VERORDNUNG (EU)
2020/1784 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 25. November 2020
über die Zustellung
gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen
in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken)
(Neufassung)
DAS
EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -
gestützt
auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
insbesondere
auf Artikel 81 Absatz 2,
auf
Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach
Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
nach
Anhörung des Ausschusses der Regionen,
gemäß dem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),
in
Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des
Europäischen Parlaments und des Rates (3)
ist bereits früher geändert worden. Da weitere erhebliche Änderungen vorgenommen
werden müssen, sollte die Verordnung im Interesse der Klarheit neu gefasst
werden.
(2) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt,
die Union als einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die
Freizügigkeit gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Um diesen
Raum aufzubauen, erlässt die Union unter anderem im Bereich der justiziellen
Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des
Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen.
(3) Für das reibungslose Funktionieren des
Binnenmarkts und die Entwicklung eines Rechtsraums in Zivilsachen in der Union
muss die Übermittlung und Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher
Schriftstücke zwischen den Mitgliedstaaten in Zivil- oder Handelssachen weiter
verbessert und beschleunigt und zugleich ein hohes Maß an Sicherheit und Schutz
bei der Übermittlung solcher Schriftstücke - unter Wahrung des Schutzes der
Rechte der Empfänger sowie des Schutzes der Privatsphäre und der
personenbezogenen Daten - sichergestellt werden. Diese Verordnung verfolgt das
Ziel, die Effizienz und Schnelligkeit von Gerichtsverfahren durch ihre
Vereinfachung und Straffung im Bereich der Zustellung gerichtlicher und
außergerichtlicher Schriftstücke in der Union zu verbessern, und gleichzeitig
dazu beizutragen, Verzögerungen und Kosten für natürliche Personen und
Unternehmen zu verringern. Durch die Schaffung größerer Rechtssicherheit und
die Vereinfachung, Straffung und Digitalisierung der Verfahren werden
natürliche Personen und Unternehmen dazu ermutigt, sich am
grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zu beteiligen, wodurch der Handel
innerhalb der Union angekurbelt und somit das Funktionieren des Binnenmarkts
verbessert wird.
(4) Mit dieser Verordnung werden Regeln
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in den
Mitgliedstaaten in Zivil- oder Handelssachen festgelegt. Sie sollte nicht für
die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in anderen Angelegenheiten
wie Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten gelten.
(5) Bei der grenzüberschreitenden
Zustellung sollte es sich um die Zustellung von einem Mitgliedstaat in einen
anderen Mitgliedstaat handeln.
(6) Diese Verordnung sollte nicht für die
Zustellung von Schriftstücken an einen Bevollmächtigten einer Partei im Forummitgliedstaat gelten, sondern
- unabhängig von der Zustellung an den Bevollmächtigten der Partei - für die
Zustellung aller Schriftstücke an eine Partei im Ausland, falls diese
Zustellung nach dem Recht des Forummitgliedstaats
vorgeschrieben ist.
(7) Wenn ein Empfänger keine bekannte
Zustelladresse im Forummitgliedstaat, aber eine oder
mehrere bekannte Zustelladresse in einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten
hat, so sollte das Schriftstück dem betreffenden anderen Mitgliedstaat zwecks
Zustellung gemäß dieser Verordnung übermittelt werden. Diese Situation sollte
nicht als eine inländische Zustellung im Forummitgliedstaat
ausgelegt werden. Insbesondere sollte die Zustellung des Schriftstücks an den
Empfänger nicht durch eine Methode der fiktiven Zustellung - wie beispielsweise
eine Zustellung durch Anschlag an der Gerichtstafel oder durch Aufbewahrung des
Schriftstücks im Gerichtsakt - erfolgen.
(8) Für die Zwecke dieser Verordnung
sollte der Begriff „außergerichtliche Schriftstücke“ so verstanden werden, dass
er von einer Behörde oder einer Amtsperson erstellte oder beglaubigte
Schriftstücke umfasst sowie andere Schriftstücke, deren förmliche Übermittlung
an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Empfänger zur
Geltendmachung, zum Beweis oder zur Wahrung eines Rechts oder Anspruchs in
Zivil- oder Handelssachen erforderlich ist. Der Begriff „außergerichtliche
Schriftstücke“ sollte nicht so verstanden werden, dass er Schriftstücke
umfasst, die von Verwaltungsbehörden für die Zwecke von Verwaltungsverfahren
ausgestellt werden.
(9) Die Wirksamkeit und Schnelligkeit der
gerichtlichen Verfahren in Zivilsachen setzt voraus, dass die Übermittlung
gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke unmittelbar und auf
schnellstmöglichem Wege zwischen den von den Mitgliedstaaten benannten
örtlichen Stellen erfolgt. Die Mitgliedstaaten sollten separate Übermittlungs-
oder Empfangsstellen oder eine einzige oder mehrere Stellen, die beide
Funktionen zugleich wahrnehmen, für einen Zeitraum von fünf Jahren benennen
können. Es sollte jedoch möglich sein, diese Benennung alle fünf Jahre zu
erneuern.
(10) Um die schnelle Übermittlung von Schriftstücken
zwischen den Mitgliedstaaten zum Zwecke der Zustellung sicherzustellen, sollten
alle geeigneten modernen Kommunikationstechnologien genutzt werden,
vorausgesetzt, bestimmte Anforderungen an die Integrität und Originaltreue des
empfangenen Schriftstücks sind erfüllt. Daher sollten in der Regel jede
Kommunikation und jeder Austausch von Schriftstücken zwischen den von den
Mitgliedstaaten benannten Stellen über ein sicheres und zuverlässiges
dezentrales IT-System erfolgen, das nationale
IT-Systeme umfasst, die vernetzt und technisch interoperabel sind, wie
beispielsweise - unbeschadet der weiteren technologischen Entwicklung - auf
e-CODEX beruhend. Dementsprechend sollte ein dezentrales IT-System für den
Datenaustausch nach dieser Verordnung eingerichtet werden. Der dezentrale
Charakter dieses IT-Systems würde den Datenaustausch ausschließlich zwischen
einem Mitgliedstaat und einem anderen ermöglichen, ohne dass eines der Organe
der Union an diesem Austausch beteiligt ist.
(11) Unbeschadet eines möglichen künftigen
technologischen Fortschritts sollten das sichere dezentrale IT-System und seine
Bestandteile nicht zwingend als qualifizierter Dienst für die Zustellung
elektronischer Einschreiben im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des
Europäischen Parlaments und des Rates (4)
aufgefasst werden.
(12) Die Kommission sollte für die Schaffung, Wartung
und Pflege sowie künftige Weiterentwicklung einer
Referenzimplementierungssoftware verantwortlich sein, die Mitgliedstaaten anstelle
eines nationalen IT-Systems nutzen können sollten, gemäß den Grundsätzen des
Datenschutzes durch Technikgestaltung und durch datenschutzfreundliche
Voreinstellungen. Die Kommission sollte die Referenzimplementierungssoftware
gemäß den Datenschutzanforderungen und -grundsätzen der Verordnungen (EU)
2018/1725 (5) und (EU) 2016/679 (6) des Europäischen Parlaments und des Rates -
insbesondere den Grundsätzen des Datenschutzes durch Technikgestaltung und
durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen - konzipieren, entwickeln und
warten. Die Referenzimplementierungssoftware sollte außerdem geeignete
technische Maßnahmen enthalten und die organisatorischen Maßnahmen ermöglichen,
die dafür erforderlich sind, ein Maß an Sicherheit und Interoperabilität zu
gewährleisten, das für den Informationsaustausch im Bereich der Zustellung von
Schriftstücken geeignet ist.
(13) Für die Komponenten des dezentralen IT-Systems,
für welche die Union zuständig ist, sollte die Verwaltungsstelle über
ausreichende Ressourcen verfügen, um das ordnungsgemäße Funktionieren dieses
Systems zu gewährleisten.
(14) Die nach nationalem Recht zuständige Behörde oder
zuständigen Behörden sollte bzw. sollten als Verantwortliche im Sinne der
Verordnung (EU) 2016/679 für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die sie
nach der vorliegenden Verordnung zur Übermittlung von Schriftstücken zwischen
Mitgliedstaaten durchführt bzw. durchführen, zuständig sein.
(15) Die Übermittlung über das dezentrale IT-System
könnte aufgrund einer Störung des Systems unmöglich werden. Auch aufgrund
außergewöhnlicher Umstände könnten andere Kommunikationsmittel besser geeignet
sein, etwa dann, wenn die Digitalisierung einer umfangreichen Dokumentation
einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Übermittlungsstelle
darstellen würde oder wenn zur Beurteilung der Echtheit eines Schriftstücks das
Original in Papierform benötigt wird. Wenn das dezentrale IT-System nicht
verwendet wird, sollte die Übermittlung mit dem am besten geeigneten
alternativen Mittel durchgeführt werden. Dieses alternative Mittel sollte unter
anderem dazu führen, dass die Übermittlung so rasch wie möglich und auf sichere
Weise durch andere sichere elektronische Mittel oder durch Postdienste
durchgeführt wird.
(16) Damit die elektronische grenzüberschreitende
Übermittlung von Schriftstücken über das dezentrale IT-System häufiger genutzt
wird, sollte solchen Schriftstücken die Rechtswirkung und die Zulässigkeit als
Beweismittel in Gerichtsverfahren nicht allein deshalb abgesprochen werden,
weil sie in elektronischer Form vorliegen. Jedoch sollte dieser Grundsatz die
Beurteilung der Rechtswirkung solcher Schriftstücke oder ihrer Zulässigkeit als
Beweismittel nach nationalem Recht nicht berühren. Zudem sollte er nationales
Recht über die Umwandlung von Schriftstücken unberührt lassen.
(17) Um die Übermittlung und Zustellung von
Schriftstücken zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern, sollten die in
Anhang I enthaltenen Formblätter verwendet werden. Dem zu übermittelnden
Schriftstück sollte ein Antrag beigefügt werden, der unter Verwendung des
Formblattes A in Anhang I erstellt wird. Das Formblatt sollte in der
Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats ausgefüllt werden oder, wenn es in diesem
Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der
Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll, oder in einer
sonstigen Sprache, die der Empfangsmitgliedstaat zugelassen hat. Jeder
Mitgliedstaat sollte die Amtssprache oder die Amtssprachen der Union angeben,
die er außer seiner eigenen Amtssprache oder seinen eigenen Amtssprachen
akzeptiert.
(18) Der Übermittlungsstelle sollte automatisch über
das dezentrale IT-System oder auf andere Weise sobald wie möglich, auf jeden
Fall aber innerhalb von sieben Tagen nach Eingang des Schriftstücks, eine
Empfangsbestätigung unter Verwendung des Formblatts D in Anhang I übermittelt
werden.
(19) Wenn die Übermittlungsstelle eine Bescheinigung
über die Nichtzustellung von Schriftstücken erhält, ist es für sie wichtig zu
erfahren, ob die Behörden des Empfangsmitgliedstaats Anfragen an
Wohnsitzregister oder andere Datenbanken - falls es solche Register oder
Datenbanken gibt - gerichtet haben, um eine neue Anschrift des Empfängers des Schriftstücks
zu ermitteln. Daher sollten die Mitgliedstaaten der Kommission mitteilen, ob
ihre Behörden derartige Anfragen auf eigene Initiative stellen, wenn die im
Zustellungsantrag angegebene Anschrift nicht richtig ist. Allerdings sollte
diese Verordnung die Behörden der Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichten,
derartige Anfragen zu stellen.
(20) Kann ein
Zustellungsantrag aufgrund der übermittelten Angaben oder Schriftstücke nicht
erledigt werden, fällt er nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, ist
die Zustellung wegen Nichtbeachtung der erforderlichen Formvorschriften nicht
möglich oder wurde er an eine örtlich nicht zuständige Empfangsstelle gesandt,
so sollte die Empfangsstelle die in dieser Verordnung vorgesehenen Schritte
ohne eine Verzögerung unternehmen, die unter Berücksichtigung der besonderen
Umstände - einschließlich der der Empfangsstelle zur Verfügung stehenden
Kommunikationsmittel - ungerechtfertigt, unangemessen und unnötig ist.
(21) Auf eine schnelle Übermittlung muss auch eine
schnelle Zustellung des Schriftstücks in den Tagen nach seinem Eingang folgen.
Die Zustellung von Schriftstücken sollte so bald wie möglich, in jedem Fall
aber innerhalb eines Monats nach ihrem Eingang bei der Empfangsstelle erfolgen.
(22) Die Empfangsstelle sollte auch in den Fällen, in
denen es - etwa, weil der Beklagte urlaubsbedingt nicht zu Hause war oder sich
aus dienstlichen Gründen nicht an seinem Arbeitsplatz aufhielt - nicht möglich
war, die Zustellung des Schriftstücks innerhalb eines Monats nach Eingang des
Schriftstücks zu bewirken, weiterhin alle für die Zustellung des Schriftstücks
erforderlichen Schritte unternehmen. Um jedoch eine unbefristete Verpflichtung
der Empfangsstelle, Schritte zur Zustellung des Schriftstücks zu unternehmen, zu
vermeiden, sollte die Übermittlungsstelle die Möglichkeit haben, unter
Verwendung von Formblatt A in Anhang I eine Frist festzulegen, nach deren
Ablauf die Zustellung nicht mehr erforderlich ist.
(23) Um die Wirksamkeit dieser Verordnung zu
gewährleisten, sollten die Umstände, unter denen es möglich ist, die Annahme
des zuzustellenden Schriftstücks zu verweigern, auf Ausnahmefälle beschränkt
werden.
(24) In allen Fällen, in denen das zuzustellende Schriftstück
nicht in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Zustellungsorts
abgefasst ist, sollte die Empfangsstelle den Zustellungsempfänger schriftlich
unter Verwendung des Formblatts L in Anhang I darüber belehren, dass er die
Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern kann, wenn es weder in
einer Sprache, die er versteht, noch in der Amtssprache oder einer der
Amtssprachen des Zustellungsorts abgefasst ist. Diese Regel sollte auch für
später erfolgende Zustellungen gelten, wenn der Empfänger das
Verweigerungsrecht ausgeübt hat. Dieses Verweigerungsrecht sollte auch im Falle
der Zustellung durch diplomatische Vertreter oder konsularische Bedienstete,
der Zustellung durch Postdienste, der elektronischen Zustellung und der
unmittelbaren Zustellung gelten. Die Zustellung eines Schriftstücks, dessen
Annahme verweigert wurde, sollte dadurch geheilt werden können, dass dem
Empfänger eine Übersetzung des zurückgewiesenen Schriftstücks zugestellt wird.
(25) Wird dem zuzustellenden Schriftstück eine
Übersetzung beigefügt, so sollte sie beglaubigt sein oder auf andere Weise nach
dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats als für das Verfahren geeignet befunden
werden. Die Übersetzung sollte dem Mitgliedstaat, in dem die Zustellung
erfolgen soll, zur Verfügung gestellt werden. Die Übersetzung von
Schriftstücken in eine andere Sprache zum Zwecke der Gewährleistung der
Einhaltung dieser Verordnung berührt nicht die Möglichkeit für den Empfänger,
die Richtigkeit der Übersetzung nach dem Recht des Forummitgliedstaats,
anzufechten.
(26) Wenn der Empfänger die Annahme des Schriftstücks
verweigert hat und das in dem Verfahren angerufene Gericht oder die mit dem
Verfahren befasste Behörde nach Überprüfung entscheidet, dass die Verweigerung
nicht gerechtfertigt war, sollte dieses Gericht oder diese Behörde eine
geeignete Form der Unterrichtung des Empfängers über diese Entscheidung gemäß
dem nationalen Recht prüfen. Für die Zwecke der Überprüfung, ob die
Verweigerung gerechtfertigt war, sollte das Gericht oder die Behörde alle in
der Akte enthaltenen relevanten Informationen berücksichtigen, um die
Sprachkenntnisse des Empfängers zu ermitteln. Bei der Bewertung der
Sprachkenntnisse des Empfängers könnte das Gericht oder die Behörde
gegebenenfalls Tatsachen berücksichtigen wie zum Beispiel, ob der Empfänger
Schriftstücke in der betreffenden Sprache verfasst hat, ob besondere
Sprachkenntnisse für den Beruf des Empfängers erforderlich sind, ob der
Empfänger Staatsangehöriger des Forummitgliedstaats
ist oder ob der Empfänger früher über einen längeren Zeitraum seinen Wohnsitz
in diesem Mitgliedstaat hatte.
(27) Aufgrund der verfahrensrechtlichen Unterschiede
zwischen den Mitgliedstaaten bestimmt sich der maßgebliche Zustellungszeitpunkt
in den einzelnen Mitgliedstaaten nach unterschiedlichen Kriterien. Unter diesen
Umständen und in Anbetracht der möglicherweise daraus entstehenden
Schwierigkeiten sollte diese Verordnung eine Regelung vorsehen, nach der sich
der Zustellungszeitpunkt nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats bestimmt.
Muss jedoch nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb
einer bestimmten Frist zugestellt werden, so sollte im Verhältnis zum
Antragsteller als Tag der Zustellung der Tag gelten, der sich aus dem Recht
dieses Mitgliedstaats ergibt. Diese Regelung des doppelten Datums besteht nur
in einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten. Wenn Mitgliedstaaten diese
Regelung anwenden, sollten sie diese Information der Kommission mitteilen, die
diese Information über das durch die Verordnung 2001/470/EG des Rates (7) gegründete Europäische Justizielle Netz für Zivil-
und Handelssachen und über das Europäische Justizportal in elektronischer Form
zugänglich machen sollte.
(28) Um den Zugang zum Recht zu erleichtern, sollten
die Mitgliedstaaten eine einheitliche Festgebühr für die Inanspruchnahme einer
Amtsperson oder einer anderen nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats
zuständigen Person festlegen. Diese Gebühr sollte den Grundsätzen der
Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung entsprechen. Das Erfordernis
einer einheitlichen Festgebühr sollte nicht die Möglichkeit ausschließen, dass
die Mitgliedstaaten unterschiedliche Festgebühren für unterschiedliche Arten
der Zustellung festlegen, sofern sie diese Grundsätze beachten.
(29) Es sollte jedem Mitgliedstaat freistehen,
Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind, Schriftstücke durch
Postdienste unmittelbar per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem
Beleg zustellen zu lassen. Für die Zustellung von Schriftstücken in
verschiedenen Formen von Briefen, einschließlich Briefkonvoluten, sollte es
möglich sein, private oder öffentliche Postdienste zu nutzen.
(30) Nach der ständigen Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (8)
gilt die unmittelbare Zustellung durch einen Postdienst im Sinne dieser
Verordnung sogar dann als rechtsgültig bewirkt, wenn das Schriftstück zwar
nicht dem Empfänger persönlich ausgehändigt, aber an der Privatanschrift des
Empfängers an einen Erwachsenen übergeben wurde, der in demselben Haushalt wie
der Empfänger lebt oder dort vom Empfänger beschäftigt wird und der das
Schriftstück annehmen kann und dazu bereit ist, es sei denn, dass nach dem
Recht des Forummitgliedstaats nur die persönliche
Aushändigung des Schriftstücks an den Empfänger zulässig ist.
(31) Effiziente, zügige grenzüberschreitende
Gerichtsverfahren erfordern schnelle und sichere direkte Kanäle für die
Zustellung von Schriftstücken an Personen in anderen Mitgliedstaaten. Folglich
sollte es möglich sein, einem Empfänger, der eine bekannte Zustelladresse in
einem anderen Mitgliedstaat hat, Schriftstücke unmittelbar elektronisch
zuzustellen. Die Voraussetzungen für diese Art der unmittelbaren elektronischen
Zustellung sollten gewährleisten, dass die elektronische Zustellung nur mit
elektronischen Mitteln erfolgt, die nach dem Recht des Forummitgliedstaats
für die inländische Zustellung von Schriftstücken verwendet werden dürfen, und
dass geeignete Garantien für den Schutz der Interessen des Empfängers
einschließlich hoher technischer Standards und die Anforderung der
ausdrücklichen Zustimmung des Empfängers bestehen.
(32) Die elektronische Zustellung an den Empfänger
durch einen qualifizierten Zustelldienst für die Zustellung elektronischer
Einschreiben im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 sollte möglich sein,
wenn der Empfänger vorher ausdrücklich der Verwendung elektronischer Mittel für
die Zustellung von Schriftstücken in Gerichtsverfahren zugestimmt hat. In solchen
Fällen könnte die ausdrückliche Zustimmung für bestimmte Verfahren oder ganz
allgemein für die elektronische Zustellung von Schriftstücken in
Gerichtsverfahren durch diese Zustellungsarten erteilt werden. Diese Zustimmung
könnte auch dann erteilt werden, wenn nach dem Recht des Forummitgliedstaats
Verfahrensschriftstücke mithilfe eines elektronischen Systems zugestellt werden
können und der Empfänger der Verwendung dieses Systems im Zusammenhang mit der
Zustellung von Schriftstücken zugestimmt hat, bevor ihm mithilfe des
betreffenden Systems Schriftstücke zugestellt werden.
(33) Eine elektronische Zustellung ohne Verwendung
eines qualifizierten Zustelldienstes für die Zustellung elektronischer
Einschreiben im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 an den Empfänger könnte
erfolgen, wenn der Empfänger dem in dem Verfahren angerufenen Gericht oder der
mit dem Verfahren befassten Behörde oder der in dem betreffenden Verfahren für
die Zustellung zuständigen Partei seine vorherige ausdrückliche Zustimmung zur Verwendung
von E-Mails an eine bestimmte E-Mail-Adresse für solche Verfahrens erteilt hat,
sofern eine Bestätigung des Empfangs des Schriftstücks durch den Empfänger
eingeht. Der Empfänger sollte den Empfang des Schriftstücks bestätigen, indem
er eine Empfangsbestätigung unterzeichnet und zurückschickt oder indem er eine
E-Mail von der von ihm für die Zustellung angegebenen E-Mail-Adresse
zurückschickt. Die Empfangsbestätigung könnte auch elektronisch unterzeichnet
werden. Um die Sicherheit der Übermittlung zu gewährleisten, könnten
Mitgliedstaaten zusätzliche Bedingungen mitteilen, unter denen sie die
elektronische Zustellung per E-Mail zulassen, wenn nach ihrem Recht für die
Zustellung per E-Mail strengere Bedingungen gelten oder wenn ihr Recht eine
solche Zustellung per E-Mail nicht zulässt. Diese Bedingungen können Aspekte
wie die Identifizierung des Absenders und des Empfängers, die Unversehrtheit
der übermittelten Schriftstücke und den Schutz der Übermittlung vor äußeren
Eingriffen betreffen.
(34) Jeder an bestimmten gerichtlichen Verfahren
Beteiligte sollte die Möglichkeit haben, Schriftstücke unmittelbar durch
Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Mitgliedstaats, in
dem um Zustellung ersucht wird, zustellen zu lassen, wenn eine solche
unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig ist.
(35) Wenn das nationale Recht und diese Verordnung dem
Gericht erlauben, den Rechtsstreit auch dann zu entscheiden, wenn keine
Bescheinigung über die Zustellung oder die Aushändigung bzw. Abgabe des
verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder des ihm gleichwertigen Schriftstücks
eingegangen ist, so sollten alle angemessenen Schritte bei den zuständigen
Behörden oder Stellen des Empfangsmitgliedstaats unternommen werden, um die Bescheinigung
zu erlangen, bevor eine Gerichtsentscheidung im Einklang auch mit anderen
Erfordernissen zum Schutz der Interessen des Beklagten ergeht. Sofern nicht mit
dem nationalen Recht unvereinbar, sollten alle angemessenen Schritte
unternommen werden, um den Beklagten über alle verfügbaren Kommunikationskanäle
- einschließlich der modernen Kommunikationstechnologie -, für die dem
angerufenen Gericht eine Anschrift oder ein Konto bekannt ist, davon in
Kenntnis zu setzen, dass ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.
(36) Die Kommission sollte ein Handbuch mit
Informationen zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Verordnung erstellen. Das
Handbuch sollte über das Europäische Justizielle Netz für die Zusammenarbeit in
Zivil- und Handelssachen zugänglich gemacht werden. Die Kommission und die
Mitgliedstaaten sollten ihr Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass die in
dem Handbuch enthaltenen Informationen aktuell und vollständig sind,
insbesondere die Kontaktinformationen zu den Empfangs- und den
Übermittlungsstellen.
(37) Die Berechnung der in dieser Verordnung
vorgesehenen Fristen und Termine sollte nach Maßgabe der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates (9)
erfolgen.
(38) Um die in Anhang I dieser Verordnung enthaltenen
Formblätter zu aktualisieren oder technische Anpassungen an diesen Formblättern
vorzunehmen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, nach Artikel
290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zur
Änderung des genannten Anhangs zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung,
dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene
Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit
den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen
Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (10) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine
gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu
sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur
gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre
Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der
Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der
delegierten Rechtsakte befasst sind.
(39) Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für
die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission
Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang
mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des
Rates (11) ausgeübt werden.
(40) Diese Verordnung sollte Vorrang vor den
Bestimmungen bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte oder Vereinbarungen
mit einem dieser Verordnung gleichen Anwendungsbereich haben, die
Mitgliedstaaten geschlossen haben, insbesondere dem Haager Übereinkommen vom
15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher
Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen. Diese Verordnung hindert
die Mitgliedstaaten nicht daran, Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur
Beschleunigung oder Vereinfachung der Übermittlung von Schriftstücken
beizubehalten oder zu schließen, sofern diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen
mit dieser Verordnung vereinbar sind.
(41) Die Grundrechte und Grundfreiheiten aller
beteiligten Personen sollten gemäß dem Unionsrecht uneingeschränkt gewahrt und
geachtet werden, insbesondere das Recht auf gleichberechtigten Zugang zur
Justiz, das Recht auf Nichtdiskriminierung und das Recht auf Schutz
personenbezogener Daten und der Privatsphäre.
(42) Die nach dieser Verordnung übermittelten Daten
sollten angemessen geschützt werden. Dieser Schutz wird durch die Verordnung
(EU) 2016/679 und die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates (12) geregelt. Personenbezogene
Daten, die für die Bearbeitung eines bestimmten Falls nicht relevant sind,
sollten unverzüglich gelöscht werden.
(43) Nach den Nummern 22 und 23 der
Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung
sollte die Kommission diese Verordnung auf der Grundlage der Informationen
bewerten, die im Rahmen spezifischer Monitoring-Regelungen eingeholt werden, um
die tatsächlichen Auswirkungen dieser Verordnung zu bewerten und zu prüfen, ob
weitere Maßnahmen notwendig sind. Erfassen die Mitgliedstaaten Daten zur
Zustellung von Schriftstücken nach dieser Verordnung, insbesondere zur Zahl der
übermittelten und erhaltenen Ersuchen, zur Zahl der Fälle, in denen die
Übermittlung auf anderem Wege als über das dezentrale IT-System erfolgt ist,
zur Zahl der erhaltenen Bescheinigungen über die Nichtzustellung von
Schriftstücken und zur Zahl der Fälle, in denen Übermittlungsstellen die
Annahme von Schriftstücken aus sprachlichen Gründen verweigert wurde, so
sollten sie diese Daten für die Zwecke der Überwachung der Kommission
bereitstellen. Die von der Kommission als Back-End-System entwickelte
Referenzimplementierungssoftware sollte die für die Zwecke der Überwachung
erforderlichen Daten durch entsprechende Programmierung erfassen, und diese
Daten sollten der Kommission übermittelt werden. Wenn sich die Mitgliedstaaten
für die Nutzung eines nationalen IT-Systems anstelle der durch die Kommission
entwickelten Referenzimplementierungssoftware entscheiden, so kann dieses
System so ausgerüstet sein, dass es diese Daten durch entsprechende
Programmierung erfasst; in diesem Fall sollten die Daten der Kommission
übermittelt werden.
(44) Da die Ziele dieser Verordnung aufgrund der
Unterschiede zwischen den nationalen Vorschriften über die gerichtliche
Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen von den
Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr
wegen der unmittelbaren Geltung und Verbindlichkeit dieser Verordnung auf
Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in
Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip
tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung
dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(45) Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde nach
Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 konsultiert und hat am 13.
September 2019 eine Stellungnahme abgegeben. (13)
(46) Im Interesse einer besseren Übersicht und
Verständlichkeit sollte die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 aufgehoben und durch
die vorliegende Verordnung ersetzt werden.
(47) Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem
Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der
Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des
Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts haben das Vereinigte Königreich und Irland
mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung
beteiligen möchten.
(48) Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über
die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen
Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich
Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese
Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet -
HABEN
FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Anwendungsbereich
(1) Diese
Verordnung gilt für die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und
außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen. Sie gilt
insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche
Angelegenheiten sowie die Haftung eines Mitgliedstaats für Handlungen oder
Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“).
(2) Mit
Ausnahme des Artikels 7 gilt diese Verordnung nicht, wenn
die Anschrift des Empfängers eines Schriftstücks unbekannt ist.
(3) Diese
Verordnung gilt nicht für die Zustellung eines Schriftstücks in dem Forummitgliedstaat an einen Bevollmächtigten der Person, an
die zugestellt werden soll, unabhängig davon, wo diese Person ihren Wohnsitz
hat.
Begriffsbestimmungen
Für
die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:
1. „Forummitgliedstaat“
bezeichnet den Mitgliedstaat, in dem das Gerichtsverfahren anhängig ist;
2. „Dezentrales IT-System“ bezeichnet ein Netzwerk
nationaler IT-Systeme und interoperabler Zugangspunkte, die unter der
jeweiligen Verantwortung und Verwaltung eines jeden Mitgliedstaats betrieben
werden, das den sicheren und zuverlässigen grenzüberschreitenden
Informationsaustausch zwischen den nationalen IT-Systemen ermöglicht.
Übermittlungs- und
Empfangsstellen
(1) Jeder
Mitgliedstaat benennt die Amtspersonen, Behörden oder sonstigen Personen, die
für die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, die in
einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen sind, zuständig sind (im Folgenden
„Übermittlungsstellen“).
(2) Jeder Mitgliedstaat benennt die Amtspersonen,
Behörden oder sonstigen Personen, die für die Entgegennahme gerichtlicher und außergerichtlicher
Schriftstücke aus einem anderen Mitgliedstaat zuständig sind (im Folgenden
„Empfangsstellen“).
(3) Die Mitgliedstaaten können entweder separate
Übermittlungs- und Empfangsstellen oder eine einzige oder mehrere Stellen
benennen, die beide Funktionen zugleich wahrnehmen. Bundesstaatlich
organisierte Mitgliedstaaten, Mitgliedstaaten mit mehreren Rechtssystemen und
Mitgliedstaaten mit autonomen Gebietskörperschaften können mehrere derartige
Stellen benennen. Diese Benennung ist für einen Zeitraum von fünf Jahren gültig
und kann um weitere Perioden von fünf Jahren verlängert werden.
(4) Jeder
Mitgliedstaat teilt der Kommission folgende Angaben mit:
a) die
Namen und Anschriften der Empfangsstellen nach den Absätzen 2
und 3,
b) den
Bereich, für den diese Empfangsstellen örtlich zuständig sind,
c) die
den Empfangsstellen im Anwendungsbereich des Artikels 5
Absatz 4 zur Verfügung stehenden Mittel für den
Empfang von Schriftstücken und
d) die
Sprachen, in denen die Formblätter in Anhang I ausgefüllt werden dürfen.
Die Mitgliedstaaten
teilen der Kommission jede Änderung der in Unterabsatz 1 genannten Angaben mit.
Artikel 4
Zentralstelle
Jeder
Mitgliedstaat benennt eine Zentralstelle, die dafür verantwortlich ist,
a) den Übermittlungsstellen Auskünfte zu erteilen;
b) nach Lösungswegen zu suchen, wenn bei der Übermittlung
von Schriftstücken zum Zwecke der Zustellung Schwierigkeiten auftreten;
c) in Ausnahmefällen auf Ersuchen einer
Übermittlungsstelle einen Zustellungsantrag an die zuständige Empfangsstelle
weiterzuleiten.
Bundesstaatlich
organisierte Mitgliedstaaten, Mitgliedstaaten mit mehreren Rechtssystemen und
Mitgliedstaaten mit autonomen Gebietskörperschaften können mehrere
Zentralstellen benennen.
Von den Übermittlungs-
und Empfangsstellen sowie den Zentralstellen zu verwendende Kommunikationsmittel
(1) Zuzustellende Schriftstücke, Ersuchen, Bestätigungen,
Empfangsbestätigungen, Bescheinigungen und Mitteilungen, die unter Verwendung
der Formblätter in Anhang I erstellt wurden, werden zwischen den Übermittlungs-
und Empfangsstellen, zwischen diesen Stellen und den Zentralstellen oder
zwischen den Zentralstellen der verschiedenen Mitgliedstaaten über ein sicheres
und zuverlässiges dezentrales IT-System übermittelt. Dieses dezentrale
IT-System beruht auf einer interoperablen Lösung wie beispielsweise e-CODEX.
(2) Für
die zuzustellenden Schriftstücke, Ersuchen, Bestätigungen,
Empfangsbestätigungen, Bescheinigungen und Mitteilungen, die über das
dezentrale IT-System übermittelt werden, gilt der mit der Verordnung (EU) Nr. 910/2014
geschaffene allgemeine Rechtsrahmen für die Verwendung von qualifizierten
Vertrauensdiensten.
(3) Erfordern
oder enthalten die in Absatz 1 dieses Artikels
genannten zuzustellenden Schriftstücke, Ersuchen, Bestätigungen,
Empfangsbestätigungen, Bescheinigungen und sonstigen Mitteilungen ein Siegel
oder eine eigenhändige Unterschrift, so können stattdessen qualifizierte
elektronische Siegel oder qualifizierte elektronische Signaturen im Sinne der
Verordnung (EU) Nr. 910/2014 verwendet werden.
(4) Ist die Übermittlung nach Absatz 1
aufgrund einer Störung des dezentralen IT-Systems oder außergewöhnlicher
Umstände nicht möglich, so wird die Übermittlung mit dem schnellsten und am
besten geeigneten alternativen Mittel durchgeführt, wobei den Erfordernissen
der Zuverlässigkeit und Sicherheit Rechnung zu tragen ist.
Rechtswirkung
elektronischer Schriftstücke
Den
über das dezentrale IT-System übermittelten Schriftstücken darf die Rechtswirkung
oder die Zulässigkeit als Beweismittel im Gerichtsverfahren nicht allein
deshalb abgesprochen werden, weil sie in elektronischer Form vorliegen.
Unterstützung bei der
Ermittlung von Anschriften
(1) Ist die Anschrift der Person, der das gerichtliche
oder außergerichtliche Schriftstück in einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen
ist, nicht bekannt, so leistet der andere Mitgliedstaat bei der Ermittlung der
Anschrift in mindestens einer der folgenden Weisen Unterstützung:
a) Angabe benannter Behörden, an
welche die Übermittlungsstellen Anfragen um die Ermittlung der Anschrift des
Empfängers des Schriftstücks richten;
b) Erlaubnis für Personen aus anderen
Mitgliedstaaten, Auskunftsanfragen zu Anschriften von Empfängern, auch auf elektronischem
Wege, mittels eines auf dem Europäischen Justizportal verfügbaren
Standardformulars, direkt an Wohnsitzregister oder andere öffentlich
zugängliche Datenbanken zu richten; oder
c) Bereitstellung ausführlicher
Informationen im Europäischen Justizportal darüber, wie Anschriften von
Empfängern ermittelt werden können.
(2) Jeder
Mitgliedstaat teilt der Kommission folgende Angaben mit, damit diese im
Europäischen Justizportal zugänglich gemacht werden:
a) die Mittel, mit denen der Mitgliedstaat in seinem
Hoheitsgebiet nach Absatz 1 Unterstützung leistet;
b) gegebenenfalls Name und Kontaktdaten der in Absatz
1 Buchstaben a und b
genannten Behörden;
c) die Angabe, ob die Behörden des
Empfangsmitgliedstaats auf eigene Initiative Auskunftsersuchen an
Wohnsitzregister oder andere Datenbanken für Informationen über Anschriften
richten, wenn die im Zustellungsantrag angegebene Anschrift nicht richtig ist.
Die Mitgliedstaaten
teilen der Kommission jede Änderung der in Unterabsatz 1 genannten Angaben mit.
KAPITEL II
GERICHTLICHE
SCHRIFTSTÜCKE
ABSCHNITT 1
Übermittlung und
Zustellung von gerichtlichen Schriftstücken
Übermittlung von Schriftstücken
(1) Gerichtliche
Schriftstücke werden zwischen den Übermittlungs- und Empfangsstellen
unmittelbar und so schnell wie möglich übermittelt.
(2) Dem zu übermittelnden Schriftstück ist ein Antrag
beizufügen, der unter Verwendung des Formblattes A in Anhang I erstellt wird.
Das Formblatt ist in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder, wenn es
in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, in der Amtssprache oder
einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll, oder in
einer sonstigen Sprache, die der Empfangsmitgliedstaat zugelassen hat,
auszufüllen.
Jeder Mitgliedstaat
teilt der Kommission jede andere Amtssprache der Union als seine eigene mit, in
der das Formblatt ausgefüllt werden kann.
(3) Schriftstücke,
die gemäß dieser Verordnung übermittelt werden, bedürfen weder der Beglaubigung
noch einer anderen gleichwertigen Formalität.
(4) Beantragt die Übermittlungsstelle die Rücksendung
einer Kopie eines nach Artikel 5 Absatz 4 in Papierform übermittelten Schriftstücks zusammen mit
der in Artikel 14 genannten Bescheinigung, so
übermittelt sie das betreffende Schriftstück in zweifacher Ausfertigung.
Übersetzung von
Schriftstücken
(1) Die
Übermittlungsstelle, welcher der Antragsteller das Schriftstück zum Zweck der
Übermittlung übergibt, setzt den Antragsteller davon in Kenntnis, dass der
Empfänger die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer
der in Artikel 12 Absatz 1
bestimmten Sprachen abgefasst ist.
(2) Der
Antragsteller trägt etwaige vor der Übermittlung des Schriftstücks anfallende
Übersetzungskosten unbeschadet etwaiger späterer Kostenentscheidungen des
zuständigen Gerichts oder der zuständigen Behörde.
Entgegennahme der
Schriftstücke durch die Empfangsstelle
(1) Nach
Erhalt eines Schriftstücks übermittelt die Empfangsstelle der Übermittlungsstelle
automatisch und so bald wie möglich eine Empfangsbestätigung über das
dezentralisierte IT-System oder, wenn die Empfangsbestätigung mit anderen
Mitteln übersendet wird, so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von
sieben Tagen nach Erhalt des Schriftstücks, unter Verwendung des Formblatts D
in Anhang I.
(2) Kann
der Zustellungsantrag aufgrund der übermittelten Angaben oder Schriftstücke
nicht erledigt werden, so nimmt die Empfangsstelle unter Verwendung des
Formblatts E in Anhang I ohne unangemessene Verzögerung Verbindung zur
Übermittlungsstelle auf, um die fehlenden Angaben oder Schriftstücke zu
erlangen.
(3) Fällt
der Zustellungsantrag offenkundig nicht in den Anwendungsbereich dieser
Verordnung oder ist die Zustellung wegen Nichtbeachtung der erforderlichen
Formvorschriften nicht möglich, so sind der Zustellungsantrag und die
übermittelten Schriftstücke nach Erhalt unter Verwendung des Formblatts F in
Anhang I mit einer Benachrichtigung über die Rücksendung ohne unangemessene
Verzögerung an die Übermittlungsstelle zurückzusenden.
(4) Erhält
eine Empfangsstelle ein Schriftstück zur Zustellung, für dessen Zustellung sie
örtlich nicht zuständig ist, so leitet sie dieses Schriftstück zusammen mit dem
Zustellungsantrag ohne unangemessene Verzögerung an die örtlich zuständige
Empfangsstelle im Empfangsmitgliedstaat weiter, sofern der Antrag den
Anforderungen des Artikels 8 Absatz 2 entspricht. Die Empfangsstelle setzt gleichzeitig die
Übermittlungsstelle unter Verwendung des Formblatts G in Anhang I davon in
Kenntnis. Nachdem die örtlich zuständige Empfangsstelle im
Empfangsmitgliedstaat das Schriftstück und den Zustellungsantrag erhalten hat,
übermittelt diese Empfangsstelle der Übermittlungsstelle so bald wie möglich,
auf jeden Fall aber innerhalb von sieben Tagen nach Erhalt, eine
Empfangsbestätigung unter Verwendung des Formblatts H in Anhang I.
Zustellung von
Schriftstücken
(1) Die
Zustellung des Schriftstücks wird von der Empfangsstelle bewirkt oder
veranlasst, entweder nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats oder in einem
von der Übermittlungsstelle gewünschten besonderen Verfahren, sofern dieses
Verfahren mit dem Recht des Empfangsmitgliedstaats vereinbar ist.
(2) Die
Empfangsstelle unternimmt alle erforderlichen Schritte, um die Zustellung des
Schriftstücks so rasch wie möglich, in jedem Fall jedoch binnen eines Monats
nach seinem Eingang auszuführen. Konnte die Zustellung nicht binnen eines Monats
nach Eingang des Schriftstücks vorgenommen werden, verfährt die Empfangsstelle
wie folgt:
a) Sie unterrichtet die Übermittlungsstelle
unverzüglich unter Verwendung des Formblatts K in Anhang I davon oder, sofern
die Übermittlungsstelle unter Verwendung des Formblatts I in Anhang I um
Informationen ersucht hat, unter Verwendung des Formblatts J in Anhang I, und
b) sie unternimmt weiterhin alle für die Zustellung
des Schriftstücks erforderlichen Schritte, falls die Zustellung innerhalb einer
angemessenen Frist möglich erscheint, es sei denn, die Übermittlungsstelle gibt
an, dass die Zustellung nicht mehr erforderlich ist.
Verweigerung der
Annahme eines Schriftstücks
(1) Der Empfänger darf die Annahme des zuzustellenden
Schriftstücks verweigern, wenn das Schriftstück nicht in einer der folgenden
Sprachen abgefasst oder keine Übersetzung in eine der folgenden Sprachen
beigefügt ist:
a) einer Sprache,
die der Empfänger versteht, oder
b) der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats
oder, wenn es im Empfangsmitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der
Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung
erfolgen soll.
(2) Die Empfangsstelle informiert den Empfänger über sein
Recht nach Absatz 1, wenn das Schriftstück nicht in
einer der in Absatz 1 Buchstabe b
genannten Sprachen abgefasst oder keine Übersetzung in eine dieser Sprachen
beigefügt ist, indem sie dem zuzustellenden Schriftstück das Formblatt L in
Anhang I in den folgenden Sprachen beifügt:
a) in der Amtssprache oder in einer der Amtssprachen
des Ursprungsmitgliedstaats und
b) in einer Sprache nach Absatz 1
Buchstabe b.
Gibt es Anzeichen
dafür, dass der Empfänger eine Amtssprache eines anderen Mitgliedstaats
versteht, so ist auch das in dieser Sprache abgefasste Formblatt L in Anhang I
beizufügen.
Übersetzt ein Mitgliedstaat
Formblatt L in Anhang I in eine Sprache eines Drittstaats, so stellt er die
Übersetzung der Kommission zur Verfügung, damit sie über das Europäische
Justizportal zugänglich gemacht wird.
(3) Der Empfänger kann die Annahme eines Schriftstücks
entweder bei der Zustellung oder durch eine schriftliche Erklärung der
Annahmeverweigerung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Zustellung
verweigern. Zu diesem Zweck kann der Empfänger entweder das Formblatt L in
Anhang I oder eine schriftliche Erklärung an die Empfangsstelle (14) mit
der Angabe zurücksenden, dass er die Annahme des Schriftstücks aufgrund der
Sprache, in der es zugestellt wurde, verweigert.
(4) Wird
der Empfangsstelle mitgeteilt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks
nach den Absätzen 1, 2 und 3 verweigert, so setzt sie die Übermittlungsstelle unter
Verwendung der Bescheinigung über die Zustellung bzw. Nichtzustellung, unter
Verwendung von Formblatt K in Anhang I, unverzüglich davon in Kenntnis und
sendet den Antrag und - falls verfügbar - jedes Schriftstück, um dessen
Übersetzung ersucht wird, zurück.
(5) Die Zustellung eines Schriftstücks, dessen Annahme
verweigert wurde, kann dadurch geheilt werden, dass dem Empfänger nach Maßgabe
dieser Verordnung das Schriftstück zusammen mit einer Übersetzung in einer der
in Absatz 1 vorgesehenen Sprachen zugestellt wird. In
diesem Fall ist der Tag der Zustellung des Schriftstücks der Tag, an dem die
Zustellung des Schriftstücks zusammen mit der Übersetzung nach dem Recht des
Empfangsmitgliedstaats bewirkt wird. Muss jedoch nach dem Recht eines
Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt
werden, so ist im Verhältnis zum Antragsteller als Tag der Zustellung der nach
Artikel 13 Absatz 2
ermittelte Tag maßgebend, an dem das ursprüngliche Schriftstück zugestellt
worden ist.
(6) Die
Absätze 1 bis 5 gelten auch
für die anderen Arten der Übermittlung und Zustellung gerichtlicher
Schriftstücke nach Abschnitt 2.
(7) Für
die Zwecke der Absätze 1 und 2
gilt Folgendes: Erfolgt die Zustellung nach Artikel 17 durch
diplomatische Vertreter oder konsularische Bedienstete und nach Artikel 18, 19 oder 20
durch eine Behörde oder Person, so setzen diese Vertreter oder Bediensteten beziehungsweise
die Behörde oder Person den Empfänger davon in Kenntnis, dass er die Annahme
des Schriftstücks verweigern darf und dass diesen Vertretern oder Bediensteten
beziehungsweise dieser Behörde oder Person eine entweder unter Verwendung des
Formblatts L in Anhang I oder freihändig erstellte schriftliche
Verweigerungserklärung zu übermitteln ist.
Tag der Zustellung
(1) Unbeschadet
des Artikels 12 Absatz 5 ist
für das Datum der nach Artikel 11 erfolgten Zustellung
eines Schriftstücks das Datum maßgeblich, an dem das Schriftstück nach dem
Recht des Empfangsmitgliedstaats zugestellt worden ist.
(2) Erfordert jedoch das Recht eines Mitgliedstaats die Zustellung
eines Schriftstücks innerhalb einer bestimmten Frist, so ist im Verhältnis zum
Antragsteller als Datum der Zustellung das Datum maßgeblich, das sich aus dem
Recht dieses Mitgliedstaats ergibt.
(3) Dieser
Artikel gilt auch für die anderen Arten der Übermittlung und Zustellung
gerichtlicher Schriftstücke nach Abschnitt 2.
Bescheinigung über die
Zustellung und Kopie des zugestellten Schriftstücks
(1) Nach
Erledigung der für die Zustellung des Schriftstücks vorzunehmenden Schritte,
stellt die Empfangsstelle unter Verwendung von Formblatt K in Anhang I eine
Bescheinigung über die Erledigung dieser Schritte aus und sendet sie der
Übermittlungsstelle; im Falle des Artikels 8 Absatz 4 wird der Bescheinigung eine Kopie des zugestellten
Schriftstücks beigefügt.
(2) Die
in Absatz 1 genannte Bescheinigung ist in der Amtssprache oder in einer der
Amtssprachen des Ursprungsmitgliedstaats oder in einer sonstigen Sprache
auszustellen, die der Ursprungsmitgliedstaat zugelassen hat. Jeder
Mitgliedstaat gibt die Amtssprache(n) der Union außer seiner oder seinen
eigenen Amtssprache(n) an, in denen das Formblatt K in Anhang I ausgefüllt
werden kann.
Kosten der Zustellung
(1) Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke aus einem
Mitgliedstaat begründet keine Verpflichtung zur Zahlung oder Erstattung von
Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit des Empfangsmitgliedstaats.
(2) Abweichend
von Absatz 1 zahlt oder erstattet der Antragsteller
die Kosten
a) der Mitwirkung einer Amtsperson oder einer anderen
nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zuständigen Person bei der Zustellung;
b) für ein besonderes Verfahren der Zustellung.
Die Mitgliedstaaten
legen eine einheitliche Festgebühr für die Mitwirkung einer Amtsperson oder
einer anderen nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zuständigen Person
fest. Diese Gebühr entspricht den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der
Nichtdiskriminierung. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese
Festgebühren mit.
Andere Arten der
Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke
Übermittlung auf
diplomatischem oder konsularischem Weg
In
Ausnahmefällen kann jeder Mitgliedstaat den Empfangsstellen oder den
Zentralstellen eines anderen Mitgliedstaats gerichtliche Schriftstücke zum
Zwecke der Zustellung auf diplomatischem oder konsularischem Weg übermitteln.
Zustellung von
Schriftstücken durch diplomatische Vertreter oder konsularische Bedienstete
(1) Jeder Mitgliedstaat kann Personen, die ihren Wohnsitz
in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar
durch seine diplomatischen Vertreter oder konsularischen Bediensteten ohne
Anwendung von Zwangsmitteln zustellen lassen.
(2) Ein
Mitgliedstaat kann der Kommission mitteilen, dass er die Zustellung
gerichtlicher Schriftstücke nach Absatz 1 in seinem
Hoheitsgebiet nicht zulässt, außer wenn die zuzustellenden Schriftstücke
Staatsangehörigen des Übermittlungsmitgliedstaats zuzustellen sind.
Zustellung durch
Postdienste
Gerichtliche
Schriftstücke können Personen mit Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat
unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Empfangsbestätigung oder
mittels eines gleichwertigen Nachweises zugestellt werden.
Elektronische
Zustellung
(1) Gerichtliche
Schriftstücke können einer Person, die eine bekannte Zustelladresse in einem
anderen Mitgliedstaat hat, unmittelbar durch elektronische Mittel zugestellt
werden, die nach dem Recht des Forummitgliedstaats
für die inländische Zustellung von Schriftstücken vorgesehen sind,
vorausgesetzt
a) die Schriftstücke werden mittels eines
qualifizierten Dienstes für die Zustellung elektronischer Einschreiben im Sinne
der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 versandt und empfangen und der Empfänger hat
vorher ausdrücklich der Verwendung elektronischer Mittel für die Zustellung von
Schriftstücken in gerichtlichen Verfahren zugestimmt oder
b) der Empfänger hat dem angerufenen
Gericht oder der mit dem Verfahren befassten Behörde oder der in dem
betreffenden Verfahren für die Zustellung von Schriftstücken zuständigen Partei
seine vorherige ausdrückliche Zustimmung zur Verwendung von E-Mails an eine
bestimmte E-Mail-Adresse für die Zustellung von Schriftstücken im Rahmen des
betreffenden Verfahrens erteilt und der Empfänger bestätigt die Zustellung des
Schriftstücks mit einer Empfangsbestätigung, die das Empfangsdatum enthält.
(2) Um
die Sicherheit der Übermittlung zu gewährleisten, kann jeder Mitgliedstaat die
zusätzlichen Bedingungen festlegen und der Kommission mitteilen, unter denen er
die elektronische Zustellung nach Absatz 1 Buchstabe b zulässt, wenn nach seinem Recht strengere Bedingungen
dafür gelten oder die elektronische Zustellung per
E-Mail nicht zugelassen ist.
Unmittelbare Zustellung
(1) Jeder
an bestimmten Gerichtsverfahren Beteiligte kann gerichtliche Schriftstücke
unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des
Mitgliedstaats, in dem Zustellung beantragt wird, zustellen lassen, sofern eine
solche unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig
ist.
(2) Ein
Mitgliedstaat, der die unmittelbare Zustellung zulässt, informiert die
Kommission darüber, welche Berufsgruppen oder qualifizierten Personen in ihrem
Hoheitsgebiet die unmittelbare Zustellung von Schriftstücken vornehmen dürfen.
Die Kommission macht diese Informationen im Europäischen Justizportal
zugänglich.
KAPITEL III
AUßERGERICHTLICHE SCHRIFTSTÜCKE
Übermittlung und
Zustellung außergerichtlicher Schriftstücke
Außergerichtliche
Schriftstücke können in einen anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe dieser
Verordnung übermittelt und dort zugestellt werden.
KAPITEL IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Nichteinlassung des
Beklagten
(1) War ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein
diesem gleichwertiges Schriftstück nach dieser Verordnung zum Zwecke der
Zustellung in einen anderen Mitgliedstaat zu übermitteln und hat sich der
Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen, so ergeht kein Urteil, bis
festgestellt ist, dass das Schriftstück so rechtzeitig zugestellt oder
übergegeben worden ist, dass der Beklagte genügend Zeit hatte, um sich
verteidigen zu können, und dass
a) das Schriftstück in einer Weise zugestellt worden
ist, die das Recht des Empfangsmitgliedstaats für die Zustellung von
Schriftstücken in einem innerstaatlichen Rechtsstreit an dort befindliche
Personen vorschreibt, oder
b) das Schriftstück tatsächlich entweder dem Beklagten
persönlich ausgehändigt oder nach einem anderen in dieser Verordnung vorgesehenen
Verfahren in der Wohnung des Beklagten abgegeben worden ist.
(2) Jeder Mitgliedstaat kann der Kommission mitteilen,
dass ein Gericht ungeachtet des Absatzes 1 den
Rechtsstreit entscheiden kann, auch wenn keine Bescheinigung über die
Zustellung oder die Aushändigung bzw. Abgabe des verfahrenseinleitenden
Schriftstücks oder ein diesem gleichwertiges Schriftstück eingegangen ist,
sofern alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Das Schriftstück ist nach einem in dieser
Verordnung vorgesehenen Verfahren übermittelt worden;
b) seit der Absendung des Schriftstücks ist eine Frist
verstrichen, die das Gericht im Einzelfall als angemessen erachtet, mindestens
jedoch eine Frist von sechs Monaten;
c) es wurde keine Bescheinigung irgendeiner Art
erlangt, obwohl alle zumutbaren Schritte zu ihrer Erlangung durch die
zuständigen Behörden oder Stellen des Empfangsmitgliedstaats unternommen
wurden.
Diese
Informationen werden im Europäischen Justizportal zugänglich gemacht.
(3) Ungeachtet
der Absätze 1 und 2 können
Gerichte in begründeten dringenden Fällen einstweilige Maßnahmen oder
Sicherungsmaßnahmen anordnen.
(4) War ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein
diesem gleichwertiges Schriftstück nach dieser Verordnung zum Zweck der
Zustellung in einen anderen Mitgliedstaat zu übermitteln, und ist eine
Entscheidung gegen einen Beklagten ergangen, der sich nicht auf das Verfahren
eingelassen hat, so kann das Gericht dem Beklagten unter Außerachtlassung des
Ablaufs der Frist für die Einlegung von Rechtsmitteln die Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand gewähren, sofern die beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt
sind:
a) Der Beklagte hat ohne sein Verschulden nicht so
rechtzeitig Kenntnis von dem Schriftstück erlangt, dass er sich hätte
verteidigen können, oder nicht so rechtzeitig Kenntnis von der Entscheidung
erlangt, dass er ein Rechtsmittel hätte einlegen können, und
b) die
Verteidigung des Beklagten scheint nicht von vornherein in der Sache
aussichtslos.
Ein Antrag auf
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur innerhalb einer angemessenen
Frist, nachdem der Beklagte von der Entscheidung Kenntnis erhalten hat,
gestellt werden.
Jeder Mitgliedstaat
kann der Kommission mitteilen, dass ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand nach Ablauf einer durch den Mitgliedstaat in seiner Mitteilung
bestimmten Frist unzulässig ist. Diese Frist muss mindestens ein Jahr ab dem
Datum der Entscheidung betragen. Diese Informationen werden über das
Europäische Justizportal zugänglich gemacht.
(5) Absatz
4 gilt nicht für Entscheidungen, die den Personenstand
oder die Rechtsfähigkeit von Personen betreffen.
Änderung des Anhangs I
Der
Kommission wird die Befugnis übertragen, nach Artikel 24
delegierte Rechtsakte zur Änderung des Anhangs I zu erlassen, um die darin
vorgesehenen Formblätter zu aktualisieren oder technische Anpassungen an diesen
Formblättern vorzunehmen.
Ausübung der Befugnisübertragung
(1) Die
Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem
Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
(2) Die
Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 23
wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 22. Dezember 2020
übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des
Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung.
Die Befugnisübertragung verlängert sich
stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische
Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei
Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.
(3) Die
Befugnisübertragung gemäß Artikel 23
kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der
Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in dem Beschluss
angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen
späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die
bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
(4) Vor
dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den
einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in
der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere
Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.
(5) Sobald
die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn
gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
(6) Ein
delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 23 erlassen
wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat
innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an
das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor
Ablauf dieser Frist sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat beide der
Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf
Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei
Monate verlängert.
Erlass von
Durchführungsrechtsakten durch die Kommission
(1) Die
Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Einrichtung des dezentralen
IT-Systems, durch die sie Folgendes festlegt:
a) die technischen Spezifikationen zur Festlegung der
Methoden zur elektronischen Kommunikation für die Zwecke des dezentralen
IT-Systems;
b) die technischen Spezifikationen für
Kommunikationsprotokolle;
c) die Informationssicherheitsziele und entsprechenden
technischen Maßnahmen zur Gewährleistung von Mindeststandards für die
Informationssicherheit bei der Verarbeitung und Übermittlung von Informationen
im dezentralen IT-System;
d) die Mindestverfügbarkeitsziele und mögliche damit
verbundene technische Anforderungen an die Leistungen des dezentralen
IT-Systems;
e) die Einsetzung eines aus Vertretern der
Mitgliedstaaten bestehenden Lenkungsausschusses, um zur Verwirklichung der
Ziele dieser Verordnung den Betrieb sowie die Wartung und Pflege des
dezentralen IT-Systems sicherzustellen.
(2) Die
Durchführungsrechtsakte nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels werden
spätestens am 23. März 2022 gemäß dem in Artikel 26
Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Ausschussverfahren
(1) Die
Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein
Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt
Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
Referenzimplementierungssoftware
(1) Die
Kommission ist verantwortlich für die Schaffung, Wartung und Pflege sowie
künftige Weiterentwicklung einer Referenzimplementierungssoftware, für deren
Einsatz sich die Mitgliedstaaten als ihr Back-End-System anstelle eines
nationalen IT-Systems entscheiden können. Die Schaffung, Wartung und Pflege
sowie künftige Weiterentwicklung der Referenzimplementierungssoftware werden
aus dem Gesamthaushalt der Union finanziert.
(2) Die
Kommission übernimmt die Bereitstellung, Wartung und Pflege sowie kostenlose
Implementierung der Softwarekomponenten, die den Zugangspunkten zugrunde
liegen.
Kosten des dezentralen
IT-Systems
(1) Jeder Mitgliedstaat trägt die Kosten für
Installation, Betrieb sowie Wartung und Pflege seiner Zugangspunkte, über
welche die nationalen IT-Systeme im Rahmen des dezentralen IT-Systems vernetzt
sind.
(2) Jeder Mitgliedstaat trägt die Kosten für die
Einrichtung und Anpassung seiner nationalen IT-Systeme zur Herstellung der
Interoperabilität mit den Zugangspunkten sowie die Kosten für Verwaltung,
Betrieb und Instandhaltung dieser Systeme.
(3) Die
Absätze 1 und 2 lassen die
Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, Finanzhilfen zur Unterstützung der
in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Rahmen der Finanzierungsprogramme
der Union zu beantragen.
Verhältnis zu
Übereinkünften oder Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten
(1) Diese
Verordnung hat in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor anderen Bestimmungen in
den von Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen oder multilateralen Übereinkünften
oder Vereinbarungen, insbesondere dem Haager Übereinkommen vom 15. November
1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im
Ausland in Zivil- oder Handelssachen, und zwar im Verhältnis der
Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien dieser Übereinkünfte sind.
(2) Diese Verordnung hindert Mitgliedstaaten nicht daran,
Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur Beschleunigung oder weiteren
Vereinfachung der Übermittlung von Schriftstücken beizubehalten oder zu
schließen, sofern diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen mit der vorliegenden
Verordnung vereinbar sind.
(3) Die
Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission:
a) eine Abschrift der zwischen den Mitgliedstaaten
geschlossenen Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Absatz 2
sowie die Entwürfe von ihnen geplanter Übereinkünfte oder Vereinbarungen und
b) jede Kündigung oder Änderung dieser Übereinkünfte
oder Vereinbarungen.
Prozesskostenhilfe
Die
vorliegende Verordnung berührt nicht Artikel 24 des Haager Übereinkommens vom
1. März 1954 über den Zivilprozess und Artikel 13 des Abkommens über die
Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten vom 25. Oktober 1980
im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten, die Vertragspartei dieser
Übereinkünfte sind.
Schutz übermittelter
Informationen
(1) Die nach dieser Verordnung durchgeführte Verarbeitung
personenbezogener Daten, einschließlich des Austausches oder der Übermittlung
personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden, erfolgt gemäß der
Verordnung (EU) 2016/679.
Der Austausch oder die
Übermittlung von Informationen durch die zuständigen Stellen auf Ebene der
Union erfolgt gemäß der Verordnung (EU) 2018/1725.
Personenbezogene Daten,
die für die Bearbeitung eines einzelnen Falls nicht relevant sind, werden
sofort gelöscht.
(2) Die nach nationalem Recht zuständige Behörde oder
zuständigen Behörden gilt bzw. gelten für die Verarbeitung personenbezogener
Daten im Rahmen der vorliegenden Verordnung als Verantwortliche im Sinne der
Verordnung (EU) 2016/679.
(3) Unbeschadet der Absätze 1
und 2 darf die Empfangsstelle die nach dieser
Verordnung übermittelten Informationen nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie
übermittelt wurden.
(4) Die Empfangsstellen stellen die Vertraulichkeit
derartiger Informationen nach Maßgabe ihres nationalen Rechts sicher.
(5) Die
Absätze 3 und 4 berühren
nicht das Auskunftsrecht von Betroffenen über die Verwendung der nach dieser
Verordnung übermittelten Informationen, das ihnen nach dem nationalen Recht
zusteht.
(6) Die
Richtlinie 2002/58/EG bleibt von dieser Verordnung unberührt.
Achtung der Grundrechte
nach dem Unionsrecht
Die
Grundrechte und Grundfreiheiten aller beteiligten Personen, insbesondere das
Recht auf gleichberechtigten Zugang zur Justiz, das Recht auf
Nichtdiskriminierung und das Recht auf Schutz personenbezogener Daten und der
Privatsphäre, sind nach Maßgabe des Unionsrechts uneingeschränkt zu wahren und
zu achten.
Mitteilung,
Veröffentlichung und Handbuch
(1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Angaben
nach den Artikeln 3, 7, 12, 14, 17, 19, 20 und 22 mit.
Die Mitgliedstaaten
teilen der Kommission mit, ob ihr nationales Recht die Zustellung eines
Schriftstücks nach Artikel 12 Absatz 5 und Artikel 13 Absatz 2 innerhalb einer bestimmten Frist erfordert.
(2) Sind
Mitgliedstaaten in der Lage, den Betrieb des dezentralen IT-Systems früher als
in dieser Verordnung vorgeschrieben aufzunehmen, so können sie das der
Kommission mitteilen. Die Kommission stellt diese Informationen auf
elektronischem Wege zur Verfügung, insbesondere im Europäischen Justizportal.
(3) Die
Kommission veröffentlicht die nach Absatz 1 mitgeteilten
Angaben im Amtsblatt der Europäischen Union, mit Ausnahme der Anschriften und
sonstigen Kontaktdaten der Stellen und der Zentralstellen und deren örtlichen
Zuständigkeitsbereiche.
(4) Die
Kommission erstellt und aktualisiert regelmäßig ein Handbuch, das die Angaben
nach Absatz 1 enthält. Sie stellt das Handbuch in
elektronischer Form bereit, insbesondere über das Europäische Justizielle Netz
für Zivil- und Handelssachen und über das Europäische Justizportal.
Monitoring
(1) Die
Kommission erstellt bis zum 2. Juli 2023 ein ausführliches Programm für das
Monitoring der Leistungen, der Ergebnisse und der Wirkung dieser Verordnung.
(2) In
dem Monitoring-Programm wird festgelegt, welche Maßnahmen die Kommission und
die Mitgliedstaaten zum Monitoring der Leistungen, der Ergebnisse und der
Wirkung dieser Verordnung zu treffen haben. Darin wird festgelegt, wann die in
Absatz 3 genannten Daten erstmals zu erfassen sind -
spätestens bis zum 2. Juli 2026 - und in welchen weiteren Zeitabständen diese
Daten zu erfassen sind.
(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission je
nach Verfügbarkeit folgende für die Zwecke des Monitorings erforderliche Daten:
a) die Anzahl der nach Artikel 8 übermittelten Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken;
b) die Anzahl der nach Artikel 11 ausgeführten Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken;
c) die Anzahl der Fälle, in denen das
Ersuchen um Zustellung von Schriftstücken mit anderen Mitteln als dem
dezentralen IT-System nach Artikel 5 Absatz 4 übermittelt wurde;
d) die Anzahl der eingegangenen
Bescheinigungen über die Nichtzustellung von Schriftstücken;
e) die Anzahl der Fälle, in denen die
Annahme von Schriftstücken, die bei den Übermittlungsstellen eingegangen sind,
aus sprachlichen Gründen verweigert wurde.
(4) Die
Referenzimplementierungssoftware und - soweit es dafür ausgerüstet ist - das
nationale Back-End-System erfassen die in Absatz 3 Buchstaben a, b und d
genannten Daten durch entsprechende Programmierung und übermitteln sie
regelmäßig der Kommission.
Bewertung
(1) Spätestens fünf Jahre nach Geltungsbeginn des
Artikels 5 gemäß Artikel 37
Absatz 2 führt die Kommission eine Bewertung
dieser Verordnung durch und legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem
Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht mit ihren
wichtigsten Ergebnissen - gegebenenfalls zusammen mit einem Legislativvorschlag
- vor.
(2) Die
Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die Angaben, die für die
Ausarbeitung des in Absatz 1 genannten Berichts
erforderlich sind.
Aufhebung
(1) Die
Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 wird mit dem Tag des Beginns der Geltung der
vorliegenden Verordnung aufgehoben, mit Ausnahme der Artikel 4 und 6 der
Verordnung (EG) Nr. 1393/2007, die mit dem Tag des Geltungsbeginns der Artikel 5, 8 und 10 nach
Artikel 37 Absatz 2 der
vorliegenden Verordnung aufgehoben werden.
(2) Bezugnahmen
auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende
Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III zu
lesen.
Inkrafttreten und
Geltung
(1) Diese
Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Union in Kraft.
Sie
gilt ab dem 1. Juli 2022.
(2) Artikel 5, 8
und 10 gelten ab dem ersten Tag des Monats, der auf den
Zeitraum von drei Jahren nach dem Tag des Inkrafttretens der in Artikel 25 genannten Durchführungsrechtsakte folgt.
Diese
Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen
unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen
zu Brüssel am 25. November 2020.
Im Namen
des Europäischen Parlaments
Der
Präsident
D. M.
SASSOLI
Im Namen
des Rates
Der
Präsident
M. ROTH
--------------------------------------------------------
(1) ABl. C 62 vom
15.2.2019, S. 56.
(2) Standpunkt des
Europäischen Parlaments vom 13. Februar 2019 (noch nicht im Amtsblatt
veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 4. November 2020
(noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen
Parlaments vom 23. November 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
(3) Verordnung (EG)
Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in
Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von
Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324 vom
10.12.2007, S. 79).
(4) Verordnung (EU)
Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über
elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische
Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom
28.8.2014, S. 73).
(5) Verordnung (EU)
2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum
Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch
die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien
Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des
Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom
21.11.2018, S. 39).
(6) Verordnung (EU) 2016/679
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz
natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien
Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG
(Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom
4.5.2016, S. 1).
(7) Entscheidung
2001/470/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen
justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. L 174 vom
27.6.2001, S. 25).
(8) Urteil des
Gerichtshofs vom 2. März 2017Andrew Marcus Henderson gegen Novo Banco SA, Rechtssache C-354/15, ECLI:EU:C:2017:157.
(9) Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur
Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124 vom
8.6.1971, S. 1).
(10) ABl. L 123 vom
12.5.2016, S. 1.
(11) Verordnung (EU)
Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur
Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die
Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die
Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom
28.2.2011, S. 13).
(12) Richtlinie
2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die
Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich
der Telekommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom
31.7.2002, S. 37).
(13) ABl. C 370 vom 31.10.2019,
S. 24.
(14) ABl. L 173 vom 30.6.2022,
S. 133: Berichtigung der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und
außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den
Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (Neufassung) (hier Artikel 12
Absatz 3 Satz 2)