Notenbanken, Bahn- und Postverwaltung u. a. sein oder auch Zweckverbände ohne bestimmte territoriale Beziehung (öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Stiftungen). Jedoch räumt Absatz 2 solchen Einrichtungen für ihr hoheitliches Handeln eine Immunität ratione materiae ein, indem bestimmt wird, daß sie dann nicht vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaats wie eine Privatperson in Anspruch genommen werden könne, wenn sie in Ausübung einer ihr zustehenden Hoheitsgewalt gehandelt haben. Artikel 27 Abs. 2, 2. Halbsatz ist auf Sicherungs- und Zwangsvollstreckungsverfahren entsprechend anzuwenden, da der Immunitätsschutz in diesen Verfahren nicht geringer sein kann als im Erkenntnisverfahren. Absatz 3 stellt klar, daß eine Körperschaft keine günstigere Behandlung erfahren kann als ein Vertragsstaat.
Zu Artikel 28
Gliedstaaten eines Bundesstaates genießen nach dem Übereinkommen grundsätzlich keine Immunität. Da sie jedoch in eigener Zuständigkeit eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen, die in Einzelstaaten entweder von der Zentralregierung selbst oder von den ihr unterstellten Behörden wahrgenommen werden, kann gemäß Absatz 2 gegenüber dem Generalsekretär des Europarats eine Erklärung dahin abgegeben werden, daß für die Zwecke des Übereinkommens Gliedstaaten eines Bundesstaates dieselben Rechte und Pflichten haben sollen wie ein Vertragsstaat.
Die Bundesrepublik Deutschland als Bundesstaat wird - ebenso wie dies die Republik Österreich getan hat - eine solche Erklärung abgeben.
Zu Artikeln 29 bis 32
Diese Bestimmungen präzisieren den Anwendungsbereich des Übereinkommens.
Das Übereinkommen findet im wesentlichen auf zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Privatpersonen und fremden Staaten Anwendung. Verfahren, welche die in Artikel 29 genannten Bereiche betreffen, sind vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen.
Artikel 30 schließt solche Verfahren aus, die vom Brüsseler Abkommen vom 10. April 1926 zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunitäten der Staatsschiffe (RGBI. 1927 II S. 483) und dessen Zusatzprotokoll vom 24. Mai 1934 (RGBI. 1936 II S. 303) erfaßt werden.
Artikel 31 stellt klar, daß das Übereinkommen nicht zur Lösung von Fragen herangezogen werden kann, die sich zwischen Staaten aus der Stationierung von Truppen ergeben können. Im allgemeinen sind hierfür Sondervereinbarungen getroffen.
Artikel 32 stellt klar, daß im Falle eines Widerspruchs zwischen dem vorliegenden Übereinkommen und den Bestimmungen der Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl. 1964 II S. 957, 1005 und 1018) und vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl. 1969 II S. 1585, 1674, 1688) letztere den Vorrang haben. Das Übereinkommen berührt die diplomatische und konsularische Immunität weder unmittelbar noch mittelbar.
Zu Artikel 33
Artikel 33 regelt das Verhältnis zwischen dem Übereinkommen sowie zweiseitigen und anderen mehrseitigen Verträgen über den Gerichtsstand und die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen.
Die Verfasser des Übereinkommens gingen davon aus, daß bei Verfahren, die ein Staat gegen eine Privatperson anhängig macht und bei Urteilen, die zugunsten eines Staates gegen eine Privatperson gefällt werden, die zweiseitigen und die anderen mehrseitigen Übereinkünfte für besondere Rechtsgebiete vorgehen.
Handelt es sich um ein gegen einen Staat angestrengtes Verfahren oder ein gegen einen Staat ergangenes Urteil, so gilt folgendes: Grundsätzlich geht das vorliegende Übereinkommen nach der Regel "lex specialis derogat legi generali" vor. Übereinkommen hingegen, die sich im Rahmen der Regelung spezieller Rechtsgebiete besonders, d. h. anders als in allgemeiner Form, mit der Staatenimmunität befassen, sowie Vorschriften in solchen Übereinkommen, die sich auf einen Staat als Prozeßpartei oder auf die Vollstreckung von Urteilen durch Staaten beziehen, bleiben unberührt; die entsprechenden Regelungen gehen also denen dieses Übereinkommens vor. Zu solchen Übereinkünften "für besondere Rechtsgebiete" gehört beispielsweise das Europäische Übereinkommen vom 20. April 1959 über die obligatorische Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge (BGBl. 1965 Il S. 281 - Artikel 7).
Zu Artikel 34
Für Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten über die Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens ist gemäß Absatz 1 der Internationale Gerichtshof in Den Haag zuständig. Diese Regelung entspricht Artikel 1 Buchstabe b des Europäischen Übereinkommens vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten (BGBl. 1961 II S. 81). Der Internationale Gerichtshof kann jedoch nicht wegen einer vor einem innerstaatlichen Gericht anhängigen Streitigkeit angerufen werden - sei es ein Verfahren zur Sache selbst zwischen einer Privatperson und einem Vertragsstaat (Absatz 2 Buchstabe a) oder ein Verfahren zur Feststellung der Verpflichtung, sich einem Urteil zu unterwerfen (Absatz 2 Buchstabe b) -, bevor das innerstaatliche Gericht eine rechtskräftige Entscheidung gefällt hat (vgl. die ähnliche Regelung in Artikel 29 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens vom 29. April 1957 zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten).
Zu Artikel 35
Das Übereinkommen ist aus Gründen der Rechtssicherheit auf solche Verfahren nicht anwendbar, die bei dessen Inkrafttreten bereits anhängig waren oder die sich auf ein vor dem 16. Mai 1972 liegendes Ereignis beziehen.
Zu den Artikeln 36 bis 41
Die Artikel 36 bis 41 enthalten die für Übereinkommen im Rahmen des Europarats üblichen Schlußklauseln. Dem Übereinkommen können unter den in Artikel 37 genannten Voraussetzungen auch Nichtmitgliedstaaten des Europarats beitreten. Vorbehalte zu dem Übereinkommen sind nicht zugelassen (Artikel 39).