veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 21.12.2007, L 339/27 ff.
PROTOKOLL 2
über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen
Ausschuss
PRÄAMBEL
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
GESTÜTZT AUF Artikel 75 des Übereinkommens,
IN ANBETRACHT der sachlichen Verknüpfung zwischen diesem
Übereinkommen, dem Lugano-Übereinkommen von 1988und den in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten
Rechtsinstrumenten,
IN DER ERWÄGUNG, dass der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften für Entscheidungen über die Auslegung der in
Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten
Rechtsinstrumente zuständig ist,
IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Übereinkommen Teil des
Gemeinschaftsrechts wird und der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften deshalb für Entscheidungen über die Auslegung dieses
Übereinkommens in Bezug auf dessen Anwendung
durch die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft
zuständig ist,
IN KENNTNIS der bis zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens
ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften über die Auslegung der in Artikel 64
Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten
Rechtsinstrumente und der bis zur Unterzeichnung dieses
Übereinkommens ergangenen Entscheidungen der Gerichte der
Vertragsparteien des Lugano-Übereinkommens von 1988 über die
Auslegung des letzteren Übereinkommens,
IN DER ERWÄGUNG, dass sich die gleichzeitige Revision des
Lugano-Übereinkommens von 1988 und des Brüsseler
Übereinkommens von 1968, die zum Abschluss eines revidierten Texts
dieser Übereinkommen geführt hat, sachlich auf die
vorgenannten Entscheidungen zu dem Brüsseler Übereinkommen und dem
Lugano-Übereinkommen stützte,
IN DER ERWÄGUNG, dass der revidierte Text des Brüsseler
Übereinkommens nach Inkrafttreten des Vertrags von
Amsterdam in die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Eingang gefunden hat,
IN DER ERWÄGUNG, dass dieser revidierte Text auch die Grundlage für
den Text dieses Übereinkommens war,
IN DEM BESTREBEN, bei voller Wahrung der Unabhängigkeit der Gerichte
voneinander abweichende Auslegungen zu
vermeiden und zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der
Bestimmungen dieses Übereinkommens und der
Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, die in ihrem
wesentlichen Gehalt in das vorliegende Übereinkommen
übernommen worden sind, sowie der anderen in Artikel 64 Absatz 1
dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente zu gelangen -
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
(1) Jedes Gericht, das dieses Übereinkommen anwendet und auslegt,
trägt den Grundsätzen gebührend
Rechnung, die in maßgeblichen Entscheidungen von Gerichten der durch
dieses Übereinkommen gebundenen
Staaten sowie in Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften zu den Bestimmungen
dieses Übereinkommens oder zu ähnlichen Bestimmungen des
Lugano-Übereinkommens von 1988 und der
in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten
Rechtsinstrumente entwickelt worden sind.
(2) Für die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen
Gemeinschaft gilt die Verpflichtung in Absatz 1
unbeschadet ihrer Verpflichtungen gegenüber dem Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften, wie sie sich
aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder aus
dem am 19. Oktober 2005 in Brüssel
unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und
dem Königreich Dänemark über
die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung
von Entscheidungen in Zivil- und
Handelssachen ergeben.
Jeder durch dieses Übereinkommen gebundene Staat, der kein
Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft
ist, hat das Recht, gemäß Artikel 23 des Protokolls über die Satzung
des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften Schriftsätze einzureichen oder schriftliche
Erklärungen abzugeben, wenn ein Gericht eines
Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft dem Gerichtshof eine
Frage über die Auslegung dieses
Übereinkommens oder der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens
genannten Rechtsinstrumente zur
Vorabentscheidung vorlegt.
(1) Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften richtet ein
System für den Austausch von
Informationen über die Entscheidungen ein, die in Anwendung dieses
Übereinkommens sowie des Lugano-Übereinkommens
von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens
genannten
Rechtsinstrumente ergangen sind. Dieses System ist öffentlich
zugänglich und enthält Entscheidungen
letztinstanzlicher Gerichte sowie des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften und andere besonders
wichtige, rechtskräftig gewordene Entscheidungen, die in Anwendung
dieses Übereinkommens, des Lugano-Übereinkommens
von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens
genannten
Rechtsinstrumente ergangen sind. Die Entscheidungen werden
klassifiziert und mit einer Zusammenfassung
versehen.
Die zuständigen Behörden der durch dieses Übereinkommen gebundenen
Staaten übermitteln der
Kommission auf der Grundlage dieses Systems die von den Gerichten
dieser Staaten erlassenen vorgenannten
Entscheidungen.
(2) Der Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
wählt die für die Anwendung des
Übereinkommens besonders interessanten Fälle aus und legt diese
gemäß Artikel 5 auf einer Sitzung der
Sachverständigen vor.
(3) Bis die Europäischen Gemeinschaften das System im Sinne von
Absatz 1 eingerichtet haben, behält der
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften das System für den
Austausch von Informationen über die in
Anwendung dieses Übereinkommens sowie des Lugano-Übereinkommens von
1988 ergangenen Entscheidungen
bei.
(1) Es wird ein Ständiger Ausschuss eingesetzt, der aus den
Vertretern der Vertragsparteien besteht.
(2) Auf Antrag einer Vertragspartei beruft der Verwahrer des
Übereinkommens Sitzungen des Ausschusses
ein zu einer Konsultation über das Verhältnis zwischen diesem
Übereinkommen und anderen internationalen
Rechtsinstrumenten; einer Konsultation über die Anwendung des Artikels 67
einschließlich des beabsichtigten Beitritts zu Rechtsinstrumenten über ein besonderes Rechtsgebiet im Sinne von
Artikel 67 Absatz 1 und
Rechtsetzungsvorschlägen gemäß dem Protokoll 3; der Erwägung des Beitritts neuer Staaten. Der Ausschuss kann an
beitretende Staaten im Sinne von
Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c insbesondere Fragen über ihr
Justizsystem und die Umsetzung dieses
Übereinkommens richten. Der Ausschuss kann auch Anpassungen dieses
Übereinkommens in Betracht
ziehen, die für dessen Anwendung in den beitretenden Staaten
notwendig sind; der Aufnahme neuer verbindlicher Sprachfassungen nach Artikel 73
Absatz 3 des Übereinkommens und
den notwendigen Änderungen des Anhangs VIII; einer Konsultation über eine Revision des Übereinkommens gemäß
Artikel 76; einer Konsultation über Änderungen der Anhänge I bis IV und des
Anhangs VII gemäß Artikel 77
Absatz 1; der Annahme von Änderungen der Anhänge V und VI gemäß Artikel 77
Absatz 2; der Rücknahme von Vorbehalten und Erklärungen der Vertragsparteien
nach Protokoll 1 und
notwendigen Änderungen des Anhangs IX.
(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung mit Regeln für
seine Arbeitsweise und Beschlussfassung.
Darin ist auch die Möglichkeit vorzusehen, dass Konsultation und
Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren
erfolgen.
(1) Der Verwahrer kann im Bedarfsfall eine Sitzung der
Sachverständigen zu einem Meinungsaustausch über
die Wirkungsweise des Übereinkommens einberufen, insbesondere über
die Entwicklung der Rechtsprechung
und neue Rechtsvorschriften, die die Anwendung des Übereinkommens
beeinflussen können.
(2) An der Sitzung nehmen Sachverständige der Vertragsparteien, der
durch dieses Übereinkommen
gebundenen Staaten, des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften
und der Europäischen Freihandelsassoziation
teil. Die Sitzung steht weiteren Sachverständigen offen, deren
Anwesenheit zweckdienlich
erscheint.
(3) Probleme, die sich bei der Anwendung des Übereinkommens stellen,
können dem Ständigen Ausschuss
gemäß Artikel 4 zur weiteren Behandlung vorgelegt werden. |