HANDELS- UND SCHIFFAHRTSVERTRAG
ZWISCHEN DEM DEUTSCHEN REICHE UND DEM IRISCHEN FREISTAAT,
GEZEICHNET IN DUBLIN, AM 12. MAI 1930

 

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON GROSSBRITANNIEN, IRLAND UND DEN BRITISCHEN ÜBERSEEISCHEN DOMINIEN, KAISER VON INDIEN, FÜR DEN IRISCHEN FREISTAAT einerseits und DER DEUTSCHE REICHSPRÄSIDENT andererseits, von dem Wunsche beseelt, die zwischen dem Irischen Freistaat und dem Deutschen Reiche bereits bestehenden Handelsbeziehungen weiter zu erleichtern und auszudehnen, haben beschlossen, zu diesem Zwecke einen Handels- und Schiffahrtsvertrag abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt :

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG VON GROSSBRITANNIEN, IRLAND UND DEN BRITISCHEN ÜBERSEEISCHEN DOMINIEN, KAISER VON INDIEN, FÜR DEN IRISCHEN FREISTAAT:

Den Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Patrick McGILLIGAN;

DER DEUTSCHE REICHSPRÄSIDENT

Den Deutschen Geschäftsträger in Dublin, Dr. Georg VON DIEHN-SCHMIDT, und

Den Ministerialrat im Reichsfinanzministerium, Otto SARNOW

Die nach gegenseitiger Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten Folgendes vereinbart haben

Artikel 1
Zwischen den Gebieten der vertragschliessenden Teile soll Freiheit des Handels und der Schiffahrt bestehen.

Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen das Recht haben, mit ihren Schiffen und deren Ladungen unbehindert alle Plätze und Häfen in dem Gebiet des anderen Teils aufzusuchen, die die Staatsangehörigen dieses Teils zur Zeit oder etwa künftig aufsuchen dürfen.

Die vertragschliessenden Teile kommen ferner überein, dass in Handel, Schiffahrt und Gewerbe betreffenden Angelegenheiten alle Rechte, Vorrechte, Freiheiten, Vergünstigungen, Befreiungen und Ausnahmen, die ein Teil den Schiffen und Angehörigen irgend eines anderen Staates gegenwärtig zugesteht, oder in Zukunft zugestehen wird, gleichzeitig und bedingungslos ohne Ansuchen und ohne Gegenleistung auf die Schiffe und Staatsangehörigen des anderen Teils ausgedehnt werden sollen; hierbei ist es ihre Absicht, Handel, Schiffahrt und Gewerbe jedes Teils in jeder Hinsicht denjenigen des meistbegünstigten Landes gleichzustellen.

Artikel 2
Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen in dem Gebiet des anderen Teils sowohl hinsichtlich ihrer Person als auch hinsichtlich ihrer Güter, Rechte und Interessen sowie in Bezug auf Handel, Gewerbe, Geschäft, Beruf, Betätigung oder irgendwelche sonstige Angelegenheiten in jeder Beziehung die gleiche Behandlung und den gleichen gesetzlichen Schutz geniessen wie die Staatsangehörigen des meistbegünstigten Landes, soweit es sich um Steuern, Abgaben, Zölle, Auflagen, Gebühren, die ihrem Wesen nach Steuern sind, und um ähnliche Lasten handelt.

Artikel 3
Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen in dem Gebiet des anderen Teils volle Freiheit haben, bewegliches und unbewegliches Eigentum jeder Art zu erwerben und zu besitzen, dessen Erwerb und Besitz nach den Gesetzen des anderen Teils den Angehörigen des meistbegünstigten Landes gestattet ist oder gestattet werden wird. Sie sollen darüber durch Verkauf, Tausch, Schenkung, Heirat, letzten Willen oder in jeder anderen Weise verfügen oder solches Eigentum durch Erbschaft erwerben können unter den gleichen Bedingungen, die für die Staatsangehörigen des anderen Teils gelten oder gelten werden.

Den Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils soll es auch gestattet sein, den Erlös aus dem Verkauf ihres Eigentums und ihrer Güter überhaupt unter Beobachtung der Gesetze des anderen Teils ungehindert auszuführen, ohne anderen oder höheren Abgaben unterworfen zu sein als unter gleichartigen Umständen Staatsangehörige dieses Teils.

Artikel 4
Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen in das Gebiet des anderen Teils einreisen, sich dort aufhalten, niederlassen und ihren Beruf ausüben können, solange sie den für die Einreise, den Aufenthalt, die Niederlassung und die Berufsausübung der Staatsangehörigen des meistbegünstigten des Landes geltenden Bedingungen und Vorschriften genügen und sie einhalten.

Artikel 5
Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen in dem Gebiet das anderen Teils von jeder militärischen Dienstpflicht in der Landmacht, der Seemacht, der Luftwaffe, der Nationalgarde oder der Miliz befreit sein. In gleicher Weise sollen sie befreit sein von jedem Dienst in der Rechtspflege und in der Staats- oder Gemeindeverwaltung, mit Ausnahme des gesetzlich festgesetzten Geschworenendienstes.

Die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils sollen ferner in dem Gebiet des anderen Teils befreit sein von Zwangsanleihen, allen Geld- oder Sachleistungen, die als Ablösung für persönliche Dienstleistungen auferlegt werden, und schliesslich von allen militärischen Zwangsleistungen oder Requisitionen. Ausgenommen hiervon sind jedoch die aus irgend einem Rechtstitel mit dem Besitz eines Grundstücks verbundenen Lasten sowie zwangsweise Einquartierung und andere besondere militärische Zwangsleistungen oder Requisitionen, zu denen alle Staatsangehörigen der anderen Teils als Eigentümer oder Inhaber von Gebäuden oder Land herangezogen werden können.

Soweit ein vertragschliessender Teil militärische oder Requisitionsleistungen von den Angehörigen des anderen Teils fordert, soll er ihnen hierfür die gleichen Entschädigungen wie den eigenen Staatsangehörigen gewähren.

In den vorstehend genannten Fällen sollen die Staatsangehörigen des einen vertragschliessenden Teils in dem Gebiet des anderen Teils keine ungünstigere Behandlung erfahren als die Staatsangehörigen des meistbegünstigten Landes erfahren oder erfahren werden.

Artikel 6
In dem Gebiet eines vertragschliessenden Teils erzeugte oder hergestellte und in das Gebiet des anderen Teils eingeführte Waren unterliegen, ohne Rücksicht auf den Ort der Herkunft, keinen anderen oder höheren Zöllen oder Abgaben als gleichartige, in irgend einem anderen Lande erzeugte oder hergestellte Waren.

Artikel 7
Keine Bestimmung dieses Vertrages soll das Recht der Regierung des Irischen Freistaates berühren, eine lediglich Ländern des Britischen Reiches auf dem Gebiet der Einfuhrzollsätze eingeräumte Vorzugsbehandlung zu ändern, beizubehalten oder zu erweitern.

Artikel 8
Mit Bezug auf Zollförmlichkeiten sollen die in dem Gebiet eines vertragschliessenden Teils erzeugten oder hergestellten Waren bei der Einfuhr in das Gebiet des anderen Teils nicht ungünstiger behandelt werden als die in irgend einem anderen Lande erzeugten oder hergestellten gleichartigen Waren.

Keine Waren sollen bei der Ausfuhr aus dem Gebiet des einen in das Gebiet des anderen vertragschliessenden Teils anderen oder höheren Zöllen oder Abgaben unterworfen sein als gleichartige Waren bei der Ausfuhr nach irgend einem anderen Lande.

Artikel 9
In dem Gebiet eines vertragschliessenden Teils erzeugte oder hergestellte Waren sollen bei der Einfuhr in das Gebiet des anderen Teils, ohne Rücksicht auf den Ort der Herkunft, keinen Verboten oder Beschränkungen unterliegen, die sich nicht in gleicher Weise auf die Einfuhr gleichartiger in jedem anderen Lande erzeugter oder hergestellter Waren erstrecken.

Aus dem Gebiet eines vertragschliessenden Teils in das Gebiet des anderen Teils auszuführende Waren sollen keinen Verboten oder Beschränkungen unterliegen, die sich nicht in gleicher Weise auf die Ausfuhr gleichartiger Waren nach jedem anderen Lande erstrecken.

Ausnahmen hiervon, vorausgesetzt dass sie gleichzeitig und in gleicher Weise gegenüber allen Ländern angewandt werden, bei denen die gleichen Voraussetzungen bestehen, sind in folgenden Fällen zulässig:

1.
Mit Rücksicht auf die öffentliche Sicherheit;

2.
Mit Beziehung auf Waffen, Munition und Kriegsgerät oder - unter ausserordentlichen Umständen - auf jeden anderen Kriegsbedarf;

3.
Zum Schutze der öffentlichen Gesundheit oder zum Schutze von Tieren oder Pflanzen gegen Krankheiten, Insekten und Schädlinge.

Artikel 10
Auf den Durchgangsverkehr werden die vertragschliessenden Teile untereinander die Bestimmungen des am 20. April 1921 in Barcelona unterzeichneten internationalen Abkommens über die Freiheit des Durchgangsverkehrs anwenden.

Artikel 11
Innere Abgaben, die in dem Gebiet des einen der des anderen vertragschliessenden Teils für Rechnung des Staates oder einer örtlichen Behörde oder einer anderen Körperschaft auf der Erzeugung, der Zubereitung oder dem Verbrauch einer Ware ruhen oder ruhen werden, dürfen die Erzeugnisse eines Teils, die in das Gebiet des anderen eingeführt werden, unter keinem Vorwand in stärkerem Masse oder in lästigerer Weise treffen als die gleichartigen Erzeugnisse des eigenen oder irgend eines anderen Landes.

Artikel 12
Die Bestimmungen dieses Vertrags über die gegenseitige Gewährung der Behandlung als meistbegünstigtes Land gelten auch für die Behandlung der Handelsreisenden und ihrer Muster. In dieser Beziehung kommen die vertragschliessenden Staaten überein, die Bestimmungen des in Genf am 3. November 1923 unterzeichneten internationalen Abkommens über die Vereinfachung der Zollförmlichkeiten anzuwenden.

Die Bestimmungen dieses Artikels gelten jedoch nicht für das Wander- oder Hausierergewerbe und für das Aufsuchen von Bestellungen durch Personen, die nicht Handel oder Gewerbe treiben. Die vertragschliessenden Teile behalten sich in dieser Beziehung die volle Freiheit ihrer Gesetzgebung vor.

Artikel 13
Aktiengesellschaften und andere Erwerbsgesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen, die zur Ausübung von Handels-, Versicherungs-, Finanz-, Industrie-, Beförderungs- oder irgend welchen sonstigen Geschäften gebildet und in dem Gebiet eines vertragschliessenden Teils errichtet sind, sollen, vorausgesetzt dass sie in gehöriger Weise in Übereinstimmung mit den in diesem Gebiet geltenden Gesetzen gegründet sind, in dem Gebiet des anderen Teils zur Ausübung ihrer Rechte befugt und gemäss den Gesetzen dieses Teils als Kläger oder Beklagte vor Gericht zu erscheinen berechtigt sein.

Aktiengesellschaften und andere Erwerbsgesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen eines vertragschliessenden Teils, die in Übereinstimmung mit den in dem Gebiet des anderen Teils geltenden Gesetzen und Vorschriften zugelassen worden sind, sollen in diesem Gebiet hinsichtlich der Besteuerung ebenso behandelt werden wie die Aktiengesellschaften und anderen Erwerbsgesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen des meistbegünstigten Landes.

Weiterhin verpflichtet sich jeder vertragschliessende Teil, solchen Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen die in seinem Gebiet, sei es durch Errichtung von Zweigniederlassungen oder auf andere Weise, ein Geschäft irgend einer Art zu betreiben wünschen, keine Hindernisse in den Weg zu legen, die den Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen des meistbegünstigten Landes nicht in den Weg gelegt werden.

Keinesfalls soll die Behandlung, die den Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen eines vertragschliessenden Teils vom anderen gewährt wird, in irgendwelcher Hinsicht ungünstiger sein als diejenige, die der Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen des meistbegünstigten Landes gewährt wird.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die vorstehenden Bestimmungen für Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen gelten, einerlei, ob sie vor oder nach Zeichnung dieses Vertrages gegründet worden sind.

Keine Bestimmung dieses Artikels soll das Recht der vertragschliessenden Teile beeinträchtigen, Gesetze und Verordnungen betreffend die Verfügung über unbewegliches Eigentum einzuführen oder beizubehalten, sofern in dieser Beziehung der Grundsatz der Meistbegünstigung angewandt wird.

Die Bestimmungen von Absatz zwei, drei und vier des Artikels 5 finden entsprechende Anwendung auf die in diesem Artikel erwähnten Gesellschaften, Teilhaberschaften und Vereinigungen.

Artikel 14
Jeder vertragschliessende Teil soll die Ein- und Ausfuhr aller Waren, die gesetzlich ein- oder ausgeführt werden dürfen, sowie die Beförderung von Fahrgästen von und nach dem eigenen Gebiet auf den See- und Binnenschiffen des anderen Teils gestatten; diese Schiffe, ihre Ladungen und Fahrgäste sollen die gleichen Vorrechte geniessen und keinen anderen oder höheren Abgaben und Auflagen unterworfen sein als die See- und Binnenschiffe, deren Ladungen und Fahrgäste irgend eines anderen oder des eigenen Landes.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die vorstehenden Bestimmungen beide vertragschliessenden Teile daran hindern, nach der Flagge abgestufte Zollsätze oder Auflagen von Gütern oder Fahrgästen zu erheben, die in Schiffen des anderen Teils befördert werden.

Die vertragschliessenden Teile kommen ferner überein, alle unbilligen Unterscheidungen hinsichtlich der Erleichterungen für den internationalen Eisenbahnverkehr und hinsichtlich der Sätze und Bedingungen ihrer Anwendung zu unterlassen, soweit sie sich gegen die Güter, Staatsangehörigen oder Schiffe des anderen richten.

Die Bestimmungen dieses Vertrages sollen auf die besondere Behandlung, die ein vertragschliessender Teil jetzt oder künftig den von einheimischen Schiffen gefangenen Fischen zubilligt, keine Anwendung finden. Der Fang der Schiffe des einen Teils soll nach keiner Richtung bei der Einfuhr in das Gebiet des anderen Teils ungünstiger behandelt werden als der Fang der Schiffe irgend eines anderen Landes.

Artikel 15
Beim Anweisen von Schiffsliegeplätzen, beim Laden und Löschen von Schiffen in den Hafengebieten, Häfen und auf den Reeden in dem Gebiet jedes vertragschliessenden Teils soll kein Teil den Schiffen irgend eines anderen oder des eigenen Landes Vorrechte oder Erleichterungen zugestehen, die er nicht gleicherweise den Schiffen des anderen Teils gewährt, ohne Rücksicht darauf, woher die Schiffe kommen oder wohin sie bestimmt sind.

Artikel 16
In Bezug auf Tonnage-, Hafen-, Lotsen-, Leuchtfeuer-, Quarantäne- oder andere ähnliche Gebühren oder Abgaben irgend welcher Bezeichnung, die im Namen oder für Rechnung des Staates, öffentlicher Behörden, von Unternehmern oder Unternehmungen irgend welcher Art erhoben werden, sollen die Schiffe jedes vertragschliessenden Teils in den Häfen des anderen eine zum mindesten ebenso günstige Behandlung erfahren wie die eigenen Schiffe oder die Schiffe irgend eines anderen Landes.

Alle Gebühren und Abgaben, die für die Benutzung von Seehäfen erhoben werden, sind vor ihrem Inkrafttreten in gehöriger Weise zu veröffentlichen. Das gleiche gilt für die Polizeivorschriften und Hafenordnungen. In jedem Seehafen hat die Hafenbehörde ein Verzeichnis der geltenden Gebühren und Abgaben sowie eine Abschrift der Polizeivorschriften und Hafenordnungen zur Einsichtnahme durch die beteiligten Kreise öffentlich auszulegen.

Artikel 17
Die Nationalität der Seeschiffe wird von jedem vertragschliessenden Teil nach Massgabe der Gesetze und Verordnungen des anderen Teils anerkannt und durch die an Bord befindlichen von der zuständigen Behörde ausgestellten Urkunden nachgewiesen.

Die von einem vertragschliessenden Teil ausgestellten Schiffsmessbriefe werden von dem anderen Teil anerkannt.

Die Regeln und Vorschriften der inländischen Gesetzgebung über die Ausrüstung, Einrichtung und Sicherheitsbedingungen der Schiffe des einen vertragschliessenden Teils werden in den Häfen des anderen Teils anerkannt.

Artikel 18
Die Bestimmungen dieses Vertrages über die gegenseitige Gleichstellung mit den eigenen Staatsangehörigen in Sachen der Schiffahrt finden keine Anwendung auf den Küstenhandel, hinsichtlich dessen die Staatsangehörigen und Schiffe jedes vertragschliessenden Teils in dem Gebiet des anderen Teils die Meistbegünstigung unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit geniessen sollen.

Die Schiffe jedes vertragschliessenden Teils dürfen gleichwohl von einem Hafen nach einem anderen fahren, entweder um ihre von ausserhalb mitgebrachte Ladung ganz oder teilweise zu löschen oder von ausserhalb kommende Fahrgäste zu landen, oder um ihre für ausserhalb bestimmte Ladung ganz oder teilweise einzunehmen oder nach ausserhalb reisende Fahrgäste an Bord zu nehmen.

Es besteht auch Einverständnis darüber, dass, falls der Küstenhandel eines vertragschliessenden Teils ausschliesslich der eigenen Schiffahrt vorbehalten ist, die Schiffe des anderen Teils, soweit sie den Handel nach oder von Plätzen ausserhalb dieses vorbehaltenen Küstenhandels vermitteln, nicht daran gehindert werden sollen, zwischen zwei Häfen im Gebiet des erstgenannten Teils Fahrgäste mit durchgehenden Fahrkarten oder Waren mit durchgehenden Konnossementen nach oder von ausserhalb der obengenannten Grenzen liegenden Plätzen zu befördern. Auf solchen Fahrten sollen diese Schiffe, ihre Fahrgäste und Ladungen die vollen Vorrechte dieses Vertrages geniessen.

Artikel 19
Wenn ein Schiff eines vertragschliessenden Teils an den Küsten des andern Teils strandet oder Schiffbruch leidet oder durch Unbill der Witterung oder Unglücksfall gezwungen ist, in einem Hafen im Gebiet des anderen Teils Zuflucht zu suchen, sollen Schiff und Ladung dieselben Begünstigungen und Befreiungen geniessen, welche die Gesetzgebung dieses Landes den eigenen Schiffen in gleicher Lage gewährt. Es soll dem Führer und der Mannschaft sowohl für ihre Person wie für Schiff und Ladung dieselbe Hilfe und derselbe Beistand geleistet werden wie sie den Angehörigen des eigenen Landes gesetzlich zustehen.

Die vertragschliessenden Teile kommen ausserdem überein, dass die geborgenen Waren keinerlei Zollabgabe unterliegen sollen, es sei denn, dass sie in den inländischen Verbrauch übergehen.

Artikel 20
Die Staatsangehörigen jedes vertragschliessenden Teils sollen in dem Gebiet des anderen in Bezug auf Patente für Erfindungen, Handelsmarken und Muster, wenn sie die gesetzlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllen, die gleichen Rechte wie die Staatsangehörigen dieses Teils haben.

Artikel 21
Jedem vertragschliessenden Teile soll es frei stehen, Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten mit Sitz in den Städten und Hafenplätzen in dem Gebiet des anderen Teils zu ernennen, in denen solche Vertreter irgend eines anderen Staates durch die betreffende Regierung etwa zugelassen werden. Solche Generalkonsuln, Konsuln, Vizekonsuln und Konsularagenten sollen ihre amtliche Tätigkeit nicht eher beginnen, als sie in der üblichen Weise durch die Regierung, zu der sie entsandt sind, genehmigt und zugelassen worden sind.

Unter der Bedingung der Gegenseitigkeit sollen die Konsularbeamten jedes vertragschliessenden Teils in dem Gebiet des anderen die gleichen Amtsbefugnisse haben und die gleichen Vorrechte Vorrechte und Befreiungen geniessen, die den Konsularbeamten irgend eines anderen Staates zustehen oder zustehen werden.

Artikel 22
Wenn ein Staatsangehöriger eines vertragschliessenden Teils in dem Gebiet des anderen Teils unter Hinterlassung dort nicht ansässiger Erben stirbt, ist der amtliche Vertreter des erstgenannten Teils auch ohne ausdrückliche Ermächtigung durch die dort nicht ansässigen Erben befugt, sie in allen die Verwaltung des Besitzes und die Regelung des Nachlasses betreffenden Angelegenheiten zu vertreten mit dem Recht, die diesen Erben anfallenden Anteile einzuziehen, soweit nicht die Landesgesetze eine solche Vertretung ausdrücklich ausschliessen oder die persönliche Anwesenheit der Erben ausdrücklich verlangen oder ein Testamentsvollstrecker bestellt ist.

Artikel 23
Die Bestimmungen dieses Vertrages, die die Gewährung der Behandlung als meistbegünstigtes Land, betreffen, erstrecken sich nicht auf:

1.
Vergünstigungen, die zur Zeit oder später von einem vertragschliessenden Teile einem unmittelbar benachbarten Staate zur Erleichterung des Verkehrs für gewisse, in der Regel nicht über 15 Kilometer beiderseits der Grenze hinausgehende Grenzgebiete und für die Bewohner solcher Gebiete eingeräumt werden;

2.
Vergünstigungen, die von einem vertragschliessenden Teile einem dritten Staate auf Grund einer bereits abgeschlossenen oder etwa später abzuschliessenden Zollunion eingeräumt werden;

3.
Vergünstigungen, die ein vertragschliessender Teil in Verträgen über Ausschluss der Doppelbesteuerung und gegenseitigen Schutz in Steuersachen einem dritten Staate zugestanden hat oder etwa später zugestehen wird.

Artikel 24
Wenn über die Auslegung oder Anwendung dieses Vertrages einschliesslich des Protokolls eine Streitigkeit entstehen sollte, die nicht in angemessener Zeit auf diplomatischem Wege geregelt werden kann, so soll diese auf Verlangen eines vertragschliessenden Teils einem Schiedsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Dies gilt auch für die Vorfrage, ob die Streitigkeit sich auf die Auslegung oder Anwendung des Vertrages bezieht. Die Entscheidung des Schiedsgerichts soll verbindliche Kraft haben.

Das Schiedsgericht wird für jeden Streitfall in der Weise gebildet, dass jeder Teil einen seiner Angehörigen zum Schiedsrichter ernennt und dass beide Teile einen Angehörigen eines dritten Staates zum Oberhaupt wählen. Einigen sich die vertragschliessenden Teile über die Wahl des Obmanns nicht binnen vier Wochen, nachdem das Verlangen auf schiedsgerichtliche Entscheidung eingegangen ist, so werden sie gemeinsam den Präsidenten des ständigen internationalen Gerichtshofes im Haag um Ernennung des Obmanns ersuchen. Die vertragschliessenden Teile behalten sich vor, sich von vornherein für einen bestimmten Zeitraum über die Person des Obmanns zu verständigen.

Die Regelung des Verfahrens bleibt einer von den vertragschliessenden Teilen in jedem einzelnen Streitfall zu vereinbarenden Schiedsordnung vorbehalten. Einigen sich die Parteien innerhalb von drei Monaten nach Anrufung des Schiedsgerichts nicht über die Schiedsordnung, so regelt das Schiedsgericht selbst das Verfahren.

Artikel 25
Dieser Vertrag soll ratifiziert werden, nachdem er von dem Abgeordnetenhaus des Irischen Freistaats und von den für das Deutsche Reich zuständigen gesetzgebenden Stellen gebilligt worden ist, und die Ratifikationsurkunden sollen sobald als möglich in Berlin ausgetauscht werden. Der Vertrag wird am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft treten und er wird in Geltung bleiben, wenn er nicht von einem Teile mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt wird.

Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und hierunter ihre Siegel gesetzt.

In zweifacher Ausfertigung geschehen zu Dublin in englischer und deutscher Sprache am 12. Mai 1930.

 

(L. S.) Patrick MCGILLIGAN.
(L. S.) Georg von DEHN-SCHMIDT.
(L. S.) Otto SARNOW.