VERORDNUNG (EU)
2019/1111 DES RATES
vom 25. Juni 2019
über die
Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in
Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über
internationale Kindesentführungen
(Neufassung)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der
Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81 Absatz 3,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die
nationalen Parlamente,
nach den Stellungnahmen des Europäischen Parlaments (1),
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und
Sozialausschusses (2),
gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)
Die Kommission hat am 15. April 2014 einen
Bericht über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates (3) angenommen. Darin wurde festgestellt, dass die
Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 zwar ein gut funktionierendes Instrument und mit
einem deutlichen Nutzen für die Bürger verbunden ist, die geltenden
Vorschriften aber verbessert werden könnten. Eine Reihe von Änderungen müssen
an der Verordnung vorgenommen werden. Aus Gründen der Klarheit sollte eine
Neufassung jener Verordnung erstellt werden.
(2)
Mit dieser Verordnung werden einheitliche
Zuständigkeitsregeln für die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des
Ehebandes und die Ungültigerklärung einer Ehe sowie für grenzüberschreitende
Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung festgelegt. Sie erleichtert
den Verkehr von Entscheidungen sowie von öffentlichen Urkunden und bestimmten
Vereinbarungen in der Union, indem sie Bestimmungen über deren Anerkennung und
Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten festlegt. Ferner präzisiert diese
Verordnung das Recht des Kindes, in Verfahren, von denen es betroffen ist, die
Gelegenheit zur Meinungsäußerung zu erhalten, und sie enthält einige
Bestimmungen zur Ergänzung des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über
die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden
"Haager Übereinkommen von 1980") in den Beziehungen zwischen den
Mitgliedstaaten. Daher sollte diese Verordnung dazu beitragen, die Rechtssicherheit
zu stärken und die Flexibilität zu erhöhen, den Zugang zu Gerichtsverfahren zu
verbessern und effizientere Verfahren zu gewährleisten.
(3)
Das reibungslose und ordnungsgemäße
Funktionieren der Union als Raum des Rechts, in dem die unterschiedlichen
Rechtssysteme und -traditionen geachtet werden, ist für die Union von
entscheidender Bedeutung. In dieser Hinsicht sollte das gegenseitige Vertrauen
in die jeweiligen Rechtssysteme weiter ausgebaut werden. Die Union hat sich die
Schaffung, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung eines Raums der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts zum Ziel gesetzt, in dem der freie
Personenverkehr und der Zugang zur Justiz gewährleistet sind. Zur
Verwirklichung dieses Ziels sollten die Rechte von Personen, insbesondere
Kindern, in rechtlichen Verfahren gestärkt werden, um die Zusammenarbeit
zwischen Justiz- und Verwaltungsbehörden sowie die Vollstreckung von
Entscheidungen in Familiensachen mit grenzüberschreitendem Bezug zu
erleichtern. Die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen in Zivilsachen
sollte verstärkt, der Zugang zur Justiz vereinfacht und der
Informationsaustausch zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten verbessert
werden.
(4)
Hierzu erlässt die Union unter anderem Maßnahmen
im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit
grenzüberschreitendem Bezug, insbesondere wenn diese für das reibungslose
Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Der Begriff
"Zivilsachen" sollte im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden "Gerichtshof")
autonom ausgelegt werden. Er sollte als autonomer Begriff angesehen werden, bei
dessen Auslegung erstens die Ziele und die Systematik dieser Verordnung und
zweitens die allgemeinen Rechtsgrundsätze, die sich aus der Gesamtheit der
nationalen Rechtsordnungen ergeben, berücksichtigt werden müssen. Der Begriff
"Zivilsachen" sollte daher dahingehend ausgelegt werden, dass er auch
Maßnahmen umfassen kann, die in der Rechtsordnung eines Mitgliedstaats
möglicherweise dem öffentlichen Recht unterliegen. Er sollte insbesondere alle
Anträge, Maßnahmen oder Entscheidungen in Verfahren betreffend die
"elterliche Verantwortung" im Sinne dieser Verordnung gemäß ihrer
Ziele abdecken.
(5)
Diese Verordnung umfasst
"Zivilsachen", wobei dieser Begriff zivilgerichtliche Verfahren und
die sich daraus ergebenden Entscheidungen sowie öffentliche Urkunden und
bestimmte außergerichtliche Vereinbarungen in Ehesachen und in Sachen der
elterlichen Verantwortung einschließt. Darüber hinaus sollte der Begriff
"Zivilsachen" Anträge, Maßnahmen oder Entscheidungen sowie
öffentliche Urkunden und bestimmte außergerichtliche Vereinbarungen über die
Rückgabe eines Kindes nach dem Haager Übereinkommen von 1980 umfassen, die
entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs und im Einklang mit Artikel 19
des Haager Übereinkommens von 1980 keine Hauptsacheverfahren betreffend die
elterliche Verantwortung darstellen, mit diesen aber eng verbunden sind und von
bestimmten Vorschriften dieser Verordnung erfasst werden.
(6)
Zur Erleichterung des Verkehrs von
Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung sowie von öffentlichen Urkunden und bestimmten Vereinbarungen in
Ehesachen und in Sachen der elterlichen Verantwortung ist es notwendig und
angemessen, dass die Vorschriften über die Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen durch ein Rechtsinstrument auf Unionsebene
geregelt werden, das verbindlich ist und unmittelbar gilt.
(7)
Um die Gleichbehandlung aller Kinder
sicherzustellen, sollte diese Verordnung für alle Entscheidungen über die
elterliche Verantwortung gelten, einschließlich der Maßnahmen zum Schutz des
Kindes, ohne Rücksicht darauf, ob eine Verbindung zu Verfahren in Ehesachen
oder anderen Verfahren besteht.
(8)
Da die Anwendung der Vorschriften über die
elterliche Verantwortung in Ehesachen häufig zum Tragen kommt, empfiehlt es
sich jedoch, Ehesachen und die elterliche Verantwortung in einem einzigen
Rechtsakt zu regeln.
(9)
Bezüglich Entscheidungen über die Ehescheidung,
die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe
sollte diese Verordnung nur für die Auflösung einer Ehe gelten. Sie sollte
nicht für Fragen wie die Scheidungsgründe, das Ehegüterrecht oder sonstige mögliche
Nebenaspekte gelten. Entscheidungen über die Verweigerung der Auflösung des
Ehebandes sollten nicht unter die die Anerkennung betreffenden Bestimmungen
dieser Verordnung fallen.
(10)
Bezüglich des Vermögens des Kindes sollte diese
Verordnung nur für Maßnahmen zum Schutz des Kindes gelten, und zwar für die
Bestimmung und den Aufgabenbereich einer Person oder Stelle, die damit betraut
ist, das Vermögen des Kindes zu verwalten, das Kind zu vertreten und ihm
beizustehen, und für Maßnahmen bezüglich der Verwaltung und Erhaltung des
Vermögens des Kindes oder der Verfügung darüber. In diesem Zusammenhang sollte
diese Verordnung beispielsweise für die Fälle gelten, in denen Gegenstand des
Verfahrens die Bestimmung einer Person oder Stelle ist, die das Vermögen des
Kindes verwaltet. Das Vermögen des Kindes betreffende Maßnahmen, die nicht den
Schutz des Kindes betreffen, sollten weiterhin unter die Verordnung (EU) Nr.
1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (4)
fallen. Die Anwendung der Bestimmungen der vorliegenden Verordnung über die
Zuständigkeit in Vorfragen sollte in diesen Fällen jedoch möglich sein.
(11)
Jede Art von Unterbringung eines Kindes in
Pflege, also bei einer oder mehreren Privatpersonen gemäß den nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren, oder in einem Heim, beispielsweise in einem
Waisenhaus oder in einem Kinderheim, in einem anderen Mitgliedstaat sollte in
den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, wenn sie nicht ausdrücklich
ausgeschlossen ist, wie dies zum Beispiel bei der Unterbringung im Hinblick auf
eine Adoption, der Unterbringung bei einem Elternteil oder gegebenenfalls bei
einem anderen nahen Verwandten gemäß der Erklärung des Aufnahmemitgliedstaats
der Fall ist. Infolgedessen sollten "Unterbringungen aus erzieherischen
Gründen", die von einem Gericht angeordnet oder von einer zuständigen
Behörde mit Zustimmung oder auf Antrag der Eltern oder des Kindes infolge eines
Problemverhaltens des Kindes veranlasst werden, einbezogen sein. Ausgeschlossen
sein sollte nur eine Unterbringung aus erzieherischen Gründen oder als
Strafmaßnahme, die aufgrund einer Handlung des Kindes angeordnet oder
veranlasst wurde, die, wenn sie von einem Erwachsenen begangen worden wäre,
nach nationalem Strafrecht als strafbare Handlung eingestuft werden könnte,
unabhängig davon, ob dies im speziellen Fall zu einer Verurteilung führen
könnte.
(12)
Diese Verordnung sollte weder für die
Feststellung des Eltern-Kind-Verhältnisses, da es sich dabei um eine von der
Übertragung der elterlichen Verantwortung gesonderte Frage handelt, noch für
sonstige Fragen im Zusammenhang mit dem Personenstand gelten.
(13)
Unterhaltspflichten sind vom Anwendungsbereich
der vorliegenden Verordnung ausgenommen, da diese Pflichten bereits durch die
Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates (5)
geregelt werden. Neben den Gerichten für den Ort, an dem der Antragsgegner oder
die berechtigte Person seinen/ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, sollten die
nach der vorliegenden Verordnung für Ehesachen zuständigen Gerichte in
Anwendung des Artikels 3 Buchstabe c der genannten Verordnung in der Regel in
Nebensachen für Entscheidungen in ehelichen oder nachehelichen Unterhaltssachen
zuständig sein. Die nach der vorliegenden Verordnung für Verfahren betreffend
die elterliche Verantwortung zuständigen Gerichte sind in Anwendung des
Artikels 3 Buchstabe d der genannten Verordnung in der Regel in Nebensachen für
Entscheidungen in Kindesunterhaltssachen zuständig.
(14)
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte
der Begriff "Gericht" so weit aufgefasst werden, dass er auch
Verwaltungsbehörden oder andere Behörden wie Notare einschließt, die in
bestimmten Ehesachen oder Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung die
Zuständigkeit wahrnehmen. Jede vom Gericht nach einer Prüfung in der Sache nach
dem nationalen Recht und nach dem nationalen Verfahren gebilligte Vereinbarung
sollte als "Entscheidung" anerkannt oder vollstreckt werden. Anderen
Vereinbarungen, die im Ursprungsmitgliedstaat nach dem förmlichen Tätigwerden
einer Behörde oder einer anderen von einem Mitgliedstaat für diesen Zweck der
Kommission mitgeteilten Stelle verbindliche Rechtswirkung erlangen, sollte in
anderen Mitgliedstaaten im Einklang mit den besonderen Bestimmungen dieser
Verordnung über öffentliche Urkunden und Vereinbarungen Wirkung verliehen
werden. Diese Verordnung sollte nicht den freien Verkehr rein privater
Vereinbarungen erlauben. Vereinbarungen, bei denen es sich nicht um eine
Entscheidung oder eine öffentliche Urkunde handelt, die aber von einer hierzu
befugten Behörde registriert wurden, sollten verkehren dürfen. Zu diesen
Behörden könnten auch Notare gehören, die Vereinbarungen registrieren, auch
wenn sie freiberuflich tätig sind.
(15)
In Bezug auf eine "öffentliche
Urkunde" ist der Begriff "Ermächtigung" in dieser Verordnung
autonom in Einklang mit der Definition des in anderen Rechtsinstrumenten der
Union durchgängig verwendeten Begriffs "öffentliche Urkunde" und in
Anbetracht der Zwecke dieser Verordnung auszulegen.
(16)
Auch wenn Rückgabeverfahren nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 keine Hauptsacheverfahren betreffend die elterliche
Verantwortung sind, sollten Entscheidungen, in denen nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 die Rückgabe eines Kindes in einen anderen Mitgliedstaat
angeordnet wird und die aufgrund einer späteren, nach der Anordnung der
Rückgabe erfolgten Entführung in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden
müssen, nach Kapitel IV dieser Verordnung anerkannt und vollstreckt werden. Die
Möglichkeit, wegen der späteren Entführung ein neues Verfahren im Hinblick auf
die Rückgabe des Kindes nach dem Haager Übereinkommen von 1980 einzuleiten,
bleibt davon unberührt. Ferner sollte diese Verordnung weiterhin für andere
Aspekte in Fällen des widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens eines
Kindes gelten, so zum Beispiel die Bestimmungen über die gerichtliche
Zuständigkeit des Gerichts des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts und
die Bestimmungen über die Anerkennung und Vollstreckung aller von diesem
Gericht erlassenen Anordnungen.
(17)
Diese Verordnung sollte wie das Haager
Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende
Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (im
Folgenden "Haager Übereinkommen von 1996") für alle Kinder bis zum
Alter von 18 Jahren gelten, auch in den Fällen, in denen sie aufgrund des für
sie maßgeblichen Personenstandsrechts vorher geschäfts- und handlungsfähig
geworden sein sollten, weil sie beispielsweise infolge einer Eheschließung
mündig geworden sind. Hierdurch sollten eine Überschneidung mit dem
Anwendungsbereich des Haager Übereinkommens vom 13. Januar 2000 über den
internationalen Schutz von Erwachsenen, das für Personen ab einem Alter von 18
Jahren gilt, und zugleich Lücken zwischen diesen beiden Rechtsinstrumenten
vermieden werden. Das Haager Übereinkommen von 1980 und folglich auch Kapitel
III dieser Verordnung, die die Anwendung des Haager Übereinkommens von 1980 im
Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten ergänzt, sollten weiterhin für Kinder
bis zum Alter von 16 Jahren gelten.
(18)
Für die Zwecke dieser Verordnung sollte davon
ausgegangen werden, dass eine Person ein "Sorgerecht" hat, wenn
aufgrund einer Entscheidung oder kraft Gesetzes oder durch eine rechtlich
verbindliche Vereinbarung nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem das Kind
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ein Träger der elterlichen Verantwortung
nicht ohne Zustimmung dieser Person über den Aufenthaltsort des Kindes –
ungeachtet der im nationalen Recht verwendeten Begriffe – entscheiden kann. In
einigen Rechtsordnungen, die die Begriffe "Sorgerecht" und
"Umgang" verwenden, kann dem nicht sorgeberechtigten Elternteil
möglicherweise ein bedeutendes Maß an Verantwortung für das Kind betreffende
Entscheidungen zukommen, die über ein bloßes Umgangsrecht hinausgehen.
(19)
Die Zuständigkeitsvorschriften in Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung wurden dem Wohle des Kindes
entsprechend ausgestaltet und sollten im Einklang damit angewandt werden. Jede
Bezugnahme auf das Kindeswohl sollte vor dem Hintergrund des Artikels 24 der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden "Charta")
und des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die
Rechte des Kindes (im Folgenden "VN-Kinderrechtsübereinkommen") – wie
sie im nationalen Recht und in nationalen Verfahren angewendet werden –
ausgelegt werden.
(20)
Zum Schutz des Kindeswohls sollte sich die
Zuständigkeit in erster Linie nach dem Kriterium der räumlichen Nähe bestimmen.
Die Zuständigkeit sollte folglich dem Mitgliedstaat des gewöhnlichen
Aufenthalts des Kindes vorbehalten sein, außer in bestimmten, in dieser
Verordnung dargelegten Fällen, in denen sich beispielsweise der Aufenthaltsort
des Kindes geändert hat oder die Träger der elterlichen Verantwortung etwas
anderes vereinbart haben.
(21)
Ist noch kein Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung anhängig und ändert sich der gewöhnliche Aufenthalt
des Kindes nach einem rechtmäßigen Umzug, so sollte die Zuständigkeit das Kind
begleiten, damit die räumliche Nähe aufrechterhalten bleibt. Für bereits
anhängige Verfahren rechtfertigen es die Rechtssicherheit und die Effizienz der
Justiz, diese Zuständigkeit so lange aufrechtzuerhalten, bis in den
betreffenden Verfahren eine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist oder die
Verfahren anderweitig abgeschlossen worden sind. Das Gericht, bei dem ein
Verfahren anhängig ist, sollte jedoch unter bestimmten Umständen berechtigt
sein, die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat zu übertragen, in dem das Kind
nach einem rechtmäßigen Umzug lebt.
(22)
Bei einem widerrechtlichen Verbringen oder
Zurückhalten eines Kindes sollten vorbehaltlich einer möglichen
Gerichtsstandsvereinbarung gemäß dieser Verordnung die Gerichte des
Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ihre Zuständigkeit
behalten, bis in einem anderen Mitgliedstaat ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt
begründet wird und einige besondere Bedingungen erfüllt sind. Die
Mitgliedstaaten, die die Zuständigkeit konzentriert haben, sollten in Erwägung
ziehen, dem mit dem Rückgabeantrag nach dem Haager Übereinkommen von 1980
befassten Gericht zu ermöglichen, auch die Zuständigkeit in Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung wahrzunehmen, auf die sich die Parteien
gemäß dieser Verordnung geeinigt oder die sie anerkannt haben, sofern im Laufe
des Rückgabeverfahrens eine Vereinbarung zwischen den Parteien zustande
gekommen ist. Derartige Vereinbarungen sollten Vereinbarungen sowohl über die
Rückgabe als auch über die Nichtrückgabe des Kindes abdecken. Ist die
Nichtrückgabe vereinbart, so sollte das Kind in dem Mitgliedstaat des neuen
gewöhnlichen Aufenthalts bleiben, und die Zuständigkeit für künftige
Sorgerechtsverfahren dort sollte aufgrund des neuen gewöhnlichen Aufenthalts
des Kindes bestimmt werden.
(23)
Unter bestimmten Bedingungen gemäß dieser
Verordnung sollte es möglich sein, die Zuständigkeit in einem Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung auch in einem Mitgliedstaat zu
begründen, in dem ein Verfahren betreffend die Ehescheidung, die Trennung ohne
Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe zwischen den
Eltern anhängig ist, oder in einem anderen Mitgliedstaat, zu dem das Kind eine
wesentliche Bindung hat und auf den sich die Eltern zuvor, und zwar spätestens
zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts, geeinigt haben oder den sie im Laufe
des Verfahrens ausdrücklich anerkannt haben, selbst wenn das Kind seinen
gewöhnlichen Aufenthalt nicht in diesem Mitgliedstaat hat, sofern die
Wahrnehmung dieser Zuständigkeit im Einklang mit dem Kindeswohl steht. Nach der
Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte jede andere Person als die Eltern, die
nach innerstaatlichem Recht Partei des von den Eltern eingeleiteten Verfahrens
ist, als Verfahrenspartei im Sinne dieser Verordnung gelten, und daher sollte
der Einspruch dieser Partei gegen die Wahl des Gerichtsstands durch die Eltern
des betroffenen Kindes nach dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts verhindern,
dass die Zuständigkeit durch alle Parteien des Verfahrens zu diesem Zeitpunkt
anerkannt werden kann. Vor der Ausübung seiner Zuständigkeit aufgrund einer
Gerichtsstandsvereinbarung oder der Anerkennung sollte das Gericht prüfen, ob
diese Vereinbarung oder Anerkennung auf einer freien und in Kenntnis der
Sachlage getroffenen Entscheidung der betreffenden Parteien beruht und nicht
dadurch zustande gekommen ist, dass eine Partei die Zwangslage oder schwache
Position der anderen Partei ausgenutzt hat. Die Anerkennung der gerichtlichen
Zuständigkeit im Laufe des Verfahrens sollte vom Gericht im Einklang mit den
nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren verzeichnet werden.
(24)
Jede vereinbarte oder anerkannte Zuständigkeit
sollte – sofern nichts anderes zwischen den Parteien vereinbart wurde –
erlöschen, sobald gegen eine Entscheidung in jenem genannten Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr
eingelegt werden kann oder das Verfahren aus einem anderen Grund eingestellt
wurde, damit im Hinblick auf etwaige neue künftige Verfahren das Erfordernis
der räumlichen Nähe beachtet wird.
(25)
Wenn der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes
nicht festgestellt werden und die Zuständigkeit aufgrund einer
Gerichtsstandsvereinbarung nicht bestimmt werden kann, sollten die Gerichte des
Mitgliedstaats zuständig sein, in dem sich das Kind befindet. Diese Regel
aufgrund der Anwesenheit sollte auch für Kinder gelten, die Flüchtlinge oder
aufgrund von Unruhen in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthalts ihres
Landes Vertriebene sind. Im Lichte dieser Verordnung in Verbindung mit Artikel
52 Absatz 2 des Haager Übereinkommens von 1996 sollte diese Zuständigkeitsregel
jedoch nur für Kinder gelten, die vor der Vertreibung ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hatten. War der gewöhnliche Aufenthalt des
Kindes vor der Vertreibung in einem Drittstaat, sollte die Zuständigkeitsregel
des Haager Übereinkommens von 1996 für geflüchtete Kinder und ihres Landes
vertriebene Kinder gelten.
(26)
Unter außergewöhnlichen Umständen könnte es
sein, dass ein Gericht des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des
Kindes nicht das am besten geeignete Gericht zur Behandlung des Falls ist. Ohne
dazu verpflichtet zu sein, sollte das zuständige Gericht seine Zuständigkeit in
einem bestimmten Fall ausnahmsweise und unter bestimmten Bedingungen einem
Gericht eines anderen Mitgliedstaats übertragen können, wenn dieses in diesem
besonderen Fall das Kindeswohl besser beurteilen kann. Nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs sollte die Zuständigkeit für Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung von einem Gericht eines Mitgliedstaats nur einem
Gericht eines anderen Mitgliedstaats übertragen werden, zu dem das betroffene
Kind eine "besondere Bindung" hat. Diese Verordnung sollte eine
erschöpfende Auflistung der maßgeblichen Elemente einer solchen
"besonderen Bindung" darlegen. Das zuständige Gericht sollte das
Ersuchen nur dann an das Gericht eines anderen Mitgliedstaats richten, wenn
seine vorherige Entscheidung, das Verfahren auszusetzen und um Übertragung der
Zuständigkeit zu ersuchen, rechtskräftig geworden ist, sofern diese
Entscheidung nach nationalem Recht angefochten werden kann.
(27)
Unter außergewöhnlichen Umständen und unter
Berücksichtigung des Kindeswohls im jeweiligen Einzelfall sollte ein Gericht
eines Mitgliedstaats, der nach dieser Verordnung nicht zuständig ist, aber eine
besondere Bindung zu dem Kind im Sinne dieser Verordnung aufweist, um
Übertragung der Zuständigkeit vom zuständigen Gericht des Mitgliedstaats des
gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ersuchen können. Dies sollte jedoch in
Fällen eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens des Kindes nicht
zulässig sein. Das jeweils zuständige Gericht sollte nach dem nationalen Recht
des ersuchten Mitgliedstaats ermittelt werden.
(28)
Unabhängig davon, ob eine Übertragung der
Zuständigkeit von einem Gericht, das seine Zuständigkeit übertragen möchte,
oder von einem Gericht, das die Zuständigkeit erhalten möchte, angestrebt wird,
sollte diese Übertragung nur für den betreffenden Einzelfall gelten, in dem sie
erfolgt. Ist das Verfahren abgeschlossen, für das um Übertragung der
Zuständigkeit ersucht und diese gewährt wurde, so sollte die Übertragung keine
Wirkung für künftige Verfahren entfalten.
(29)
Soweit sich aus dieser Verordnung keine
Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt, bestimmt sich die
Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach dem Recht dieses Mitgliedstaats. Der
Ausdruck "Recht dieses Mitgliedstaats" sollte in diesem Mitgliedstaat
geltende internationale Übereinkommen einschließen.
(30)
Die vorliegende Verordnung sollte die Gerichte
eines Mitgliedstaats, die nicht für die Entscheidung in der Hauptsache
zuständig sind, nicht daran hindern, in dringenden Fällen einstweilige Maßnahmen
einschließlich Schutzmaßnahmen in Bezug auf die Person oder das Vermögen eines
Kindes, das sich in diesem Mitgliedstaat aufhält, anzuordnen. Diese Maßnahmen
sollten in keinem anderen Mitgliedstaat gemäß dieser Verordnung anerkannt und
vollstreckt werden, mit Ausnahme von Maßnahmen zum Schutz des Kindes vor einer
in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980 genannten
schwerwiegenden Gefahr. Die Maßnahmen zum Schutz des Kindes vor einer solchen
Gefahr sollten in Kraft bleiben, bis ein Gericht des Mitgliedstaats des
gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes die Maßnahmen angeordnet hat, die es für
angebracht hält. Sofern der Schutz des Kindeswohls dies gebietet, sollte das
Gericht – direkt oder über die Zentralen Behörden – das Gericht des Mitgliedstaats,
der nach dieser Verordnung für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig
ist, über die getroffenen Maßnahmen unterrichten. Ein Unterbleiben dieser
Information sollte jedoch nicht an sich ein Grund für die Nichtanerkennung der
Maßnahme sein.
(31)
Ein Gericht, das lediglich für einstweilige
Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen zuständig ist, sollte sich, wenn es
mit einem Antrag betreffend die Hauptsache befasst wird, von Amts wegen für
unzuständig erklären, falls ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund
dieser Verordnung in der Hauptsache zuständig ist.
(32)
Hängt der Ausgang eines Verfahrens vor einem
Gericht eines Mitgliedstaats, der nach dieser Verordnung nicht zuständig ist,
von der Beurteilung einer in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden
Vorfrage ab, so sollten die Gerichte dieses Mitgliedstaats durch die
vorliegende Verordnung nicht an der Beurteilung dieser Frage gehindert werden.
Geht es in dem Verfahren beispielsweise um eine Erbsache, von der das Kind
betroffen ist und in der ein Prozesspfleger zu bestellen ist, der das Kind im
Verfahren vertritt, so sollte es daher dem für die Erbsache zuständigen
Mitgliedstaat erlaubt sein, den Prozesspfleger für das anhängige Verfahren zu
bestellen, ungeachtet dessen, ob er für Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung nach dieser Verordnung zuständig ist. Eine derartige Beurteilung
sollte ausschließlich in dem Verfahren Rechtswirkung entfalten, für das sie
vorgenommen wurde.
(33)
Ist für die Gültigkeit einer Rechtshandlung, die
im Namen eines Kindes in Erbsachen bei einem Gericht eines Mitgliedstaats
vorgenommen wurde oder vorzunehmen ist, die Einwilligung oder Genehmigung
seitens eines Gerichts erforderlich, so sollte ein Gericht in diesem
Mitgliedstaat entscheiden dürfen, ob es in diese Rechtshandlung einwilligt oder
sie genehmigt, selbst wenn es nach dieser Verordnung nicht zuständig ist. Der
Begriff "Rechtshandlung" sollte beispielsweise die Annahme oder Ablehnung
eines Erbes oder eine Vereinbarung zwischen den Parteien über die Verteilung
oder Aufteilung des Vermögens einschließen.
(34)
Die Anwendung des Völkerrechts im Bereich der
diplomatischen Immunität sollte durch diese Verordnung nicht berührt werden.
Kann das nach dieser Verordnung zuständige Gericht seine Zuständigkeit aufgrund
einer diplomatischen Immunität nach dem Völkerrecht nicht wahrnehmen, so sollte
die Zuständigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem die betreffende Person keine
Immunität genießt, nach den Rechtsvorschriften dieses Staats wahrgenommen
werden.
(35)
In dieser Verordnung wird festgelegt, wann ein
Gericht als im Sinne dieser Verordnung angerufen gilt. Da es in den
Mitgliedstaaten die beiden unterschiedlichen Systeme gibt, denen zufolge
entweder das verfahrenseinleitende Schriftstück zunächst dem Antragsgegner
zugestellt oder zunächst beim Gericht eingereicht werden muss, sollte es
ausreichen, dass der im nationalen Recht vorgesehene erste Schritt unternommen
wurde, sofern der Antragsteller es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm
nach nationalem Recht obliegenden Maßnahmen zu treffen, damit der zweite
Schritt durchgeführt werden kann. In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der
Mediation und anderer Arten der alternativen Streitbeilegung auch im Laufe des Verfahrens
sollte ein Gericht gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch zu dem
Zeitpunkt als angerufen gelten, zu dem beim Gericht das verfahrenseinleitende
Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück in Fällen eingereicht wird,
in denen das Verfahren auf Antrag der Partei, die es eingeleitet hat,
inzwischen ausgesetzt wurde, um eine einvernehmliche Lösung zu finden, ohne
dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Antragsgegner bereits
zugestellt wurde und ohne dass der Antragsgegner von dem Verfahren Kenntnis hat
oder an ihm in irgend einer Weise teilgenommen hat, sofern die Partei, die das
Verfahren eingeleitet hat, es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm
obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den
Antragsgegner zu bewirken. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte bei
Rechtshängigkeit der Tag, an dem ein obligatorisches Schlichtungsverfahren bei
einer nationalen Schlichtungsbehörde eingeleitet wurde, als der Tag gelten, an
dem ein "Gericht" als angerufen gilt.
(36)
Für die Zustellung von Schriftstücken in
Verfahren, die auf der Grundlage der vorliegenden Verordnung eingeleitet
wurden, sollte die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments
und des Rates (6) gelten.
(37)
Ein Gericht eines Mitgliedstaats sollte sich von
Amts wegen für unzuständig erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, für
die es nach dieser Verordnung keine Zuständigkeit in der Hauptsache hat und für
die ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung in der
Hauptsache zuständig ist. Einem Gericht eines Mitgliedstaats, der eine
besondere Bindung zu dem Kind im Sinne dieser Verordnung aufweist, sollte es
jedoch freistehen, um Übertragung der Zuständigkeit gemäß dieser Verordnung zu
ersuchen, ohne dass es dazu verpflichtet wäre.
(38)
Im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege
müssen Parallelverfahren so weit wie möglich vermieden werden, damit nicht in
verschiedenen Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen.
Es sollte eine klare und wirksame Regelung zur Klärung von Fragen der
Rechtshängigkeit und der im Zusammenhang stehenden Verfahren sowie zur
Verhinderung von Problemen vorgesehen werden, die sich aus der einzelstaatlich
unterschiedlichen Festlegung des Zeitpunkts ergeben, von dem an ein Verfahren
als rechtshängig gilt. Für die Zwecke dieser Verordnung sollte dieser Zeitpunkt
autonom festgelegt werden. Um jedoch die Wirksamkeit von ausschließlichen
Gerichtsstandsvereinbarungen zu verbessern, sollten die Bestimmungen dieser
Verordnung über die Rechtshängigkeit dem nicht entgegenstehen, dass Eltern den
Gerichten eines Mitgliedstaats die ausschließliche Zuständigkeit zuerkennen.
(39)
In Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung nach dieser Verordnung sowie in Rückgabeverfahren nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 sollte dem Kind, das von diesen Verfahren betroffen und
fähig ist, sich seine eigene Meinung zu bilden, im Einklang mit der
Rechtsprechung des Gerichtshofs grundsätzlich eine echte und wirksame Gelegenheit
zur Meinungsäußerung gegeben werden und sollte diese Meinung bei der Bewertung
des Kindeswohls gebührend berücksichtigt werden. Die Gelegenheit für das Kind,
im Einklang mit Artikel 24 Absatz 1 der Charta und Artikel 12 des
VN-Kinderrechtsübereinkommens seine Meinung frei zu äußern, spielt bei der
Anwendung dieser Verordnung eine wichtige Rolle. Nach der Verordnung sollte es
allerdings weiterhin Sache der Mitgliedstaaten sein, in den nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren festzulegen, wer das Kind anhört und wie das
Kind angehört wird. Somit sollte es nicht das Ziel dieser Verordnung sein,
festzulegen ob das Kind von dem Richter persönlich oder von einem speziell
geschulten Sachverständigen angehört werden sollte, der dem Gericht anschließend
Bericht erstattet, oder ob die Anhörung des Kindes im Gerichtssaal oder an
einem anderen Ort oder auf anderem Wege erfolgen sollte. Außerdem hat das Kind
zwar nach wie vor das Recht, angehört zu werden, doch stellt seine Anhörung
keine absolute Verpflichtung dar, sondern muss unter Berücksichtigung des
Kindeswohls beurteilt werden, beispielsweise in Fällen, die mit Vereinbarungen
zwischen den Parteien verbunden sind.
Wenn es auch
nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs gemäß Artikel 24 der Charta und der Verordnung
(EG) Nr. 2201/2003 nicht erforderlich ist, dass das Gericht des
Ursprungsmitgliedstaats die Meinung des Kindes in jeder Rechtssache durch eine
Anhörung einholt, und diesem Gericht somit ein Ermessensspielraum bleibt, so
geht aus der Rechtsprechung jedoch auch hervor, dass das Gericht bei der
Entscheidung, dem Kind eine Gelegenheit zur Anhörung zu geben, verpflichtet
ist, alle für die Durchführung einer derartigen Anhörung angemessenen
Vorkehrungen zu treffen, wobei dem Kindeswohl und den Umständen jedes
Einzelfalls Rechnung zu tragen ist, damit die Wirksamkeit dieser Bestimmungen
sichergestellt ist und dem Kind eine echte und wirksame Gelegenheit zur
Meinungsäußerung gegeben wird. Das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats sollte
soweit möglich und stets unter Berücksichtigung des Kindeswohls alle Mittel,
die ihm im nationalen Recht zur Verfügung stehen, sowie die speziellen
Instrumente der internationalen justiziellen Zusammenarbeit einsetzen,
gegebenenfalls einschließlich derjenigen der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des
Rates (7).
(40)
Bei widerrechtlichem Verbringen oder
Zurückhalten eines Kindes sollte dessen Rückgabe unverzüglich erwirkt werden,
und zu diesem Zweck sollte das Haager Übereinkommen von 1980, das durch diese
Verordnung und insbesondere des Kapitels III ergänzt wird, weiterhin Anwendung
finden.
(41)
Um die Rückgabeverfahren nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 so rasch wie möglich abzuschließen, sollen die
Mitgliedstaaten entsprechend ihren innerstaatlichen Gerichtssystemen in
Erwägung ziehen, die Zuständigkeit für diese Verfahren bei einer möglichst
begrenzten Anzahl von Gerichten zu konzentrieren. Die Zuständigkeit für
Kindesentführungsfälle könnte bei einem einzigen Gericht für das ganze Land
oder bei einer begrenzten Zahl von Gerichten konzentriert werden; dabei ließe
sich beispielsweise die Zuständigkeit für internationale Kindesentführungsfälle
ausgehend von der Zahl der Rechtsbehelfsgerichte bei einem Gericht erster
Instanz in jedem Rechtsbehelfsgerichtsbezirk konzentrieren.
(42)
In Rückgabeverfahren nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 sollten die Gerichte jeder Instanz ihre Entscheidung
binnen sechs Wochen treffen, es sei denn, dass dies aufgrund außergewöhnlicher
Umstände nicht möglich ist. Der Rückgriff auf alternative
Streitbeilegungsverfahren sollte nicht als außergewöhnlicher Umstand betrachtet
werden, der eine Überschreitung der Frist rechtfertigt. Im Laufe dieser
Verfahren oder als deren Folge können jedoch außergewöhnliche Umstände
eintreten. Für ein Gericht erster Instanz sollte die Frist mit dem Zeitpunkt
beginnen, zu dem das Gericht angerufen wurde. Für ein Gericht höherer Instanz
sollte sie mit dem Zeitpunkt beginnen, zu dem alle erforderlichen
Verfahrensschritte unternommen worden sind. Je nach dem betreffenden
Rechtssystem könnten diese Schritte die Zustellung des Rechtsbehelfs an den
Antragsgegner entweder in dem Mitgliedstaat, in dem das Gericht seinen Sitz
hat, oder in einem anderen Mitgliedstaat, die Übermittlung der Akte und die
Einlegung von Rechtsbehelfen beim Rechtsbehelfsgericht in Mitgliedstaaten, in
denen Rechtsbehelfe bei dem Gericht eingelegt werden müssen, dessen
Entscheidung angefochten wird, oder einen Antrag einer Partei auf Abhaltung
einer Anhörung umfassen, wenn ein derartiger Antrag nach nationalem Recht
erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten sollten auch in Erwägung ziehen, die Zahl
der möglichen Rechtsbehelfe gegen eine Entscheidung, mit der die Rückgabe eines
Kindes nach dem Haager Übereinkommen von 1980 angeordnet oder abgelehnt wird,
auf einen Rechtsbehelf zu begrenzen.
(43)
In allen Fällen, die Kinder betreffen,
insbesondere in Fällen internationaler Kindesentführung, sollten die Gerichte
die Möglichkeit der Herbeiführung einer Lösung durch Mediation oder andere
geeignete Mittel prüfen und dabei gegebenenfalls auf die Unterstützung durch
bestehende Netzwerke und Unterstützungsstrukturen für Mediation in
grenzüberschreitenden Streitigkeiten über die elterliche Verantwortung
zurückgreifen. Solche Bemühungen dürfen jedoch die Rückgabeverfahren nach dem
Haager Übereinkommen von 1980 nicht über Gebühr in die Länge ziehen. Außerdem
dürfte Mediation nicht immer angezeigt sein, insbesondere in Fällen häuslicher
Gewalt. Einigen sich die Eltern im Laufe eines Rückgabeverfahrens nach dem
Haager Übereinkommen von 1980 über die Rückgabe oder Nichtrückgabe des Kindes,
und auch über Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, so sollte
diese Verordnung ihnen unter bestimmten Umständen ermöglichen, zu vereinbaren,
dass das nach dem Haager Übereinkommen von 1980 befasste Gericht dafür
zuständig sein sollte, ihrer Vereinbarung Rechtswirkung zu verleihen, indem es
sie in eine Entscheidung aufnimmt, billigt oder auf eine andere in den
nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren vorgesehene Form zurückgreift. Die
Mitgliedstaaten, die die Zuständigkeit konzentriert haben, sollten daher in
Erwägung ziehen, das mit dem Rückgabeverfahren nach dem Haager Übereinkommen
von 1980 befasste Gericht in die Lage zu versetzen, auch die Zuständigkeit in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung wahrzunehmen, auf die sich
die Parteien gemäß dieser Verordnung geeinigt oder die sie anerkannt haben,
sofern im Laufe dieses Rückgabeverfahrens eine Vereinbarung zwischen den
Parteien zustande gekommen ist.
(44)
Das Gericht des Mitgliedstaats, in den das Kind
widerrechtlich verbracht wurde oder in dem es widerrechtlich zurückgehalten
wird, sollte die Rückgabe in besonderen, ordnungsgemäß begründeten Fällen
ablehnen können, wie dies im Haager Übereinkommen von 1980 vorgesehen ist.
Zuvor sollte es prüfen, ob angemessene Schutzmaßnahmen getroffen wurden oder
getroffen werden könnten, um das Kind vor der schwerwiegenden Gefahr im Sinne
des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980 zu
schützen.
(45)
Zieht ein Gericht in Erwägung, die Rückgabe
eines Kindes nur aufgrund von Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b des Haager
Übereinkommens von 1980 abzulehnen, so sollte es die Rückgabe des Kindes nicht
ablehnen, wenn entweder die Partei, die sich um die Rückgabe des Kindes bemüht,
das Gericht davon überzeugt oder das Gericht auf andere Weise zu der
Überzeugung gelangt, dass angemessene Vorkehrungen zum Schutz des Kindes nach
seiner Rückgabe getroffen wurden. Bei diesen Vorkehrungen könnte es sich
beispielsweise handeln um eine gerichtliche Anordnung aus diesem Mitgliedstaat,
die dem Antragsteller verbietet, sich dem Kind zu nähern, eine einstweilige
Maßnahme einschließlich einer Schutzmaßnahme seitens dieses Mitgliedstaats, der
zufolge das Kind bei dem Elternteil, der es entzogen hat und der die
tatsächliche Sorge wahrnimmt, bleiben kann, bis in diesem Mitgliedstaat nach
der Rückgabe eine Sorgerechtsentscheidung gefällt wird, oder den Nachweis, dass
für ein behandlungsbedürftiges Kind medizinische Einrichtungen zur Verfügung
stehen. Welche Art von Vorkehrungen im Einzelfall angemessen ist, sollte von
der konkreten schwerwiegenden Gefahr abhängen, der das Kind bei einer Rückgabe
ohne derartige Vorkehrungen ausgesetzt sein könnte. Das Gericht, das
feststellen will, ob angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, sollte sich in
erster Linie an die Parteien halten und erforderlichen- und gegebenenfalls die
Zentralen Behörden oder die dem Netz angeschlossenen Richter, insbesondere
innerhalb des gemäß Beschluss 2001/470/EG des Rates (8)
errichteten Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen und
innerhalb des Internationalen Haager Richternetzwerks, um Unterstützung
ersuchen.
(46)
Bei der Anordnung der Rückgabe des Kindes sollte
es für das Gericht möglich sein, gegebenenfalls alle einstweiligen Maßnahmen,
einschließlich Schutzmaßnahmen gemäß dieser Verordnung anzuordnen, die es für
erforderlich hält, um das Kind vor der mit der Rückgabe verbundenen
schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens zu schützen,
die ansonsten zur Ablehnung der Rückgabe führen würde. Derartige einstweilige
Maßnahmen und ihr Verkehr sollten weder die Rückgabeverfahren nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 verzögern noch die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen
dem in Rückgabeverfahren nach dem Haager Übereinkommen von 1980 angerufenen
Gericht und dem nach dieser Verordnung in der Hauptsache der elterlichen
Verantwortung zuständigen Gericht unterlaufen. Erforderlichenfalls sollte das
in Rückgabeverfahren nach dem Haager Übereinkommen von 1980 angerufene Gericht
mit Hilfe der Zentralen Behörden oder der dem Netz angeschlossenen Richter,
insbesondere innerhalb des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und
Handelssachen und des Internationalen Haager Richternetzwerks, das Gericht oder
die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des
Kindes konsultieren. Diese Maßnahmen sollten in allen anderen Mitgliedstaaten,
einschließlich des nach dieser Verordnung zuständigen Mitgliedstaats, so lange
anerkannt und vollstreckt werden, bis ein Gericht des betreffenden
Mitgliedstaats die Maßnahmen getroffen hat, die es als angemessen erachtet. Zu
derartigen vorläufigen Maßnahmen – einschließlich Schutzmaßnahmen – könnte
beispielsweise gehören, dass das Kind sich weiter bei der Person aufhält, die
die tatsächliche Sorge wahrnimmt, oder dass geregelt wird, wie nach der
Rückgabe Kontakte zu dem Kind stattfinden sollten, bis das Gericht des
gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes die seines Erachtens angezeigten Maßnahmen
getroffen hat. Dadurch sollte einer Maßnahme oder Entscheidung des Gerichts des
gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes nach dessen Rückgabe nicht vorgegriffen
werden.
(47)
Es sollte möglich sein, eine Entscheidung, mit
der die Rückgabe des Kindes angeordnet wird, ungeachtet der Einlegung eines
Rechtsbehelfs für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn die Rückgabe des
Kindes vor der Entscheidung über den Rechtsbehelf aus Gründen des Kindeswohls
erforderlich ist. Im nationalen Recht kann festgelegt werden, von welchem
Gericht die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt werden kann.
(48)
Entscheidet das Gericht des Mitgliedstaats, in
den das Kind widerrechtlich verbracht wurde oder in dem es widerrechtlich
zurückgehalten wird, die Anordnung der Rückgabe des Kindes nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 abzulehnen, so sollte es in seiner Entscheidung
ausdrücklich auf die einschlägigen Artikel dieses Übereinkommens verweisen, auf
deren Grundlage die Ablehnung erfolgte. Ungeachtet dessen, ob diese ablehnende
Entscheidung endgültig oder noch anfechtbar ist, könnte sie dennoch durch eine
spätere Entscheidung ersetzt werden, die in einem Sorgerechtsverfahren von dem
Gericht des Mitgliedstaats gefällt wird, in dem das Kind vor seinem
widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hatte. Im Laufe dieser Verfahren sollten unter Berücksichtigung des Kindeswohls
alle Umstände, einschließlich des Verhaltens der Eltern, eingehend geprüft
werden, aber die Prüfung sollte sich nicht auf dieses Verhalten beschränken.
Sollte in der daraus resultierenden Sorgerechtsentscheidung die Rückgabe des
Kindes angeordnet werden, so sollte die Rückgabe erfolgen, ohne dass es in
einem anderen Mitgliedstaat eines besonderen Verfahrens zur Anerkennung und
Vollstreckung dieser Entscheidung bedarf.
(49)
Das Gericht, das die Rückgabe des Kindes nur
aufgrund des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b oder des Artikels 13 Absatz 2 –
oder der beiden Bestimmungen – des Haager Übereinkommens von 1980 ablehnt,
sollte von Amts wegen eine Bescheinigung ausstellen, für die das in dieser
Verordnung wiedergegebene Formblatt verwendet wird. Mit dieser Bescheinigung
sollen die Parteien davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie innerhalb von
drei Monaten nach der Mitteilung der Entscheidung, mit der die Rückgabe des
Kindes abgelehnt wird, in der Hauptsache Anträge betreffend das Sorgerecht bei
einem Gericht in dem Mitgliedstaat einreichen können, in dem das Kind
unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder dass sie, wenn das Gericht bereits befasst
wurde, dem Gericht die einschlägigen Unterlagen hinsichtlich des
Rückgabeverfahrens übermitteln können.
(50)
Ist in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind unmittelbar
vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen
Aufenthalt hatte, ein Verfahren in der Hauptsache betreffend das Sorgerecht
bereits zu dem Zeitpunkt anhängig, zu dem ein mit dem Rückgabeantrag nach dem
Haager Übereinkommen von 1980 befasstes Gericht die Rückgabe des Kindes nur
aufgrund des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b oder des Artikels 13 Absatz 2 –
oder der beiden Bestimmungen – des Haager Übereinkommens von 1980 ablehnt, so
sollte das Gericht, das die Rückgabe des Kindes abgelehnt hat, falls es von dem
betreffenden Verfahren Kenntnis hat, innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt
seiner Entscheidung eine Abschrift seiner Entscheidung, die entsprechende
Bescheinigung und gegebenenfalls ein Protokoll, eine Zusammenfassung oder eine
Niederschrift der Anhörung sowie alle anderen Unterlagen übermitteln, die es
als sachdienlich für das mit dem Verfahren in der Hauptsache betreffend das
Sorgerechtbefasste Gericht erachtet. Der Ausdruck "alle anderen
Unterlagen, die es als sachdienlich erachtet", sollte sich auf alle
Unterlagen beziehen, die sich auf das Ergebnis dieses Sorgerechtsverfahrens
auswirken könnten, wenn die entsprechenden Informationen nicht bereits in der
Entscheidung enthalten sind, mit der die Rückgabe abgelehnt wird.
(51)
Ist in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind
unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, noch kein Verfahren in der Hauptsache betreffend
das Sorgerecht anhängig und ruft eine Partei innerhalb von drei Monaten nach
dem Zeitpunkt der Mitteilung der Entscheidung, die Rückgabe des Kindes
abzulehnen, ein Gericht in diesem Mitgliedstaat an, so sollte diese Partei dem
mit dem Sorgerechtsantrag befassten Gericht eine Abschrift der Entscheidung
über die Ablehnung der Rückgabe des Kindes gemäß dem Haager Übereinkommen von
1980, die entsprechende Bescheinigung und gegebenenfalls ein Protokoll, eine
Zusammenfassung oder eine Niederschrift der Anhörung vorlegen. Dies hindert das
angerufene Gericht nicht daran, alle weiteren Unterlagen zu verlangen, die es
als sachdienlich erachtet und die Informationen enthalten, die sich auf das
Ergebnis des Verfahren in der Hauptsache betreffend das Sorgerecht auswirken
könnten, wenn diese Informationen nicht bereits in der Entscheidung selbst
enthalten sind, mit der die Rückgabe abgelehnt wird.
(52)
Wurde innerhalb von drei Monaten nach dem
Zeitpunkt der Mitteilung der Entscheidung, die Rückgabe des Kindes nach dem
Haager Übereinkommen von 1980 abzulehnen, das für die Sorgerechtsentscheidung
zuständige Gericht von einer Partei befasst oder war vor diesem Gericht zum
Zeitpunkt des Eingangs dieser Entscheidung des die Rückgabe des Kindes
ablehnenden Gerichts bereits ein Sorgerechtsverfahren anhängig, so sollte jede
sich aus diesem Verfahren ergebende Sorgerechtsentscheidung, die die Rückgabe
des Kindes in diesen Mitgliedstaat zur Folge hat, gemäß Kapitel IV Abschnitt 2
der vorliegenden Verordnung in jedem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar sein,
ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf und ohne dass die Anerkennung
der Entscheidung angefochten werden kann. Dies sollte gelten, außer wenn – und
nur soweit – eine Unvereinbarkeit mit einer späteren Entscheidung über die
elterliche Verantwortung betreffend das gleiche Kind festgestellt wird, sofern
für die Sorgerechtsentscheidung, die die Rückgabe des Kindes zur Folge hat,
eine Bescheinigung für "privilegierte Entscheidungen" ausgestellt
wurde. Wird das Gericht, das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig
ist, nach Ablauf der drei Monate befasst oder sind die Bedingungen für die
Ausstellung einer Bescheinigung für solche privilegierten Entscheidungen nicht
erfüllt, so sollte die ergangene Sorgerechtsentscheidung im Einklang mit
Kapitel IV Abschnitt 1 der vorliegenden Verordnung in anderen Mitgliedstaaten
anerkannt und vollstreckt werden.
(53)
Wenn es nicht möglich ist, eine Partei oder ein
Kind persönlich anzuhören, und die entsprechenden technischen Mittel verfügbar
sind, könnte das Gericht unbeschadet anderer Rechtsakte der Union in Erwägung
ziehen, eine Anhörung mittels Videokonferenz oder einer anderen
Kommunikationstechnologie durchzuführen, außer wenn in Anbetracht der
besonderen Umstände des Falles die Verwendung solcher Technologien dem fairen
Ablauf des Verfahrens nicht dienlich wäre.
(54)
Das gegenseitige Vertrauen in die Rechtspflege
in der Union rechtfertigt den Grundsatz, dass in einem Mitgliedstaat in
Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung ergangene
Entscheidungen in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden sollten, ohne dass es
eines Anerkennungsverfahrens bedarf. Insbesondere wenn ihnen eine in einem
anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung vorgelegt wird, mit der die
Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung
der Ehe ausgesprochen wird und die im Ursprungsmitgliedstaat nicht mehr
angefochten werden kann, sollten die zuständigen Behörden des ersuchten
Mitgliedstaats die Entscheidung von Rechts wegen anerkennen, ohne dass es eines
Verfahrens bedarf, und ihre Personenstandsregister entsprechend aktualisieren.
Es bleibt dem nationalen Recht überlassen, darüber zu befinden, ob die
Versagungsgründe von einer Partei geltend gemacht werden müssen oder nach dem
nationalen Recht von Amts wegen geltend gemacht werden. Dies hindert eine
interessierte Partei nicht daran, im Einklang mit dieser Verordnung eine
Entscheidung zu beantragen, dass keine Gründe für die Versagung der Anerkennung
im Sinne dieser Verordnung bestehen. Es sollte im nationalen Rechts des Mitgliedstaats,
in dem ein derartiger Antrag gestellt wird, festgelegt werden, wer als zu einem
derartigen Antrag berechtigte interessierte Partei gilt.
(55)
Die Anerkennung und Vollstreckung von in einem
Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, dort errichteten öffentlichen Urkunden
und dort geschlossenen Vereinbarungen sollten auf dem Grundsatz des
gegenseitigen Vertrauens beruhen. Daher sollten die Gründe für eine
Nichtanerkennung in Anbetracht des dieser Verordnung zugrundeliegenden Ziels,
also der Erleichterung der Anerkennung und Vollstreckung und des wirksamen
Schutzes des Kindeswohls, auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
(56)
Die Anerkennung einer Entscheidung sollte nur
versagt werden, wenn einer oder mehrere der in dieser Verordnung vorgesehenen
Gründe für die Nichtanerkennung vorliegen. Die Auflistung der Gründe für die
Versagung der Anerkennung in dieser Verordnung sind erschöpfend. Es sollte
nicht möglich sein, in dieser Verordnung nicht aufgeführte Gründe, wie z. B.
ein Verstoß gegen die Regel zur Rechtshängigkeit, als Gründe für die Versagung
geltend zu machen. In Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung hat
eine spätere Entscheidung stets Vorrang vor einer früheren Entscheidung mit
Wirkung für die Zukunft, soweit sie unvereinbar sind.
(57)
Was die einem Kind gebotene Gelegenheit zur
Meinungsäußerung anbelangt, so sollte es Sache des Ursprungsgerichts sein, über
die angemessene Art und Weise der Anhörung des Kindes zu entscheiden. Daher
sollte es nicht möglich sein, die Anerkennung einer Entscheidung einzig und
allein aus dem Grund zu versagen, dass das Ursprungsgericht die Anhörung des
Kindes auf andere Weise vorgenommen hat als dies ein Gericht im Mitgliedstaat
der Anerkennung tun würde. Der Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend
gemacht wird, sollte diese nicht versagen, wenn eine der in dieser Verordnung
zugelassenen Ausnahmen von diesem besonderen Ablehnungsgrund Anwendung findet.
Diese Ausnahmen wirken sich dahingehend aus, dass es nicht möglich sein sollte,
dass ein Gericht in dem Vollstreckungsmitgliedstaat die Vollstreckung einer
Entscheidung einzig und allein aus dem Grund versagt, dass dem Kind keine
Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben worden ist, wobei das Kindeswohl
berücksichtigt wurde, sofern das Verfahren nur das Vermögen des Kindes
betroffen hat und sofern es in Anbetracht des Verfahrensgegenstandes nicht
erforderlich war, ihm diese Gelegenheit zu geben, oder sofern es schwerwiegende
Gründe gab, wobei insbesondere die Dringlichkeit des Falls zu berücksichtigen
ist. Derartige schwerwiegende Gründe könnten beispielsweise vorliegen, wenn
eine unmittelbare Gefahr für die körperliche und seelische Unversehrtheit oder
das Leben des Kindes besteht und jede weitere Verzögerung das Risiko bergen
könnte, dass diese Gefahr wirklich eintritt.
(58)
Darüber hinaus rechtfertigt das Ziel, den Zeit-
und Kostenaufwand in grenzüberschreitenden Streitigkeiten mit Kindesbezug zu
verringern, dass für alle Entscheidungen in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung die Vollstreckbarerklärung vor der Vollstreckung im
Vollstreckungsmitgliedstaat oder, soweit anwendbar, die Registrierung zur
Vollstreckung abgeschafft wird. Während mit der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003
diese Anforderung nur für bestimmte Entscheidungen über das Umgangsrecht und bestimmte
Entscheidungen, die die Rückgabe eines Kindes zur Folge haben, abgeschafft
wurde, sollte sie mit der vorliegenden Verordnung für die grenzüberschreitende
Vollstreckung sämtlicher Entscheidungen in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung abgeschafft werden, während für bestimmte Entscheidungen über das
Umgangsrecht und bestimmte Entscheidungen, die die Rückgabe eines Kindes zur
Folge haben, eine sogar noch günstigere Behandlung beibehalten wird.
Vorbehaltlich dieser Verordnung ist eine von einem Gericht eines anderen
Mitgliedstaats getroffene Entscheidung daher so zu behandeln, als ob sie im
Vollstreckungsmitgliedstaat ergangen wäre.
(59)
Werden von einem Gericht, das in der Hauptsache
zuständig ist, einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen
angeordnet, so sollte der Verkehr dieser Maßnahmen nach Maßgabe dieser
Verordnung gewährleistet sein. Allerdings sollten einstweilige Maßnahmen,
einschließlich Schutzmaßnahmen, die von einem solchen Gericht angeordnet
wurden, ohne dass der Antragsgegner vorgeladen wurde, nicht gemäß dieser
Verordnung anerkannt und vollstreckt werden, es sei denn, die die Maßnahme
enthaltende Entscheidung ist dem Antragsgegner vor der Vollstreckung zugestellt
worden. Dies sollte die Anerkennung und Vollstreckung solcher Maßnahmen gemäß
nationalem Recht nicht ausschließen. Werden einstweilige Maßnahmen –
einschließlich Schutzmaßnahmen – von einem Gericht eines Mitgliedstaats
angeordnet, das in der Hauptsache nicht zuständig ist, so sollte deren Verkehr
im Rahmen dieser Verordnung auf Maßnahmen begrenzt werden, die in Fällen
internationaler Kindesentführung getroffen werden und die darauf abzielen, das
Kind vor einer schwerwiegenden Gefahr im Sinne des Artikels 13 Absatz 1
Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980 zu schützen. Diese Maßnahmen
sollten so lange gelten, bis ein Gericht eines für die Entscheidung in der
Hauptsache nach dieser Verordnung zuständigen Mitgliedstaats die Maßnahmen
getroffen hat, die es als angemessen erachtet.
(60)
Da Vollstreckungsverfahren je nach den
innerstaatlichen Rechtsvorschriften gerichtlich oder außergerichtlich erfolgen
können, kann der Ausdruck "für die Vollstreckung zuständige Behörden"
Gerichte, Gerichtsvollzieher und jede andere im nationalen Recht vorgesehene
Behörde einschließen. Werden in dieser Verordnung zusätzlich zu den für die
Vollstreckung zuständigen Behörden auch Gerichte erwähnt, so sollten damit
Fälle abgedeckt werden, in denen im nationalen Recht eine andere Stelle als ein
Gericht die für die Vollstreckung zuständige Behörde ist, bestimmte
Entscheidungen jedoch Gerichten vorbehalten sind, und zwar entweder von Anfang
an oder in Form einer Überprüfung der Handlungen der für die Vollstreckung
zuständigen Behörde. Es sollte Sache der für die Vollstreckung zuständigen Behörde
oder des Gerichts des Vollstreckungsmitgliedstaats sein, besondere, in der
Vollstreckungsphase zu treffende Maßnahmen ebenso wie im nationalen Recht
vorgesehene Maßnahmen ohne Zwangscharakter oder im nationalen Recht jenes
Mitgliedstaats vorgesehene Zwangsmaßnahmen – einschließlich Geldstrafen, Haft
oder Abholen des Kindes durch einen Gerichtsvollzieher – anzuordnen, zu
ergreifen oder zu veranlassen.
(61)
Um die Vollstreckung von in einem anderen
Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen über die Ausübung des Umgangsrechts zu
erleichtern, sollten die für die Vollstreckung zuständigen Behörden oder die
Gerichte im Vollstreckungsmitgliedstaat berechtigt sein, Einzelheiten in Bezug
auf die praktischen Umstände oder nach dem Recht des
Vollstreckungsmitgliedstaats erforderliche rechtliche Voraussetzungen genau
anzugeben. Durch die in dieser Verordnung vorgesehenen Regelungen sollte die
Vollstreckung einer Entscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat erleichtert
werden, die dort anderenfalls aufgrund ihrer mangelnden Klarheit nicht
vollstreckt werden könnte, sodass die für die Vollstreckung zuständige Behörde
oder das Vollstreckungsgericht die Entscheidung konkreter und genauer
ausgestalten kann. Auch jegliche anderen Regelungen zur Erfüllung der
rechtlichen Auflagen nach den nationalen Vollstreckungsvorschriften des
Vollstreckungsmitgliedstaats wie beispielsweise die Beteiligung einer
Jugendschutzbehörde oder eines Psychologen in der Vollstreckungsphase sollten
auf dieselbe Weise festgelegt werden. Derartige Regelungen sollten jedoch nicht
in den Wesensgehalt der Entscheidung über das Umgangsrecht eingreifen oder
darüber hinausgehen. Außerdem sollte die Befugnis zur Anpassung von Maßnahmen
nach dieser Verordnung es nicht ermöglichen, dass das Vollstreckungsgericht im Recht
des Vollstreckungsmitgliedstaats unbekannte Maßnahmen durch andere Maßnahmen
ersetzt.
(62)
Durch die Vollstreckung einer in einem anderen
Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung ohne eine Vollstreckbarerklärung sollten
die Rechte der Verteidigung nicht gefährdet werden. Deshalb sollte die Person,
gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, in der Lage sein, die
Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung zu beantragen,
wenn ihrer Ansicht nach einer der in dieser Verordnung enthaltenen Gründe für
die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung vorliegt. Es ist im
innerstaatlichen Recht festzulegen, ob die in dieser Verordnung vorgesehenen
Gründe für eine Versagung der Anerkennung von Amts wegen oder auf Antrag
geprüft werden müssen. Dieselbe Prüfung sollte daher auch im Zusammenhang mit
der Versagung der Vollstreckung möglich sein. Die Anwendung eines
innerstaatlichen Versagungsgrunds sollte nicht dazu führen, dass die
Bedingungen und Modalitäten der in dieser Verordnung vorgesehenen Gründe
ausgeweitet werden.
(63)
Eine Partei, die die Vollstreckung einer in
einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung anficht, sollte dies soweit
möglich und im Einklang mit der Rechtsordnung des Vollstreckungsmitgliedstaats
in dem Vollstreckungsverfahren tun können und in ein und demselben Verfahren
neben den in dieser Verordnung vorgesehenen Versagungsgründen die Gründe
geltend machen können, die im Recht des Mitgliedstaats, in dem die
Vollstreckung betrieben wird, für deren Versagung vorgesehen sind und die
weiterhin gelten, weil sie mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Gründen
nicht unvereinbar sind. Diese Gründe könnten z. B. Rechtsbehelfe wegen
formeller Fehlerhaftigkeit von Vollstreckungsakten nach nationalem Recht oder
Rechtsbehelfe einschließen, die sich auf das Vorbringen stützen, dass die von
der Entscheidung angeordnete Handlung bereits vollzogen wurde oder unmöglich
geworden ist, z. B. bei höherer Gewalt, schwerer Erkrankung der Person, der das
Kind übergeben werden soll, Inhaftierung oder Tod dieser Person, in dem Fall,
dass der Mitgliedstaat, in den das Kind zurückgebracht werden soll, nach
Ergehen der Entscheidung Kriegsgebiet geworden ist, oder bei Versagung der
Vollstreckung einer Entscheidung, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem
die Vollstreckung erwirkt werden soll, keinerlei vollstreckbaren Inhalt besitzt
und auch nicht entsprechend angepasst werden kann.
(64)
Um die Person, gegen die die Vollstreckung
bewirkt werden soll, über die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat
ergangenen Entscheidung zu unterrichten, sollte die gemäß dieser Verordnung
ausgestellte Bescheinigung – erforderlichenfalls zusammen mit der Entscheidung
– dieser Person innerhalb einer angemessenen Frist vor der ersten
Vollstreckungsmaßnahme zugestellt werden. In diesem Zusammenhang sollte als
erste Vollstreckungsmaßnahme die erste Vollstreckungsmaßnahme nach einer
solchen Zustellung gelten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat die
Partei, gegen die um Vollstreckung ersucht wird, ein Recht auf einen wirksamen
Rechtsbehelf, der die Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens einschließt,
mit dem die Vollstreckbarkeit der Entscheidung vor dem tatsächlichen Beginn der
Vollstreckung angefochten wird.
(65)
In Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
betrifft die Vollstreckung stets ein Kind und in vielen Fällen die Übergabe
eines Kindes an eine andere Person als die, bei der sich das Kind zu diesem
Zeitpunkt aufhält, und/oder die Verbringung des Kindes in einen anderen
Mitgliedstaat. Das Hauptziel sollte somit darin bestehen, das Recht des
Antragstellers darauf, dass grundsätzlich eine Entscheidung auch in
grenzüberschreitenden Fällen innerhalb der Union – erforderlichenfalls auch
durch Zwangsmaßnahmen – möglichst rasch ausgeführt wird, und die Notwendigkeit,
ein Kind nur in unvermeidlichen Fällen derartigen möglicherweise
traumatisierenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszusetzen, miteinander in
Einklang zu bringen. Diese Abwägung sollte von den für die Vollstreckung
zuständigen Behörden und den Gerichten in jedem Mitgliedstaat in Anbetracht
jedes Einzelfalls vorgenommen werden.
(66)
Mit dieser Verordnung sollen in allen
Mitgliedstaaten gleiche Bedingungen für die grenzüberschreitende Vollstreckung
von Entscheidungen in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
geschaffen werden. In einer Reihe von Mitgliedstaaten sind diese Entscheidungen
bereits vollstreckbar, selbst wenn sie noch angefochten werden können oder
bereits angefochten wurden. In anderen Mitgliedstaaten ist nur eine rechtskräftige
Entscheidung, gegen die kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr eingelegt werden
kann, vollstreckbar. Um dringenden Fällen Rechnung zu tragen, ist daher in
dieser Verordnung vorgesehen, dass bestimmte Entscheidungen in Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung vom Gericht des Ursprungsmitgliedstaats
für vorläufig vollstreckbar erklärt werden könnten, selbst wenn sie noch
angefochten werden können, nämlich Entscheidungen, in denen die Rückgabe des
Kindes nach dem Haager Übereinkommen von 1980 angeordnet wird, und
Entscheidungen, die das Umgangsrecht gewähren.
(67)
In Vollstreckungsverfahren, die Kinder
betreffen, müssen die für die Vollstreckung zuständigen Behörden oder die
Gerichte jedoch schnell auf wesentliche Veränderungen der Umstände reagieren
können, mit denen sie in der Vollstreckungsphase konfrontiert werden und die
unter anderem in der Anfechtung der Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat, im
Verlust der Vollstreckbarkeit der Entscheidung und in Hindernissen oder
Notfällen bestehen können. Daher sollten die Vollstreckungsverfahren auf Antrag
oder von Amts wegen seitens der Behörde oder des Gerichts ausgesetzt werden,
wenn die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat
ausgesetzt wird. Die Behörde oder das Gericht, die/das für die Vollstreckung
zuständig ist, sollte jedoch nicht verpflichtet sein, aktiv zu ermitteln, ob
die Vollstreckbarkeit inzwischen infolge eines Rechtsbehelfs oder auf andere
Weise im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt wurde, wenn nichts auf diese
Möglichkeit hindeutet. Außerdem sollte die Aussetzung oder Versagung der
Vollstreckung im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag möglich sein und, auch
wenn einer oder mehrere der in dieser Verordnung vorgesehenen und zugelassenen
Gründe vorliegen, im Ermessen der für die Vollstreckung zuständigen Behörde
oder des Gerichts liegen.
(68)
Kann die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat
immer noch angefochten werden und ist die Frist für die Einlegung eines
ordentlichen Rechtsbehelfs noch nicht abgelaufen, so sollte es im Ermessen der
für die Vollstreckung zuständigen Behörde oder des Gerichts im
Vollstreckungsmitgliedstaat liegen, das Vollstreckungsverfahren auf Antrag
auszusetzen. In diesen Fällen kann die Frist genau angegeben werden, innerhalb
deren im Ursprungsmitgliedstaat ein Rechtsbehelf einzulegen ist, um die
Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens zu erreichen oder aufrechtzuerhalten.
Die genaue Angabe einer Frist sollte nur Wirkung für die Aussetzung des
Vollstreckungsverfahrens entfalten und die Frist für die Einlegung eines
Rechtsbehelfs gemäß den Verfahrensvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats
nicht berühren.
(69)
In Ausnahmefällen sollte es für die für die
Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht möglich sein, das
Vollstreckungsverfahren aussetzen, wenn die Vollstreckung aufgrund – nach
Ergehen der Entscheidung aufgetretener – vorübergehender Hindernisse oder
aufgrund anderer wesentlicher Änderungen der Umstände für das Kind die
schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens mit sich
bringen würde. Die Vollstreckung sollte wieder aufgenommen werden, sobald die
schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens nicht mehr
besteht. Bleibt diese jedoch bestehen, so sollten vor einer Versagung der
Vollstreckung alle geeigneten Schritte im Einklang mit den nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren, gegebenenfalls auch mit Unterstützung anderer
einschlägiger Fachkräfte wie Sozialarbeiter oder Kinderpsychologen, unternommen
werden, um zu versuchen, die Durchführung der Entscheidung sicherzustellen.
Insbesondere sollte die für die Vollstreckung zuständigen Behörde oder das
Gericht im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren
versuchen, jegliche Hindernisse infolge veränderter Umstände zu überwinden, wie
beispielsweise das offensichtliche Widersetzen des Kindes, der erst nach der
Entscheidung geäußert wurde, jedoch so stark ist, dass es der schwerwiegenden
Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind gleichkäme, ihn
außer Acht zu lassen.
(70)
In einem Mitgliedstaat vollstreckbare
öffentliche Urkunden und Vereinbarungen zwischen den Parteien über die Trennung
ohne Auflösung des Ehebandes und Ehescheidung, die in einem Mitgliedstaat
rechtsverbindliche Wirkung haben, sollten für die Zwecke der Anwendung der
Vorschriften über die Anerkennung "Entscheidungen" gleichgestellt
werden. In einem Mitgliedstaat vollstreckbare öffentliche Urkunden und
Vereinbarungen zwischen den Parteien in Sachen der elterlichen Verantwortung
sollten für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften über die Anerkennung und
Vollstreckung "Entscheidungen" gleichgestellt werden.
(71)
Obwohl die in dieser Verordnung vorgesehene
Verpflichtung, dem Kind Gelegenheit zur Meinungsäußerung zu geben, nicht für
öffentliche Urkunden und Vereinbarungen gelten sollte, sollte das Recht des
Kindes auf Meinungsäußerung nach Artikel 24 der Charta und nach Artikel 12 des
in nationale Rechtsvorschriften und Verfahren umgesetzten
VN-Kinderrechtsübereinkommens weiter Anwendung finden. Der Umstand, dass dem
Kind keine Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben wurde, sollte nicht
automatisch einen Grund für die Versagung der Anerkennung und der Vollstreckung
von öffentlichen Urkunden und Vereinbarungen in Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung darstellen.
(72)
Für Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung sollten in allen Mitgliedstaaten Zentrale Behörden benannt
werden. Die Mitgliedstaaten sollten in Erwägung ziehen, für diese Verordnung
dieselbe Zentrale Behörde zu benennen, die für die Haager Übereinkommen von
1980 und 1996 benannt wurde. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass die
Zentralen Behörden über ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen
verfügen, um die ihnen mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben erfüllen zu
können.
(73)
Die Bestimmungen dieser Verordnung über die
Zusammenarbeit bei Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sollten
nicht für die Bearbeitung von Rückgabeanträgen gemäß dem Haager Übereinkommen
von 1980 gelten, die gemäß Artikel 19 des Übereinkommens und der ständigen
Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Hauptsacheverfahren betreffend die
elterliche Verantwortung darstellen. Die Anwendung des Haager Übereinkommens
von 1980 sollte jedoch durch die Bestimmungen dieser Verordnung über internationale
Kindesentführung und durch das Kapitel dieser Verordnung über die Anerkennung
und Vollstreckung und das Kapitel über die allgemeinen Bestimmungen ergänzt
werden.
(74)
Die zentralen Behörden sollten die Gerichte und
die zuständigen Behörden und in bestimmten Fällen auch die Träger der
elterlichen Verantwortung in grenzüberschreitenden Verfahren unterstützen und
sowohl in allgemeinen Angelegenheiten als auch in besonderen Fällen, auch zur
Förderung der gütlichen Beilegung von Familienstreitigkeiten, zusammenarbeiten.
(75)
Außer in dringenden Fällen und unbeschadet der
im Rahmen dieser Verordnung zulässigen direkten Zusammenarbeit und
Kommunikation zwischen Gerichten können Ersuchen – gemäß dieser Verordnung –
bezüglich Zusammenarbeit in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
von Gerichten und zuständigen Behörden ausgehen und sollten der Zentralen
Behörde des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts oder der zuständigen
Behörde vorgelegt werden. Bestimmte Ersuchen könnten auch vom Träger der elterlichen
Verantwortung ausgehen und der Zentralen Behörde des gewöhnlichen Aufenthalts
des Antragstellers vorgelegt werden. In diesen Ersuchen sollte um Informationen
und Unterstützung für die Träger der elterlichen Verantwortung gebeten werden,
die die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung, insbesondere über das
Umgangsrecht und die Rückgabe des Kindes, im Gebiet der ersuchten Zentralen
Behörde erwirken wollen, erforderlichenfalls auch um Informationen darüber, wie
Prozesskostenhilfe erlangt werden kann; darin sollte darum ersucht werden,
durch Mediation oder andere Mittel der alternativen Streitbeilegung eine
Vereinbarung zwischen den Trägern der elterlichen Verantwortung zu erleichtern,
und das Gericht oder die zuständige Behörde sollten ersucht werden, zu prüfen,
ob Maßnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes getroffen
werden müssen.
(76)
Ein Beispiel für einen dringenden Fall, der eine
direkte erste Kontaktaufnahme zum Gericht oder zur zuständigen Behörde des
ersuchten Mitgliedstaats erlaubt, ist ein direktes Ersuchen an die zuständige
Behörde eines anderen Mitgliedstaats, wonach geprüft werden soll, ob Maßnahmen
zum Schutz des Kindes getroffen werden müssen, wenn vermutet wird, dass für das
Kind eine unmittelbare Gefahr besteht. Die Verpflichtung, Ersuchen über die
Zentrale Behörde zu übermitteln, sollte nur für erste Ersuchen gelten; jede
anschließende Kommunikation mit dem Gericht, der zuständigen Behörde oder dem
Antragsteller könnte auch direkt erfolgen.
(77)
Die Zentralen Behörden oder zuständigen Behörden
sollten nicht daran gehindert werden, Vereinbarungen oder Abmachungen mit den
Zentralen Behörden oder zuständigen Behörden eines oder mehrerer anderer
Mitgliedstaaten zu treffen oder beizubehalten, wonach eine direkte Kommunikation
in ihren gegenseitigen Beziehungen zulässig ist. Die zuständigen Behörden
sollten ihre Zentralen Behörden über derartige Vereinbarungen oder Abmachungen
unterrichten.
(78)
In bestimmten Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung
fallen, sollten die Zentralen Behörden bei der Unterstützung der Gerichte und
zuständigen Behörden sowie der Träger der elterlichen Verantwortung
zusammenarbeiten. Zu der Unterstützung durch die ersuchte Zentrale Behörde
sollte insbesondere gehören, das Kind direkt oder über Gerichte, zuständige
Behörden oder andere Stellen ausfindig zu machen, wenn dies erforderlich ist,
um einem Ersuchen nach dieser Verordnung nachzukommen, und alle anderen
Informationen bereitzustellen, die für das Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung sachdienlich sind.
(79)
Die ersuchten Zentralen Behörden sollten
außerdem alle geeigneten Schritte unternehmen, um erforderlichenfalls die
Kommunikation zwischen den Gerichten zu erleichtern, und zwar insbesondere in
Bezug auf die Anwendung der Vorschriften über die Übertragung der
Zuständigkeit, über einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen in
dringenden Fällen, insbesondere wenn sie im Zusammenhang mit internationaler
Kindesentführung darauf abzielen, das Kind vor einer schwerwiegenden Gefahr im
Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980
zu schützen, sowie über die Rechtshängigkeit und abhängige Verfahren. Zu diesem
Zweck ist es möglich, dass in bestimmten Fällen die Bereitstellung von
Informationen für eine weitere direkte Kommunikation, beispielsweise die
Bereitstellung von Kontaktangaben von Kinderschutzbehörden, der dem Netz
angeschlossenen Richter oder des zuständigen Gerichts, ausreicht.
(80)
Um die Ziele dieser Verordnung zu erreichen,
sollte ein ersuchendes Gericht oder eine zuständige Behörde unbeschadet der für
sie geltenden nationalen verfahrensrechtlichen Erfordernisse frei zwischen den
verschiedenen Kanälen wählen können, die ihnen zur Verfügung stehen, um die
erforderlichen Informationen zu erhalten.
(81)
Werden in einem begründeten Ersuchen ein Bericht
oder eine andere in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung relevante
Informationen im ersuchenden Mitgliedstaat angefordert, so sollten die Zentralen
Behörden – direkt oder über die Gerichte –, zuständigen Behörden oder anderen
Stellen des ersuchten Mitgliedstaats diesem Ersuchen nachkommen. Das Ersuchen
sollte insbesondere eine Beschreibung der Verfahren, für das die Informationen
benötigt werden, sowie den Sachverhalt enthalten, der diesen Verfahren zugrunde
liegt.
(82)
Hat ein Gericht eines Mitgliedstaats bereits
eine Entscheidung in einem Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
getroffen oder steht kurz davor, eine solche Entscheidung zu treffen, und soll
diese Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat umgesetzt werden, so sollte
das Gericht die Gerichte oder zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaats
auffordern können, bei der Umsetzung der Entscheidung Unterstützung zu leisten.
Dies sollte beispielsweise für Entscheidungen gelten, mit denen das Recht auf
begleiteten Umgang gewährt wird, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem
Mitgliedstaat des Gerichts ausgeübt werden soll, das das Umgangsrecht gewährt
hat, oder für Entscheidungen, die sonstige Begleitmaßnahmen des Gerichts oder
der zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Entscheidung umzusetzen
ist, nach sich ziehen.
(83)
Zieht ein Gericht oder eine zuständige Behörde
eines Mitgliedstaats die Unterbringung eines Kindes in einem anderen
Mitgliedstaat in Erwägung, so sollte vor der Unterbringung ein
Konsultationsverfahren zur Einholung der Zustimmung durchgeführt werden. Vor
der Anordnung oder Veranlassung der Unterbringung sollte das Gericht oder die
anordnende Behörde die Zustimmung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats
erhalten, in dem das Kind untergebracht werden würde. Außerdem haben die
Mitgliedstaaten im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs für die gemäß
der Verordnung einzuholende Zustimmung klare Regeln und Verfahren vorzusehen,
um Rechtssicherheit und Schnelligkeit zu gewährleisten. Die Verfahren sollten
unter anderem der zuständigen Behörde ermöglichen, ihre Zustimmung rasch zu
erteilen oder zu verweigern. Geht innerhalb von drei Monaten keine Antwort ein,
so sollte dies nicht als Zustimmung aufgefasst werden, und ohne Zustimmung
sollte die Unterbringung nicht erfolgen. Das Ersuchen um Zustimmung sollte
zumindest einen Bericht über das Kind zusammen mit den Gründen für die geplante
Unterbringung oder Betreuung, die voraussichtliche Dauer der Unterbringung,
Informationen über jede in Betracht gezogene Finanzierung enthalten, dazu noch
alle anderen Informationen, die der ersuchte Mitgliedstaat als relevant
erachten könnte, wie die geplante Überwachung der Maßnahme, Regelungen für den
Kontakt zu den Eltern, anderen Verwandten oder anderen Personen, zu denen das
Kind eine enge Beziehung hat, oder die Gründe, aus denen ein derartiger Kontakt
in Anbetracht des Artikels 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht in Erwägung gezogen wird. Wurde die
Zustimmung zur Unterbringung für eine bestimmte Dauer erteilt, so sollte diese
Zustimmung in Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht für
Entscheidungen oder Regelungen gelten, mit denen die Dauer der Unterbringung
verlängert wird. Unter diesen Umständen sollte ein neues Ersuchen um Zustimmung
ergehen.
(84)
Wird im Mitgliedstaat des gewöhnlichen
Aufenthalts eines Kindes eine Entscheidung in Erwägung gezogen, das Kind in
einem Heim oder in Pflege unterzubringen, so sollte das Gericht in der
frühesten Verfahrensphase geeignete Maßnahmen in Betracht ziehen, mit denen die
Rechte des Kindes gewahrt werden, insbesondere das Recht, seine Identität und
das Recht auf Kontakt zu den Eltern oder gegebenenfalls zu anderen Verwandten
im Einklang mit den Artikeln 8, 9 und 20 des VN-Kinderrechtsübereinkommens zu
behalten. Ist dem Gericht bekannt, dass das Kind eine enge Bindung zu einem
anderen Mitgliedstaat hat, könnten die geeigneten Maßnahmen insbesondere eine
Benachrichtigung der konsularischen Vertretung dieses Mitgliedstaats umfassen,
wenn Artikel 37 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens über konsularische
Beziehungen gilt. Dieses Wissen könnte auch aufgrund von Informationen der
Zentralen Behörde dieses anderen Mitgliedstaats vorhanden sein. Im Rahmen
dieser geeigneten Maßnahmen könnte auch ein Ersuchen gemäß dieser Verordnung an
diesen Mitgliedstaat gerichtet werden, in dem um Informationen über einen
Elternteil, einen Verwandten oder andere Personen gebeten wird, die geeignet
sein könnten, für das Kind zu sorgen. Je nach den Umständen kann das Gericht
außerdem um Informationen über Verfahren und Entscheidungen betreffend einen Elternteil
oder Geschwister des Kindes ersuchen. Wichtigster Gesichtspunkt sollte nach wie
vor das Kindeswohl sein. Insbesondere sollte keine dieser Bestimmungen die
nationalen Rechtsvorschriften oder Verfahren für eine etwaige
Unterbringungsentscheidung berühren, die ein Gericht oder eine zuständige
Behörde in dem Mitgliedstaat erlassen hat, der diese Unterbringung in Betracht
zieht. Insbesondere wären die Behörden des Mitgliedstaats, der die gerichtliche
Zuständigkeit besitzt, durch diese Bestimmungen nicht verpflichtet, das Kind in
einem anderen Mitgliedstaat unterzubringen oder diesen Mitgliedstaat weiter an
Unterbringungsentscheidungen oder -verfahren zu beteiligen.
(85)
Da in einem Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung Zeit ein entscheidender Faktor ist, sollten die Informationen,
die nach den Bestimmungen dieser Verordnung über Zusammenarbeit –
einschließlich über die Erhebung und den Austausch von Informationen in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung – erforderlich sind, und die
Entscheidung, in der die Zustimmung zur Unterbringung eines Kindes in einem
anderen Mitgliedstaat gewährt oder verweigert wird, dem ersuchenden
Mitgliedstaat von der Zentralen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats spätestens
drei Monate nach Eingang des Ersuchens übermittelt werden, es sei denn, dass
dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist. In diesem
Zusammenhang ist die zuständige nationale Behörde auch verpflichtet, die
Informationen zur Verfügung zu stellen oder der ersuchten Zentralen Behörde zu
erklären, warum sie dazu nicht in der Lage ist, und zwar so rechtzeitig, dass
diese imstande ist, diesen Zeitrahmen einzuhalten. Dennoch sollten alle
beteiligten zuständigen Behörden sich darum bemühen, noch vor Ablauf dieser
Höchstfrist zu antworten.
(86)
Der Umstand, dass die Einberufung der
Zusammenkünfte der Zentralen Behörden insbesondere durch die Kommission im
Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen im
Einklang mit der Entscheidung 2001/470/EG erfolgt, steht dem nicht entgegen,
dass andere Zusammenkünfte der Zentralen Behörden abgehalten werden.
(87)
Wenn in dieser Verordnung nichts anderes
vorgesehen ist, sollte die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments
und des Rates (9) für die in Anwendung der
vorliegenden Verordnung erfolgende Verarbeitung personenbezogener Daten durch
die Mitgliedstaaten gelten. Um die Erledigung eines Ersuchens nach dieser
Verordnung nicht aufs Spiel zu setzen, das beispielsweise die Rückgabe des
Kindes gemäß dem Haager Übereinkommen von 1980 oder die gerichtliche Prüfung
der Frage zum Gegenstand hat, ob Maßnahmen zum Schutz der Person und des
Vermögens des Kindes zu treffen sind, darf insbesondere die Inkenntnissetzung
der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absätze 1 bis 4 der Verordnung (EU)
2016/679 – etwa von für das Auffinden des Kindes erforderlichen Angaben –
aufgeschoben werden, bis das Ersuchen, für das diese Informationen erforderlich
sind, erledigt ist. Diese Ausnahme steht im Einklang mit Artikel 14 Absatz 5
sowie Artikel 23 Absatz 1 Buchstaben f, g, i und j der Verordnung (EU)
2016/679. Dies sollte einen Vermittler, ein Gericht oder eine zuständige
Behörde, dem/der die Informationen übermittelt wurden, nicht daran hindern,
Maßnahmen zum Schutz des Kindes zu ergreifen oder derartige Maßnahmen zu
veranlassen, wenn die Gefahr besteht, dass das Kind Schaden nehmen könnte, oder
es Anhaltspunkte für eine derartige Gefahr gibt.
(88)
In Fällen, in denen die Offenlegung oder
Bestätigung der einschlägigen Informationen die Gesundheit, Sicherheit oder
Freiheit des Kindes oder einer anderen Person in Gefahr gebracht werden könnte,
wie beispielsweise in Fällen häuslicher Gewalt, in denen ein Gericht angeordnet
hat, dass die neue Anschrift des Kindes dem Antragsteller nicht bekanntgemacht
werden darf, wird in dieser Verordnung ein sorgsam austariertes Gleichgewicht
angestrebt. Diese Verordnung sollte zwar vorsehen, dass eine Zentrale Behörde,
ein Gericht oder eine zuständige Behörde dem Antragsteller oder einer dritten
Partei Informationen, die für die Zwecke dieser Verordnung zusammengestellt
oder weitergegeben wurden, nicht offenlegen oder bestätigen sollte, wenn
ihres/seines Erachtens durch eine solche Offenlegung oder Bestätigung die
Gesundheit, Sicherheit oder Freiheit des Kindes oder einer anderen Person in
Gefahr gebracht würde, jedoch sollte die Verordnung betonen, dass dies nicht
der Erhebung und Weitergabe von Informationen durch die Zentralen Behörden,
Gerichte und zuständigen Behörden und zwischen ihnen entgegenstehen sollte,
insofern diese zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aufgrund dieser Verordnung
erforderlich sind. Das bedeutet, dass es möglich sein sollte, einen Antrag nach
dieser Verordnung zu bearbeiten, ohne dass dem Antragsteller alle zu seiner Bearbeitung
erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden, wenn dies möglich
und angezeigt ist. Wenn es im nationalen Recht vorgesehen ist, könnte
beispielsweise eine Zentrale Behörde Verfahren im Namen eines Antragstellers
einleiten, ohne dem Antragsteller die Informationen über den Aufenthaltsort des
Kindes zur Verfügung zu stellen. In Fällen, in denen schon das Ersuchen selbst
die Gesundheit, Sicherheit oder Freiheit des Kindes oder einer anderen Person
in Gefahr bringen könnte, sollte nach dieser Verordnung keine Verpflichtung zu
einem derartigen Ersuchen bestehen.
(89)
Um sicherzustellen, dass die im Zusammenhang mit
der Anwendung der Kapitel III und IV dieser Verordnung zu verwendenden
Bescheinigungen stets auf dem neuesten Stand sind, sollte der Kommission die
Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Rechtsakte hinsichtlich Änderungen
der Anhänge I bis IX dieser Verordnung zu erlassen. Es ist von besonderer
Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene
Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit
den Grundsätzen im Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen
Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (10)
niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an
der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu sorgen, erhält der Rat alle
Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und
ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der
Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der
delegierten Rechtsakte befasst sind.
(90)
Die Kontinuität zwischen dem auf der Grundlage
von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union ausgearbeitete
Übereinkommen von 1998 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen (im Folgenden
"Brüssel-II-Übereinkommen") (11), der
Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 und der
vorliegenden Verordnung sollte gewährleistet werden, soweit die Bestimmungen
unverändert geblieben sind, und zu diesem Zweck sollten Übergangsbestimmungen
festgelegt werden. Die gleiche Kontinuitätsanforderung gilt auch für die
Auslegung – auch durch den Gerichtshof – des Brüssel-II- Übereinkommens und der
Verordnungen (EG) Nr. 1347/2000 und (EG) Nr. 2201/2003.
(91)
Es sei darauf hingewiesen, dass für Abkommen mit
einem oder mehreren Drittstaaten, die von einem Mitgliedstaat vor dem Zeitpunkt
seines Beitritts zur Union geschlossen wurden, Artikel 351 AEUV Anwendung
findet.
(92)
Das für Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung geltende Recht sollte im Einklang mit den Bestimmungen des
Kapitels III des Haager Übereinkommens von 1996 festgelegt werden. Bei der
Anwendung dieses Übereinkommens in Verfahren vor einem Gericht eines
Mitgliedstaats, in dem diese Verordnung gilt, sollte die Bezugnahme in Artikel
15 Absatz 1 dieses Übereinkommens auf die "Bestimmungen des Kapitels
II" dieses Übereinkommens als Bezugnahme auf die "Bestimmungen dieser
Verordnung" verstanden werden.
(93)
Um eine ordnungsgemäße Anwendung dieser
Verordnung sicherzustellen, sollte die Kommission deren Durchführung prüfen und
gegebenenfalls die notwendigen Änderungen vorschlagen.
(94)
Die Kommission sollte die von den
Mitgliedstaaten übermittelten Angaben veröffentlichen und aktualisieren.
(95)
Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem
Vertrag über die Europäische Union (EUV) und dem AEUV beigefügten Protokolls
Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich
des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts haben jene
Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser
Verordnung beteiligen möchten.
(96)
Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem
AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich
Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark weder bindend
noch ihm gegenüber anwendbar ist.
(97)
Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde
gemäß Artikel 41 Absatz 2 Unterabsatz 2 und Artikel 46 Buchstabe d der
Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) angehört und hat am 15. Februar 2018 eine
Stellungnahme abgegeben (13).
(98)
Da die Ziele dieser Verordnung aufgrund der
Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften über die Zuständigkeit und
die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf Ebene der
Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können, sondern wegen der
unmittelbaren Geltung und Verbindlichkeit dieser Verordnung besser auf
Unionsebene zu erreichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5
EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in
demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese
Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß
hinaus —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
ANWENDUNGSBEREICH
UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Anwendungsbereich
(1) Diese
Verordnung gilt für Zivilsachen mit folgendem Gegenstand:
a)
die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung
des Ehebandes und die Ungültigerklärung einer Ehe,
b)
die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung
sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung.
(2) Die
in Absatz 1 Buchstabe b genannten Zivilsachen umfassen insbesondere:
a)
das Sorgerecht und das Umgangsrecht,
b)
die Vormundschaft, die Pflegschaft und
entsprechende Rechtsinstitute,
c)
die Bestimmung und den Aufgabenbereich jeder
Person oder Stelle, die für die Person oder das Vermögen eines Kindes
verantwortlich ist, oder ein Kind vertritt oder ihm beisteht,
d)
die Heim- oder Pflegeunterbringung eines Kindes,
e)
die Maßnahmen zum Schutz eines Kindes im
Zusammenhang mit der Verwaltung und Erhaltung seines Vermögens oder der
Verfügung darüber.
(3) Die
Kapitel III und VI dieser Verordnung
gelten bei widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes, von dem
mehr als ein Mitgliedstaat betroffen ist, in Ergänzung des Haager
Übereinkommens von 1980. Kapitel IV dieser Verordnung gilt
für Entscheidungen, in denen nach dem Haager Übereinkommen von 1980 die
Rückgabe eines Kindes in einen anderen Mitgliedstaat angeordnet wird und die in
einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden müssen als in dem Mitgliedstaat,
in dem sie ergangen sind.
(4) Diese
Verordnung gilt nicht für
a)
die Feststellung und die Anfechtung des
Eltern-Kind-Verhältnisses,
b)
Adoptionsentscheidungen und Maßnahmen zur
Vorbereitung einer Adoption sowie die Ungültigerklärung und den Widerruf der
Adoption,
c)
Namen und Vornamen eines Kindes,
d)
die Volljährigkeitserklärung,
e)
Unterhaltspflichten,
f)
Trusts oder Erbschaften,
g)
Maßnahmen infolge von Straftaten, die von
Kindern begangen wurden.
Begriffsbestimmungen
(1) Für
die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Entscheidung"
eine Entscheidung eines Gerichts eines Mitgliedstaats einschließlich einer
Verfügung, eines Beschlusses oder eines Urteils, mit der die Ehescheidung, die
Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe
ausgesprochen wird, oder in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung;
Für die Zwecke des Kapitels IV schließt der Ausdruck
"Entscheidung" Folgendes ein:
a) eine
in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, in der nach dem Haager
Übereinkommen von 1980 die Rückgabe eines Kindes in einen anderen Mitgliedstaat
angeordnet wird und die in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden muss
als in dem Mitgliedstaat, in dem sie ergangen ist;
b)
einstweilige Maßnahmen einschließlich
Schutzmaßnahmen, die von einem Gericht, das nach dieser Verordnung in der
Hauptsache zuständig ist, angeordnet werden, oder Maßnahmen, die gemäß Artikel
27 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 15 angeordnet werden;
Für die Zwecke des Kapitels IV schließt der Ausdruck
"Entscheidung" keine einstweiligen Maßnahmen einschließlich
Schutzmaßnahmen ein, die ohne Ladung des Antragsgegners angeordnet wurden, es
sei denn, die die Maßnahme enthaltende Entscheidung wird dem Antragsgegner vor
der Vollstreckung zugestellt;
(2) Für
die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet ferner der Ausdruck
1.
"Gericht" jede Behörde der
Mitgliedstaaten, die für Rechtssachen zuständig ist, die in den
Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen;
2.
"öffentliche Urkunde" ein
Schriftstück, das in den in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden
Angelegenheiten als öffentliche Urkunde in einem Mitgliedstaat förmlich
errichtet oder eingetragen worden ist und dessen Beweiskraft
a)
sich auf die Unterschrift und den Inhalt der
Urkunde bezieht und
b)
durch eine Behörde oder eine andere hierzu
ermächtigte Stelle festgestellt worden ist. Die Mitgliedstaaten teilen der
Kommission gemäß Artikel 103 die betreffenden Behörden
und Stellen mit;
3. "Vereinbarung"
für die Zwecke des Kapitels IV ein Schriftstück, das keine öffentliche Urkunde
ist, in den in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden
Angelegenheiten von den Parteien erstellt wurde und von einer von einem
Mitgliedstaat der Kommission hierzu gemäß Artikel 103
mitgeteilten Behörde eingetragen wurde;
4.
"Ursprungsmitgliedstaat" den
Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung ergangen ist, die öffentliche Urkunde förmlich
errichtet oder eingetragen worden ist oder die Vereinbarung eingetragen worden
ist;
5.
"Vollstreckungsmitgliedstaat" den
Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung, öffentliche Urkunde oder Vereinbarung
vollstreckt werden soll;
6.
"Kind" jede Person unter 18 Jahren;
7.
"elterliche Verantwortung" die
gesamten Rechte und Pflichten, die einer natürlichen oder juristischen Person
durch Entscheidung oder kraft Gesetzes oder durch eine rechtlich verbindliche
Vereinbarung betreffend die Person oder das Vermögen eines Kindes übertragen
wurden, einschließlich des Sorge- und des Umgangsrechts;
8.
"Träger der elterlichen Verantwortung"
jede Person, Einrichtung oder sonstige Stelle, die die elterliche Verantwortung
für ein Kind ausübt;
9.
"Sorgerecht" die Rechte und Pflichten,
die mit der Sorge für die Person eines Kindes verbunden sind, und insbesondere
das Recht auf die Bestimmung des Aufenthaltsortes eines Kindes;
10. "Umgangsrecht"
das Recht auf Umgang mit dem Kind, einschließlich des Rechts, das Kind für eine
begrenzte Zeit an einen anderen Ort als seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort zu
bringen;
11. "widerrechtliches
Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes" das Verbringen oder
Zurückhalten eines Kindes, wenn
a)
durch eine solches Verbringen oder Zurückhalten
das Sorgerecht verletzt wird, das aufgrund einer Entscheidung, kraft Gesetzes
oder durch eine rechtlich verbindliche Vereinbarung nach dem Recht des
Mitgliedstaats besteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder
Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und
b)
das Sorgerecht zum Zeitpunkt des Verbringens
oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder
ausgeübt worden wäre, wenn das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden
hätte.
(3) Für
die Zwecke der Artikel 3, 6, 10, 12, 13, 51, 59, 75, 94 und 102 ersetzt für Irland und das
Vereinigte Königreich das Konzept des "domicile" jenes der
"Staatsangehörigkeit", und dieser Begriff hat dieselbe Bedeutung wie
nach jeder der Rechtsordnungen jener Mitgliedstaaten.
ZUSTÄNDIGKEIT IN EHESACHEN UND IN VERFAHREN
BETREFFEND DIE ELTERLICHE VERANTWORTUNG
ABSCHNITT
1
Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des
Ehebandes und Ungültigerklärung einer Ehe
Allgemeine Zuständigkeit
Für
Entscheidungen über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes
oder die Ungültigerklärung einer Ehe sind die Gerichte des Mitgliedstaats
zuständig,
a)
in dessen Hoheitsgebiet
i)
beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt
haben,
ii)
die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen
Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen
Aufenthalt hat,
iii)
der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hat,
iv)
im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der
Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
v)
der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der
Antragstellung aufgehalten hat, oder
vi)
der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der
Antragstellung aufgehalten hat und Staatsangehöriger des betreffenden
Mitgliedstaats ist, oder
b)
dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten
besitzen.
Gegenantrag
Das Gericht, bei dem ein Antrag gemäß Artikel 3
anhängig ist, ist auch für einen Gegenantrag zuständig, sofern dieser in den
Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt.
Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung
des Ehebandes in eine Ehescheidung
Unbeschadet des Artikels 3 ist das Gericht eines
Mitgliedstaats, das eine Entscheidung erlassen hat, mit der die Trennung ohne
Auflösung des Ehebandes ausgesprochen wird, auch für die Umwandlung dieser
Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung zuständig, sofern
dies im Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist.
Restzuständigkeit
(1) Soweit
sich aus den Artikeln 3, 4 und 5 keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats
ergibt, bestimmt sich vorbehaltlich des Absatzes 2
die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach dem Recht dieses Staats.
(2) Gegen
einen Ehegatten, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines
Mitgliedstaats hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf ein
Verfahren vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur nach Maßgabe der
Artikel 3, 4 und 5
geführt werden.
(3) Jeder
Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat, kann die in diesem
Mitgliedstaat geltenden Zuständigkeitsvorschriften wie ein Staatsangehöriger
dieses Mitgliedstaats gegenüber einem Antragsgegner geltend machen, der weder
seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch
die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.
Elterliche Verantwortung
Allgemeine Zuständigkeit
(1) Für
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sind die Gerichte des
Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(2) Absatz
1 dieses Artikels findet vorbehaltlich der Artikel 8 bis 10 Anwendung.
Aufrechterhaltung der Zuständigkeit in
Bezug auf das Umgangsrecht
(1) Beim
rechtmäßigen Umzug eines Kindes von einem Mitgliedstaat in einen anderen, durch
den es dort einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt erlangt, verbleibt abweichend
von Artikel 7 die Zuständigkeit für eine Änderung einer
vor dem Umzug des Kindes in jenem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über
das Umgangsrecht nach dem Umzug drei Monate lang bei den Gerichten des früheren
gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes, wenn sich die laut der Entscheidung
umgangsberechtigte Person weiterhin gewöhnlich in dem Mitgliedstaat des
früheren gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes aufhält.
(2) Absatz
1 findet keine Anwendung, wenn die
umgangsberechtigte Person im Sinne des Absatzes 1
die Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats des neuen gewöhnlichen
Aufenthalts des Kindes dadurch anerkannt hat, dass sie sich an Verfahren vor
diesen Gerichten beteiligt, ohne ihre Zuständigkeit anzufechten.
Zuständigkeit im Fall eines
widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens eines Kindes
Vorbehaltlich des Artikels 10 bleiben bei
widerrechtlichem Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes die Gerichte des
Mitgliedstaats, in dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen
oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, so lange zuständig, bis
das Kind einen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat erlangt
hat und
a)
jede sorgeberechtigte Person, Behörde oder
sonstige Stelle dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt hat oder
b)
das Kind sich in diesem anderen Mitgliedstaat
mindestens ein Jahr aufgehalten hat, nachdem die sorgeberechtigte Person,
Behörde oder sonstige Stelle seinen Aufenthaltsort kannte oder hätte kennen
müssen und sich das Kind in seiner neuen Umgebung eingelebt hat, sofern eine
der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
i)
Innerhalb eines Jahres, nachdem der Sorgeberechtigte
den Aufenthaltsort des Kindes kannte oder hätte kennen müssen, wurde kein
Antrag auf Rückgabe des Kindes bei den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats
gestellt, in den das Kind verbracht wurde oder in dem das Kind zurückgehalten
wird;
ii)
ein von dem Sorgeberechtigten gestellter
Rückgabeantrag wurde zurückgezogen, und innerhalb der in Ziffer i genannten Frist wurde kein neuer Antrag gestellt;
iii)
ein vom Sorgeberechtigten gestellter
Rückgabeantrag wurde von einem Gericht eines Mitgliedstaats aus anderen als den
in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 13 Absatz 2 des Haager
Übereinkommens von 1980 angegebenen Gründen abgelehnt und gegen diese
Entscheidung kann kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr eingelegt werden;
iv)
in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind
unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wurde kein Gericht angerufen, wie in Artikel 29
Absätze 3 und 5
vorgesehen;
v)
von den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem das
Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wurde eine Sorgerechtsentscheidung erlassen, in
der die Rückgabe des Kindes nicht angeordnet wurde.
Gerichtsstandsvereinbarungen
(1) Die
Gerichte eines Mitgliedstaats sind zuständig für Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung, wenn
a) eine
wesentliche Bindung des Kindes zu diesem Mitgliedstaat besteht, insbesondere
weil
i)
mindestens einer der Träger der elterlichen
Verantwortung in diesem Mitgliedstaat seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat;
ii)
das Kind in diesem Mitgliedstaat früher seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte; oder
iii)
das Kind die Staatsangehörigkeit dieses
Mitgliedstaats besitzt;
b)
die Parteien sowie alle
anderen Träger der elterlichen Verantwortung
i)
spätestens zum Zeitpunkt der Anrufung des
Gerichts die Zuständigkeit frei vereinbart haben; oder
ii)
die Zuständigkeit im Laufe des Verfahrens
ausdrücklich anerkannt haben und das Gericht dafür Sorge getragen hat, dass
alle Parteien von ihrem Recht, die Zuständigkeit des Gerichts anzufechten, in
Kenntnis gesetzt wurden; und
c)
die Wahrnehmung der Zuständigkeit im Einklang
mit dem Kindeswohl steht.
(2) Eine
Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Absatz 1 Buchstabe b
wird von den betreffenden Parteien schriftlich niedergelegt, datiert und
unterzeichnet oder gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren in das
Gerichtsprotokoll aufgenommen. Elektronische Übermittlungen, die eine
dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform
gleichgestellt.
Personen, die nach der Anrufung des Gerichts Verfahrensparteien werden,
können ihre Zustimmung nach Anrufung des Gerichts bekunden. Widersprechen sie
nicht, wird ihr Einverständnis als stillschweigend gegeben angenommen.
(3) Sofern
die Parteien nichts anderes vereinbaren, endet die Zuständigkeit gemäß Absatz 1, sobald
a)
gegen die in diesem Verfahren ergangene
Entscheidung kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr eingelegt werden kann oder
b)
das Verfahren aus einem anderen Grund beendet
wurde.
(4) Die
Zuständigkeit gemäß Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii
ist ausschließlich.
Zuständigkeit aufgrund der Anwesenheit des
Kindes
(1) Kann
weder der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes festgestellt noch die
Zuständigkeit gemäß Artikel 10 bestimmt werden, sind die
Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem sich das Kind befindet.
(2) Die
Zuständigkeit nach Absatz 1 gilt auch für Kinder,
die Flüchtlinge oder aufgrund von Unruhen in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen
Aufenthalts ihres Landes Vertriebene sind.
Übertragung der Zuständigkeit an ein
Gericht eines anderen Mitgliedstaats
(1) Ist
ein für die Entscheidung in der Hauptsache zuständiges Gericht eines
Mitgliedstaats der Auffassung, dass ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats,
zu dem das Kind eine besondere Bindung hat, das Kindeswohl in dem konkreten
Fall besser beurteilen kann, so kann es unter außergewöhnlichen Umständen auf
Antrag einer der Parteien oder von Amts wegen das Verfahren oder einen
bestimmten Teil des Verfahrens aussetzen und entweder
a) einer
oder mehreren Parteien eine Frist setzen, um das Gericht dieses anderen
Mitgliedstaats vom anhängigen Verfahren und der Möglichkeit einer Übertragung
der Zuständigkeit zu unterrichten und einen Antrag bei diesem Gericht
einzureichen, oder
b) ein
Gericht eines anderen Mitgliedstaats ersuchen, sich gemäß Absatz 2 für zuständig zu erklären.
(2) Das
Gericht dieses anderen Mitgliedstaats kann sich, wenn dies aufgrund der
besonderen Umstände des Falls dem Kindeswohl entspricht, innerhalb von sechs
Wochen für zuständig erklären, nachdem es
a)
gemäß Absatz 1 Buchstabe a
angerufen wurde, oder
b)
das Ersuchen gemäß Absatz 1 Buchstabe b erhalten hat.
Das Gericht, das als zweites angerufen oder ersucht wurde, sich für
zuständig zu erklären, unterrichtet unverzüglich das zuerst angerufene Gericht.
Übernimmt es die Zuständigkeit, erklärt sich das zuerst angerufene Gericht für
unzuständig.
(3) Das
zuerst angerufene Gericht seine Zuständigkeit weiter wahrnimmt, wenn es die
Erklärung des Gerichts des anderen Mitgliedstaats betreffend die Übernahme der
Zuständigkeit nicht binnen sieben Wochen erhalten hat, nachdem
a)
die den Parteien gesetzte Frist für die
Einreichung eines Antrags bei dem Gericht eines anderen Mitgliedstaats gemäß
Absatz 1 Buchstabe a verstrichen ist; oder
b)
dieses Gericht das Ersuchen gemäß Absatz 1
Buchstabe b erhalten hat.
(4) Für
die Zwecke des Absatzes 1 wird davon ausgegangen,
dass das Kind eine besondere Bindung zu dem Mitgliedstaat hat, wenn
a)
das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in
diesem Mitgliedstaat erworben hat, nachdem das Gericht gemäß Absatz 1 angerufen wurde;
b)
das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in
diesem Mitgliedstaat hatte;
c)
das Kind die Staatsangehörigkeit dieses
Mitgliedstaats besitzt;
d)
ein Träger der elterlichen Verantwortung seinen
gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat hat; oder
e)
die Streitsache Maßnahmen zum Schutz des Kindes
im Zusammenhang mit der Verwaltung oder der Erhaltung des Vermögens des Kindes
oder der Verfügung über dieses Vermögen betrifft und sich dieses Vermögen im
Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet.
(5) Wenn
nach Artikel 10 die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts
bestimmt wurde, kann dieses Gericht die Zuständigkeit nicht einem Gericht eines
anderen Mitgliedstaats übertragen.
Ersuchen um Übertragung der Zuständigkeit
durch ein Gericht eines nicht zuständigen Mitgliedstaats
(1) Vertritt
ein Gericht eines Mitgliedstaats, der nach dieser Verordnung nicht zuständig
ist, zu dem das Kind jedoch eine besondere Bindung gemäß Artikel 12 Absatz 4 besitzt, die Auffassung, dass es das Kindeswohl in
dem Einzelfall besser beurteilen kann, so kann es unter außergewöhnlichen
Umständen vorbehaltlich des Artikels 9 um Übertragung der
Zuständigkeit vom Gericht des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des
Kindes ersuchen.
(2) Binnen
sechs Wochen nach Eingang des Ersuchens gemäß Absatz 1
kann das ersuchte Gericht zustimmen, seine Zuständigkeit zu übertragen, wenn
eine solche Übertragung nach seiner Auffassung aufgrund der besonderen Umstände
des Falls dem Kindeswohl entspricht. Wenn das ersuchte Gericht der Übertragung
seiner Zuständigkeit zustimmt, setzt es das ersuchende Gericht unverzüglich
davon in Kenntnis. Wurde dem Ersuchen innerhalb der Frist nicht stattgegeben,
dann ist das ersuchende Gericht nicht zuständig.
Restzuständigkeit
Soweit sich aus den Artikeln 7 bis 11
keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt, bestimmt sich
die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach dem Recht dieses Mitgliedstaats.
Einstweilige Maßnahmen, einschließlich
Schutzmaßnahmen, in dringenden Fällen
(1) Selbst
wenn das Gericht eines anderen Mitgliedstaats für die Entscheidung in der
Hauptsache zuständig ist, sind in dringenden Fällen die Gerichte eines
Mitgliedstaats für die einstweiligen Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen
zuständig, die nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen sind für
a)
ein Kind, das sich in diesem Mitgliedstaat aufhält;
oder
b)
Vermögen, das einem Kind gehört und sich in
diesem Mitgliedstaat befindet.
(2) Sofern
der Schutz des Kindeswohls es erfordert, informiert das Gericht, das diese
Maßnahmen nach Absatz 1 dieses Artikels ergriffen hat,
unverzüglich das Gericht oder die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, der
nach Artikel 7 zuständig ist, oder gegebenenfalls ein
Gericht eines Mitgliedstaats, das die Zuständigkeit nach dieser Verordnung für
die Entscheidung in der Hauptsache ausübt, entweder direkt gemäß Artikel 86 oder über die nach Artikel 76
benannten Zentralen Behörden.
(3) Die
Maßnahmen nach Absatz 1 treten außer Kraft, sobald
das Gericht des Mitgliedstaats, der gemäß dieser Verordnung für die
Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, die Maßnahmen getroffen hat, die
es für angemessen hält.
Gegebenenfalls kann dieses Gericht das Gericht, das einstweilige Maßnahmen
einschließlich Schutzmaßnahmen getroffen hat, entweder direkt gemäß Artikel 86 oder über die nach Artikel 76
benannten Zentralen Behörden von seiner Entscheidung in Kenntnis setzen.
Vorfragen
(1) Hängt
der Ausgang eines Verfahrens in einer nicht in den Anwendungsbereich dieser
Verordnung fallenden Sache vor einem Gericht eines Mitgliedstaats von der
Beurteilung einer Vorfrage zur elterlichen Verantwortung ab, so kann ein
Gericht in dem betreffenden Mitgliedstaat diese Vorfrage für die Zwecke dieses
Verfahrens beurteilen, selbst wenn dieser Mitgliedstaat nach dieser Verordnung
nicht zuständig ist.
(2) Die
Beurteilung einer Vorfrage gemäß Absatz 1 entfaltet
nur in dem Verfahren, für das diese Beurteilung vorgenommen wurde, rechtliche
Wirkung.
(3) Ist
für die Gültigkeit einer Rechtshandlung, die im Namen eines Kindes in Erbsachen
bei einem Gericht eines Mitgliedstaats vorgenommen wurde oder vorzunehmen ist,
die Einwilligung oder Genehmigung seitens eines Gerichts erforderlich, so kann
ein Gericht in diesem Mitgliedstaat entscheiden, ob es in diese Rechtshandlung
einwilligt oder sie genehmigt, selbst wenn es nach dieser Verordnung nicht
zuständig ist.
(4) Artikel
15 Absatz 2 gilt entsprechend.
ABSCHNITT
3
Gemeinsame Bestimmungen
Anrufung eines Gerichts
Ein Gericht gilt als angerufen
a)
zu dem Zeitpunkt, zu dem das
verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei
Gericht eingereicht wurde, vorausgesetzt, dass der Antragsteller es in der
Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die
Zustellung des Schriftstücks an den Antragsgegner zu bewirken;
b)
falls die Zustellung an den Antragsgegner vor
Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist, zu dem Zeitpunkt, zu
dem die für die Zustellung verantwortliche Stelle das Schriftstück erhalten
hat, vorausgesetzt, dass der Antragsteller es in der Folge nicht versäumt hat,
die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um das Schriftstück bei Gericht
einzureichen; oder
c)
falls das Gericht das Verfahren von Amts wegen
einleitet, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Beschluss über die Einleitung des
Verfahrens vom Gericht gefasst oder, wenn ein solcher Beschluss nicht
erforderlich ist, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sache beim Gericht eingetragen
wird.
Prüfung der Zuständigkeit
Das Gericht eines Mitgliedstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig
zu erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, für die es nach dieser
Verordnung keine Zuständigkeit in der Hauptsache hat und für die das Gericht
eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung in der Hauptsache
zuständig ist.
Prüfung der Zulässigkeit
(1) Lässt
sich ein Antragsgegner, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem
Mitgliedstaat hat, in dem das Verfahren eingeleitet wurde, auf das Verfahren
nicht ein, so hat das zuständige Gericht das Verfahren so lange auszusetzen,
bis festgestellt ist, dass es dem Antragsgegner möglich war, das
verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so
rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte, oder dass alle
hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen wurden.
(2) Artikel
19 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 findet statt Absatz 1 Anwendung, wenn das
verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach
Maßgabe jener Verordnung von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu
übermitteln war.
(3) Ist
die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 nicht anwendbar, so gilt Artikel 15 des
Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher
und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen,
wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges
Schriftstück nach Maßgabe des genannten Übereinkommens ins Ausland zu
übermitteln war.
Rechtshängigkeit und abhängige Verfahren
(1) Werden
bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Anträge auf Ehescheidung, Trennung
ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe zwischen
denselben Parteien gestellt, so setzt das später angerufene Gericht das
Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen
Gerichts geklärt ist.
(2) Sofern
sich die Zuständigkeit eines der Gerichte nicht nur auf Artikel 15 stützt und bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten
Verfahren bezüglich der elterlichen Verantwortung für ein Kind wegen desselben
Anspruchs anhängig gemacht werden, so setzt das später angerufene Gericht das
Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen
Gerichts geklärt ist.
(3) Sobald
die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das
später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für
unzuständig.
In diesem Fall kann die Partei, die das Verfahren bei dem später
angerufenen Gericht anhängig gemacht hat, dieses Verfahren bei dem zuerst
angerufenen Gericht vorlegen.
(4) Wird
ein Gericht eines Mitgliedstaats angerufen, dem durch eine Anerkennung der
Zuständigkeit nach Artikel 10a die ausschließliche
Zuständigkeit übertragen wurde, so setzen die Gerichte eines anderen
Mitgliedstaats das Verfahren so lange aus, bis das auf der Grundlage der
Vereinbarung oder Anerkennung angerufene Gericht erklärt hat, dass es gemäß der
Vereinbarung oder Anerkennung nicht zuständig ist.
(5) Sobald
und soweit das Gericht die ausschließliche Zuständigkeit durch eine Anerkennung
der Zuständigkeit nach Artikel 10 festgestellt hat,
erklären sich die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats zugunsten dieses
Gerichts für unzuständig.
Recht des Kindes auf Meinungsäußerung
(1) Bei
der Ausübung ihrer Zuständigkeit nach Abschnitt 2
geben die Gerichte der Mitgliedstaaten im Einklang mit den nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren dem Kind, das fähig ist, sich seine eigene Meinung
zu bilden, eine echte und wirksame Gelegenheit, diese Meinung direkt oder durch
einen Vertreter oder eine geeignete Stelle zu äußern.
(2) Gibt
das Gericht im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren
einem Kind Gelegenheit zur Meinungsäußerung gemäß diesem Artikel, so misst es
der Meinung des Kindes entsprechend seinem Alter und seiner Reife gebührendes
Gewicht bei.
INTERNATIONALE KINDESENTFÜHRUNG
Rückgabe des Kindes nach dem Haager
Übereinkommen von 1980
Beantragt eine Person, Behörde oder sonstige Stelle direkt oder mit Hilfe
einer Zentralen Behörde unter Berufung auf eine Verletzung des Sorgerechts bei
dem Gericht eines Mitgliedstaats eine Entscheidung auf der Grundlage des Haager
Übereinkommens von 1980, mit der die Rückgabe eines Kindes unter 16 Jahren
angeordnet wird, das widerrechtlich in einen anderen Mitgliedstaat als den
Mitgliedstaat, in dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen
oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, verbracht wurde oder
dort zurückgehalten wird, so gelten die Artikel 23 bis 29 und Kapitel VI der
vorliegenden Verordnung ergänzend zum Haager Übereinkommen von 1980.
Entgegennahme und Bearbeitung von Anträgen
durch die Zentralen Behörden
(1) Die
ersuchte Zentrale Behörde bearbeitet einen auf das Haager Übereinkommen von
1980 gestützten Antrag im Sinne von Artikel 22 mit
gebotener Eile.
(2) Geht
bei der Zentralen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats ein Antrag gemäß Artikel
22 ein, bestätigt sie dessen Empfang binnen fünf
Arbeitstagen nach Eingang des Antrags. Sie unterrichtet ohne ungebührliche
Verzögerung die Zentrale Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats oder
gegebenenfalls den Antragsteller über die ersten Maßnahmen, die im Hinblick auf
den Antrag getroffen wurden oder noch getroffen werden, und kann weitere
erforderliche Unterlagen und Informationen anfordern.
Zügige Gerichtsverfahren
(1) Das
Gericht, bei dem die Rückgabe eines Kindes nach Artikel 22
beantragt wird, befasst sich mit gebotener Eile mit dem Antrag und bedient sich
dabei der zügigsten im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren.
(2) Unbeschadet
des Absatzes 1 erlässt ein Gericht erster Instanz
seine Entscheidung spätestens sechs Wochen nach seiner Anrufung, es sei denn,
dass dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist.
(3) Außer
wenn dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht möglich ist, erlässt ein
Gericht höherer Instanz seine Entscheidung spätestens sechs Wochen, nachdem
alle erforderlichen Verfahrensschritte durchgeführt wurden und das Gericht in
der Lage ist, den Rechtsbehelf entweder in einer Anhörung oder auf andere Weise
zu prüfen.
Alternative Streitbeilegungsverfahren
Das Gericht fordert die Parteien zum frühestmöglichen Zeitpunkt und in
jeder Lage des Verfahrens entweder direkt oder gegebenenfalls mit Hilfe der
Zentralen Behörden auf, zu prüfen, ob sie gewillt sind, eine Mediation oder
andere alternative Streitbeilegungsverfahren in Anspruch zu nehmen, es sei
denn, dass dies dem Kindeswohl widerspricht, im Einzelfall nicht angebracht
wäre oder das Verfahren hierdurch über Gebühr verzögert würde.
Recht des Kindes auf Meinungsäußerung im
Rückgabeverfahren
Artikel 21 dieser Verordnung gilt auch für
Rückgabeverfahren nach dem Haager Übereinkommen von 1980.
Verfahren für die Rückgabe des Kindes
(1) Ein
Gericht kann die Rückgabe eines Kindes nicht verweigern, wenn der Person, die
die Rückgabe des Kindes beantragt hat, nicht die Gelegenheit gegeben wurde,
gehört zu werden.
(2) Das
Gericht kann im Einklang mit Artikel 15 in jeder Lage des
Verfahrens prüfen, ob der Kontakt zwischen dem Kind und der Person, die dessen
Rückgabe beantragt, gewährleistet werden soll, wobei das Kindeswohl zu
berücksichtigen ist.
(3) Zieht
ein Gericht in Erwägung, die Rückgabe eines Kindes nur aufgrund von Artikel 13
Absatz 1 Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980 abzulehnen, lehnt es
die Rückgabe des Kindes nicht ab, wenn die Partei, die sich um die Rückgabe des
Kindes bemüht, das Gericht durch Vorlage hinreichender Nachweise davon
überzeugt oder das Gericht auf andere Weise zu der Überzeugung gelangt, dass
angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, um den Schutz des Kindes nach seiner
Rückgabe zu gewährleisten.
(4) Für
die Zwecke des Absatzes 3 dieses Artikels kann das
Gericht entweder direkt nach Artikel 86 oder mit Hilfe
der Zentralen Behörden mit den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats
kommunizieren, in dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen
oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
(5) Wenn
das Gericht die Rückgabe des Kindes anordnet, kann das Gericht gegebenenfalls
einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen nach Artikel 15 dieser Verordnung anordnen, um das Kind vor der
schwerwiegenden Gefahr im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b des Haager
Übereinkommens von 1980 zu schützen, sofern die Prüfung und Anordnung dieser
Maßnahmen das Rückgabeverfahren nicht über Gebühr verzögern würde.
(6) Eine
Entscheidung, mit der die Rückgabe des Kindes angeordnet wird, kann ungeachtet
der Einlegung eines Rechtsbehelfs für vorläufig vollstreckbar erklärt werden,
wenn die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über den Rechtsbehelf aus
Gründen des Kindeswohls erforderlich ist.
Vollstreckung von Entscheidungen, mit denen
die Rückgabe des Kindes angeordnet wird
(1) Eine
für die Vollstreckung zuständige Behörde, bei der die Vollstreckung einer Entscheidung
beantragt wird, mit der die Rückgabe eines Kindes in einen anderen
Mitgliedstaat angeordnet wird, bearbeitet den Antrag mit gebotener Eile.
(2) Wurde
eine Entscheidung gemäß Absatz 1 nicht binnen sechs
Wochen nach dem Tag der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens vollstreckt,
hat die die Vollstreckung betreibende Partei oder die Zentrale Behörde des
Vollstreckungsmitgliedstaats das Recht, von der für die Vollstreckung
zuständige Behörde eine Angabe der Gründe für die Verzögerung zu verlangen.
Verfahren im Anschluss an die Ablehnung der
Rückgabe des Kindes gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 13 Absatz
2 des Haager Übereinkommens von 1980
(1) Dieser
Artikel kommt zur Anwendung, wenn eine Entscheidung, die Rückgabe eines Kindes
in einen anderen Mitgliedstaat abzulehnen, sich nur auf Artikel 13 Absatz 1
Buchstabe b oder Artikel 13 Absatz 2 des Haager Übereinkommens von 1980 stützt.
(2) Das
Gericht, das eine Entscheidung gemäß Absatz 1 fällt,
stellt unter Verwendung des in Anhang I wiedergegebenen Formblatts von Amts
wegen eine Bescheinigung aus. Die Bescheinigung wird in der Sprache ausgefüllt
und ausgestellt, in der die Entscheidung abgefasst ist. Die Bescheinigung kann
auch in einer anderen Amtssprache der Organe der Europäischen Union, die von
einer Partei gewünscht wird, ausgestellt werden. Dies verpflichtet das die
Bescheinigung ausstellende Gericht nicht dazu, eine Übersetzung oder
Transliteration der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder bereitzustellen.
(3) Wenn
zu dem Zeitpunkt, zu dem das Gericht eine Entscheidung gemäß Absatz 1 fällt, ein Gericht in dem Mitgliedstaat, in dem das
Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, bereits mit einem Verfahren zur Prüfung des
Sorgerechts befasst wurde, übermittelt das Gericht, wenn es Kenntnis von diesem
Verfahren hat, binnen eines Monats ab der Entscheidung nach Absatz 1 dem Gericht dieses Mitgliedstaats direkt oder über
die Zentralen Behörden folgende Unterlagen:
a)
eine Abschrift seiner Entscheidung gemäß Absatz 1;
b)
die nach Absatz 2
ausgestellte Bescheinigung; und
c) gegebenenfalls
ein Protokoll, eine Zusammenfassung oder eine Niederschrift der Anhörung und
alle anderen Unterlagen, die es als sachdienlich erachtet.
(4) Das
Gericht in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind unmittelbar vor dem
widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hatte, kann erforderlichenfalls eine Partei auffordern, gemäß Artikel 91 eine Übersetzung oder Transliteration der Entscheidung
gemäß Absatz 1 und aller anderen der Bescheinigung
gemäß Absatz 3 Buchstabe c des vorliegenden
Artikels beigefügten Unterlagen vorzulegen.
(5) Wenn
in anderen als den in Absatz 3 genannten Fällen eine
der Parteien binnen drei Monaten nach Mitteilung der Entscheidung nach Absatz 1 ein Gericht in dem Mitgliedstaat, in dem das Kind
unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hatte, mit der Prüfung des Sorgerechts befasst, legt
sie dem Gericht folgende Unterlagen vor:
a)
eine Abschrift der Entscheidung gemäß Absatz 1;
b)
die nach Absatz 2
ausgestellte Bescheinigung; und
c)
gegebenenfalls ein Protokoll, eine
Zusammenfassung oder eine Niederschrift der Anhörung vor dem Gericht, das die
Rückgabe des Kindes abgelehnt hat.
(6) Unbeschadet
einer Entscheidung gemäß Absatz 1, ein Kind nicht
zurückzugeben, ist jede Sorgerechtsentscheidung, die in einem Verfahren gemäß
den Absätzen 3 und 5
ergeht und die Rückgabe des Kindes zur Folge hat, gemäß Kapitel IV
in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar.
ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Allgemeine Bestimmungen über die
Anerkennung und die Vollstreckung
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n t e r a b s c h n i t t 1
A n e r k e n n u n g
Anerkennung einer Entscheidung
(1) Die
in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen
Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens
bedarf.
(2) Unbeschadet
des Absatzes 3 bedarf es keines besonderen
Verfahrens für die Aktualisierung der Personenstandsbücher eines Mitgliedstaats
auf der Grundlage einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung
über Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung
einer Ehe, gegen die nach dem Recht dieses Mitgliedstaats keine weiteren
Rechtsbehelfe eingelegt werden können.
(3) Jede
interessierte Partei kann gemäß den Verfahren nach den Artikeln 59 bis 62 und gegebenenfalls nach
Abschnitt 5 dieses Kapitels und nach Kapitel VI eine Entscheidung beantragen, in der festgestellt wird,
dass keiner der in den Artikeln 38 und 39
genannten Gründe für eine Versagung der Anerkennung gegeben ist.
(4) Das
örtlich zuständige Gericht, das jeder Mitgliedstaat gemäß Artikel 103 der Kommission mitteilt, wird durch das nationale Recht
des Mitgliedstaats bestimmt, in dem das Verfahren nach Absatz 3 des vorliegenden Artikels eingeleitet wird.
(5) Ist
in einem Rechtsstreit vor einem Gericht eines Mitgliedstaats die Frage der
Anerkennung einer Entscheidung als Vorfrage zu beurteilen, so kann dieses
Gericht hierüber befinden.
Zwecks Anerkennung vorzulegende Unterlagen
(1) Die
Partei, die in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat
ergangene Entscheidung geltend machen will, hat Folgendes vorzulegen:
a)
eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für
ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b) die
entsprechende Bescheinigung nach Artikel 36.
(2) Das
Gericht oder die zuständige Behörde, vor dem/der eine in einem anderen
Mitgliedstaat ergangene Entscheidung geltend gemacht wird, kann
erforderlichenfalls die Partei, die die Entscheidung geltend macht, dazu
auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß Artikel 91 der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder der
Bescheinigung nach Absatz 1 Buchstabe b des vorliegenden
Artikels vorzulegen.
(3) Kann
das Gericht oder die zuständige Behörde, vor dem / der eine in einem anderen
Mitgliedstaat ergangene Entscheidung geltend gemacht wird, das Verfahren ohne
eine Übersetzung oder Transliteration nicht fortsetzen, so kann es / sie die
Partei auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß Artikel 91 der Entscheidung zusätzlich zu einer Übersetzung oder
Transliteration der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder der Bescheinigung
vorzulegen.
Fehlen von Unterlagen
(1) Werden
die in Artikel 31 Absatz 1 aufgeführten Unterlagen
nicht vorgelegt, so kann das Gericht oder die zuständige Behörde eine Frist für
deren Vorlage bestimmen oder sich mit gleichwertigen Unterlagen begnügen oder
auf deren Vorlage verzichten, wenn die vorliegenden Informationen für
ausreichend erachtet werden.
(2) Auf
Verlangen des Gerichts oder der zuständigen Behörde, wird eine Übersetzung oder
Transliteration gemäß Artikel 91 dieser gleichwertigen
Unterlagen vorgelegt.
Aussetzung des Verfahrens
Das Gericht, bei dem eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene
Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren in den folgenden Fällen
ganz oder teilweise aussetzen:
a)
Im Ursprungsmitgliedstaat wurde ein ordentlicher
Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt; oder
b)
Es wird eine Entscheidung beantragt, dass keine
Gründe für eine Nichtanerkennung nach den Artikeln 38 und
39 vorliegen oder dass die Anerkennung aufgrund eines
dieser Gründe abzulehnen ist.
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n t e r a b s c h n i t t 2
V o l l s t r e c k b a r k e i t u n d
V o l l s t r e c k u n g
Vollstreckbare Entscheidungen
(1) Eine
in einem Mitgliedstaat in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
ergangene Entscheidung, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar ist, ist in
den anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, ohne dass es einer
Vollstreckbarerklärung bedarf.
(2) Für
die Zwecke der Vollstreckung einer Entscheidung über das Umgangsrecht in einem
anderen Mitgliedstaat kann das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats die
Entscheidung ungeachtet der Einlegung eines Rechtsbehelfs für vorläufig
vollstreckbar erklären.
Zwecks Vollstreckung vorzulegende
Unterlagen
(1) Soll
in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene
Entscheidung vollstreckt werden, so hat die die Vollstreckung betreibende
Partei der für die Vollstreckung zuständigen Behörde Folgendes vorzulegen:
a)
eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für
ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b)
die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 36.
(2) Soll
in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene
Entscheidung vollstreckt werden, in der eine einstweilige Maßnahme
einschließlich einer Schutzmaßnahme angeordnet wird, so hat die die
Vollstreckung betreibende Partei der für die Vollstreckung zuständigen Behörde
Folgendes vorzulegen:
a)
eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für
ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt,
b)
die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 36, in der bescheinigt wird, dass die Entscheidung im
Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist und dass das Ursprungsgericht
i.
in der Hauptsache zuständig ist, oder
ii.
die Maßnahme gemäß Artikel 27 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 15
angeordnet hat, und
c)
wenn die Maßnahme ohne Vorladung des
Antraggegners angeordnet wurde, den Nachweis der Zustellung der Entscheidung.
(3) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde kann erforderlichenfalls die die Vollstreckung
betreibende Partei auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß
Artikel 91 der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder
der Bescheinigung vorzulegen, in der die zu vollstreckende Verpflichtung
angegeben ist.
(4) Kann
die für die Vollstreckung zuständige Behörde das Verfahren ohne eine
Übersetzung oder Transliteration der Entscheidung nicht fortsetzen, so kann sie
die die Vollstreckung betreibende Partei auffordern, eine Übersetzung oder
Transliteration gemäß Artikel 91 der Entscheidung
vorzulegen.
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n t e r a b s c h n i t t 3
B e s c h e i n i g u n g
Ausstellung der Bescheinigung
(1) Das
der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilte Gericht
eines Ursprungsmitgliedstaats stellt auf Antrag einer Partei eine Bescheinigung
aus über
a)
eine Entscheidung in Ehesachen unter Verwendung
des Formblatts in Anhang II,
b)
eine Entscheidung in Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung unter Verwendung des Formblatts in Anhang III,
c)
eine Entscheidung nach Artikel 2 Absatz 1
Buchstabe a, die die Rückgabe eines Kindes
anordnet, und gegebenenfalls alle die Entscheidung begleitende und gemäß
Artikel 27 Absatz 5 angeordnete einstweilige
Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen unter Verwendung des Formblatts in
Anhang IV.
(2) Die
Bescheinigung wird in der Sprache ausgefüllt und ausgestellt, in der die
Entscheidung abgefasst ist. Die Bescheinigung kann auch in einer anderen
Amtssprache der Organe der Europäischen Union, die von einer Partei gewünscht
wird, ausgestellt werden. Dies verpflichtet das die Bescheinigung ausstellende
Gericht nicht dazu, eine Übersetzung oder Transliteration der übersetzbaren
Inhalte der Freitextfelder bereitzustellen.
(3) Gegen
die Ausstellung einer Bescheinigung sind keine Rechtsbehelfe möglich.
Berichtigung der Bescheinigung
(1) Das
der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilte Gericht
eines Ursprungsmitgliedstaats berichtigt die Bescheinigung auf Antrag oder kann
sie von Amts wegen berichtigen, wenn zwischen der zu vollstreckenden
Entscheidung und der Bescheinigung aufgrund eines materiellen Fehlers oder
einer Auslassung eine Unstimmigkeit besteht.
(2) Für
das Verfahren zur Berichtigung der Bescheinigung gilt das Recht des
Ursprungsmitgliedstaats.
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V e r s a g u n g d e r
A n e r k e n n u n g u n d V o l l s t r e c k u n g
Gründe für die Versagung der Anerkennung
von Entscheidungen in Ehesachen
Die Anerkennung einer Entscheidung, die die Ehescheidung, die Trennung
ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe betrifft,
wird versagt,
a)
wenn die Anerkennung der öffentlichen
Ordnung des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich
widerspricht;
b)
wenn dem Antragsgegner, der sich auf das
Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder
ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise
zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, es wird
festgestellt, dass er mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;
c)
wenn die Entscheidung mit einer Entscheidung
unvereinbar ist, die in einem Verfahren zwischen denselben Parteien in dem
Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist; oder
d)
wenn die Entscheidung mit einer früheren
Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem
Drittstaat zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die frühere
Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem
Mitgliedstaat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird.
Gründe für die Versagung der Anerkennung
von Entscheidungen in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
(1) Die
Anerkennung einer Entscheidung in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung wird abgelehnt,
a) wenn
die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Mitgliedstaats, in dem sie geltend
gemacht wird, offensichtlich widerspricht, wobei das Kindeswohl zu
berücksichtigen ist;
b)
wenn der betreffenden Person, die sich auf das
Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder
ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise
zugestellt wurde, dass sie sich verteidigen konnte, es sei denn, es wird
festgestellt, dass sie mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;
c)
wenn eine Person dies mit der Begründung beantragt,
dass die Entscheidung in ihre elterliche Verantwortung eingreift, falls die
Entscheidung ergangen ist, ohne dass diese Person die Möglichkeit hatte, gehört
zu werden;
d)
wenn und soweit die Entscheidung mit einer
späteren Entscheidung über die elterliche Verantwortung unvereinbar ist, die in
dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist;
e)
wenn und soweit die Entscheidung mit einer
späteren Entscheidung über die elterliche Verantwortung unvereinbar ist, die in
einem anderen Mitgliedstaat oder in dem Drittstaat des gewöhnlichen Aufenthalts
des Kindes ergangen ist, sofern die spätere Entscheidung die notwendigen
Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die
Anerkennung geltend gemacht wird, oder
f)
wenn das Verfahren des Artikels 82
nicht eingehalten wurde.
(2) Die
Anerkennung einer Entscheidung in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung kann abgelehnt werden, wenn sie ergangen ist, ohne dass dem Kind,
das fähig ist, sich seine eigene Meinung zu bilden, Gelegenheit zur
Meinungsäußerung gemäß Artikel 21 gegeben wurde, außer
wenn
a)
das Verfahren nur das Vermögen des Kindes betraf
und sofern es in Anbetracht des Verfahrensgegenstandes nicht erforderlich war,
ihm diese Gelegenheit zu geben; oder
b)
es schwerwiegende Gründe gab, wobei insbesondere
die Dringlichkeit des Falls zu berücksichtigen ist.
Verfahren für die Versagung der Anerkennung
(1) Die
Verfahren nach den Artikeln 59 bis 62
und – sofern zutreffend – nach Abschnitt 5 dieses
Kapitels und nach Kapitel VI gelten entsprechend für einen
Antrag auf Versagung der Anerkennung.
(2) Das
örtlich zuständige Gericht, das der Kommission gemäß Artikel 103
von jedem Mitgliedstaat mitgeteilt wird, wird durch das nationale Recht des
Mitgliedstaats bestimmt, in dem das Verfahren zur Versagung der Anerkennung
eingeleitet wird.
Gründe für die Versagung der Vollstreckung
von Entscheidungen in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
Unbeschadet des Artikels 56 Absatz 6 wird die
Vollstreckung einer Entscheidung in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung versagt, wenn festgestellt wurde, dass einer der Gründe für die
Versagung der Anerkennung nach Artikel 39 vorliegt.
ABSCHNITT
2
Anerkennung und Vollstreckung bestimmter
privilegierter Entscheidungen
Anwendungsbereich
(1) Dieser
Abschnitt gilt für folgende Arten von Entscheidungen, sofern sie im
Ursprungsmitgliedstaat gemäß Artikel 47 bescheinigt
wurden:
a) Entscheidungen,
soweit sie Umgangsrechte gewähren; und
b) Entscheidungen
gemäß Artikel 29 Absatz 6, soweit sie die Rückgabe
des Kindes anordnen.
(2) Dieser
Abschnitt steht dem nicht entgegen, dass sich eine Partei gemäß den
Bestimmungen über die Anerkennung und Vollstreckung in Abschnitt 1 dieses Kapitels um Anerkennung und Vollstreckung einer
Entscheidung gemäß Absatz 1 bemüht.
U
n t e r a b s c h n i t t 1
A n e r k e n n u n g
Anerkennung
(1) Eine
in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung im Sinne des Artikels 42 Absatz 1 wird in den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne
dass es eines besonderen Verfahrens bedarf und ohne dass die Anerkennung
angefochten werden kann, es sei denn, es wird festgestellt, dass die
Entscheidung mit einer späteren Entscheidung im Sinne des Artikel 50 unvereinbar ist.
(2) Die
Partei, die in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat
ergangene Entscheidung im Sinne des Artikels 42 Absatz 1
geltend machen will, hat Folgendes vorzulegen:
a)
eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für
ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b)
die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 47.
(3) Artikel
31 Absätze 2 und 3 gelten
entsprechend.
Aussetzung des Verfahrens
Das Gericht, bei dem eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene
Entscheidung im Sinne des Artikels 42 Absatz 1
geltend gemacht wird, kann das Verfahren ganz oder teilweise aussetzen, wenn
a)
ein Antrag vorgelegt wurde, in dem die
Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer späteren Entscheidung im Sinne des
Artikels 50 behauptet wird; oder
b)
die Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden
soll, gemäß Artikel 48 beantragt hat, eine Bescheinigung
nach Artikel 47 zu widerrufen.
U
n t e r a b s c h n i t t 2
V o l l s t r e c k b a r k e i t u n d
V o l l s t r e c k u n g
Vollstreckbare Entscheidungen
(1) Die
in einem Mitgliedstaat ergangenen und in diesem Mitgliedstaat vollstreckbaren
Entscheidungen im Sinne des Artikels 42 Absatz 1
sind gemäß diesem Abschnitt in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, ohne
dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.
(2) Für
die Zwecke der Vollstreckung einer Entscheidung im Sinne des Artikels 42 Absatz
1 Buchstabe a in einem anderen Mitgliedstaat können
die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats die Entscheidung ungeachtet der
Einlegung eines Rechtsbehelfs für vorläufig vollstreckbar erklären.
Zwecks Vollstreckung vorzulegende
Unterlagen
(1) Soll
in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene
Entscheidung im Sinne des Artikels 42 Absatz 1
vollstreckt werden, so hat die die Vollstreckung betreibende Partei der für die
Vollstreckung zuständigen Behörde Folgendes vorzulegen:
a)
eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für
ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und
b)
die entsprechende Bescheinigung nach Artikel 47.
(2) Soll
in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung
im Sinne des Artikels 42 Absatz 1 Buchstabe a
vollstreckt werden, kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde den
Antragsteller erforderlichenfalls auffordern, eine Übersetzung oder
Transliteration gemäß Artikel 91 der übersetzbaren
Inhalte der Freitextfelder der Bescheinigung vorzulegen, in der die zu
vollstreckende Verpflichtung angegeben ist.
(3) Soll
in einem Mitgliedstaat eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung
im Sinne des Artikels 42 Absatz 1 vollstreckt
werden, kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde den Antragsteller
erforderlichenfalls auffordern, eine Übersetzung oder Transliteration gemäß
Artikel 91 der Entscheidung vorzulegen, wenn sie das
Verfahren ohne eine derartige Übersetzung oder Transliteration nicht fortsetzen
kann.
U
n t e r a b s c h n i t t 3
B e s c h e i n i g u n g f ü r
p r i v i l e g i e r t e E n t s
c h e i d u n g e n
Ausstellung der Bescheinigung
(1) Das
Gericht, das eine Entscheidung im Sinne des Artikel 42 Absatz 1 erlassen hat, stellt auf Antrag einer Partei eine
Bescheinigung aus über
a)
eine Entscheidung über das Umgangsrecht unter
Verwendung des Formblatts in Anhang V,
b)
eine nach Artikel 29 Absatz 6 ergangene Sorgerechtsentscheidung, die die Rückgabe
des Kindes zur Folge hat, unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI.
(2) Die
Bescheinigung wird in der Sprache ausgefüllt und ausgestellt, in der die
Entscheidung abgefasst ist. Die Bescheinigung kann auch in einer anderen
Amtssprache der Organe der Europäischen Union, die von einer Partei gewünscht
wird, ausgestellt werden. Dies verpflichtet das die Bescheinigung ausstellende
Gericht nicht dazu, eine Übersetzung oder Transliteration der übersetzbaren
Inhalte der Freitextfelder bereitzustellen.
(3) Das
Gericht stellt die Bescheinigung nur aus, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt
sind:
a)
alle betroffenen Parteien hatten Gelegenheit,
gehört zu werden,
b)
dem Kind wurde gemäß Artikel 21
Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben;
c)
in dem Fall, dass die Entscheidung im Versäumnisverfahren
ergangen ist, entweder
i)
der betreffenden Person, die sich auf das
Verfahren nicht eingelassen hat, wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück
oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig und in einer Weise
zugestellt, dass sie sich verteidigen konnte, oder
ii)
es wird festgestellt, dass die Person, die sich
auf das Verfahren nicht eingelassen hat, mit der Entscheidung eindeutig
einverstanden ist.
(4) Vorbehaltlich
des Absatzes 3 des vorliegenden Artikels wird die
Bescheinigung für eine Entscheidung im Sinne des Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe b nur ausgestellt, wenn das Gericht bei seiner
Entscheidung die Gründe und Tatsachen berücksichtigt hat, die der vorherigen
Entscheidung zugrunde liegen, die in einem anderen Mitgliedstaat gemäß Artikel
13 Absatz 1 Buchstabe b oder Artikel 13 Absatz 2 des Haager Übereinkommens von
1980 ergangen ist.
(5) Die
Bescheinigung ist nur im Rahmen der Vollstreckbarkeit der Entscheidung wirksam.
(6) Die
Ausstellung der Bescheinigung kann nur aus den in Artikel 48
genannten Gründen angefochten werden.
Berichtigung und Widerruf der Bescheinigung
(1) Das
der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilte Gericht des
Ursprungsmitgliedstaats berichtigt die Bescheinigung auf Antrag oder kann sie
von Amts wegen berichtigen, wenn zwischen der zu vollstreckenden Entscheidung
und der Bescheinigung aufgrund eines materiellen Fehlers oder einer Auslassung
eine Unstimmigkeit besteht.
(2) Das
Gericht nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels
widerruft die Bescheinigung auf Antrag oder von Amts wegen, wenn sie gemessen
an den in Artikel 47 festgelegten Voraussetzungen zu
Unrecht ausgestellt wurde. Artikel 49 gilt entsprechend.
(3) Das
Verfahren für die Berichtigung oder der Widerruf der Bescheinigung,
einschließlich eines etwaigen Rechtsbehelfs, unterliegt dem Recht des
Ursprungsmitgliedstaats.
Bescheinigung über die Aussetzung oder
Einschränkung der Vollstreckbarkeit
(1) Wenn
und soweit eine gemäß Artikel 47 bescheinigte
Entscheidung nicht mehr vollstreckbar ist oder ihre Vollstreckbarkeit
ausgesetzt oder eingeschränkt wurde, wird auf jederzeit möglichen Antrag an das
der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilte Gericht des
Ursprungsmitgliedstaats unter Verwendung des Formblatts in Anhang VII eine Bescheinigung
über die Aussetzung oder Einschränkung der Vollstreckbarkeit ausgestellt.
(2) Die
Bescheinigung wird in der Sprache ausgefüllt und ausgestellt, in der die
Entscheidung abgefasst ist. Die Bescheinigung kann auch in einer anderen
Amtssprache der Organe der Europäischen Union, die von einer Partei gewünscht
wird, ausgestellt werden. Dies verpflichtet das die Bescheinigung ausstellende
Gericht nicht dazu, eine Übersetzung oder Transliteration der übersetzbaren
Inhalte der Freitextfelder bereitzustellen.
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n t e r a b s c h n i t t 4
V e r s a g u n g d e r
A n e r k e n n u n g u n d V o l l s t r e c k u n g
Unvereinbare Entscheidungen
Die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung nach Artikel 42
Absatz 1 wird versagt, wenn und soweit sie mit einer
späteren Entscheidung über die elterliche Verantwortung für dasselbe Kind
unvereinbar ist, die ergangen ist
a)
in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung
geltend gemacht werden soll; oder
b)
in einem anderen Mitgliedstaat oder in dem
Drittstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes, sofern die spätere
Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem
Mitgliedstaat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht werden soll.
Gemeinsame Bestimmungen zur Vollstreckung
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n t e r a b s c h n i t t 1
V o l l s t r e c k u n g
Vollstreckungsverfahren
(1) Vorbehaltlich
der Bestimmungen dieses Abschnitts ist für das Verfahren der Vollstreckung von
in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen das Recht des
Vollstreckungsmitgliedstaats maßgebend. Unbeschadet der Artikel 41, 50, 56 und 57 wird eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung,
die im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, im Vollstreckungsmitgliedstaat
unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine in diesem Mitgliedstaat
ergangene Entscheidung.
(2) Von
der Partei, die die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat
ergangenen Entscheidung begehrt, kann nicht verlangt werden, dass sie im
Vollstreckungsmitgliedstaat über eine Postanschrift verfügt. Von dieser Partei
kann nur dann verlangt werden, dass sie im Vollstreckungsmitgliedstaat über
einen bevollmächtigten Vertreter verfügt, wenn ein solcher Vertreter nach dem
Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats ungeachtet der Staatsangehörigkeit der
Parteien vorgeschrieben ist.
Für die Vollstreckung zuständige Behörden
Der Vollstreckungsantrag ist bei der Behörde zu stellen, die nach dem
Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats für die Vollstreckung zuständig ist und
von diesem Mitgliedstaat der Kommission gemäß Artikel 103
mitgeteilt wurde.
Teilvollstreckung
(1) Eine
Partei, die die Vollstreckung einer Entscheidung begehrt, kann eine teilweise
Vollstreckung der Entscheidung beantragen.
(2) Ist
mit der Entscheidung über mehrere geltend gemachte Ansprüche entschieden worden
und wurde die Vollstreckung für einen oder mehrere von ihnen abgelehnt, so ist
die Vollstreckung dennoch für die Teile der Entscheidung möglich, die nicht von
der Ablehnung betroffen sind.
(3) Die
Absätze 1 und 2 des
vorliegenden Artikels werden nicht herangezogen, um eine Entscheidung zu
vollstrecken, die die Rückgabe eines Kindes anordnet, ohne dass auch eventuelle
einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen vollstreckt werden, die
angeordnet wurden, um das Kind vor der Gefahr im Sinne des Artikels 13
Absatz 1 Buchstabe b des Haager Übereinkommens von 1980 zu schützen.
Modalitäten der Ausübung des Umgangsrechts
(1) Die
für die Vollstreckung zuständigen Behörden oder die Gerichte des
Vollstreckungsmitgliedstaats können die Modalitäten der Ausübung des
Umgangsrechts regeln, wenn die notwendigen Vorkehrungen überhaupt nicht oder
nicht in ausreichendem Maße in der Entscheidung der Gerichte des für die
Entscheidung in der Hauptsache zuständigen Mitgliedstaats getroffen wurden und
sofern der Wesensgehalt der Entscheidung unberührt bleibt.
(2) Die
nach Absatz 1 festgelegten Modalitäten treten außer
Kraft, nachdem die Gerichte des für die Entscheidung in der Hauptsache
zuständigen Mitgliedstaats eine Entscheidung erlassen haben.
Zustellung von Bescheinigungen und
Entscheidungen
(1) Soll
eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung vollstreckt werden,
so wird die entsprechende, gemäß Artikel 36 oder 47 ausgestellte Bescheinigung der Person, gegen die die
Vollstreckung erwirkt werden soll, vor der ersten Vollstreckungsmaßnahme
zugestellt. Wurde die Entscheidung dieser Person noch nicht zugestellt, so wird
sie der Bescheinigung beigefügt, gegebenenfalls zusammen mit den Einzelheiten
der Modalitäten nach Artikel 54 Absatz 1.
(2) Muss
die Zustellung in einem anderen Mitgliedstaat als im Ursprungsmitgliedstaat
erfolgen, so kann die Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll,
eine Übersetzung oder Transliteration folgender Schriftstücke verlangen:
a) der
Entscheidung, um die Vollstreckung anzufechten;
b)
gegebenenfalls der übersetzbaren Inhalte der
Freitextfelder der gemäß Artikel 47 ausgestellten
Bescheinigung;
wenn diese weder in einer Sprache, die sie versteht, noch in der
Amtssprache des Mitgliedstaats, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, noch
in der oder einer der Amtssprachen am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts, wenn
es in dem betreffenden Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, abgefasst noch
mit einer Übersetzung oder Transliteration in eine dieser Sprachen versehen
sind.
(3) Wird
nach Absatz 2 eine Übersetzung oder Transliteration
verlangt, so können so lange keine Vollstreckungsmaßnahmen außer
Schutzmaßnahmen ergriffen werden, bis der Person, gegen die die Vollstreckung
erwirkt werden soll, die Übersetzung oder Transliteration zugänglich gemacht
worden ist.
(4) Die
Absätze 2 und 3 gelten
nicht, soweit die Entscheidung und gegebenenfalls die Bescheinigung gemäß
Absatz 1 der Person, gegen die die Vollstreckung
erwirkt werden soll, in Erfüllung der Anforderungen des Absatzes 2 hinsichtlich einer Übersetzung oder Transliteration
bereits zugestellt wurde.
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n t e r a b s c h n i t t 2
A u s s e t z u n g d e r
V o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n u n d
V e r s a g u n g d e r V o l l s t r e c k u n g
Aussetzung und Versagung
(1) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats
setzt von Amts wegen oder auf Antrag der Person, gegen die die Vollstreckung
erwirkt werden soll, oder, falls im nationalen Recht vorgesehen, auf Antrag des
betroffenen Kindes das Vollstreckungsverfahren aus, wenn die Vollstreckbarkeit der
Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat ausgesetzt worden ist.
(2) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht des
Vollstreckungsmitgliedstaats kann auf Antrag der Person, gegen die die
Vollstreckung erwirkt werden soll, oder, falls im nationalen Recht vorgesehen,
auf Antrag des betroffenen Kindes das Vollstreckungsverfahren aus einem der
folgenden Gründe ganz oder teilweise aussetzen:
a) Im
Ursprungsmitgliedstaat wurde ein ordentlicher Rechtsbehelf gegen die
Entscheidung eingelegt;
b) die
Frist für einen ordentlichen Rechtsbehelf nach Buchstabe a
ist noch nicht abgelaufen;
c)
es wurde ein Antrag auf Versagung der
Vollstreckung gemäß den Artikeln 41, 50
oder 57 gestellt;
d)
die Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt
werden soll, hat gemäß Artikel 48 beantragt, eine
Bescheinigung nach Artikel 47 zu widerrufen.
(3) Setzt
die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht das
Vollstreckungsverfahren aus dem in Absatz 2 Buchstabe b
genannten Grund aus, so kann sie/es eine Frist bestimmen, innerhalb deren ein
Rechtsbehelf einzulegen ist.
(4) In
Ausnahmefällen kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das
Gericht auf Antrag der Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll,
oder, falls im nationalen Recht vorgesehen, auf Antrag des betroffenen Kindes
oder einer interessierten Partei, die im Interesse des Kindeswohls handelt, das
Vollstreckungsverfahren aussetzen, wenn die Vollstreckung aufgrund – nach
Ergehen der Entscheidung aufgetretener – vorübergehender Hindernisse oder
anderer wesentlicher Änderungen der Umstände für das Kind die schwerwiegende
Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens mit sich bringen würde.
Die Vollstreckung wird wieder aufgenommen, sobald die schwerwiegende
Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens nicht mehr besteht.
(5) Bevor
die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht in den Fällen
nach Absatz 4 die Vollstreckung gemäß Absatz 6 ablehnt, unternimmt sie geeignete Schritte, um die
Vollstreckung im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren
und dem Kindeswohl zu ermöglichen.
(6) Ist
die in Absatz 4 genannte schwerwiegende Gefahr
dauerhafter Art, so kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das
Gericht auf Antrag die Vollstreckung der Entscheidung ablehnen.
Gründe für die Aussetzung oder Versagung
der Vollstreckung nach nationalem Recht
Die im Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats vorgesehenen Gründe für die
Aussetzung oder Versagung der Vollstreckung gelten, sofern sie nicht mit der
Anwendung der Artikel 41, 50 und 56 unvereinbar sind.
Für die Versagung der Vollstreckung
zuständige Behörden oder Gerichte
(1) Der
Antrag auf Versagung der Vollstreckung aufgrund von Artikel 39
ist bei dem Gericht zu stellen, das von jedem Mitgliedstaat der Kommission
gemäß Artikel 103 mitgeteilt wird. Der Antrag auf
Versagung der Vollstreckung aufgrund anderer in dieser Verordnung vorgesehener
oder zugelassener Gründe ist bei der Behörde oder dem Gericht zu stellen, die
beziehungsweise das von jedem Mitgliedstaat der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilt wurde.
(2) Die
örtlich zuständige Behörde oder das örtlich zuständige Gericht, die
beziehungsweise das von jedem Mitgliedstaat der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilt wird, wird durch das Recht des Mitgliedstaats
bestimmt, in dem das Verfahren nach Absatz 1 des
vorliegenden Artikels eingeleitet wird.
Antrag auf Versagung der Vollstreckung
(1) Für
das Verfahren zur Beantragung der Versagung der Vollstreckung ist, soweit es
nicht durch diese Verordnung geregelt ist, das Recht des
Vollstreckungsmitgliedstaats maßgebend.
(2) Der
Antragsteller legt der für die Vollstreckung zuständigen Behörde oder dem
Gericht eine Ausfertigung der Entscheidung und gegebenenfalls soweit möglich
die entsprechende Bescheinigung vor, die nach Artikel 36
oder 47 ausgestellt wurde.
(3) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht kann
erforderlichenfalls den Antragsteller auffordern, eine Übersetzung oder
Transliteration gemäß Artikel 91 der übersetzbaren
Inhalte der Freitextfelder der Bescheinigung vorzulegen, die nach Artikel 36 oder 47 ausgestellt wurde und in
der die zu vollstreckende Verpflichtung angegeben ist.
(4) Wenn
die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht ohne eine
Übersetzung oder Transliteration der Entscheidung das Verfahren nicht
fortsetzen kann, kann sie/es den Antragsteller auffordern, eine derartige
Übersetzung oder Transliteration gemäß Artikel 91
vorzulegen.
(5) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht kann auf die Vorlage
der in Absatz 2 genannten Schriftstücke verzichten,
wenn
a)
ihr/ihm die Schriftstücke bereits vorliegen oder
b) sie/es
es für unzumutbar hält, vom Antragsteller die Vorlage der Schriftstücke zu
verlangen.
Im in Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten
Fall kann die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht von der
anderen Partei verlangen, diese Schriftstücke vorzulegen.
(6) Von
der Partei, die die Versagung der Vollstreckung einer in einem anderen
Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung begehrt, kann nicht verlangt werden, dass
sie im Vollstreckungsmitgliedstaat über eine Postanschrift verfügt. Von dieser
Partei kann nur dann verlangt werden, dass sie im Vollstreckungsmitgliedstaat
über einen bevollmächtigten Vertreter verfügt, wenn ein solcher Vertreter nach
dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats ungeachtet der Staatsangehörigkeit
der Parteien vorgeschrieben ist.
Zügige Verfahren
Die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht geht bei
Verfahren über Anträge auf Versagung der Vollstreckung ohne ungebührliche
Verzögerung vor.
Anfechtung oder Rechtsbehelf
(1) Jede
Partei kann eine Entscheidung über den Antrag auf Ablehnung der Vollstreckung
anfechten beziehungsweise einen Rechtsbehelf dagegen einlegen.
(2) Die
Anfechtung oder der Rechtsbehelf wird bei der Behörde oder dem Gericht geltend
gemacht, die/das vom Vollstreckungsmitgliedstaat der Kommission gemäß
Artikel 81 als die Behörde oder das Gericht
mitgeteilt wird, bei der/dem eine derartige Anfechtung oder ein derartiger
Rechtsbehelf einzulegen ist.
Weitere Anfechtungen oder Rechtsbehelfe
Gegen die Entscheidung, die über die Anfechtung oder den Rechtsbehelf
ergangen ist, kann nur durch eine Anfechtung oder einen Rechtsbehelf Einspruch erhoben
werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilt hat, bei welchen Gerichten eine weitere
Anfechtung oder ein weiterer Rechtsbehelf geltend zu machen ist.
Aussetzung des Verfahrens
(1) Die
für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht, die/das mit einem
Antrag auf Versagung der Vollstreckung oder mit einem Rechtsbehelf nach Artikel
61 oder 62 befasst ist, kann das
Verfahren aus einem der folgenden Gründe aussetzen:
a) Im
Ursprungsmitgliedstaat wurde ein ordentlicher Rechtsbehelf gegen die
Entscheidung eingelegt;
b) die
Frist für einen ordentlichen Rechtsbehelf nach Buchstabe a
ist noch nicht verstrichen; oder
c)
die Person, gegen die die Vollstreckung erwirkt
werden soll, hat gemäß Artikel 48 beantragt, eine
Bescheinigung nach Artikel 47 zu widerrufen.
(2) Setzt
die für die Vollstreckung zuständige Behörde oder das Gericht das Verfahren aus
dem in Absatz 1 Buchstabe b genannten Grund aus, so
kann sie/es eine Frist bestimmen, innerhalb deren ein Rechtsbehelf einzulegen
ist.
ABSCHNITT
4
Öffentliche Urkunden und Vereinbarungen
Anwendungsbereich
Dieser Abschnitt gilt in Sachen der Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung
des Ehebandes und der elterlichen Verantwortung für öffentliche Urkunden, die
in einem Mitgliedstaat, dessen gerichtliche Zuständigkeit nach Kapitel II anzunehmen ist, förmlich errichtet oder eingetragen
wurden, und auf Vereinbarungen, die in einem Mitgliedstaat, dessen gerichtliche
Zuständigkeit nach Kapitel II anzunehmen ist, eingetragen
wurden.
Anerkennung und Vollstreckung von
öffentlichen Urkunden und Vereinbarungen
(1) Öffentliche
Urkunden und Vereinbarungen über eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und
eine Ehescheidung, die im Ursprungsmitgliedstaat rechtsverbindliche Wirkung
haben, werden in anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es eines
besonderen Verfahrens bedarf. Abschnitt 1 dieses Kapitels
gilt entsprechend, sofern in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.
(2) Öffentliche
Urkunden und Vereinbarungen in Sachen der elterlichen Verantwortung, die
rechtsverbindliche Wirkung haben und in dem Ursprungsmitgliedstaat
vollstreckbar sind, werden in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und
vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Die Abschnitte 1 und 3 dieses Kapitels gelten
entsprechend, sofern in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.
Bescheinigung
(1) Das
Gericht oder die zuständige Behörde des Ursprungsmitgliedstaats, das/die der
Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilt wurde, stellt auf
Antrag einer Partei eine Bescheinigung für eine öffentliche Urkunde oder
Vereinbarung aus:
a)
in Ehesachen unter Verwendung des Formblatts in
Anhang VIII,
b) in
Sachen der elterlichen Verantwortung unter Verwendung des Formblatts in Anhang
IX.
Die in Buchstabe b genannte Bescheinigung
enthält eine Zusammenfassung der vollstreckbaren Verpflichtung, die in der
öffentlichen Urkunde oder in der Vereinbarung niedergelegt ist.
(2) Die
Bescheinigung darf nur ausgestellt werden, wenn die folgenden Bedingungen
erfüllt sind:
a)
der Mitgliedstaat, der die Behörde oder andere
Stelle zur förmlichen Errichtung oder Eintragung der öffentlichen Urkunde oder
zur Eintragung der Vereinbarung ermächtigt hat, war gemäß Kapitel II zuständig; und
b)
die öffentliche Urkunde oder die Vereinbarung
hat in diesem Mitgliedstaat rechtsverbindliche Wirkung.
(3) Unbeschadet
des Absatzes 2 darf die Bescheinigung in Sachen der
elterlichen Verantwortung nicht ausgestellt werden, wenn es Hinweise darauf
gibt, dass der Inhalt der öffentlichen Urkunde oder der Vereinbarung dem
Kindeswohl widerspricht.
(4) Die
Bescheinigung wird in der Sprache ausgefüllt, in der die öffentliche Urkunde
oder die Vereinbarung abgefasst ist. Sie kann auch in einer anderen Amtssprache
der Organe der Europäischen Union, die von einer Partei gewünscht wird,
ausgestellt werden. Dies verpflichtet das Gericht oder die zuständige Behörde,
das/die die Bescheinigung ausstellt, nicht dazu, eine Übersetzung oder Transliteration
der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder bereitzustellen.
(5) Wird
die Bescheinigung nicht vorgelegt, so wird die öffentliche Urkunde oder die
Vereinbarung in einem anderen Mitgliedstaat nicht anerkannt oder vollstreckt.
Berichtigung und Widerruf der Bescheinigung
(1) Die
zuständige Behörde oder das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats, die/das der
Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilt wurde, berichtigt
die Bescheinigung auf Antrag oder kann sie von Amts wegen berichtigen, wenn
zwischen der öffentlichen Urkunde oder der Vereinbarung und der Bescheinigung
aufgrund eines materiellen Fehlers oder einer Auslassung eine Unstimmigkeit
besteht.
(2) Das
Gericht oder die zuständige Behörde nach Absatz 1
des vorliegenden Artikels widerruft die Bescheinigung auf Antrag oder von Amts
wegen, wenn sie gemessen an den in Artikel 66
festgelegten Voraussetzungen zu Unrecht ausgestellt wurde.
(3) Das
Verfahren für die Berichtigung oder der Widerruf der Bescheinigung,
einschließlich eines etwaigen Rechtsbehelfs, unterliegt dem Recht des
Ursprungsmitgliedstaats.
Gründe für die Ablehnung der Anerkennung
oder der Vollstreckung
(1) Die
Anerkennung einer öffentlichen Urkunde oder einer Vereinbarung über die
Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ehescheidung wird abgelehnt,
a)
wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung
des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich
widerspricht;
b)
wenn sie mit einer Entscheidung, öffentlichen
Urkunde oder Vereinbarung zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in
dem die Anerkennung geltend gemacht wird, unvereinbar ist; oder
c)
wenn sie mit einer früheren Entscheidung, öffentlichen
Urkunde oder Vereinbarung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat
oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die
frühere Entscheidung, öffentliche Urkunde oder Vereinbarung die notwendigen
Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die
Anerkennung geltend gemacht wird.
(2) Die
Anerkennung oder Vollstreckung einer öffentlichen Urkunde oder einer
Vereinbarung in Sachen der elterlichen Verantwortung wird versagt,
a)
wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung
des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich
widerspricht, wobei das Kindeswohl zu berücksichtigen ist;
b)
wenn eine Person dies mit der Begründung
beantragt, dass die öffentliche Urkunde oder die Vereinbarung in ihre
elterliche Verantwortung eingreift, falls die öffentliche Urkunde errichtet
oder eingetragen wurde oder die Vereinbarung geschlossen und eingetragen wurde,
ohne dass diese Person einbezogen wurde;
c)
wenn und soweit die Entscheidung mit einer späteren
Entscheidung, öffentlichen Urkunde oder Vereinbarung in Sachen der elterlichen
Verantwortung unvereinbar ist, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung
oder die Vollstreckung geltend gemacht werden soll, ergangen ist;
d)
wenn und soweit die Entscheidung mit einer
späteren Entscheidung, öffentlichen Urkunde oder Vereinbarung in Sachen der
elterlichen Verantwortung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat
oder in dem Drittstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes ergangen ist, sofern
die spätere Entscheidung, öffentliche Urkunde oder Vereinbarung die notwendigen
Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfüllt, in dem die
Anerkennung oder die Vollstreckung geltend gemacht werden soll.
(3) Die
Anerkennung oder Vollstreckung einer öffentlichen Urkunde oder Vereinbarung in
Sachen der elterlichen Verantwortung kann abgelehnt werden, wenn die
öffentliche Urkunde förmlich errichtet oder eingetragen wurde oder die
Vereinbarung eingetragen wurde, ohne dass dem Kind, das fähig ist, sich seine
eigene Meinung zu bilden, Gelegenheit zur Meinungsäußerung gegeben wurde.
Sonstige Bestimmungen
Verbot der Nachprüfung der Zuständigkeit
des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats
Die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats darf nicht
überprüft werden. Die Überprüfung der Vereinbarkeit mit der öffentlichen
Ordnung gemäß Artikel 38 Buchstabe a und Artikel 39
Buchstabe a darf sich nicht auf die
Zuständigkeitsvorschriften der Artikel 3 bis 14 erstrecken.
Unterschiede beim anzuwendenden Recht
Die Anerkennung einer Entscheidung in Ehesachen darf nicht deshalb
versagt werden, weil eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes
oder Ungültigerklärung einer Ehe nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die
Anerkennung geltend gemacht wird, unter Zugrundelegung desselben Sachverhalts nicht
zulässig wäre.
Ausschluss einer Nachprüfung in der Sache
Eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidung darf
keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.
Rechtsbehelfe in bestimmten Mitgliedstaaten
Ist die Entscheidung in Irland, Zypern oder im Vereinigten Königreich
ergangen, so gilt jeder im Ursprungsmitgliedstaat statthafte Rechtsbehelf als
ordentlicher Rechtsbehelf im Sinne dieses Kapitels.
Kosten
Dieses Kapitel gilt auch für die Festsetzung der Kosten für die nach
dieser Verordnung eingeleiteten Verfahren und die Vollstreckung eines
Kostenfestsetzungsbeschlusses.
Prozesskostenhilfe
(1) Wurde
dem Antragsteller im Ursprungsmitgliedstaat ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe
oder Kostenbefreiung gewährt, so genießt er in dem Verfahren nach
Artikel 30 Absatz 3, Artikel 40 und Artikel 59 hinsichtlich der Prozesskostenhilfe
oder der Kostenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des
Vollstreckungsmitgliedstaats vorsieht.
(2) Hat
ein Antragsteller im Ursprungsmitgliedstaat ein unentgeltliches Verfahren vor
einer der Kommission gemäß Artikel 103 mitgeteilten
Verwaltungsbehörde in Anspruch genommen, so hat er in allen in Artikel 30
Absatz 3, Artikel 40 und
Artikel 59 vorgesehenen Verfahren Anspruch auf
Prozesskostenhilfe nach Absatz 1 des vorliegenden
Artikels. Zu diesem Zweck muss diese Partei ein von der zuständigen Behörde des
Ursprungsmitgliedstaats erstelltes Schriftstück vorlegen, mit dem bescheinigt
wird, dass sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt, um ganz oder
teilweise Prozesskostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung in Anspruch
nehmen zu können.
Sicherheitsleistung, Hinterlegung
Einer Partei, die in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung einer in einem
anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, darf wegen ihrer
Eigenschaft als ausländischer Staatsangehöriger oder wegen Fehlens eines
gewöhnlichen Aufenthalts im Vollstreckungsmitgliedstaat keine Sicherheitsleistung
oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, auferlegt werden.
ZUSAMMENARBEIT BEI VERFAHREN BETREFFEND DIE
ELTERLICHE VERANTWORTUNG
Bestimmung der Zentralen Behörden
Jeder Mitgliedstaat bestimmt eine oder mehrere Zentrale Behörden, die ihn
bei der Anwendung dieser Verordnung in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung unterstützen, und legt ihre räumliche oder sachliche
Zuständigkeit fest. Hat ein Mitgliedstaat mehrere Zentrale Behörden bestimmt,
so sind die Mitteilungen grundsätzlich direkt an die zuständige Zentrale
Behörde zu richten. Wurde eine Mitteilung an eine nicht zuständige Zentrale
Behörde gerichtet, so leitet diese die Mitteilung an die zuständige Zentrale
Behörde weiter und setzt den Absender davon in Kenntnis.
Allgemeine Aufgaben der Zentralen Behörden
(1) Die
Zentralen Behörden stellen Informationen über nationale Rechtsvorschriften,
Verfahren und Dienste, die in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung
verfügbar sind, bereit und ergreifen die Maßnahmen, die sie als geeignet
erachten, um die Anwendung dieser Verordnung zu verbessern.
(2) Die
Zentralen Behörden arbeiten zusammen und fördern die Zusammenarbeit der
zuständigen Behörden ihrer Mitgliedstaaten, um die Ziele dieser Verordnung zu
verwirklichen.
(3) Für
die Zwecke der Absätze 1 und 2
kann das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen genutzt
werden.
Übermittlung von Ersuchen über die
Zentralen Behörden
(1) Die
Zentralen Behörden arbeiten auf Ersuchen der Zentralen Behörde eines anderen
Mitgliedstaats in Einzelfällen zusammen, um die Ziele dieser Verordnung zu
verwirklichen.
(2) Ersuchen
nach diesem Kapitel können von einem Gericht oder einer zuständigen Behörde
gestellt werden. Ersuchen nach Artikel 79 Buchstaben c
und g sowie Artikel 80 Absatz 1 Buchstabe c können auch von Trägern der elterlichen
Verantwortung gestellt werden.
(3) Außer
in dringenden Fällen werden unbeschadet des Artikels 86
Ersuchen nach diesem Kapitel der Zentralen Behörde des Mitgliedstaats des
ersuchenden Gerichts oder der ersuchenden zuständigen Behörde oder des
Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers vorgelegt.
(4) Durch
diesen Artikel werden die Zentralen Behörden oder zuständigen Behörden nicht
daran gehindert, Vereinbarungen oder Abmachungen mit den Zentralen Behörden
oder zuständigen Behörden eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zu
treffen oder beizubehalten, wonach eine direkte Kommunikation in ihren
gegenseitigen Beziehungen zulässig ist.
(5) Durch
dieses Kapitel wird kein Träger der elterlichen Verantwortung daran gehindert,
Anträge direkt an die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats zu richten.
(6) Die
Artikel 79 und 80 verpflichten eine
Zentrale Behörde nicht zur Ausübung von Befugnissen, die nach dem Recht des
ersuchten Mitgliedstaats ausschließlich den Gerichten zustehen.
Besondere Aufgaben der ersuchten Zentralen
Behörden
Die ersuchten Zentralen Behörden treffen direkt oder durch Einschaltung
von Gerichten, zuständigen Behörden oder anderen Stellen alle geeigneten
Maßnahmen, um
a)
im Einklang mit ihren nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren Unterstützung bei der Ermittlung des
Aufenthaltsorts eines Kindes zu leisten, wenn der Anschein besteht, dass sich das
Kind im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaats befinden könnte und die
betreffende Information für die Erledigung eines Antrags oder eines Ersuchens
nach dieser Verordnung erforderlich ist;
b)
Informationen einzuholen und auszutauschen, die
in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung nach Artikel 80 von Belang sind;
c)
den Trägern der elterlichen Verantwortung,
die die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung, insbesondere über das
Umgangsrecht und die Rückgabe des Kindes, im Gebiet der ersuchten Zentralen
Behörde begehren, Informationen und Unterstützung bereitzustellen,
erforderlichenfalls auch Informationen darüber, wie Prozesskostenhilfe erlangt
werden kann;
d)
die Kommunikation zwischen den beteiligten Gerichten,
zuständigen Behörden und sonstigen Stellen, insbesondere im Hinblick auf die
Anwendung des Artikels 81, zu erleichtern;
e)
erforderlichenfalls die Kommunikation zwischen
Gerichten, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der Artikel 12, 13, 15 und 20, zu erleichtern;
f)
alle Informationen und Hilfen, die von den Gerichten
und zuständigen Behörden für die Anwendung des Artikels 82
benötigt werden, zur Verfügung zu stellen und
g)
durch Mediation oder andere Mittel der
alternativen Streitbeilegung eine gütliche Einigung zwischen den Trägern der
elterlichen Verantwortung zu erleichtern und hierzu die grenzüberschreitende
Zusammenarbeit zu fördern.
Zusammenarbeit bei der Erhebung und dem
Austausch von Informationen, die in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung von Belang sind
(1) Auf
ein begründetes Ersuchen verfährt die Zentrale Behörde des Mitgliedstaats, in
dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat bzw. hatte, oder in dem es sich
befindet bzw. befand, direkt oder durch Einschaltung von Gerichten, zuständigen
Behörden oder sonstigen Stellen wie folgt:
a)
Sie stellt gegebenenfalls einen Bericht bereit
bzw. erstellt ihn und legt ihn vor über
i)
die Situation des Kindes,
ii)
laufende Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung für das Kind, oder
iii)
Entscheidungen in Verfahren betreffend die
elterliche Verantwortung für das Kind;
b)
sie legt alle anderen Informationen vor, die für
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung im ersuchenden Mitgliedstaat
von Belang sind, insbesondere über die Situation eines Elternteils, eines/einer
Verwandten oder einer anderen Person, der/die für die Betreuung des Kindes
geeignet wäre, wenn die Situation des Kindes es erfordert, oder
c) sie
kann das Gericht oder die zuständige Behörde ihres Mitgliedstaats ersuchen, zu
prüfen, ob Maßnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes
getroffen werden müssen.
(2) Falls
das Kind einer schwerwiegenden Gefahr ausgesetzt ist und das Gericht oder die
zuständige Behörde, das/die Maßnahmen zum Schutz des Kindes erwägt oder
ergriffen hat, feststellt, dass der Aufenthaltsort des Kindes in einen anderen
Mitgliedstaat verlegt wurde oder das Kind sich dort befindet, unterrichtet es
die Gerichte oder zuständigen Behörden jenes anderen Mitgliedstaats über die
bestehende Gefahr und die ergriffenen oder in Betracht gezogenen Maßnahmen. Die
betreffenden Informationen können direkt oder über die Zentralen Behörden
übermittelt werden.
(3) Den
Ersuchen nach den Absätzen 1 und 2 und etwaigen zusätzlichen Unterlagen wird eine
Übersetzung in die Amtssprache des ersuchten Mitgliedstaats oder, wenn es in
diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, in die Amtssprache oder eine
der Amtssprachen des Ortes, an dem das Ersuchen ausgeführt werden soll, oder in
eine andere Sprache, die der ersuchte Mitgliedstaat ausdrücklich akzeptiert,
beigefügt. Die Mitgliedstaaten teilen die zugelassenen Sprachen nach Artikel 103 der Kommission mit.
(4) Die
Informationen gemäß Absatz 1 werden der ersuchenden
Zentralen Behörde spätestens drei Monate nach Eingang des Ersuchens
übermittelt, es sei denn, dass dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht
möglich ist.
Umsetzung der Entscheidungen in Verfahren
betreffend die elterliche Verantwortung in einem anderen Mitgliedstaat
(1) Ein
Gericht eines Mitgliedstaats kann die Gerichte oder zuständigen Behörden eines
anderen Mitgliedstaats ersuchen, es bei der Umsetzung von Entscheidungen in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung nach dieser Verordnung zu
unterstützen, insbesondere bei der Sicherstellung der wirksamen Ausübung des
Umgangsrechts.
(2) Dem
Ersuchen nach Absatz 1 und etwaigen zusätzlichen
Unterlagen wird eine Übersetzung in die Amtssprache des ersuchten
Mitgliedstaats oder, wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt,
in die Amtssprache oder eine der Amtssprachen des Ortes, an dem das Ersuchen
ausgeführt werden soll, oder in eine andere Sprache, die der ersuchte
Mitgliedstaat ausdrücklich akzeptiert, beigefügt. Die Mitgliedstaaten teilen
die zugelassenen Sprachen nach Artikel 103 der Kommission
mit.
Unterbringung eines Kindes in einem anderen
Mitgliedstaat
(1) Erwägt
ein Gericht oder eine zuständige Behörde die Unterbringung eines Kindes in
einem anderen Mitgliedstaat, so holt es/sie vorher die Zustimmung der
zuständigen Behörde jenes anderen Mitgliedstaats ein. Zu diesem Zweck
übermittelt die Zentrale Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats der Zentralen
Behörde des ersuchten Mitgliedstaats, in dem das Kind untergebracht werden
soll, ein Ersuchen um Zustimmung, das einen Bericht über das Kind und die
Gründe für die geplante Unterbringung oder Betreuung, Informationen über jede
in Betracht gezogene Finanzierung und alle anderen als relevant erachteten
Informationen wie z. B. die voraussichtliche Dauer der Unterbringung enthält.
(2) Absatz
1 gilt nicht, wenn das Kind bei einem Elternteil
untergebracht werden soll.
Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass ihre Zustimmung gemäß Absatz
1 für Unterbringungen in ihrem eigenen Hoheitsgebiet
bei bestimmten Kategorien naher Verwandter über die Eltern hinaus nicht
erforderlich ist. Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission die entsprechenden
Kategorien gemäß Artikel 103 mit.
(3) Die
Zentrale Behörde eines anderen Mitgliedstaats kann ein Gericht oder eine
zuständige Behörde, die die Unterbringung eines Kindes in Betracht ziehen, über
die enge Bindung des Kindes zu diesem Mitgliedstaat informieren. Dadurch werden
die nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren des Mitgliedstaats, der die Unterbringung
in Betracht zieht, nicht berührt.
(4) Dem
Ersuchen und etwaigen zusätzlichen Unterlagen nach Absatz 1
wird eine Übersetzung in die Amtssprache des ersuchten Mitgliedstaats oder,
wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, in die Amtssprache
oder eine der Amtssprachen des Ortes, an dem das Ersuchen ausgeführt werden
soll, oder in eine andere Sprache, die der ersuchte Mitgliedstaat ausdrücklich
akzeptiert, beigefügt. Die Mitgliedstaaten teilen die zugelassenen Sprachen
nach Artikel 103 der Kommission mit.
(5) Die
Unterbringung nach Absatz 1 wird vom ersuchenden
Mitgliedstaat erst angeordnet oder veranlasst, nachdem die zuständige Behörde
des ersuchten Mitgliedstaats der Unterbringung zugestimmt hat.
(6) Die
Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung der Zustimmung wird der
ersuchenden Zentralen Behörde spätestens drei Monate nach Eingang des Ersuchens
übermittelt, es sei denn, dass dies aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht
möglich ist.
(7) Für
das Verfahren zur Einholung der Zustimmung gilt das nationale Recht des
ersuchten Mitgliedstaats.
(8) Durch
diesen Artikel werden die Zentralen Behörden oder die zuständigen Behörden
nicht daran gehindert, Vereinbarungen oder Abmachungen mit den Zentralen
Behörden oder den zuständigen Behörden eines oder mehrerer anderer
Mitgliedstaaten zu treffen oder beizubehalten, mit denen das Verfahren der
Konsultation zur Einholung der Zustimmung in ihren gegenseitigen Beziehungen
vereinfacht wird.
Kosten der Zentralen Behörden
(1) Die
Unterstützung durch die Zentralen Behörden nach dieser Verordnung erfolgt
unentgeltlich.
(2) Jede
Zentrale Behörde trägt die Kosten, die ihr selbst durch die Anwendung dieser Verordnung
entstehen.
Zusammenkünfte der Zentralen Behörden
(1) Zur
leichteren Anwendung dieser Verordnung werden regelmäßig Zusammenkünfte der
Zentralen Behörden einberufen.
(2) Die
Einberufung der Zusammenkünfte der Zentralen Behörden erfolgt insbesondere
durch die Kommission im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil-
und Handelssachen im Einklang mit der Entscheidung 2001/470/EG.
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Anwendungsbereich
Dieses Kapitel gilt für die Bearbeitung von Ersuchen und Anträgen nach
den Kapiteln III bis V.
Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen
Gerichten
(1) Für
die Zwecke dieser Verordnung können die Gerichte direkt miteinander zusammenarbeiten
und kommunizieren oder einander direkt um Informationen und Unterstützung
ersuchen, vorausgesetzt, die Verfahrensrechte der Parteien sowie die
Vertraulichkeit der Informationen werden dabei gewahrt.
(2) Die
Zusammenarbeit im Sinne des Absatzes 1 kann auf
jedem von dem Gericht als geeignet erachteten Weg erfolgen. Sie kann
insbesondere Folgendes betreffen:
a)
Kommunikation für die Zwecke der Artikel 12 und 13;
b)
Informationen gemäß Artikel 15;
c)
Informationen über anhängige Verfahren für die
Zwecke des Artikels 20;
d)
Kommunikation für die Zwecke der Kapitel III bis V.
Erhebung und Übermittlung von Informationen
(1) Die
ersuchte Zentrale Behörde übermittelt etwaige Anträge oder Ersuchen oder die
darin enthaltenen Informationen in Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung oder gegebenenfalls internationale Kindesentführung gemäß dieser
Verordnung dem Gericht, der zuständigen Behörde ihres Mitgliedstaats oder
gegebenenfalls einem Vermittler nach den nationalen Rechtsvorschriften und
Verfahren.
(2) Ein
Vermittler, ein Gericht oder eine zuständige Behörde, dem/der die in Absatz 1 genannten Informationen nach dieser Verordnung
übermittelt wurden, darf diese nur für die Zwecke dieser Verordnung verwenden.
(3) Vermittler,
Gerichte oder zuständige Behörden, die im ersuchten Mitgliedstaat über die zur
Erledigung eines Antrags oder Ersuchens nach dieser Verordnung erforderlichen
Informationen verfügen oder für deren Erhebung zuständig sind, stellen diese
Informationen der ersuchten Zentralen Behörde auf deren Ersuchen in den Fällen,
in denen die ersuchte Zentrale Behörde keinen direkten Zugang zu den
Informationen hat, zur Verfügung.
(4) Die
ersuchte Zentrale Behörde leitet im Einklang mit den nationalen
Rechtsvorschriften und Verfahren die gemäß diesem Artikel erlangten
Informationen erforderlichenfalls an die ersuchende Zentrale Behörde weiter.
Benachrichtigung der betroffenen Person
Besteht die Gefahr, dass die Benachrichtigung der betroffenen Person die wirksame
Erledigung des Ersuchens oder Antrags nach dieser Verordnung, für das die
Informationen übermittelt wurden, beeinträchtigen könnte, so kann die Erfüllung
der Verpflichtung, die betroffene Person gemäß Artikel 14 Absätze 1 bis 4 der
Verordnung (EU) 2016/679 zu unterrichten, aufgeschoben werden, bis das Ersuchen
oder der Antrag erledigt ist.
Nichtoffenlegung von Informationen
(1) Eine
Zentrale Behörde, ein Gericht oder eine zuständige Behörde legt Informationen,
die für die Zwecke der Kapitel III bis VI
erhoben wurden, nicht offen oder bestätigt sie nicht, wenn sie/es feststellt,
dass dies die Gesundheit, Sicherheit oder Freiheit des Kindes oder einer
anderen Person beeinträchtigen könnte.
(2) Einer
in einem Mitgliedstaat diesbezüglich getroffenen Feststellung wird von den
Zentralen Behörden, Gerichten und zuständigen Behörden der anderen
Mitgliedstaaten Rechnung getragen, insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt.
(3) Dieser
Artikel steht in keiner Weise der Erhebung und Übermittlung von Informationen
durch die Zentralen Behörden, Gerichte und zuständigen Behörden und der
Übermittlung der Informationen zwischen ihnen entgegen, soweit dies notwendig
ist, um den Verpflichtungen nach den Kapiteln III bis VI nachzukommen.
Legalisation oder ähnliche Förmlichkeit
Im Rahmen dieser Verordnung bedarf es weder der Legalisation noch einer
ähnlichen Förmlichkeit.
Sprachenregelung
(1) Ist
nach dieser Verordnung eine Übersetzung oder Transliteration erforderlich, so
erfolgt diese unbeschadet des Artikels 55 Absatz 2 Buchstabe a in die Amtssprache des betreffenden Mitgliedstaats
oder, wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, im Einklang
mit dem Recht dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der
Verfahrenssprachen des Ortes, an dem eine in einem anderen Mitgliedstaat
ergangene Entscheidung geltend gemacht oder ein Antrag gestellt wird.
(2) Die
Übersetzung oder Transliteration der übersetzbaren Inhalte der Freitextfelder
der Bescheinigungen nach den Artikeln 29, 36, 47, 49 und 66 kann in eine andere Amtssprache oder andere Amtssprachen
der Organe der Europäischen Union erfolgen, deren Zulassung der betreffende
Mitgliedstaat nach Artikel 103 mitgeteilt hat.
(3) Jeder
Mitgliedstaat teilt der Kommission die Amtssprache(n) der Organe der
Europäischen Union mit, die er außer seiner/seinen eigenen Sprache(n) für
Mitteilungen an die Zentralen Behörden zulässt.
(4) Übersetzungen,
die für die Zwecke der Kapitel III und IV
erforderlich sind, werden von einer Person erstellt, die zur Anfertigung von
Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt ist.
DELEGIERTE RECHTSAKTE
Änderungen der Anhänge
Die Kommission wird ermächtigt, gemäß Artikel 93
delegierte Rechtsakte zur Änderung der Anhänge I bis IX anzunehmen, um diese
Anhänge zu aktualisieren oder technische Änderungen an ihnen vorzunehmen.
Ausübung der Befugnisübertragung
(1) Die
Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in
diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2) Die
Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 92
wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem 22. Juli 2019 übertragen.
(3) Die
Befugnisübertragung nach Artikel 92 kann vom Rat
jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die
Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach
seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im
Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die
Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem
Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4) Vor
dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den
einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der
Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung
enthaltenen Grundsätzen.
(5) Sobald
die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn dem
Rat.
(6) Ein
delegierter Rechtsakt, der nach Artikel 92 erlassen
wurde, tritt nur in Kraft, wenn der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten
nach Übermittlung dieses Rechtsakts an den Rat keine Einwände erhoben hat oder
wenn vor Ablauf dieser Frist der Rat der Kommission mitgeteilt hat, dass er
keine Einwände erheben wird. Auf Initiative des Rates wird diese Frist um zwei
Monate verlängert.
(7) Das
Europäische Parlament wird von der Annahme eines delegierten Rechtsakts durch
die Kommission, von gegen ihn vorgebrachten Einwänden oder von dem Widerruf der
Befugnisübertragung durch den Rat in Kenntnis gesetzt.
VERHÄLTNIS ZU ANDEREN RECHTSINSTRUMENTEN
Verhältnis zu anderen Rechtsinstrumenten
(1) Vorbehaltlich
des Absatzes 2 dieses Artikels und der Artikel 95 bis 100 ersetzt diese Verordnung
die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003
bestehenden, zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten geschlossenen
Übereinkünfte, die in dieser Verordnung geregelte Bereiche betreffen.
(2) Finnland
und Schweden konnten im Einklang mit Artikel 59 Absatz 2 der Verordnung (EG)
Nr. 2201/2003 und unter den in dessen Buchstaben b und c aufgeführten
Bedingungen erklären, dass das Übereinkommen vom 6. Februar 1931 zwischen
Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden mit Bestimmungen des
internationalen Verfahrensrechts über Ehe, Adoption und Vormundschaft
einschließlich des Schlussprotokolls anstelle dieser Verordnung ganz oder
teilweise auf ihre gegenseitigen Beziehungen anwendbar ist. Die jeweiligen
Erklärungen wurden im Amtsblatt der Europäischen Union als Anhang zur
Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 veröffentlicht. Die betreffenden Mitgliedstaaten
können ihre Erklärung jederzeit ganz oder teilweise widerrufen.
(3) Die
Zuständigkeitskriterien in künftigen Übereinkünften zwischen den in Absatz 2 genannten Mitgliedstaaten, die in dieser Verordnung
geregelte Bereiche betreffen, müssen mit den Kriterien dieser Verordnung im Einklang
stehen.
(4) Der
Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Bürgern der Union aus Gründen der
Staatsangehörigkeit wird eingehalten.
(5) Entscheidungen,
die in einem der nordischen Staaten, der eine Erklärung nach Absatz 2 abgegeben hat, aufgrund eines
Zuständigkeitskriteriums erlassen werden, das einem der in Kapitel II vorgesehenen Zuständigkeitskriterien entspricht, werden in
den anderen Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen des Kapitels IV Abschnitt 1 anerkannt und vollstreckt.
(6) Die
Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission
a)
eine Abschrift der Übereinkünfte sowie der
einheitlichen Gesetze zur Durchführung dieser Übereinkünfte gemäß Absatz 3;
b)
jede Kündigung oder Änderung der Übereinkünfte
sowie der einheitlichen Gesetze im Sinne der Absätze 2
und 3.
Diese Informationen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Verhältnis zu bestimmten multilateralen
Übereinkommen
Im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten hat diese Verordnung vor den
nachstehenden Übereinkommen insoweit Vorrang, als diese Bereiche betreffen, die
in dieser Verordnung geregelt sind:
a)
Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über
die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des
Schutzes von Minderjährigen,
b)
Luxemburger Übereinkommen vom 8. September 1967
über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen,
c)
Haager Übereinkommen vom 1. Juni 1970 über die
Anerkennung von Ehescheidungen und der Trennung von Tisch und Bett,
d)
Europäisches Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über
die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für
Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses.
Verhältnis zum Haager Übereinkommen von
1980
Im Falle eines Kindes, das widerrechtlich in einen anderen als den
Mitgliedstaat verbracht wurde oder widerrechtlich dort zurückgehalten wird, in
dem das Kind unmittelbar vor dem widerrechtlichen Verbringen oder Zurückhalten
seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wird das Haager Übereinkommen von 1980,
ergänzt durch die Bestimmungen der Kapitel III und VI dieser Verordnung, weiterhin angewandt. Muss eine
Entscheidung, mit der die Rückgabe des Kindes gemäß dem Haager Übereinkommen
von 1980 angeordnet wurde und die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, infolge
eines weiteren widerrechtlichen Verbringens oder eines weiteren
widerrechtlichen Zurückhaltens des Kindes in einem anderen Mitgliedstaat
anerkannt und vollstreckt werden, so gilt Kapitel IV.
Verhältnis zum Haager Übereinkommen von
1996
(1) Im
Verhältnis zum Haager Übereinkommen von 1996 ist diese Verordnung anwendbar
a)
vorbehaltlich des Absatzes 2
des vorliegenden Artikels, wenn das betreffende Kind seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat;
b)
in Fragen der Anerkennung und der Vollstreckung
einer von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassenen Entscheidung im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats, auch wenn das betreffende Kind
seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Staats hat, der
Vertragspartei des genannten Übereinkommens ist, in dem diese Verordnung jedoch
nicht gilt.
(2) Unbeschadet
des Absatzes 1 gilt Folgendes:
a)
Haben die Parteien die Zuständigkeit eines
Gerichts eines Staats vereinbart, der Vertragspartei des Haager Übereinkommens
von 1996 ist, in dem diese Verordnung jedoch nicht gilt, so findet Artikel 10
des genannten Übereinkommens Anwendung;
b)
Auf die Übertragung der Zuständigkeit zwischen
einem Gericht eines Mitgliedstaats und einem Gericht eines Staats, der
Vertragspartei des Haager Übereinkommens von 1996 ist, in dem diese Verordnung
jedoch nicht gilt, finden die Artikel 8 und 9 des genannten Übereinkommens
Anwendung;
c)
Ist ein Verfahren betreffend die elterliche
Verantwortung bei einem Gericht eines Staats, der Vertragspartei des Haager
Übereinkommens von 1996 ist, in dem diese Verordnung jedoch nicht gilt, zu dem
Zeitpunkt anhängig, zu dem ein Gericht in einem Mitgliedstaat mit einem
dasselbe Kind betreffenden Verfahren wegen desselben Anspruchs befasst wird, so
findet Artikel 13 des genannten Übereinkommens Anwendung.
Fortbestand der Wirksamkeit
(1) Die
in den Artikeln 94 bis 97 genannten
Übereinkünfte behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, die durch diese
Verordnung nicht geregelt werden.
(2) Die
in den Artikeln 95 bis 97 dieser
Verordnung genannten Übereinkommen, insbesondere die Haager Übereinkommen von
1980 und 1996, behalten nach Maßgabe der Artikel 95 bis 97 dieser Verordnung ihre Wirksamkeit zwischen den ihnen
angehörenden Mitgliedstaaten.
Verträge mit dem Heiligen Stuhl
(1) Diese
Verordnung gilt unbeschadet des am 18. Mai 2004 in der Vatikanstadt zwischen
dem Heiligen Stuhl und Portugal unterzeichneten Internationalen Vertrags
(Konkordat).
(2) Eine
Entscheidung über die Ungültigkeit der Ehe gemäß dem in Absatz 1 genannten Vertrag wird in den Mitgliedstaaten unter
den in Kapitel IV Abschnitt 1 Unterabschnitt 1
vorgesehenen Bedingungen anerkannt.
(3) Die
Absätze 1 und 2 gelten
auch für folgende internationale Verträge mit dem Heiligen Stuhl:
a)
Lateranvertrag vom 11. Februar 1929 zwischen
Italien und dem Heiligen Stuhl, geändert durch die am 18. Februar 1984 in Rom
unterzeichnete Vereinbarung mit Zusatzprotokoll;
b)
Vereinbarung vom 3. Januar 1979 über
Rechtsangelegenheiten zwischen dem Heiligen Stuhl und Spanien;
c)
Vereinbarung zwischen dem Heiligen Stuhl und
Malta über die Anerkennung der zivilrechtlichen Wirkungen von Ehen, die nach
kanonischem Recht geschlossen wurden, sowie von diese Ehen betreffenden
Entscheidungen der Kirchenbehörden und -gerichte vom 3. Februar 1993,
einschließlich des Anwendungsprotokolls vom selben Tag, zusammen mit dem
dritten Zusatzprotokoll vom 27. Januar 2014.
(4) Für
die Anerkennung der Entscheidungen im Sinne des Absatzes 2
können in Spanien, Italien oder Malta dieselben Verfahren und Nachprüfungen
vorgegeben werden, die auch für Entscheidungen der Kirchengerichte gemäß den in
Absatz 3 genannten internationalen Verträgen mit dem
Heiligen Stuhl gelten.
(5) Die
Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission
a)
eine Abschrift der in den Absätzen 1 und 3 genannten Verträge,
b)
jede Kündigung oder Änderung dieser Verträge.
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Übergangsbestimmungen
(1) Diese
Verordnung gilt nur für am oder nach dem 1. August 2022 eingeleitete
gerichtliche Verfahren, förmlich errichtete oder eingetragene öffentliche
Urkunden und eingetragene Vereinbarungen.
(2) Die
Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 gilt weiter für Entscheidungen in vor dem 1.
August 2022 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren, für vor dem 1. August 2022
förmlich errichtete oder eingetragene öffentliche Urkunden und für
Vereinbarungen, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie geschlossen wurden, vor
dem 1. August 2022 vollstreckbar geworden sind und in den Anwendungsbereich der
genannten Verordnung fallen.
Monitoring und Evaluierung
(1) Die
Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem
Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum 2. August 2032 gestützt
auf die von den Mitgliedstaaten vorgelegten Informationen einen Bericht über
die Ex-post-Evaluierung dieser Verordnung. Dem Bericht wird, falls notwendig,
ein Gesetzgebungsvorschlag beigefügt.
(2) Zum
2. August 2025 stellen die Mitgliedstaaten Informationen, die für die
Evaluierung des Funktionierens und der Anwendung dieser Verordnung sachdienlich
sind, soweit verfügbar auf Anfrage der Kommission zur Verfügung; dabei handelt
es sich um
a)
die Zahl der Entscheidungen in Ehesachen oder in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, in denen die Zuständigkeit
auf den in dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften beruhte;
b)
in Bezug auf die Anträge auf Vollstreckung einer
Entscheidung nach Artikel 28 Absatz 2 die Zahl der
Fälle, in denen die Vollstreckung nicht innerhalb von sechs Wochen nach
Einleitung des Vollstreckungsverfahrens erfolgte;
c)
die Zahl der Anträge auf Versagung der
Anerkennung einer Entscheidung nach Artikel 40 und die
Zahl der Fälle, in denen die Anerkennung versagt wurde;
d)
die Zahl der Anträge auf Versagung der
Vollstreckung einer Entscheidung nach Artikel 58 und die
Zahl der Fälle, in denen die Vollstreckung versagt wurde;
e)
die Zahl der nach den Artikeln 61
beziehungsweise 62 eingelegten Rechtsbehelfe.
Mitgliedstaaten mit zwei oder mehr
Rechtssystemen
Für einen Mitgliedstaat, in dem die in dieser Verordnung behandelten
Fragen in verschiedenen Gebietseinheiten durch zwei oder mehr Rechtssysteme
oder Regelwerke geregelt werden, gilt Folgendes:
a)
Jede Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthalt
in diesem Mitgliedstaat betrifft den gewöhnlichen Aufenthalt in einer
Gebietseinheit.
b)
Jede Bezugnahme auf die Staatsangehörigkeit
betrifft die durch die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats bezeichnete
Gebietseinheit.
c)
Jede Bezugnahme auf die Behörde eines
Mitgliedstaats betrifft die zuständige Behörde der Gebietseinheit innerhalb
dieses Mitgliedstaats.
d)
Jede Bezugnahme auf die Vorschriften des
ersuchten Mitgliedstaats betrifft die Vorschriften der Gebietseinheit, in der
die Zuständigkeit oder Anerkennung geltend gemacht oder die Vollstreckung
beantragt wird.
Der Kommission mitzuteilende Angaben
(1) Die
Mitgliedstaaten teilen der Kommission Folgendes mit:
a)
alle Behörden nach Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2
Buchstabe b und Artikel 2 Absatz 2 Nummer 3 und Artikel 74 Absatz 2;
b)
die Gerichte und Behörden, die für die
Ausstellung der Bescheinigungen nach Artikel 36 Absatz 1
und Artikel 66 zuständig sind, und die Gerichte, die für
die Berichtigung der Bescheinigungen nach Artikel 37 Absatz 1, Artikel 48 Absatz 1,
Artikel 49 und Artikel 66 Absatz 3
in Verbindung mit Artikel 37 Absatz 1 zuständig
sind;
c)
die in Artikel 30 Absatz 3,
Artikel 52, Artikel 40 Absatz 1,
Artikel 58 Absatz 1, Artikel 61 Absatz 2 und Artikel 62 genannten
Gerichte sowie die in Artikel 61 Absatz 2 genannten
Gerichte;
d)
die für die Vollstreckung zuständigen Behörden
nach Artikel 52;
e)
die in den Artikeln 61 und
62 genannten Rechtsbehelfe;
f)
die Namen und Anschriften der Zentralen Behörden
gemäß Artikel 76 sowie die technischen
Kommunikationsmittel;
g)
die in Artikel 82 Absatz 2
genannten Kategorien naher Verwandter, sofern anwendbar;
h)
die Sprachen, die gemäß Artikel 91 Absatz 3 für Mitteilungen an die Zentralen Behörden zugelassen
sind;
i)
die Sprachen, die gemäß Artikel 80 Absatz 3, Artikel 81 Absatz 2,
Artikel 82 Absatz 4 und Artikel 91 Absatz 2 für die Übersetzungen zugelassen sind.
(2) Die
Mitgliedstaaten teilen der Kommission die in Absatz 1
genannten Angaben bis zum 23. April 2021 mit.
(3) Die
Mitgliedstaaten teilen der Kommission alle Änderungen der Angaben nach Absatz 1 mit.
(4) Die
in Absatz 1 genannten Angaben werden von der Kommission
auf geeignete Weise, insbesondere über das Europäische Justizportal,
veröffentlicht.
Aufhebung
(1) Vorbehaltlich
des Artikels 100 Absatz 2 der vorliegenden
Verordnung wird die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 mit Wirkung vom 1. August
2022 aufgehoben.
(2) Bezugnahmen
auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende
Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang X zu
lesen.
Inkrafttreten
(1) Diese
Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Union in Kraft.
(2) Diese
Verordnung gilt ab dem 1. August 2022, mit Ausnahme der Artikel 92, 93 und 103,
die ab dem 22. Juli 2019 gelten.
Diese
Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen
unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu
Luxemburg am 25. Juni 2019.
Im
Namen des Rates
Der
Präsident
A.
ANTON
__________________________
Stellungnahme
vom 18. Januar 2018 (ABl. C 458 vom 19.12.2018, S. 499) und Stellungnahme vom
14. März 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). |
|
Stellungnahme
vom 26. Januar 2017 (ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 46). |
|
Verordnung
(EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und
die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der
Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1). |
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Verordnung
(EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember
2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und
Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom
20.12.2012, S. 1). |
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Verordnung
(EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das
anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und
die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. L 7 vom 10.1.2009, S. 1). |
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Verordnung
(EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November
2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von
Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates
(ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79). |
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Verordnung
(EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit
zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1). |
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Entscheidung
2001/470/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines
Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. L 174 vom
27.6.2001, S. 25). |
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Verordnung
(EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016
zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,
zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG
(Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1). |
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ABl.
L 123 vom 12.5.2016, S. 1. |
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ABl.
C 221 vom 16.07.1998, S. 1. |
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Verordnung
(EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember
2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener
Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien
Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1). |
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ABl.
C 120 vom 6.4.2018, S. 18. |